plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

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derPrinz
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plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von derPrinz »

Hallo liebes Forum,

Ich stelle folgendes fiktive Szenario zur Diskussion:

In einer Arztpraxis beschließt der Arbeitgeber jetzt doch noch kurzfristig Betriebsferien zu machen.
Etliche Arbeitnehmer haben Ihren Jahresurlaub schon anderweitig geplant und auch genehmigt bekommen.
Zur Frage, wie das mit den nun mit den Betriebsferien und den daraus resultierenden zuviel genommenen Urlaubstagen gehandhabt wird, teilt der AG mit, dass dann halt das Stundenkonto entsprechend belastet wird und ins Minus geht.
Schließlich könne er ja nicht einfach so Urlaub verschenken.

Stimme der AN dieser Regelung nicht zu, könne er ja auch diese entlassen und nach den Betriebsferien wieder einstellen.


Wie ist die Rechtslage?
Darf der AG so wie beschrieben verfahren?
ktown
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von ktown »

Nein.
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Gesetze sind eine misslungene Kreuzung aus dem Alphabet und einem Labyrinth.
"Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt" Zitat Goethe
karli
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von karli »

Das könnte ein Annahmeverzug des Arbeitgebers sein.
Ist ein Stundenkonto vertraglich oder Tarifvertraglich vereinbart worden?
Wie viele Mitarbeiter beschäftigt der Arbeitgeber in dieser Praxis?
Wenn du kritisiert wirst, dann mußt du irgend etwas richtig machen, denn man greift nur denjenigen an, der den Ball hat. (Bruce Lee)
Achtung: Meine Beiträge können Meinungsäusserungen, Denkanstösse, sowie Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.
derPrinz
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von derPrinz »

Ein Tarifvertrag existiert nicht, zu den vertraglichen Regelungen bzgl. des Stundenkontos werde ich nachfragen.

Nehmen wir mal an. dass die Praxis sich in Ba.-Wü. befindet und weniger als 10 Vollzeitbeschäftigte hat.
karli
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von karli »

In einem Betrieb, der
derPrinz hat geschrieben: 19.07.19, 18:56weniger als 10 Vollzeitbeschäftigte hat
findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung.
Im Prinzip kann der AG da verfahren wie ihm beliebt, denn er kann widerspenstige Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen kündigen.
derPrinz hat geschrieben: 19.07.19, 17:17Stimme der AN dieser Regelung nicht zu, könne er ja auch diese entlassen und nach den Betriebsferien wieder einstellen.
Selbst das könnte er unter Umständen tun, wobei dann auch noch genug Zeit bis zum Betriebsurlaub sein müsste, damit die Kündigungsfrist reinpasst. :mrgreen:
Ich persönlich würde mir überlegen, ob ich bei so einem AG überhaupt arbeiten möchte. :roll:
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Evariste
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von Evariste »

karli hat geschrieben: 19.07.19, 19:46 In einem Betrieb, der
derPrinz hat geschrieben: 19.07.19, 18:56weniger als 10 Vollzeitbeschäftigte hat
findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung.
Im Prinzip kann der AG da verfahren wie ihm beliebt, denn er kann widerspenstige Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen kündigen.
Wenn der Arbeitgeber aber vor Zeugen das hier
derPrinz hat geschrieben: 19.07.19, 17:17 Stimme der AN dieser Regelung nicht zu, könne er ja auch diese entlassen und nach den Betriebsferien wieder einstellen.
gesagt hat, kommt er mit der Kündigung nicht so einfach durch. Auch ein Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb ist an §612a BGB (Maßregelungsverbot) verstoßen.

Außerdem gibt es keine Verpflichtung für den Arbeitnehmer, Stellung zu den Plänen des Arbeitgebers beziehen. Den widerrechtlichen Abzug vom Stundenkonto kann man auch erst nach dem "Betriebsurlaub" monieren.
karli
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von karli »

Evariste hat geschrieben: 20.07.19, 12:00 Auch ein Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb ist an §612a BGB (Maßregelungsverbot) verstoßen.
Was immer auch damit gemeint ist, ein gewiefter AG kündigt dann halt zwei Monate Später! :wink:
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Froggel
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von Froggel »

Ich weiß ja nicht, wie die Arbeitssituation im Raum des Fragestellers ist, aber bei
derPrinz hat geschrieben: 19.07.19, 17:17Stimme der AN dieser Regelung nicht zu, könne er ja auch diese entlassen und nach den Betriebsferien wieder einstellen.
würde ich mich nicht wieder einstellen lassen (dazu gehören ja immer zwei), sondern mir eine neue Arbeitsstelle suchen. Angestellte in Arztpraxen werden zumindest bei uns häufig gesucht, da wäre der Chef äußerst dumm, gute Fachkräfte so zu behandeln. Wenn jeder Angestellte genau das so äußern und auch durchziehen würde, wäre der Chef wohl in den Arsch gekniffen, wenn er nach den Betriebsferien plötzlich ohne Personal da stünde.
Ich bin kein Jurist.
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von Tastenspitz »

Es ist nmE. besagter Annahmeverzug. Wenn der AN nicht seinen Urlaub verlegen kann oder will, wird der AG ihn beschäfigen oder bezahlt freistellen müssen.
derPrinz
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von derPrinz »

Guten Morgen zusammen,

Bezüglich des Studenkontos ist nichts im Arbeitsvertrag geregelt.
Es kommt immer wieder vor, dass der Behandler (hier der AG) sich nicht an die Terminvereinbarungen hält und zu spät in der Praxis eintrifft, deswegen kommt es zu Ausfällen an nachfolgenden Patienten.
Das nimmt der AG dann zum anlass und belastet die Stundenkonten negativ.

Seine Meinung: keine Patienten, kein Umsatz, ergo keine Arbeitszeit........

Die Arbeitssituation macht es den betreffenden Angestellten leicht, sich im hiesigen Ballungsraum nach anderen Stellen mit besseren Arbeitsbedingungen umzuschauen.

Neueste Idee des AG sind Änderungskündigungen mit dem Ziel, Überstunden mit den Gehalt als abgegeolten zu betrachten.
Meiner Meinungen nach bei Stundenlöhnen so um die 15 € absolut nicht durchsetzbar.

Aber solange es Angestellte gibt, die das mit sich machen lassen........... Ich finde es absolut unmöglich!
Tastenspitz
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von Tastenspitz »

Ich empfehel den An sich zusammen zu tun und einen Betriebsrat zu wählen.
matthias.
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von matthias. »

derPrinz hat geschrieben: 22.07.19, 10:32
Aber solange es Angestellte gibt, die das mit sich machen lassen........... Ich finde es absolut unmöglich!
So ist das.
ktown
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von ktown »

Bei 10 Angestellten? :wink:
So wie der AG bisher handelt, wird er seine Belegschaft dann individuelle austauschen. :lachen:
Alles, was ich schreibe, ist meine private Meinung.

Gesetze sind eine misslungene Kreuzung aus dem Alphabet und einem Labyrinth.
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Froggel
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Re: plötzlich Betriebsferein - zuwenig Resturlaub

Beitrag von Froggel »

derPrinz hat geschrieben: 22.07.19, 10:32Es kommt immer wieder vor, dass der Behandler (hier der AG) sich nicht an die Terminvereinbarungen hält und zu spät in der Praxis eintrifft, deswegen kommt es zu Ausfällen an nachfolgenden Patienten.
Das nimmt der AG dann zum anlass und belastet die Stundenkonten negativ.
Ist einzig das Problem des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat seine Arbeitskraft wie im Vertrag geregelt anzubieten. Nimmt der AG das nicht in Anspruch, egal aus welchem Grund, ist er in Annahmeverzug und muss den AN trotzdem bezahlen. Diese angeblich angefallenen Negativstunden existieren also nicht, die Arbeitszeit ist zu bezahlen. Man kann als AN das Geld auch einklagen.
derPrinz hat geschrieben: 22.07.19, 10:32Neueste Idee des AG sind Änderungskündigungen mit dem Ziel, Überstunden mit den Gehalt als abgegeolten zu betrachten.
Lustige Idee, aber auch dazu gibt es Gerichtsurteile, z.B. BAG 01.09.2010 ­– 5 AZR 517/09 oder BAG Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 765/10
3a)Wer mit seinem aus abhängiger Beschäftigung erzielten Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet, gehört zu den Besserverdienern, die aus der Sicht der beteiligten Kreise nach der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben und nicht eines Stundensolls beurteilt werden. Ihnen und ihren Arbeitgebern fehlt regelmäßig die objektive Vergütungserwartung für ein besonderes Entgelt als Gegenleistung für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit.
b)Der Kläger erbrachte im Streitfall einheitliche Arbeitsleistungen, für die er – unter Anwendung eines objektiven Beurteilungsmaßstabs – eine zusätzliche Vergütung nach den Bedingungen seines Arbeitsvertrags erwarten durfte. Der Kläger leistete keine Dienste höherer Art und erzielte keine deutlich herausgehobene Vergütung. Sein Einkommen lag in den Jahren 2006 bis 2008 jeweils deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze Ost.
Eine Änderungskündigung ist im Übrigen eine "schlaue" Idee :ironie: des AG, da jeder AN, der dem nicht zustimmt, automatisch gekündigt ist. Damit stünde der AG wieder ohne Personal da, sollte sich nicht ein Dummer finden, der sich darauf einlässt.
derPrinz hat geschrieben: 22.07.19, 10:32Die Arbeitssituation macht es den betreffenden Angestellten leicht, sich im hiesigen Ballungsraum nach anderen Stellen mit besseren Arbeitsbedingungen umzuschauen.
Das würde ich dann als Betroffene auch tun. Solche AG braucht kein Mensch.
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