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Mietvertrag: Rücktritt und Widerruf

Beschreibung: Zur Frage, wann ein Mietvertrag definitiv geschlossen ist

Kategorie: Mietrecht

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[url=https://www.recht.de/phpbb/app.php/kb/viewarticle?a=74&sid=fa0420da24eaacb09924e7a11320a88e]Knowledge Base - Mietvertrag: Rücktritt und Widerruf[/url]

Gelegentlich wenden sich User des Forum Deutsches Recht an das Forum mit der Frage, ob man von einem Mietvertrag zurücktreten kann. In den meisten Fällen wird diese Frage zurecht mit nein beantwortet. Einem konkreten Vertragsangebot folgt der Vertrag und der ist einzuhalten. Der Gesetzgeber erlaubt höchstens, einen unbefristeten Mietvertrag unmittelbar nach Vertragabschluss mit der gesetzlichen Frist von 3 Monaten zu kündigen, also schon vor Mietbeginn. Der Mieter berücksichtigt bei Abschluss eines neuen Mietvertrags idR die Kündigungsfrist seines alten Mietverhältnisses, sodass bei es bei der unmittelbaren Kündigung des neuen Mietvertrages höchstens zu einer einmonatigen Doppelbelastung hinsichtlich der Mietzahlung kommen wird, wenn überhaupt. Faktisch kommt dies einem Rücktritt gleich, wenn es auch im Sinne des Gesetzes keiner ist. Begehrt der Mietinteressent das neue Objekt aber sehr und mietet sofort an, so wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als die vereinbarte Miete zzgl Betriebskostenvorauszahlung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu zahlen.

Bei Mietverträgen mit Kündigungsverzicht sowie qualifizierten Zeitmietverträgen hat der Mieter schlechtere Aussichten. Hier funktioniert die unmittelbare Kündigung natürlich nicht. Hier könnte nur gekündigt werden, wenn nach Vertragsabschluss Gründe offenbar werden, die eine ausserordentliche fristlose Kündigung gemäss §§ 543, 569 BGB auch schon vor Beginn des Mietverhältnisses rechtfertigen. Dies gilt übrigens auch für og unbefristete Mietverhältnisse.

Nach herrschender Rechtsauffassung gilt ein Mietvertrag als geschlossen, wenn sich die Vertragsparteien einig sind. Dies sind sie dann, wenn sie sich insbesonders über die Miethöhe und den Mietbeginn einig sind. Sofern eine notarielle Mitwirkung, die Zustimmung von Erziehungsberechtigten, etc nicht erforderlich ist bedeutet das, dass ein Mietvertrag unmittelbar nach Besichtigung des Mietobjekts zustande kommen kann, wenn der Interessent das Angebot des Vermieters annimmt und erklärt, die Wohnung anmieten zu wollen. Die Schriftform ist nicht erforderlich. Sie ist lediglich angeraten, um zu einem späteren Zeitpunkt getroffene Vereinbarungen belegen zu können. Eine Ausnahme bildet der Zeitmietvertrag, der eine schriftliche Begründung für die Befristung erfordert.

Der Rücktritt von einem Mietvertrag kann nur erfolgen, wenn es eine entsprechende Vereinbarung gemäss § 572 BGB gibt. Dem Vermieter steht das Rücktrittsrecht nicht zu, da bei einem wirksamen Rücktrittsrecht des Vermieters die Kündigungsschutzvorschriften für den Mieter unterlaufen werden könnten. Der Vermieter kann sich sowohl vor als auch nach Beginn des Mietverhältnisses nur durch Kündigung vom Vertrag lösen.

Das vereinbarte Rücktrittsrecht des Mieters kann an materielle Bedingungen geknüpft werden. Das bedeutet insbesonders für Mietverträge mit definiertem Kündigungsverzicht oder qualifizierten Zeitmietverträgen, dass eine Entschädigung für den Vermieter ausgehandelt werden kann, wenn der Mieter vom vereinbarten Rücktrittsrecht Gebrauch macht.

Ein Rücktritt vom Mietvertrag kann auch nach Beginn des Mietverhältnisses vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung wird an auflösende Bedingungen geknüpft. Das bedeutet, dass rückwirkend vom Mietvertrag zurückgetreten werden kann, wenn eines Ereignisses, welches zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ungewiss ist, eintritt; vgl § 158 BGB. Eine solche Vereinbarung wäre zB möglich, wenn ein Mieter einen Mietvertrag mit Kündigungsverzicht über eine Wohnung in der Nähe seines neuen Arbeitsplatzes abschliessen will, obwohl er noch nicht weiss, ob er nach Ablauf der Probezeit übernommen wird.

Ein Rücktritt von einem Mietvertrag kann also durchaus erfolgen, wenn dies vereinbart wurde. Generell ausgeschlossen ist der Rücktritt also nicht.

Doch es gibt auch Situationen, bei denen es keiner Vereinbarung bedarf. Hier spricht man dann nicht von Rücktritt sondern von Widerruf. Der Widerruf eines Mietvertrags ist unter besonderen Voraussetzungen möglich. Der Widerruf ist in §§ 312 ff, 355 BGB geregelt.

Mietverträge als auch Mietänderungsverträge von besonderer Bedeutung fielen schon unter der Geltung des früheren HaustürWG, dem jetzigen § 312 BGB, unter Haustürverträge. Unter Mietänderungsverträge fallen hauptsächlich


1. freiwillige Mieterhöhungsvereinbarungen
2. Vereinbarungen über (nachträgliche) Übernahme von Betriebskosten
3. Erhöhung von Betriebskostenvorauszahlungen
4. nachträgliche Befristung des Mietverhältnisses
5. Vereinbarungen im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen



Die Frage, ob Miet(änderungs)verträge nun generell unter das Haustürgeschäft fallen, muss verneint werden. Nur unter gewissen Voraussetzungen trifft dies zu. Dazu bedarf es folgender Klärung:


1. wer sind die Vertragsparteien?
2. wie kam der Miet(änderungs)vertrag zustande?
3. wo kam der Miet(änderungs)vertrag zustande?



a) Vertragsparteien

Verbraucher im Sinne der §§ 312, 355 BGB ist der Mieter, der die Wohnung nicht zur Ausübung einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit anmietet. Der 0815-Mieter ist demnach Verbraucher.

Unternehmer im Sinne des Gesetzes (§ 14 Abs. 1 BGB) ist der Vermieter, der gewerblich Wohnraum vermietet und die Ausübung dieser Tätigkeit auf Dauer wirtschaftlich ausgeprägt angelegt hat. Hier sind sicherlich in erster Linie Wohnungsbaugenossenschaften oä angesprochen, die zT mehrere hundert Wohnungen vermieten. Der Vermieter einer Einliegerwohnung oder der Besitzer eines Dreifamilienhauses wird sicherlich nicht als Unternehmer gelten. Dennoch können auch Vermieter mit nur wenigen Wohnungen Unternehmer sein, wenn die Verwaltung ihrer Wohnungen einen planmässigen Geschäftsbetrieb erfordern oder wenn der Vermieter die Verwaltung seines Vermögens an Dritte übertragen hat.


b) Anbahnung

Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Vertragsabschluss oder die Vertragsänderung "auf Bestellung des Verbrauchers" erfolgt. Das bedeutet (auch unter Beachtung von Punkt c): vereinbart der Mieter, an welchem Ort auch immer, in Eigeninitiative einen Termin mit dem Vermieter oder seines Bevollmächtigten, um den Vertragsabschluss oder die Änderung eines bestehenden Vertrages zu bewirken, so steht ihm kein Widerrufsrecht zu. Anders sieht es aus, wenn der Mieter Fragen hat und er deshalb einen Termin anstrebt. Kommt es bei diesem Termin in Privaträumen zu einem Vertragsabschluss oder zu einer Änderung eines bestehenden Vertrages, so hat der Mieter wiederum ein Widerrufsrecht, da der Zweck des Termins nicht der Abschluss/die Änderung eines Vertrages ist. Ebenso, wenn der Vermieter zB hinsichtlich Modernisierungsarbeiten etwas mit dem Mieter zu besprechen hat und der Mieter den Vermieter daraufhin in seine Wohnung einlädt. Auch hier kann nicht von einer Bestellung gesprochen werden.

c) Privatwohnung

Als Privatwohnung gilt nicht nur die Wohnung des Interessenten oder des Vermieters, auch die Wohnung des Mieters, dessen Wohnung besichtigt wird und über die er noch Besitz hat gehört dazu. Klassisches Beispiel: eine noch bewohnte Wohnung wird besichtigt. Vermieter und Interessent werden sich einig, der Mietvertrag kommt zustande. (siehe oben) Der schriftliche -wenngleich nicht zwingend erforderliche- Mietvertrag (Ausnahme: Zeitmietvertrag) wird kurz darauf in den Geschäftsräumen des Vermieters geschlossen. Hier greift das Widerrufsrecht, da die Vertragsverhandlungen in Privaträumen erfolgten. Gleiches gilt, wenn die Vertragsverhandlungen im, zum Haus gehörenden, Garten oder vor dem Eingang geführt werden. Ist die Wohnung bei Besichtigung unvermietet, so gilt sie nicht als Privatwohnung, da sie sich nicht im Besitz eines Mieters befindet. Die in unvermieteten Wohnungen abgeschlossenen Mietverträge unterliegen also nicht den Regelungen des § 312 BGB.


Ein Vermieter, der im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB Unternehmer ist, muss den Interessenten vor Vertragsabschluss schriftlich auf das Widerrufsrecht hinweisen, wenn die Umstände ein Widerrufsrecht überhaupt zulassen. Die Widerspruchsfrist beträgt 2 Wochen, der Widerspruch ist schriftlich abzugeben. Die Frist ist, im Gegensatz zur Kündigung, bei der es auf den Zugang ankommt, bei rechtzeitiger Absendung gewahrt. Erfolgt die Belehrung über das Widerrufsrecht erst nach Vertragsabschluss, so beträgt die Frist einen Monat. Wird gar keine Belehrung erteilt, so erlischt das Recht auf Widerruf nach 6 Monaten.

Die überwiegende Anzahl geschlossener Mietverträge wird von diesem Artikel nicht berührt, er beschäftigt sich mit besonderen Situationen, die der Mietinteressent nach sorgfältiger Prüfung selber einschätzen muss. Mag dieser Artikel oder die im Forum abgegebenen Meinungen auch hilfreich sein, so ist im Zweifelsfall -wie mannigfach erwähnt- zumindest eine anwaltliche Beratung unabdingbar.