Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

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truther
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Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von truther »

Fiktive Rechtsfrage:

Ein CarSharing-Anbieter (Buchen der Fahrzeuge in 30-Minuten-Rastern über Smartphone-App oder Telefon) berechnet seinen Kunden bereits bei einer verspäteten Rückgabe des Fzg an der CarSharing-Station von nur 7 Minuten eine in der folgenden Rechnung also solche bezeichneten "Überziehungsgebühr" von pauschal 15 €, auch wenn es keine Anschlußbuchung durch einen anderen CarSharing-Kunden gab, so dass irgendwer hätte trotz Buchung warten müssen...
Irgendwie handelt es sich demnach um eine rein "erzieherische Maßnahme" oder sowas in der Richtung.
Das Fzg würde de facto also ein bisschen verspätet zurückgegeben - und steht dann eben einfach wieder ungenutzt an der CarSharing-Station herum.
Fraglich, wie man als CarSharing-Kunde Verkehr & Co so perfekt einschätzen könnte, dass einem mal nicht 7 Minuten verzögerte Abgabe passieren könnte - aber das soll hier nicht das Thema sein :)

Für diese "Überziehungsgebühr" wird in der Rechnung keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Sie ist also quasi netto wie brutto.
Das CarSharing-Unternehmen muss für die "Überziehungsgebühr" also keine Umsatzsteuer an das FA abführen.
Es handelt sich im Wesentlichen also wohl um einen Umsatzsteuerfreien Umsatz.

Aufgrund welcher Kriterien darf diese "Überziehungsgebühr" umsatzsteuerrechtlich quasi wie eine "Mahngebühr" behandelt werden und dass CarSharing-Unternehmen muss dafür keine Umsatzsteuer abführen (mehr Gewinn)?
Es entstehen wie dargestellt dem CarSharing-Unternehmen keinerlei zusätzliche Kosten oder Aufwand durch die "Überziehung" der Buchungszeit (von 7 Minuten), wie auch keinem Folgebucher was verbaut wird (da wäre die "Überziehungsgebühr" nämlich noch höher). Bei Rückgabe wird die Rückgabezeit elektronisch erfasst, wie auch dann die Rechnung vollautomatisch erstellt wird...

Kennt jemand Rechtsprechung dazu, welche "Gebühren" außer Mahngebühren umsatzsteuerbefreit sein können und welche nicht bzw. die Kriterien dazu?

Wie wäre die Rechtslage?

Vorab danke.
khmlev
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von khmlev »

truther hat geschrieben:Fraglich, wie man als CarSharing-Kunde Verkehr & Co so perfekt einschätzen könnte, dass einem mal nicht 7 Minuten verzögerte Abgabe passieren könnte -
In staugeplagten Ballungszentren, muss der Kunde immer mit Stau rechnen und dementsprechend dies bei seiner Buchung mit einplanen.
truther hat geschrieben:...welche "Gebühren" außer Mahngebühren umsatzsteuerbefreit sein können und welche nicht bzw. die Kriterien dazu?
Bei der vertraglich vereinbarten Überziehungsgebühr handelt es sich nach bürgerlichen Recht um einen vertraglich vereinbarten pauschalisieren Schadensersatz, für die Rückgabe des Fahrzeuges nach dem vertraglich vereinbarten Zeitraum.

Der Schaden für das Unternehmen besteht darin, dass dem Carsharing-Unternehmen das Fahrzeug nach der vereinbarten Mietdauer nicht zur erneuten Vermietung zur Verfügung steht.

Das Umsatzsteuergesetz kennt den Begriff „Schadenersatz“ allerdings nicht. Umsatzsteuerlich ist in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob ein Leistungsaustausch oder echter, nicht umsatzsteuerbarer Schadenersatz vorliegt. Echter Schadenersatz wird auf Grund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung, für einen Schaden einstehen zu müssen, geleistet. Er ist nicht Entgelt für eine Warenlieferung oder Dienstleistung.
Gruß
khmlev
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Tastenspitz
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von Tastenspitz »

truther hat geschrieben:eine in der folgenden Rechnung also solche bezeichneten "Überziehungsgebühr" von pauschal 15 €
Der Kunde nutzt das Fahrzeug also länger als gebucht. Wird diese zusätzlich Nutzung auch irgendwie berechnet oder sind diese 15€ alles und es werden keine weiteren Kosten berechnet?
Bei letzterem ist es nmE. schlicht eine Pauschale für die Überziehung. Ich sehe nicht, weshalb das von der Ust befreit sein sollte. :?
truther
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von truther »

@Tastenspitz: Ja, das Buchungsende wird von der EDV dann automatisch um ein 30-Minuten-Raster erweitert. Es gibt regulär Kosten pro 30-Minuten-Raster (also Zeit) und zusätzlich Kosten pro Kilometer (gefahrene Wegstrecke).
Bsp: Gebucht bis 20 Uhr. Abgabe 20:07 Uhr. Buchungsende wird auf 20:30 Uhr gesetzt und entsprechend berechnet, als hätte man eben bis 20:30 Uhr gebucht. Die 15 € kommen noch dazu.

@khmlev: Wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstehe dann würden Sie also folgendes "Vermietmodell" aus umsatzsteuerlicher Sicht für völlig legal halten (korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege):
Eine Videothek würde DVDs vermieten: 3 Stunden für 1 Euro. Bringt der Kunde die DVD nicht innerhalb von exakt 3 Stunden zurück, entsteht ein per AGB (vertraglich vereinbarter) pauschalisierter "Schadensersatz" von 2 Euro.
Da die meisten Kunden die DVD erst am nächsten Tag zurückbringen, hat der Videotheken-Besitzer seine Umsatzsteuerlast heftigst optimiert, weil er nur mehr ca. 33% Umsatzsteuerpflichtigen Umsatz macht und die restlichen 66% als umsatzsteuerfreien "pauschalisierten Schadensersatz" einnimmt.

Was da wohl das FA sagen würde?
Tastenspitz
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von Tastenspitz »

truther hat geschrieben:Eine Videothek würde DVDs vermieten: 3 Stunden für 1 Euro. Bringt der Kunde die DVD nicht innerhalb von exakt 3 Stunden zurück, entsteht ein per AGB (vertraglich vereinbarter) pauschalisierter "Schadensersatz" von 2 Euro.
Da die meisten Kunden die DVD erst am nächsten Tag zurückbringen, hat der Videotheken-Besitzer seine Umsatzsteuerlast heftigst optimiert, weil er nur mehr ca. 33% Umsatzsteuerpflichtigen Umsatz macht und die restlichen 66% als umsatzsteuerfreien "pauschalisierten Schadensersatz" einnimmt.
Wenn man davon ausgeht, dass es ein reiner Schadenersatz sein sollte wird eine weitere Miete fällig sein.
Bei 1 € pro 3 h und Abgabe am Folgetag ist die Rechnung dann eher so:
Leihe vereinbart für 3 h =1€
Leihe überzogen (bspw.18h)=6€
Schadenersatz 2€
In Summe also 9€, davon 2€ Ustfrei.
khmlev
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von khmlev »

truther hat geschrieben:Bsp: Gebucht bis 20 Uhr. Abgabe 20:07 Uhr. Buchungsende wird auf 20:30 Uhr gesetzt und entsprechend berechnet, als hätte man eben bis 20:30 Uhr gebucht. Die 15 € kommen noch dazu.
Wenn die 15 EUR, neben der weiteren Zeitgebühr, berechnet werden, scheint es ein echter Schadensersatz zu sein.
truther hat geschrieben:dann würden Sie also folgendes "Vermietmodell" aus umsatzsteuerlicher Sicht für völlig legal halten
Ich halte den pauschalierten Schadensersatz, dann für umsatzsteuerneutral, wenn die umsatzsteuerliche Einzelfallprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass ein echter Schadenersatz auf Grund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung, geleistet wird.

Ob meine Auslegung des Sachverhaltes einer Betriebsprüfung oder einer finanzgerichtlichen Prüfung standhält, steht auf einem anderen Blatt. Gleiches gilt aber auch dür die Auslegung des Sachverhaltes von @Tastenspitz.

Ein Forum taugt zur Beantwortung solcher Einzelfallfragen m.E. nicht. Eine entsprechende Entscheidung des Bundesfinanzhofes ist mir nicht bekannt.
Gruß
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von ktown »

Korrigiert mich wenn ich falsch liege, aber mir scheint, dass hier jemand sich über die 15€ ärgert und nun krampfhaft was sucht um dem Vertragspartner eine reinzuwürgen. :wink:
Alles, was ich schreibe, ist meine private Meinung.

Gesetze sind eine misslungene Kreuzung aus dem Alphabet und einem Labyrinth.
"Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt" Zitat Goethe
truther
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von truther »

@khmlev:
"In staugeplagten Ballungszentren, muss der Kunde immer mit Stau rechnen und dementsprechend dies bei seiner Buchung mit einplanen."
-> Also bei geplanter Nutzung von 6 Stunden immer für 24 Stunden buchen, könnte ja mal eine Vollsperrung oder einen Mega-Stau geben, oder wie? ;)
Da wäre man ja wieder bei dem Modell, das sich bei regulären Autovermietern (die sich nicht "CarSharing" nennen) etabliert hatte: Man mietet ein Fzg immer für 24h.
Bei 11 Stunden Nutzung, 330km und 7 Minuten Verzögerung - in unserem fiktiven Fall - das ist natürlich schon inakzeptabel und voll zu bestrafen! :)

@Tastenspitz:
Achso, deswegen haben Sie gefragt, ob da noch was berechnet wird, weil wenn nichts außer die Überziehungsgebühr berechnet würde, dann wäre die Überziehungsgebühr eben nicht umsatzsteuerbefreit, oder wie?

Was ich mich aber auch frage:
Inwiefern entsteht dem CarSharing-Anbieter eigentlich ein ein realer "Schaden", abgesehen vom "fiktiven" aufgrund der vertraglichen Vereinbarung der Überziehungsgebühr?

Die Überziehungsgebühr wenn eine Folgebuchung vorliegt (also ein weiterer Kunde musste warten / ggf. abgesprungen) ist weitaus höher.

Also ist hier eigentlich ja nur ein "fiktiver" Schaden entstanden, da dann das CarSharing-Fahrzeug nicht bloß eine halbe Stunde länger an irgendwen vermietet war (und das bezahlt wurde). Danach stand es wieder herum...
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von truther »

@ktown: Das CarSharing-Unternehmen - im fiktiven Fall - könnte hier meiner Ansicht nach die "Überziehungsgebühr" dafür nutzen, um Umsatzsteuerfreien Umsatz zu machen.
Dieses Modell liese sich auf alle Vermietgeschäftsmodelle übertragen.
Diesen Sachverhalt finde ich interessant und möchte mich darüber informieren.
"Lernen von den Großen". Darf man noch multi-interessiert sein?
khmlev
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von khmlev »

truther hat geschrieben:Also ist hier eigentlich ja nur ein "fiktiver" Schaden entstanden, da dann das CarSharing-Fahrzeug nicht bloß eine halbe Stunde länger an irgendwen vermietet war (und das bezahlt wurde). Danach stand es wieder herum...
Das Fahrzeug wird zum vereinbarten Vertragsende nicht zurückgegeben und steht dem CarSharing-Betreiber zum vereinbarten Zeitpunkt für eine Vermietungdaher nicht zur Verfügung. Er kann das Fahrzeug zur Vermietung nicht anbieten.

Daraus resultiert ein Schaden, der im Einzelfall schwer zu ermitteln ist, und daher sind angemessene pauschalierte Schadensersatzansprüche möglich und anerkannt.
Gruß
khmlev
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von truther »

Verstehe. Es muss also gar keinen "realer" Schaden entstanden sein, nur ein irgendwie höchst theoretisch möglicher, schon kann ein vertraglich vereinbarter Schadensersatz entstehen, der dann auch noch umsatzsteuerbefreit ist.

Da hamma doch wieder was gelernt. Bzw. natürlich nur ich. Alle anderen wußten das alles schon, wie sollte es auch anders sein? ;)
truther
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von truther »

Ach, jetzt muss ich doch noch mal nachfragen, man möge es mir verzeihen (so dumme Fragen, also wirklich):
Und auf der CarSharing-Unternehmen-Seite, was wäre dann dieser "Schadensersatz" (der zwar vom "Schadensversursacher" geleistet wurde, tatsächlich aber keinen wirklichen Schaden reguliert hat, weil ein realer Schaden gar nicht entstanden ist) für eine Art von Einnahme?
Eine dem Gewinn hinzuzurechnende Einnahme? Schließlich stellt "Schadensersatz" ja keinen "Gewinn" da, sondern gleicht nur einen "Verlust" aus.
Insofern hat dieser "Schadensersatz" aber die Funktion, einen entgangenen Umsatz auszugleichen, ist aber selbst kein "Umsatz", da er ja "Schadensersatz" ist.
Wieso ist ein Umsatz ersetzender Schadensersatz selbst nicht umsatzsteuerpflichtig? ;)
gmmg
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von gmmg »

Also wenn das so geht wie beschrieben, dann gestalte ich meine Verträge in Zukunft so, dass nur für einen sehr kurzen Zeitraum Dienste gemietet werden und der Rest als unsatzsteuerbefreite Überziehung verbucht wird. :lachen:

Ich würde mal eher vermuten, die sind einfach nur bisschen unfähig, das korrekt auf den Rechnungen auszuweisen.
truther
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von truther »

@gmmg: Ahhh, Sie haben meine Hintergrundgedanken als Modell verstanden.
Dass - in dem fiktiven Fall - "Unfähigkeit" dahinter steckt wäre aber wohl nicht so, da für andere Positionen schön ordnungsgemäß die Umsatzsteuer ausgewiesen ist.
In unserem fiktiven Fall berechne man fiktiv die Anzahl der wohl passierenden Buchungszeitüberziehungen (ohne Anschlussbuchung) bei x tausend Kunden pro Monat und errechne so die umsatzsteuerbefreiten (Zusatz-) Einnahmen pro Monat.
webelch
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Re: Umsatzsteuer auf Überziehungsgebühr beim CarSharing?

Beitrag von webelch »

Wird der Kunde eigentlich irgendwie gezwungen diesen aus seiner Sicht fragwürdigen Vertrag so abzuschliessen?
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