Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens, Kaufrecht für Käufer und Verkäufer, Werkvertragsrecht

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Charon-
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Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Beitrag von Charon- »

Hallo zusammen,

in Anbetracht des Urteils des VGH Bayern (und in Anbetracht meiner Unkenntnis im Verbraucherrecht) geht mir folgender Fall durch den Kopf:

Gegeben sei der A, welcher sich im Jahre 2017 einen PKW mit Dieselmotor kauft. Dieser PKW sei ein Neuwagen mit Euro 6 Klassifizierung und 5 Jahren Garantie. Nunmehr erfolgt im Jahre 2020 ein ein generelles gesetzliches Verbot von Dieselfahrzeugen ohne Übergangsregelung (also ab 2021 sind alle Dieselantriebe nicht mehr zugelassen auf deutschen Straßen).

Nun meine Frage: Erwächst für den A aus der Garantie ein Anspruch auf Umrüstung des PKW auf eine andere Antriebsart (Benzin, Strom) auf Kosten des Garantiegebers, oder ist es das betriebsrisiko des A und er hat einen Wagen, der theoretisch Fahrtauglich wäre, aber nicht mehr für den Straßenverkehr zugelassen ist?
Um der allgemeinen Sprachverwirrung des Siezens entgegenzuwirken, biete ich jedem Nutzer das dänische Umgangsduzen an.
ktown
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Re: Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Beitrag von ktown »

Wieso sollte der Fahrzeughersteller für politische Bewegungen haftbar gemacht werden (mal ganz abgesehen davon, dass hier sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen ist)?
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Ronny1958
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Re: Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Beitrag von Ronny1958 »

Umfasst denn die Herstellergarantie eine derartig weitgehende Regelung in ihren Bestimmungen? Glaub ich erst wenn ich es lese.
Das Bonner Grundgesetz ist unverändert in Kraft. Eine deutsche Reichsverfassung, eine kommissarische Reichs-Regierung oder ein kommissarisches Reichsgericht existieren ebenso wenig, wie die Erde eine Scheibe ist. (AG Duisburg 26.01.2006)
Charon-
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Re: Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Beitrag von Charon- »

ktown hat geschrieben:Wieso sollte der Fahrzeughersteller für politische Bewegungen haftbar gemacht werden
Das wäre meine Frage. Die Grundlage, die mir dazu einfallen würde, wäre die Ableitung aus dem Gewährleistungsrecht, dass der Wagen nicht mehr für den gewöhnlichen Gebrauch geeignet ist, aber das ist eine absolut rudimentäre Überlegung ohne zweite Gedanken.
Ronny1958 hat geschrieben:Umfasst denn die Herstellergarantie eine derartig weitgehende Regelung in ihren Bestimmungen?
Das ist ja genau meine Frage: Ist es eine Reparatur, wenn ein PKW auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung nicht mehr im Ursprungszustand verwendet werden kann, sondern umgerüstet werden muss?
Um der allgemeinen Sprachverwirrung des Siezens entgegenzuwirken, biete ich jedem Nutzer das dänische Umgangsduzen an.
ktown
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Re: Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Beitrag von ktown »

Welche Ableitung aus dem Gewährleistungsrecht?

Das Gewährleistungsrecht zielt einzig und allein auf den Übergabezeitpunkt und dem dort eventuell vorliegenden Sachmangel ab.
Dem Gewährleistungsrecht ist es vollkommen schnuppe, was in der Zukunft liegt.
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Froggel
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Re: Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Beitrag von Froggel »

Die Garantiebedingungen bestimmt der Hersteller.
Charon- hat geschrieben:Ist es eine Reparatur, wenn ein PKW auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung nicht mehr im Ursprungszustand verwendet werden kann, sondern umgerüstet werden muss?
Nein. Das ist eine Umrüstung. PKW-Hersteller rüsten oftmals auch auf Garantiebasis um, wenn der Fehler, wegen dem diese Umrüstung erfolgt, beim Hersteller liegt - zum Beispiel wenn Tanks dazu neigen, zu explodieren. Eine Änderung der Gesetzeslage ist jedoch kein Herstellerfehler. Der Kunde wünscht ein Dieselfahrzeug und bekommt dieses. Was er dann im Nachhinein damit macht, ist seine Sache.
Ich bin kein Jurist.
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questionable content
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Re: Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Beitrag von questionable content »

Keine Diskussion wert. So wie bisher geschildert, wäre es abstrakt dargestellt einfach nur ein nachträgliches Verbot der bisherigen verkehrsüblichen Nutzung/Gebrauchbarkeit der Kaufsache.

Derartige rechtliche oder politische Änderungen sind bislang Teil des allgemeinen Lebensrisikos.

Wenn Sie also den bestehenden Garantieerklärungen aus dem objektiven Empfängerhorizont oder zumindest mittels ergänzender Auslegung keinen Willen zum Einstehen für den Fortbestand der rechtlichen Zulässigkeit des im Fahrzeug verbauten Motorentyps entnehmen können, war es das.

Das wiederum wäre allerdings imho ein "Wunder vor Gott" und die diesbezügliche Konstruktion müssten Sie hier dann erst einmal darlegen können. Parallelen zum Gewährleistungsrecht gibt es aufgrund des genannten Telos her jedenfalls keine, die man in dogmatischer Hinsicht so einfach übernehmen könnte.
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Evariste
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Re: Verkäufergarantie bei Gesetzesänderung

Beitrag von Evariste »

ktown hat geschrieben: Wieso sollte der Fahrzeughersteller für politische Bewegungen haftbar gemacht werden [...]?
Umgekehrt könnte man dann auch fragen, wieso nun ausgerechnet der Fahrzeugkäufer den aus einer Gesetzesänderung resultierenden Schaden ganz allein tragen soll. Diese Art der Argumentation führt m. E. zu nichts.

Im Ergebnis sehe ich es ebenfalls so, dass die Herstellergarantie keine Anspruchsgrundlage für eine kostenlose Umrüstung ist. Ein (kleiner) Entschädigungsanspruch des Käufers lässt sich aber eventuell aus § 812 Abs. 1 BGB ableiten:
Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
Der Verkäufer zahlt mit dem Kaufpreis nicht nur für das Auto an und für sich, sondern auch für die 5-Jahres-Garantie (bei manchen Autoherstellers ist das sowieso ein Extraposten auf der Rechnung und nennt sich "Garantieverlängerung"). Wenn nun das Auto aufgrund einer Gesetzesänderung stillgelegt oder ins Ausland verkauft werden muss, kann die Garantie nicht mehr in Anspruch genommen werden, also könnte der Händler verpflichtet sein, den auf die Restgarantie entfallenden Anteil des Kaufpreises zu erstatten. Eventuell kann dieser Anspruch auch direkt gegenüber dem Hersteller geltend gemacht werden, dieser erspart sich durch die Gesetzesänderung immerhin Aufwendungen für ansonsten notwendige Garantiereparaturen.
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