Mischl hat geschrieben:
Azik hat geschrieben:§ 31 Abs. 2 BauGB:
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
Welche Grundzüge der Planung nicht berührt werden .... was ist verständlich ausgedrückt damit gemeint?
Gute Frage, eine Definition gibt es nicht. Letztlich muss man ermitteln. z.B. Anhand der Begründung des B-Planes oder anhand der Festsetzungen selbst, welche Grundziele die Gemeinde mit dem Bebauungsplan verfolgt hat. Sollte z.B. mit dem B-Plan auf der grünen Wiese ein neues Wohngebiet mit aufgelockerter Bebauung geschaffen werden ? Soll der B-Plan zur Nachverdichtung der Innenstadt dienen und dort eine maßvolle Verdichtung ermöglich und dabei möglich viele Freiflächen erhalten ? Die Möglichkeiten hierbei sind genauso endlos wie die Möglichkeiten über die Auslegung der Ziele in Rechtsmittelverfahren zu streiten.
Ein konstruiertes und daher eindeutiges Beispiel:
Wenn die Gemeinde mit dem Bebauungsplan ein autofreies Wohngebiet schaffen will, dann würde der Bebauungsplan vermutlich die Errichtung von Stellplätzen für unzulässig festsetzen und jeder Antrag auf Befreiung mit der dann doch ein Stellplatz in diesem Wohngebiet zugelassen werden soll, wäre wegen eines Verstoßes gegen die Grundziele der Planung abzulehnen.
Azik hat geschrieben:1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder
Mischl hat geschrieben:
Was haben die beantragten Stellplätze mit dem Wohl der Allgemeinheit bei uns zu tun ..... wenn sie bei anderen gleichartigen Stellplätzen das Wohl nicht gefährden....
Wir sind keine Asylbegehenden die Befreiung erfordern....
Ihre Stellplätze sind offensichtlich nicht zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich. Diese Alternative (!) erfüllen Sie schlicht nicht.
Azik hat geschrieben:2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
Mischl hat geschrieben:
... städtebaulich vertretbar ist .... bei uns wäre das nicht der Fall aber bei den Anwohnern der gleichen und in den beiden Nachbarstraßen???
Ihr Vergleich zieht ohne Weiteres nicht. Ich hatte dazu bereits etwas geschrieben.
Für den Anfang könnten Sie z.B. ermitteln, wann die Nachbarn Ihre Stellplätze gebaut haben, ob zu diesem Zeitpunkt der maßgebliche Bebauungsplan bereits aufgestellt war, ob die Nachbargrundstücke überhaupt im Geltungsbereich des B-Planes liegen und ob diese Stellplätze überhaupt durch die Behörde genehmigt wurden.
Falls die Nachbarstellplätze rechtswidrig sind, fällt im Übrigen jeder Vergleich ohnehin bereits weg (Grundsatz: Keine Gleicheheit im Unrecht).
Ansonsten ist auch die städtebauliche Vertretbarkeit nicht definiert und bietet Gelgenheit sich hierzu jahrelang vor Gericht zu streiten. Sie können damit anfangen, die städtebauliche Bedeutung von Stellplätzen allgmein zu ermitteln und dann auf die konkrete Situation auf Ihrem Grundstück unter Bezugnahme der näheren Umgebung anzuwenden.
Azik hat geschrieben:3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Mischl hat geschrieben:
.... der Antrag ist insofern städtebaulich vertretbar, als dass da Gleichheitsprinzip gefordert wird
Hier wird nicht die städtebauliche Vertretbarkeit gefordert (hierzu s.o.).
Eine unbeabsichtigete Härte dürfte vermutlich nicht vorliegen, da dem Satzungsgeber (die Kommune) wohl gewusst hat, dass die Errichtung von Stellplätzen durch den B-Plan nur noch eingeschränkt möglich sein wird. Die Nachteile für Eigentümer/Nutzer/Bewohner wurden wohl absichtlich in Kauf genommen und sind daher nicht als unbeabsichtigt anzusehen. Falls Sie z.B. in der Begründung des B-Planes eine Passage finden, die das Gegenteil ausführt, hätten Sie einen Ansatz für eine entsprechende Begründung.
Zum Gleicheitsprinzip schlage ich vertiefte Lektüre vor. So einfach wie Sie sich das vorstellen ist das nicht.
Azik hat geschrieben:Wie man sieht, hat eine Befreiung eine ganze Reihe von Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen.
Sind Sie der Meinung, Sie erfüllen die Vorrausetzungen ?
Mischl hat geschrieben:
Ja, wir erfüllen die gleichen Voraussetzungen wie unsere Nachbarn mit drei Stellplätzen
Ob Ihre Nachbarn die Voraussetzungen überhaupt erfüllten musste und eine Befreiung für Stellplätze benötigten, ist überhaupt nicht klar. Sie müssten zunächst ausführlich darlegen, dass die Situation des Nachbarn in Sach- und Rechtslage überhaupt mit der Ihren vergleichbar ist. Ich gehe ohne Weiteres nicht davon aus, dass der Nachbar die Stellplätze zum gleichen Zeitpunkt, auf einem Grundstück gleicher Größe, an einer vergleichbaren Lage des Grundstückes und auf einem Grundstück mit vergleichbarer Bebauung und Nutzung errichtet hatte. Andere Vergleichskriterien kommen ggf. noch hinzu. Sind Ihre Stellplätze baurechtlich notwendig oder freiwillig? Wie ist das beim Nachbarn?
Azik hat geschrieben:Man darf hier auch nicht zu einfach denken.
Der Bebaungsplan fordert offenkundig nicht, dass man nur 2 Stellpätze errichtet werden dürfen.
Stattdessen fordert er, dass Stelllplätze generell nur innerhalb der Baufenster errichtet werden dürfen.
Mischl hat geschrieben:
.... und diese "Baufenster" .... was immer auch damit gemeint ist .... kann nicht für die einen gelten
und für die anderen nicht.
Kennen Sie die Baufenster auf dem Grundstück des Nachbarn? Woher wissen Sie, dass die Nachbarstellplätze nicht innerhalb der Baufenster (innerhalb der festgesetzten Baugrenzen) liegen?
Azik hat geschrieben:Es geht hier wohl darum, freie und ggf. unversiegelte/unverbaute Flächen auf den Grundstücken zu erhalten.
So erklärt sich auch die Nebenbestimmung.
Mischl hat geschrieben:
Diese Nebenbestimmung ist ebenfalls nicht im Bebauungsplan zu finden. Zudem erhalten wir unverbaute
Flächen, sogar teilweise in einer größeren Fläche als Nachbarn mit drei Stellplätzen vorm Haus. Wie
schon ausgeführt, in der Nachbarstraße wurde ein Vorgarten in der gesamten Breite und Länge "versiegelt".
Nebenbestimmunen müssen nicht im B-Plan stehen. Sie verstehen hier den Zusammenhang nicht; Ihre Genehmigung stünde auch nicht im Bebauungsplan ...
Haben Sie sich eigentlich den Bebauungsplan einmal angeschaut? Ist Ihnen klar, was ein Bebauungsplan überhaupt ist?
Azik hat geschrieben:Der Vergleich mit anderen Grundstücken ist dabei übrigens nicht unbedingt hilfreich.
Mischl hat geschrieben:
nicht hilfreich ..... wo bleibt das Gleichheitsprinzip
siehe oben.
Sie können ja mal überlegen, warum wir trotz Gleichheitsprinzip nicht alle die gleichen Steuern zahlen.
Azik hat geschrieben:Kann gut sein, dass die anderen Stellplätze vor Aufstellung des Bebauungsplanes errichtet wurden und bestandsgeschützt sind.
Mischl hat geschrieben:
Es gibt keine Vorschriften in dem Bebauungsplan, der uns zugänglich ist. Es gibt ältere Stellplätze und neue
was hat das mit "bestandsgeschützt" zu tun.
Dann haben wir auch den Anspruch dass man uns aufzeigt, wo ein "Bestandsschutz" rechtlich festgehalten ist.
Bestandsschutz heisst, man muss bauliche Anlagen, die nach einer alten Rechtsslage errichtet wurden nicht an neue Gesetze anpassen. Der Bestand ist also geschützt.
D.h. wenn Nachbarstellplätze errichtet wurden, bevor ein Bebauungsplabn aufgestellt wurde, dann müssen Sie nicht beseitigt werden, sondern dürfen bleiben, auch wenn der Bebauungsplan die Neuerrichtung nicht zulassen würde.
Und nein, das Gleicheitsprinzip wird hierdurch nicht verletzt, da die Situation nicht vergleichbar ist (andere Rechtslage).
Azik hat geschrieben:Oder die Stellplätze sind rechtswidrig errichtet worden.
Mischl hat geschrieben:
Dann sind wohl alle die uns bekannten rechtswidrig errichtet worden.
Wie ist dann das weitere Vorgehen der Behörde .... Gleichtsprinzip
Das Gleicheitsprinzip ist bei rechtswidrigem Verhalten nicht anwendbar (Keine Gleicheit im Unrecht). Sie dürfen z.B. nicht (straflos) falsch parken, nur weil Ihr Freund ebenfalls falsch geparkt hatte und nicht erwischt wurde.
Außerdem ist die Ablehnung einer Befreiung mit dem Erlass einer Beseiteitigungsanordnung für Nachbarstellplätze schon im Ansatz kein gleicher bzw. vergleichbarer Sachverhalt.
Azik hat geschrieben:Oder die anderen Grundstücke liegen nicht im Geltungsbreich den hier betroffenen Bebauungsplanes.
Mischl hat geschrieben:
Sie liegen ALLE im Geltungsbereich des betroffenen Bebaungsplanes. Es gibt für unser Stadtgebiet
nur einen einzigen, aber ohne Angaben über die Vorplatzgestaltung.
Dann können Sie eines meiner vielen "Oder" streichen.
Azik hat geschrieben:Oder die Behörde hat einen Fehler gemacht, den sie nun nicht wiederholen möchte.
Mischl hat geschrieben:
Wenn sie einen Fehler gemacht hat .... dann muss sie diesen richtigstellen oder das
Gleichheitsprinzip gelten lassen ....
Wie kommen Sie darauf? Dies ist schlicht nicht richtig.
Eine in Vergangeheit fehlerhaft erteilte Genehmigung muss nicht und darf ggf. nicht aufgehoben werden. Würden Sie Ihr Haus abreißen wollen, weil vor Jahrzenten im Genehmigungsverfahren etwas übersehen wurde?
Mischl hat geschrieben:
Vielen vielen Dank für den Austausch.
Gerne.
Befreiungen sind leider ein sehr schwieriges rechtliches Thema, das der Gesetzgeber sehr abstrakt und wenig nachvollziehbar geregelt hat. Als Laie hat man regelmäßig wenig Chancen nachvollziehbar zu argumentieren, da man üblicherweise weder die städtebaulichen noch baurechtlichen Kenntnisse hat. Falls ernsthaft Rechtsmittel in Erwägung gezogen werden, ist eine anwaltliche Beratung dringend anzuraten.