windalf hat geschrieben:
Es ist nicht unpraktisch, es erfüllt den Sinn der Vorschrift nicht
Ggf. im diesem einem speziellen Fall nicht. Für diesen einen speziellen Fall braucht es aber diese Vorschrift gar nicht, weil ja zum Beispiel auch die Alternative besteht dejenigen mit zur Wache zu nehmen. Die Vorschrift selbst wird dadurch ja nicht sinnlos. Das Argument zieht nicht, vielmehr ist es keines was passt.
Es ist völlig egal, ob es diese Vorschrift braucht oder nicht – die Vorschrift besteht.
Ansonsten könnte eine Kfz-Führer auch sagen „Wieso soll ich meinen Führerschein mitnehmen oder der Polizei bei einer Kontrolle sagen, wo ich den Führerschein gemacht habe? Zur Not muss die Polizei eben – bei einem grauen oder rosa FS – bei jeder Fahrerlaubnisbehörde anrufen und nachfragen. Die Vorschrift, den Führerschein mitzunehmen und vorzuzeigen braucht es also gar nicht, also gibt’s die Vorschift für mich nicht.“
Ein Gesetz wird nicht dadurch nichtig, dass der Zweck auch anders erfüllt werden kann. Und ja, Sinn der Vorschrift ist es, der Polizei usw. die Arbeit zu erleichtern.
windalf hat geschrieben:
Beim 81a StPO (Blutentnahme) steht auch nicht drin, dass die unmittelbar bzw. so schnell wie möglich erfolgen soll. Trotzdem ist es genau so, eben weil es anders keinen Sinn macht. Da könnte ein besoffener Fahrzeugführer auch sagen "Ach nee, jetzt ist es mitten in der Nacht, mir gehts nicht gut, weil ich zu viel getrunken habe, lasst mich erstmal ausschlafen, ich komm dann morgen Abend vorbei. Im 81a StPO steht ja nichts von unmittelbar." Trotzdem findet die BE so schnell wie möglich statt - nicht weil es für die Polizei praktischer ist, sondern weil es anders keinen Sinn macht.
Und wir macht ihr das? Ihr nehmt den mit zur Wache und sucht euch einen Arzt der Blut abzapft...
Wie das gemacht wird? Das wie ist hier völlig uninteressant, darum geht’s hier nicht. Es geht um das wann. Und das macht man unmittelbar, so schnell es geht, und es ist jedem klar, dass es genau so gemacht werden muss, obwohl im Gesetz weder unmittelbar, so schnell wie möglich oder sonstwas steht.
windalf hat geschrieben:
Eine Person bei einer IDF ohne jegliche Überprüfung zu entlassen, in der absoluten Erwartung, dass sie ehrlich Angaben gemacht hat und kooperativ mitarbeitet, ist keine geeignete Maßnahme.
Du widerholst immer nur was unstrittig ist. Daraus folgt aber nicht das andere. Offen ist ja nur noch die Frage nach der Verpflichtung den Perso sofort zu holen/zu suchen (so man überhaupt weiß wo der ist. Das weiß weder die Polizei und der Befragte weiß das vielelicht auch gerade nicht wo der den verlegt hat)
Doch, genau das folgt daraus. Wenn man ein Ziel mit einer Maßnahme erreichen will, muss die Maßnahme geeignet sein, dass Ziel mit einer ausreichenden Sicherheit auch zu erreichen. Über diese Verpflichtung werden wir uns nicht einigen können; das schrieb ich hier schon etliche Male. Im Zweifel entscheidet ein Gericht.
Es macht keinen Sinn, eine Maßnahme durchzuführen, die nicht sicher zum angestrebten Ziel führt; so eine Maßnahme kann sogar rechtswidrig sein, wenn sie nicht geeignet ist.
windalf hat geschrieben:
Wegen der Frage des "Sinns" der Maßnahme wird bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die Geeignetheit geprüft.
Da fragt man sich doch glatt warum wurde direkt verlangt den Perso zu holen und nicht zunächst gefragt ob überhaupt ein Perso vorliegt (könnte ja auch ein Reisepass sein) und wo der wäre und innerhalb welcher Zeit man diesen holen/finden könnte. Die Polizei formuliert scheinbar gern mehr als ungenau...
Weil die Leute üblicherweise einen Perso besitzen und keinen Pass. Darüber hinaus wird so ein Gespräch eher umgangssprachlich geführt. Es wäre regelmäßig kein Problem, einen Bürger mit einer juristisch korrekten und unangreifbaren Sprache auzubocken und auflaufen zu lassen. Das wäre dann die korrekte Sprache, also das Amtsdeutsch, über das sonst immer so gemeckert wird. Da hat aber keiner was von.
windalf hat geschrieben:Mal noch eine lustige Erweiterungsfrage. Angenommen Herr X wäre einfach weggelaufen. Wäre das Strafbar gewesen? Bestünde die Verpflichtung dem Wunsch der Polizei stehen zu bleiben nachzukommen? (Oder muss die Polizei einfach nur "Personalien angeben" hinterherbrüllen und schon muss man stehen bleiben weil man sonst Ordnungswidrig handelt?)
Zumindest den § 111 OWiG würde ich als erfüllt ansehen.
So ein IDF kann auch durchgesetzt werden, dh er wäre bei einer Flucht wohl verfolgt worden. Eine rennende Person im stehen anzuhalten, wenn sie wirklich abhauen will, ist ziemlich schwierig, so dass es für die Person regelmäßig auf dem Boden endet. Dass dann gefesselt wird steht völlig außer Frage. Wehrt er sich, macht er sich strafbar.
@Windalf
Wieso gehst du auf das folgende nicht ein? Oder ist so ein Ergebnis der IDF für dich in Ordnung? Was wäre, wenn von dem Ergebnis er IDF bei dir ein Schadensersatz abhängig wäre?
Würdest du dann sagen „Das war schon in Ordnung“ oder würdest du sagen „Da hat die Polizei Mist gebaut“?
Deputy hat geschrieben:Nehmen wir an, bei A soll eine IDF gemacht werden. Er hat keinen Ausweis dabei, behauptet aber D zu sein. Der Polizist sagt "OK, kommen Sie morgen auf der Wache vorbei und legen ihren Ausweis vor". A kommt nicht vorbei und Ermittlungen ergeben, dass es definitiv nicht D war.
Wurde da jetzt eine IDF gemacht? Nein - die Polizei hat sich lediglich verarschen lassen. Es hätte Möglichkeiten gegeben, das zu überprüfen, zB indem man sich direkt den Ausweis hätte zeigen lassen - zur Not in der Wohnung des A. Oder man hätte eine ED-Behandlung machen können, dann wäre die Person im Nachhinein vielleicht feststellbar, oder von A lagen schon Fingerabdrücke vor und er wäre darüber identifiziert worden.
ktown hat geschrieben:Deputy hat geschrieben:Ihr unterstellt einfach, dass alles tatsächlich so ist, wie es auf den ersten Blick aussieht und die Person ehrlich und kooperativ ist.
ist es aber nicht das, was einen guten Polizisten ausmacht? Die gegebenen Umstände bewerten um dann entsprechend zu handeln?
Genau das macht einen guten Polizisten aus! Knackpunkt ist blos: Du gehst von dem aus, was geschildert wurde, dh du weißt schon, dass die Person tatsächlich der Hauseigentür ist.
Wüsste der Polizist das – und hier geht es um Wissen, nicht darum wie es auf den ersten Blick aussieht – dann würde der Polizist keine IDF machen, da sie sinnlos wäre.
Er weiß es eben nicht; er weiß aber, dass Straftäter / Störer regelmäßig die Polizei darüber zu täuschen versuchen, dass eine Straftat stattgefunden hat, dass sie an der Tat beteiligt waren und wenn sie erwischt werden versuchen sie auch regelmäßig über ihrer Identität zu täuschen.
Und genau das berücksichtigt ein guter Polizist bei der Beurteilung der Lage; und dann sagt er sich „So sieht es auf den ersten Blick aus, so ist es auch wahrscheinlich – und genau davon werde ich mich jetzt überzeugen“ Dann weiß er nämlich dass es so ist, und glaubt es nicht nur.
Auf diesem Überzeugen basiert die gesamt Polizeiarbeit – wenn ein Ermittlungsverfahren abgeschlossen wird, dann reicht es nicht aus, dass die Polizei sagt „So sieht es auf den ersten Blick aus und deswegen glauben wir, dass es auch so ist“. Es muss bewiesen werden.
ktown hat geschrieben:Deputy hat geschrieben:Wenn ein Polizist so agiert, dann lässt man den spätestens nach ein paar Wochen nur noch mit Babysitter agieren, da er schon dann regelmäßig Maßnahmen gegen die Wand gefahren hat.
Hier scheint es, wie vielfach in der Verwaltung, die übliche Vorgehensweise vorzuliegen. Viel Druck von oben mit der Konsequenz, dass die menschliche Ebene bei solchen doch recht alltäglichen Dingen erstens niemand mehr lernt und zweitens niemand mehr den Mut dazu aufbringt.
Meines Erachtens lassen die Gesetze solch einen Spielraum zu.
Das hat nichts mit Druck von oben zu tun, sondern mit alltäglichen Erfahrungen was funktioniert und was nicht funktioniert.
Genau das ist der Unterschied zwischen jemand, der dafür ausgebildet ist und Erfahrung hat und jemand, der sich das in der Theorie ausmalt und in der Praxis damit reinfällt.