Kanalanschluss Nachbargrundstück

Öffentliches und privates Baurecht, Bebauungsrecht, Nachbarrecht

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Etienne777
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Etienne777 »

@Dimeto: Wie sich aus dem genannten (und noch vielen weiteren) BGH-Urteilen eindeutig ergibt, bedarf es für die Annahme einer Grenzanlage i. S. der § 921 BGB nur zweier Voraussetzungen:

1.) Die Anlage muß von der Grenzlinie geschnitten werden.

2.) Die Anlage muß zum Vorteil beider Grundstücke dienen.

Von der Grenzlinie geschnitten bedeutet, die Grenzlinie muß in irgendeiner Form und an irgendeiner Stelle, nicht notwendigerweise in der Mitte, die Anlage schneiden. Ob längs, schräg oder quer ist völlig unerheblich. So gilt beispielsweise eine Hecke insgesamt als Grenzeinrichtung, selbst wenn nur einzelne Pflanzen der Hecke von der Grenzlinie geschnitten werden. Das ist seit Jahrzehnten ständige auch höchstrichterliche Rechtsprechung.

Zu den Reihenhäusern. Mehrere aneinander gebaute Hausteile stehen von West nach Ost, das diese gesamte Häuserzeile überspannende Dach hat auf der Nordseite und auf der Südseite je eine durchgehende Dachrinne, vom ersten Haus ganz im Westen bis zum letzten Haus ganz im Osten der Häuserzeile. Die beiden Dachrinnen verlaufen demnach - wie die Häuserzeile - in West-Ost-Richtung.

Jedes Teilhaus der Häuserzeile hat ein eigenes Grundstück. Die durchgehenden Dachrinnen verlaufen etwa im rechten Winkel zu den Grundstücksgrenzen zwischen den einzelnen Grundstücken, die in Nord-Süd-Richtung verlaufen. Damit werden die durchgehenden Dachrinnen von diesen zwischen den einzelnen Reihenhausgrundstücken verlaufenden Grenzlinien geschnitten. Damit ist die erste Voraussetzung einer Grenzanlage erfüllt, der Grenzschnitt. Da die Dachrinne beiden Grundstücken dient, da beide Hausteile von ihr entwässert werden, liegt auch die zweite Voraussetzung vor. Entsprechend handelt es sich um eine Grenzanlage gemäß § 921 BGB.

Im Falle des TE wird die Grenzlinie die Abwasserleitung in gleicher Weise schneiden, denn ohne Grenzschnitt wäre es überhaupt nicht möglich, daß die Nachbarn verschiedener Grundstücke die selbe Anlage nutzen können. Und weil beide Grundstücke Vorteil aus der Anlage ziehen, haben wir es zweifelsfrei mit einer Grenzanlage zu tun.

Die Entstehungsgeschichte bedarf bei einer Grenzanlage keiner Aufklärung.

Die vermuteten Parallelen zu dem anderen Fall bestehen nicht. Dort ging es weder um eine Grenzanlage, noch um eine Rechtsgemeinschaft gemäß § 741 BGB.

Die Besonderheit der Rechtsgemeinschaft ist, daß die Anlage gemäß § 94 BGB als wesentlicher Bestandteil Eigentum des jeweiligen Grundstückseigentümers ist. Jedem Teilhaber gehört eigentumsrechtlich das Teilstück, das sich auf seinem Grundstück befindet. Gleichwohl darf er keine Änderungen vornehmen, die das Gebrauchsrecht der anderen Teilhaber (an der Gesamtanlage) beeinträchtigen. Das Grundrecht auf Eigentum erfährt insoweit eine gesetzliche Einschränkung.

Über den gemeinschaftlichen Gegenstand darf nur die Gemeinschaft im Ganzen verfügen. Dieser Grundsatz wird allerdings durchbrochen bei der Veranlassung von Maßnahmen zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands. Gemäß § 743 BGB darf nämlich jeder Teilhaber auch ohne Zustimmung der übrigen Teilhaber solche Maßnahmen veranlassen. Müller kann also einen Handwerker kommen lassen um eine Verstopfung zu beseitigen, selbst wenn diese auf einem fremden Grundstück ist.
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peterpanni
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von peterpanni »

Vielen Dank für die Antwort und dem tollen Einsatz von Euch. Ich habe noch eine Skizze des Flurplanes nachgemalt (auf dem die Entwässerungslage gut erkennbar ist) und könnte dieses Bild gerne reinstellen weiß aber nicht wie das geht. Einfach hier hochladen geht wohl nicht.

VG
Etienne777
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Etienne777 »

peterpanni hat geschrieben:Einfach hier hochladen geht wohl nicht.
So ist es.

Ich halte die Skizze aber für die rechtliche Bewertung im vorliegenden Fall auch nicht für erforderlich. Unzweifelhaft überqueren Abwasserrohre die Grundstücksgrenze zwischen Ihrem Grundstück und dem des Nachbarn und ebenso ist geklärt, daß sowohl Sie als auch Ihr Nachbar dieses funktional zusammenhängende Leitungssystem nutzen. Daraus folgen das Vorliegen einer Grenzanlage und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts (§ 741 ff BGB) mit Ausnahme des § 749.
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Dimeto
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Dimeto »

Etienne777 hat geschrieben: (und noch vielen weiteren) BGH-Urteilen
Ich habe zwar viele BGH-Urteile zu Grenzanlagen gefunden, jedoch haben diese immer eindeutige Grenzeinrichtungen wie Zäune, Giebelwände, Hecken, Ufermauern, Bäume, etc. zum Gegenstand. Zu Abwasserkanälen oder Regenrinnen habe ich leider nichts gefunden. Vielleicht kannst Du mir diesbezügliche Urteile nennen, um die Suche abzukürzen.
Etienne777 hat geschrieben:Die vermuteten Parallelen zu dem anderen Fall bestehen nicht. Dort ging es weder um eine Grenzanlage noch um eine Rechtsgemeinschaft gemäß § 741 BGB.
Warum nicht? Das Abwasserrohr überquert in gleicher Weise die Grenze und der Kläger nutzt das Rohr auch selber, so dass auch hier beide Bedingungen deiner Definition erfüllt sind.
Zafilutsche
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Zafilutsche »

peterpanni hat geschrieben: "Betreff Wohnhausneubau - Grundstücksentwässerungsanlage gemäß § 13 der Entwässerungssatzung wird wir folgt Stellung genommen.
> Zwichenlösung: Schöpfgrube (Hauskläranlage)
> Anschlusszeitpunkt: nach erfolgtem Ausbau der dortigen Kanalisation"
https://www.lfu.bayern.de/wasser/abwass ... Änderungen
Wegen (der Kosten/Folgekosten einer "Dichtigkeitsprüfung") könnte ich schon verstehen, dass der Nachbar aktiv wird und sich fragen stellt.
Die Hauskläranlage wird doch Geschichte sein?
Etienne777
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Etienne777 »

@Dimeto: Ich hatte vor einigen Minuten hier eine ausführliche Antwort geschrieben, die das Forum aber leider irgendwie verschluckt hat. Daher nur noch eine verkürzte Fassung.

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren waren ein privater Grundstückseigentümer und ein Träger öffentlicher Gewalt unter schlichthoheitlichem Handeln die Parteien. Die Parteien waren schon nicht Nachbarn, so daß eine Grenzanlage jedenfalls zwischen diesen Streitparteien nicht möglich ist. Auch kann eine Privatperson nicht mit einem Träger öffentlicher Gewalt eine Gemeinschaft bilden, gerichtet darauf, hoheitlich zu handeln. Denn die Privatperson darf und kann nicht hoheitlich handeln und ist auch nicht Träger öffentlicher Gewalt.

Bezüglich der Grenzanlagen empfehle ich nochmals das bereits genannte BGH-Urteil. Unter II. ist dort sehr verständlich und ausführlich die Rechtsgeschichte des § 921 BGB schon ab der Rechtsprechung des Reichsgerichts dargestellt und klargestellt, daß eine grenzscheidende Funktion nicht erforderlich ist. Somit unterwirft der BGH den § 921 BGB einer teleologischen Extension.

Wenn es aber auf eine grenzscheidende Funktion für die Annahme einer Grenzanlage nicht ankommt, kann sich § 921 BGB gerade nicht nur auf Anlagen erstecken, deren Wesen maßgeblich die grenzscheidende Funktion ist, etwa Zäune, Hecken, Mauern etc..

Die Fälle mit den von mir genannten Dachrinnen an Reihenhäusern sind obergerichtlich entschieden worden und eine Revision wurde dort regelmäßig nicht zugelassen, da die Rechtsprechung dazu seit langem gefestigt und einheitlich ist und die Frage keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Ich empfehle Deiner Aufmerksamkeit den Münchener Kommentar, BGB, 6. Auflage, § 921 Rn. 2. Dort sind übrigens Dachrinnen und auch Brunnen ausdrücklich genannt, obwohl beiden ihrer Natur nach eine grenzscheidende Funktion nicht innewohnen kann.
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Dimeto
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Dimeto »

Etienne777 hat geschrieben:Daher nur noch eine verkürzte Fassung.
Schade. Die Details der Fälle würden mich sehr interessieren, ebenso die Ausführungen der Gerichte dazu. Traufständige Dachrinnen wären für mich noch nachvollziehbar, sofern sie in ein Fallrohr münden, welches auf der Grenze errichtet worden ist. Ein Brunnen ist auch klar, da die eine Hälfte ohne die andere nicht nutzbar wäre. Wenn es bei diesem Fall einen Revisionsschacht auf der Grenze gäbe, in den alle Nachbarn einleiteten, wäre der Sachverhalt ebenso klar. Aber ein an zufälliger Stelle die Grenze kreuzendes Rohr ... ? Daher auch meine Frage nach einem Plan.

In den oft angeführten Motiven Band III zum BGB steht:

In § 854 (heute 921) wird ein die beiderseitigen Rechte beschränkendes nachbarliches Rechtsverhältniß bestimmt, welches gleichinhaltlich auch durch Bestellung von entsprechenden gegenseitigen Grunddienstbarkeiten nach §§ 966, 971 begründet werden kann.

Gegenseitige Grunddienstbarkeiten wären in diesem Fall aber nicht notwendig. Hier müsste nur das Grundstück des drohenden Nachbarn belastet werden. Auch die weiteren Ausführungen gehen von gegenseitiger Beschränkung aus:

Hiernach kann derselbe (gemeint ist der Entwurf zum BGB) die zu bestimmenden Rechte nicht als Miteigenthumsrechte, sondern nur als Rechte der Nachbarn denken, welche die aus den allgemeinen Bestimmungen der §§ 848, 849 sich ergebenden Rechte gegenseitig beschränken. Die beschränkenden Rechte finden ihren Gegenstand in der durch die Grenzeinrichtung okkupirten Grundstücksparzelle.

Der drohende Nachbar hat keinen Vorteil von den Abwasserrohren auf den Nachbargrundstücken. Die nutzenden Nachbarn sind auch in keiner Weise durch die Entwässerungsanlage in ihren Rechten am eigenen Grundstück beschränkt.
Etienne777 hat geschrieben:In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren waren ein privater Grundstückseigentümer und ein Träger öffentlicher Gewalt unter schlichthoheitlichem Handeln die Parteien.
Wer sagt denn, dass der drohende Nachbar nicht auch die Gemeinde verklagt?
Etienne777
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Etienne777 »

@Dimeto: Deine Einwendungen bzw. Bedenken sind nicht schlüssig. Einerseits hältst Du es notwendig, daß eine Grenzanlage Grundstücke zu scheiden geeignet sei. Andererseits läßt Du nun aber ein auf der Grenze in den Boden führendes Fallrohr einer Dachrinne genügen, um eine Grenzanlage anzunehmen. Dabei kann diesem Fallrohr schwerlich eine grundstücksscheidende Funktion zukommen, da eine solche schon nicht die Zweckbestimmung eines Fallrohres ist, oder Fallrohre gemeinhin als Markierung des Grenzverlaufs angesehen werden.

Du verkennst, daß ein funktional zusammenhängendes Abwassersystem planmäßig die Grenzlinie quert. Das ist dabei kein Zufall, sondern Ausfluß der Absicht, das Abwassersystem über zwei oder mehrere verschiedene Grundstücke zu erstrecken. Ein Grenzschnitt der Anlage ist daher zwingend.

Die von Dir angezogenen "Motive Band III zum BGB" umreißen die ursprünglichen Motive des Gesetzgebers, können aber naturgemäß nicht die Weiterentwicklung des Rechts durch die Rechtsprechung berücksichtigen. Jedenfalls verbleibt es bei der bereits erwähnten teleologischen Extension seitens des BGH, da nicht anzunehmen ist, daß dieser seine Rechtsgrundsätze wegen der Meinung einzelner Forumuser wird ändern wollen. :mrgreen:

Es ist zu kurz gesprungen, zu unterstellen, der drohende Nachbar habe keinen Vorteil von Abwasserrohren auf den Nachbargrundstücken. Da es sich um ein funktional zusammenhängendes Gesamtsystem handelt, kann man nicht isoliert nur Teile der Gesamtanlage in der Würdigung heranziehen. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob ein Vorteil (auch für den drohenden Nachbarn) aus seiner (Mit-)Benutzung des Systems als Ganzheit resultiert. Da er auch seine Abwässer darin einleitet, zieht er Vorteil aus der Benutzung des Gesamtsystems.

Ob sein Abwasser dabei bestimmte Teile des Gesamtsystems nicht tangiert ist ebenso irrelevant wie die Frage, ob sich die Gesamtanlage mehr oder weniger auf das eine oder andere Grundstück erstreckt. Eine solche Betrachtungsweise liefe dem Normzweck zuwider. Rein vorsorglich weise ich auch darauf hin, daß selbst eine Schaffung eines separaten eigenen Abwasseranschlusses an den öffentlichen Kanal durch den drohenden Nachbarn daran nichts ändern würde, da dieser das in § 922 S. 3 BGB verankerte Mitbenutzungsrecht des oder der Nachbarn an der alten Anlage nicht berühren würde.

Es geht nicht um mögliche Einschränkungen der Nachbarn an Rechten an ihren eigenen Grundstücken, sondern es geht um Nutzungsrechte der Nachbarn am Grundstück des drohenden Nachbarn. Diese Nutzungsrechte hätten die Nachbarn selbst dann, wenn ihre Rechte an ihren eigenen Grundstücken überhaupt nicht beeinträchtigt werden. Eine solche Verknüpfung gibt es rechtlich dabei nämlich nicht.
Wer sagt denn, dass der drohende Nachbar nicht auch die Gemeinde verklagt?
Wer sagt denn, daß er sie verklagt?

Eine Klage steht hier nach allem was wir wissen nicht im Raum. Die Rede ist von einer Nutzungsuntersagung, die könnte der drohende Nachbar einfach so aussprechen, daß sie nicht wirksam ist, das ist eine andere Sache. Schlimmstenfalls könnte der drohende Nachbar, wenn er zuviel Geld hat, eine Unterlassungsklage gegen die mitnutzenden Nachbarn anstrengen, die aber keine Aussicht auf Erfolg hat.

Eine Klage gegen die Gemeinde wäre unbegründet und daher abzuweisen, da nicht die Gemeinde diese Abwasserrohre nutzt, sondern ausschließlich die Nachbarn. Das Revier der Gemeinde endet damit am Übergabepunkt des hier in Rede stehenden gemeinschaftlichen Abwassersystems in den öffentlichen Kanal in der Straße.
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peterpanni
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von peterpanni »

Vielen Dank für die sehr informativen Ausführungen.

Nur kurz vorab: Der Nachbar will nicht die Gemeinde verklagen.

Auch danke für den Hinweis, sollte er sich von dem "gemeinschaftlichen Abwassersystem" trennen und eine separate Leitung zum öffentlichen Kanal legen.

Ich konnte mit meinem Vorbesitzer sprechen und nochmals seine Erinnerungen "auffrischen". Der drohende Nachbar hatte zuerst einen Zugang zu dem öffentlichen Kanal (er hatte zuerst gebaut). Danach wurden etwa 1-2 Jahre später unser Haus und das des anderen Nachbarn an dessen Leitung mit angebunden und damit raus zum öffentlichen Kanal. Der andere Kanal vor unserem Haus kam erst viele Jahre später.

Bei dem drohenden Nachbarn befindet sich ein kleiner Kanaldeckel. Im geöffneten Zustand sieht man das Zusammenlaufen der Abwasserrohre.

Herzliche Grüße und nochmals vielen Dank für den tollen Einsatz aller :idea:
Etienne777
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Etienne777 »

@peterpanni: Da sowohl bei Grenzanlagen wie auch den sonstigen Bruchteilsgemeinschaften das Gemeinschaftsrecht (§§ 741 ff BGB) anzuwenden ist, sei Ihnen vorsorglich noch mit auf den Weg gegeben, daß Sie mit dem Erwerb Ihres Grundstücks wegen § 746 BGB in alle Regelungen, Rechte und Pflichten zum gemeinschaftlichen Gegenstand "Abwassersystem" kraft Gesetzes eingetreten sind.

Der drohende Nachbar dürfte folglich nicht einwenden, Sie seien nicht mehr derjenige, mit dem er mal eine Vereinbarung hatte.

Gleiches gilt, falls es beim Grundstück des drohenden Nachbarn mal einen Eigentümerwechsel gegeben haben sollte oder dort ein solcher mal käme. § 746 BGB läßt insoweit auch einen gutgläubigen Erwerb nicht zu, d. h., niemand kann einwenden, er sei über die Anlage nicht vom Vorbesitzer informiert worden oder habe nicht gewußt, daß sein Grundstück mit solchen Pflichten belastet sei.
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peterpanni
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von peterpanni »

@Etienne777: Besten Dank auch für die abschließenden Worte (sollte das Wichtigste geschrieben worden sein) und Ihrer aufgebrachten, kostbaren Zeit mich zu unterstützen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und ggf. melde ich mich mal, sollte sich was beim "DROHENDEN NACHBARN" tun. DANKE!
Dimeto
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Re: Kanalanschluss Nachbargrundstück

Beitrag von Dimeto »

Etienne777 hat geschrieben:Einerseits hältst Du es notwendig, daß eine Grenzanlage Grundstücke zu scheiden geeignet sei.
Das stimmt so nicht. Ich habe lediglich in meinem ersten Post mit dem Vokabular des Gesetzestextes deutlich machen wollen, dass ich deine Auffassung vom Vorliegen einer Grenzanlage nicht teile. Die Formulierung zielte nicht auf die zwingende Notwendigkeit der grenzscheidenden Funktion, sondern auf die Lage der Grenzeinrichtung zur Grenze. Und da bin ich wie der BGH der Meinung, dass die Anlage "auf der Grenze zweier Grundstücke" (2. Entwurf BGB), also "zwischen den Grundstücken" (das genannte BGH Urteil) liegen muss. Diese Formulierung setzt nicht nur meiner Auffassung nach voraus, "..., daß die Grundstücksgrenze die Einrichtung nicht nur zu einem unwesentlichen Teil durchschneidet" (LG Aachen, 5 S 330/97).

Da Du Dich mit deiner Auffassung, es genüge eine von den Ausmaßen der Anlage völlig unabhängige noch so kleine Grenzschneidung, auf die "seit Jahrzehnten ständige auch höchstrichterliche Rechtsprechung" berufst und "die Rechtsprechung dazu seit langem gefestigt und einheitlich" sei, ist es bedauerlich, dass Du nicht wenigstens ein Urteil nennst (möglichst frei verfügbar), welches deine Sichtweise unterstützt und erläutert und mich die meine überdenken lässt.
Etienne777 hat geschrieben:Dabei kann diesem Fallrohr schwerlich eine grundstücksscheidende Funktion zukommen
Wie bereits ober erwähnt, kommt es mir auf die grundstücksscheidende Funktion nicht an. Aber gerade dem Regenfallrohr kann sehr wohl diese Funktion zukommen, da es von den Abmessungen im Grundriss und seiner geometrischen Eindeutigkeit einem Grenzstein ähnlich ist. Sollte wegen der Lage eines Regenfallrohres auf einem Grenzpunkt eine andere Abmarkung nicht möglich sein, wird das Fallrohr aufgemessen und in den Katasternachweis aufgenommen, so dass es für die beteiligten Eigentümer einer Abmarkung gleichkommt.
Etienne777 hat geschrieben:Eine Klage steht hier nach allem was wir wissen nicht im Raum.
Es ging doch nicht darum, was im Raum steht, sondern um die Parallelen des verlinkten Falles, die Du mit dem Verweis auf die prozessbeteiligten Parteien verneint hast. Die Faktenlage ist doch bis auf die zusätzlich vorhandene Frischwasserleitung exakt die gleiche. Ein privates Unternehmen hat auf einem Privatgrundstück eine Leitung verlegt, die der Grundstückseigentümer und mehrere Nachbarn ohne Grunddienstbarkeit nutzen, was der Eigentümer nicht mehr zulassen möchte.
Etienne777 hat geschrieben:da nicht die Gemeinde diese Abwasserrohre nutzt
Ob das auch auf den verlinkten Fall zutrifft, wissen wir nicht, ist aber unerheblich, da auch hier die Gemeinde Gebühren für "das die Störung auslösende Verhalten" erhebt und damit "eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Gemeinde" vorliegt.
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