Zur Ruhe setzen

Moderator: FDR-Team

deerhunter
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Zur Ruhe setzen

Beitrag von deerhunter »

Heute folgenden Fall in der Praxis gehabt und keine Ahnung...aber ihr vielleicht!
Ein Bundesbeamter beim Zoll, 55 Jahre alt und 38 Dienstjahre fast voll in der Endstufe gehobener Dienst (A13)! Er ist noch Topfit, hat aber nun durch Erbschaft einen sehr hohen Betrag (knapp 7- stellig) bekommen und denkt über das Aussteigen im Ausland nach, solange man noch fit ist! Er will weder kündigen, noch mittels DU seine Behörde verlassen.
Welche Möglichkeit hat ein Beamter? 10 Jahre bis zum Ruhestand beurlauben? Kann er die Beamtenrechte bis zum EIntritt der Pension ruhen lassen? Oder geht tatsächlich nur eine Kündigung oder DU?

Da ich kein Beamter bin, habe ich keine Ahnung
Gruß

Adam
Mount'N'Update

Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von Mount'N'Update »

Vielleicht ist hier etwas passendes dabei.
deerhunter
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von deerhunter »

Danke für die Ausführungen....leider funktioniert das nur, wenn die Behörde mitspielt! Scheinbar gibt es kaum andere Möglichkeiten als kündigen (was vermutlich Idiotie wäre, nach fast 40 Jahren) oder DU, wenn sich die Behörde querstellt!
Gruß

Adam
freemont
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von freemont »

deerhunter hat geschrieben:Danke für die Ausführungen....leider funktioniert das nur, wenn die Behörde mitspielt! Scheinbar gibt es kaum andere Möglichkeiten als kündigen (was vermutlich Idiotie wäre, nach fast 40 Jahren) oder DU, wenn sich die Behörde querstellt!

Da gibt es eigentlich nur die familienbedingte Beurlaubung nach § 92 BBG. D.h. Urlaub von bis zu 15 Jahren ohne Dienstbezüge, der Beihilfeanspruch besteht fort.

Die Voraussetzungen des § 92 müssen aber eingehalten sein:
(1) Beamtinnen und Beamten, die Anspruch auf Besoldung haben, wird auf Antrag Teilzeitbeschäftigung oder Urlaub ohne Besoldung bewilligt, wenn

1. sie

a) mindestens ein Kind, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, tatsächlich betreuen oder pflegen oder
b) eine sonstige Angehörige oder einen sonstigen Angehörigen tatsächlich betreuen oder pflegen, die oder der pflegebedürftig ist nach einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, nach einer entsprechenden Bescheinigung einer privaten Pflegeversicherung oder nach einem ärztlichen Gutachten oder an einer Erkrankung nach § 3 Absatz 6 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes leidet, und

2. keine zwingenden dienstlichen Belange entgegenstehen.
Bumblebii
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von Bumblebii »

Ich denke die Presse würde sich für die Vorfälle interessieren und gerne weiterhelfen. Schließlich ist es Mario Barths Lieblingsgebäude.
deerhunter
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von deerhunter »

Es gibt scheinbar keinen "gewünschten" Weg, wenn die Behörde nicht mitspielt. Man beruft sich einfach auf "zwingende" dienstliche Gründe, weil man jahrelang niemanden eingestellt hat!
Kinder sind in diesem Alter meistens groß und nur... das Leben genießen ist wohl kein Grund...somit ist das Beamtenleben doch nicht so toll, wie jeder denkt!
Gruß

Adam
freemont
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von freemont »

deerhunter hat geschrieben:Es gibt scheinbar keinen "gewünschten" Weg, wenn die Behörde nicht mitspielt. Man beruft sich einfach auf "zwingende" dienstliche Gründe, weil man jahrelang niemanden eingestellt hat!
Kinder sind in diesem Alter meistens groß und nur... das Leben genießen ist wohl kein Grund...somit ist das Beamtenleben doch nicht so toll, wie jeder denkt!
Aus Sicht des Steuerzahlers muss das so sein. Da der Zoll beim BMF ressortiert wird es in diesem Fall auch keine Ausnahme geben, die dem Steuerzahler Mehrkosten verursacht.

Möglich scheint es aber grundsätzlich schon zu sein, wenn der Dienstherr mitspielt, hier im Fall Ursula Sarrazin:

http://www.tagesspiegel.de/berlin/beamt ... 93222.html
Die geplante Beurlaubung Ursula Sarrazins von ihrer Tätigkeit als Lehrerin bis zu ihrem Ruhestand ist nach Meinung des Vorsitzende des Berliner Beamtenbundes, Joachim Jetschmann, „rechtswidrig“. Das Beamtenrecht sehe eine Beurlaubung nur aus drei Gründen vor. Im Fall Sarrazin sei keiner dieser Gründe gegeben, betonte Jetschmann. Er wollte nicht ausschließen, den Bildungssenator anzuzeigen, falls er den Antrag auf Beurlaubung bewillige, sagte Jetschmann auf Anfrage. Als die drei möglichen Gründe für eine Beurlaubung nennt der Gewerkschafter: ein Kind unter 18 Jahren, pflegebedürftige Familenangehörige oder einen Bewerberüberhang. ...
Damals war Sarrazin 59, dem Antrag auf Beurlaubung wurde vom Landesbildungssenator wohl im September 2011 stattgegeben.

Vermutlich rechtswidrig. Scheint aber niemand gestört zu haben. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt es natürlich nicht, zwischen Bund und Land zwei mal nicht.
deerhunter
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von deerhunter »

Aus Sicht des Steuerzahlers muss das so sein. Da der Zoll beim BMF ressortiert wird es in diesem Fall auch keine Ausnahme geben, die dem Steuerzahler Mehrkosten verursacht.
Es entstehen ja kein Mehrkosten, im Gegenteil!
Der Beamte möchte ohne Bezahlung beurlaubt werden, bis zum Pensionsalter. Also keine Kosten...und später nur geringere Pension aufgrund fehlender Jahre! Einzige Kosten vermutlich Beihilfe, wenn es diese dann gibt!

Was ist die Alternative? Der Beamte geht zum Psychiater und lässt sich dauerhaft DU schreiben, Amtsarzt stimmt nach 6 - 12 Monaten zu...Psychiater empfiehlt eine Luftveränderung für die Seele..z.B. Südostasien, Teneriffa, Kanada :liegestuhl: ....Beamter hat von sofort an Pension + erhöhte Beihilfe + ein gutes Leben!
Der Steuerzahler zahlt massiv drauf...oder habe ich einen Rechenfehler?
Gruß

Adam
freemont
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von freemont »

deerhunter hat geschrieben:
Aus Sicht des Steuerzahlers muss das so sein. Da der Zoll beim BMF ressortiert wird es in diesem Fall auch keine Ausnahme geben, die dem Steuerzahler Mehrkosten verursacht.
Es entstehen ja kein Mehrkosten, im Gegenteil!
Der Beamte möchte ohne Bezahlung beurlaubt werden, bis zum Pensionsalter. Also keine Kosten...und später nur geringere Pension aufgrund fehlender Jahre! Einzige Kosten vermutlich Beihilfe, wenn es diese dann gibt!
...

Also im Unterschied zum Land Berlin rechnet das BMF mit jedem Cent. Die BHO lässt das nicht zu.

Und so gering wäre die Pension nicht. Der Fürsorgegedanke lässt es nicht zu, dass Beamte auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Das Geld für die Ausbildung wäre auch verloren, immerhin 3 Jahre beim gehobenen Dienst. Hinzu kommt die wenig effektive Einarbeitungszeit des Nachfolgers.

Es gibt eben nur den § 92 BBG, die Verwaltung, jedenfalls die Bundesverwaltung muss sich an das Recht halten.

Wenn der Betroffene die DU simuliert birgt das die Gefahr, dass er womöglich tatsächlich bald ohne Dienstbezüge und ohne Pensionsanspruch auf der Strasse steht.
hambre
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von hambre »

Es entstehen ja kein Mehrkosten, im Gegenteil!
Natürlich entstehen Mehrkosten. Es muss ja anderes/neues Personal die Aufgaben des Beamten übernehmen.

Der Beamte hat mit bereits 38 Dienstjahren die Höchstpension fast erreicht, d.h. über die später zu zahlende Pension spart der Zoll kaum etwas ein. Dem stehen aber neue Pensionsansprüche des Ersatzpersonals gegenüber.
deerhunter
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von deerhunter »

Danke für diese Antworten...sehr interessant! Da bin ich ja froh kein Beamter geworden zu sein, wie Mutti wünschte :mrgreen:
Solch ein schönes Leben ist das ja dann doch nicht!
Wenn der Betroffene die DU simuliert birgt das die Gefahr, dass er womöglich tatsächlich bald ohne Dienstbezüge und ohne Pensionsanspruch auf der Strasse steht.
Das will ich nicht hoffen....mal sehen wie er dieses handhabt! Vielleicht schafft er sich ja erst eine junge Frau, dann ein Kind an :christmas
Gruß

Adam
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von Townspector »

Der Teilnehmer könnte eine Versetzung in Bereiche beantragen, wo ggf. absehbar Stellenreduzierungen anstehen und dann erneut eine Beurlaubung ohne Besoldung beantragen wenn es soweit ist.

Je nach Ausbildung könnte sich der Beamte direkt Sonderurlaub für eine internationale Verwendung anstreben.

Z.B. im Rahmen der Ausübung einer hauptberuflichen Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder in einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union bewerben ...das ist dann ggf. schon mal im südlichen Ausland :D

Selbiges gibt es auch im Rahmen der Wahrnehmung von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit.
Ist dann zwar noch kein direkter Urlaub, aber immerhin. :liegestuhl:
Gedenksignatur - Gewidmet dem unbekannten Anwalt
In dankbarer Erinnerung an all jene namenlosen, stets laut angekündigten Rechtsvertreter,
die jedoch heldenhaft nie in meinem Dienstzimmer erschienen sind oder tapfer nichts von sich hören ließen.
Hanomag
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von Hanomag »

hambre hat geschrieben:
Es entstehen ja kein Mehrkosten, im Gegenteil!
Natürlich entstehen Mehrkosten. Es muss ja anderes/neues Personal die Aufgaben des Beamten übernehmen.

Der Beamte hat mit bereits 38 Dienstjahren die Höchstpension fast erreicht, d.h. über die später zu zahlende Pension spart der Zoll kaum etwas ein. Dem stehen aber neue Pensionsansprüche des Ersatzpersonals gegenüber.
Dies war bei den privatisierten Staatsbetrieben Post und Bahn irrelevant. Dort hat man zigtausend Beamte vorzeitig verrentet, selbst dann, wenn für deren Tätigkeiten unerfahrene Angestellte eingestellt werden mussten. Nicht zu vergessen die Aktion bei der Bundeswehr vor zig Jahren, als man zum Abbau eines Beförderungsstaus Hauptleute ab 45 Jahren vorzeitig verrentete.
deerhunter
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von deerhunter »

Dies war bei den privatisierten Staatsbetrieben Post und Bahn irrelevant. Dort hat man zigtausend Beamte vorzeitig verrentet, selbst dann, wenn für deren Tätigkeiten unerfahrene Angestellte eingestellt werden mussten. Nicht zu vergessen die Aktion bei der Bundeswehr vor zig Jahren, als man zum Abbau eines Beförderungsstaus Hauptleute ab 45 Jahren vorzeitig verrentete.
Ja, wenn der Staat das will geht es ganz schnell....egal was es kostet!
Der Teilnehmer könnte eine Versetzung in Bereiche beantragen, wo ggf. absehbar Stellenreduzierungen anstehen und dann erneut eine Beurlaubung ohne Besoldung beantragen wenn es soweit ist.

Je nach Ausbildung könnte sich der Beamte direkt Sonderurlaub für eine internationale Verwendung anstreben.
Danke..ist aber wohl alles nicht so gewünscht! Man möchte einfach vom ersparten und ererbten Geld leben, bis zur Pension...so wie es andere nicht Beamte auch machen (oder Politiker / Staatssekretäre). Nach fast 40 Berufsjahren im Schichtdienst mit Waffe setzt eine gewisse Müdigkeit ein und man kann es sich leisten!
Natürlich entstehen Mehrkosten. Es muss ja anderes/neues Personal die Aufgaben des Beamten übernehmen.
Da er aber A13 ist, könnte die Stelle einem anderen zur Beförderung gereichen...ja ich weiß, dass nutzt nichts! Zoll sind wohl die einzigen Vollzugsbeamten, die bis 65 + x schaffen müssen

Ich bin mal gespannt, wie er das löst! Viele klagen ja über Burnout :mrgreen:

Danke für alle Tipps, ich gebe das mal weiter an den fiktiven Beamten
Gruß

Adam
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Re: Zur Ruhe setzen

Beitrag von freemont »

deerhunter hat geschrieben:...
Da er aber A13 ist, könnte die Stelle einem anderen zur Beförderung gereichen...ja ich weiß, dass nutzt nichts! Zoll sind wohl die einzigen Vollzugsbeamten, die bis 65 + x schaffen müssen
...
Siehe § 52 BBG:
Ruhestand auf Antrag
...
(3) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben.
Allzu sehr klagen dürfen die Beamten also nicht, sie müssen aber Abschläge hinnehmen.
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