Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Moderator: FDR-Team
Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Hallo liebe Nutzerinnen und Nutzer,
es sei das folgende hypothetische Szenarium angenommen:
Bauherr B möchte beim Bau seines Privathauses Kosten sparen. Weil aus Gründen des Geländes der Anschluss seines Abwassers an den vorgesehenen öffentlichen Kanal aufwendig und teuer wäre, möchte er die Entwässerung über das unterhalb liegende Privatgrundstück seiner Nachbarin N legen, welches über einen besseren Zugang zum öffentlichen Abwassernetz verfügt.
Die Gemeinde G schließt daraufhin mit Frau N einen entsprechenden Vertrag über eine Nutzung deren Grundstücks zur Verlegung des Entwässerungskanals von B, aber ausdrücklich nur zur Ableitung von Brauchwasser. Oberflächenwasser soll nicht über diesen Kanal abgeleitet werden.
Weil Frau N auf besagtem Grundstück ebenfalls ein Privathaus baut, erlässt ihr die Gemeinde G im Gegenzug ihre Kanalanschlusskosten.
Nehmen wir weiter an, dass in diesem Vertrag auch die Grundbuch-Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit für die Gemeinde G bzw. Bauherr B vereinbart wird. Inhalt der Eintragung soll das Recht von G bzw. B sein, durch das Grundstück von N eine Kanalleitung zu verlegen.
Außerdem soll angenommen werden: Nachdem Frau N verstorben ist und ihr Ehemann E das Anwesen geerbt hat, stellt sich heraus, dass der Vertrag zwischen N und G in zweierlei Hinsicht gebrochen wurde:
1) Um erneut Kosten zu sparen, leitet B auch sein Oberflächenwasser über diesen Kanal ab.
2) Entgegen den vertraglichen Vereinbarungen zwischen G und N wurden größere Abwasserrohre (20cm Durchmesser statt der vereinbarten 15cm) verlegt. Dieser 20cm-Entwässerungskanal mündet unterhalb des von Frau N errichteten Hauses in dessen eigenes Abwasserrohr, das aber nur 15cm groß ist.
E hat nun die Befürchtung, dass es aufgrund dieser Rohrverengung im Falle von Starkregenereignissen zu einem Rückstau größerer Mengen des (eigentlich unzulässig eingeleiteten) Oberflächenwassers von B kommen könnte, mit möglichen Wasserschäden am Haus von E.
Vertreter der Gemeinde sagen ihm mündlich zu, anlässlich ohnehin geplanter Tiefbauarbeiten am öffentlichen Kanal diese Verengungsstelle zu beseitigen und den Kanal von B direkt in die Kanalisation zu leiten. Diese Zusage wird aber bis dato nicht umgesetzt.
Gehen wir des Weiteren davon aus, dass die ungeklärte Situation über viele Jahre besteht, bis E erwägt, aus Altersgründen sein bebautes Grundstück zu verkaufen.
Er erkennt, dass der Entwässerungskanal seines Nachbarn mit der unbefriedigenden Anschlusslösung einen Verkauf erschweren könnte. Außerdem gibt es keinerlei Vereinbarungen über die Zugangsrechte der Gemeinde G zu seinem Grundstück, um den gemeindeeigenen Kanal zu warten bzw. instand zu halten.
E nimmt Grundbucheinsicht und erfährt, dass die vor über 40 Jahren mit seiner verstorbenen Frau vertraglich vereinbarte beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu Lasten seines Grundstücks (siehe oben) nie im Grundbuch eingetragen wurde. Der Mitarbeiter des Grundbuchamts ist der Meinung, E könne daher jederzeit den Kanal aus seinem Grundstück „herausreißen“.
Abschließend soll noch Folgendes angenommen werden: Gemeinde G hat E vor kurzem den Entwurf einer „Vereinbarung über die Bestellung einer Grunddienstbarkeit“ zukommen lassen, in der das Leitungsrecht für o.g. Entwässerungsleitung über das Grundstück von E, inkl. Betretungs- und Befahrungsrecht, festgeschrieben und im Grundbuch eingetragen werden sollen. E hat diese neue Vereinbarung nicht unterschrieben.
Folgende Fragen tauchen nun auf:
- Wäre in diesem Szenarium der Hinweis des Grundbuchbeamten rechtlich zutreffend, dass E den Kanal eigenmächtig entfernen dürfe? Oder hätte die Gemeinde G auch noch nach mehr als 40 Jahren das Recht, den damals zwar mit Frau N vereinbarten, aber versäumten Grundbucheintrag nachzuholen?
- Käme alternativ ein Recht auf Entfernen des Kanals auch dadurch zustande, dass größere Rohre als vereinbart verlegt wurden und unzulässigerweise Oberflächenwasser eingeleitet wird?
- Gäbe es, im Falle des genannten Starkregenereignisses mit Wasserstau, eine „automatische“ Haftungspflicht der Gemeinde G bzw. des Nachbarn B bezügl. eventueller Wasserschäden am Haus von E?
- Hätte die Gemeinde durch ihre Instandhaltungspflicht schon jetzt ein „automatisches“ Zutrittsrecht zum Grundstück von E, evtl. unangekündigt und inklusive schweren Geräts?
Weitere Hinweise auf die jeweiligen Rechtspositionen von E, B und der Gemeinde G wären erwünscht.
es sei das folgende hypothetische Szenarium angenommen:
Bauherr B möchte beim Bau seines Privathauses Kosten sparen. Weil aus Gründen des Geländes der Anschluss seines Abwassers an den vorgesehenen öffentlichen Kanal aufwendig und teuer wäre, möchte er die Entwässerung über das unterhalb liegende Privatgrundstück seiner Nachbarin N legen, welches über einen besseren Zugang zum öffentlichen Abwassernetz verfügt.
Die Gemeinde G schließt daraufhin mit Frau N einen entsprechenden Vertrag über eine Nutzung deren Grundstücks zur Verlegung des Entwässerungskanals von B, aber ausdrücklich nur zur Ableitung von Brauchwasser. Oberflächenwasser soll nicht über diesen Kanal abgeleitet werden.
Weil Frau N auf besagtem Grundstück ebenfalls ein Privathaus baut, erlässt ihr die Gemeinde G im Gegenzug ihre Kanalanschlusskosten.
Nehmen wir weiter an, dass in diesem Vertrag auch die Grundbuch-Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit für die Gemeinde G bzw. Bauherr B vereinbart wird. Inhalt der Eintragung soll das Recht von G bzw. B sein, durch das Grundstück von N eine Kanalleitung zu verlegen.
Außerdem soll angenommen werden: Nachdem Frau N verstorben ist und ihr Ehemann E das Anwesen geerbt hat, stellt sich heraus, dass der Vertrag zwischen N und G in zweierlei Hinsicht gebrochen wurde:
1) Um erneut Kosten zu sparen, leitet B auch sein Oberflächenwasser über diesen Kanal ab.
2) Entgegen den vertraglichen Vereinbarungen zwischen G und N wurden größere Abwasserrohre (20cm Durchmesser statt der vereinbarten 15cm) verlegt. Dieser 20cm-Entwässerungskanal mündet unterhalb des von Frau N errichteten Hauses in dessen eigenes Abwasserrohr, das aber nur 15cm groß ist.
E hat nun die Befürchtung, dass es aufgrund dieser Rohrverengung im Falle von Starkregenereignissen zu einem Rückstau größerer Mengen des (eigentlich unzulässig eingeleiteten) Oberflächenwassers von B kommen könnte, mit möglichen Wasserschäden am Haus von E.
Vertreter der Gemeinde sagen ihm mündlich zu, anlässlich ohnehin geplanter Tiefbauarbeiten am öffentlichen Kanal diese Verengungsstelle zu beseitigen und den Kanal von B direkt in die Kanalisation zu leiten. Diese Zusage wird aber bis dato nicht umgesetzt.
Gehen wir des Weiteren davon aus, dass die ungeklärte Situation über viele Jahre besteht, bis E erwägt, aus Altersgründen sein bebautes Grundstück zu verkaufen.
Er erkennt, dass der Entwässerungskanal seines Nachbarn mit der unbefriedigenden Anschlusslösung einen Verkauf erschweren könnte. Außerdem gibt es keinerlei Vereinbarungen über die Zugangsrechte der Gemeinde G zu seinem Grundstück, um den gemeindeeigenen Kanal zu warten bzw. instand zu halten.
E nimmt Grundbucheinsicht und erfährt, dass die vor über 40 Jahren mit seiner verstorbenen Frau vertraglich vereinbarte beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu Lasten seines Grundstücks (siehe oben) nie im Grundbuch eingetragen wurde. Der Mitarbeiter des Grundbuchamts ist der Meinung, E könne daher jederzeit den Kanal aus seinem Grundstück „herausreißen“.
Abschließend soll noch Folgendes angenommen werden: Gemeinde G hat E vor kurzem den Entwurf einer „Vereinbarung über die Bestellung einer Grunddienstbarkeit“ zukommen lassen, in der das Leitungsrecht für o.g. Entwässerungsleitung über das Grundstück von E, inkl. Betretungs- und Befahrungsrecht, festgeschrieben und im Grundbuch eingetragen werden sollen. E hat diese neue Vereinbarung nicht unterschrieben.
Folgende Fragen tauchen nun auf:
- Wäre in diesem Szenarium der Hinweis des Grundbuchbeamten rechtlich zutreffend, dass E den Kanal eigenmächtig entfernen dürfe? Oder hätte die Gemeinde G auch noch nach mehr als 40 Jahren das Recht, den damals zwar mit Frau N vereinbarten, aber versäumten Grundbucheintrag nachzuholen?
- Käme alternativ ein Recht auf Entfernen des Kanals auch dadurch zustande, dass größere Rohre als vereinbart verlegt wurden und unzulässigerweise Oberflächenwasser eingeleitet wird?
- Gäbe es, im Falle des genannten Starkregenereignisses mit Wasserstau, eine „automatische“ Haftungspflicht der Gemeinde G bzw. des Nachbarn B bezügl. eventueller Wasserschäden am Haus von E?
- Hätte die Gemeinde durch ihre Instandhaltungspflicht schon jetzt ein „automatisches“ Zutrittsrecht zum Grundstück von E, evtl. unangekündigt und inklusive schweren Geräts?
Weitere Hinweise auf die jeweiligen Rechtspositionen von E, B und der Gemeinde G wären erwünscht.
Re: Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Moderationsbeitrag
Dies und viele weitere Fragen sollte E seinem Anwalt stellen.
Ein Forum ist hierbei der absolut schlechteste Ort.
Ein Forum kennt weder den Vertrag von damals noch die örtlichen Gegebenheiten.
Ein Forum ist hierbei der absolut schlechteste Ort.
Ein Forum kennt weder den Vertrag von damals noch die örtlichen Gegebenheiten.
Re: Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Sehe ich auch so, ab zum Anwalt. Zumal sich das nicht so liest das man da die Bausünden der Vergangenheit an einem Tag mit Spaten und Schaufel korrigiert bekommt. Da dürfte einiges an Erde zu bewegen sein bzw Anschlüsse an das Abwassernetz macht ja eh der zuständige Entsorger meist selbst, sprich das wird potenziell teuer.
Re: Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Wenn ein Grundstückseigentümer 40 Jahre eine Situation duldet könnte es möglicherweise schwierig werden da jetzt noch etwas zu erreichen. Und warum sollen die Gegebenheiten jetzt für E unzumutbar sein, wo sie 40 Jahre lang i.O. waren?
Andererseits: Ja, ohne Grundbucheintragung hat die "Gegenseite" erst einmal keine ganz so guten Karten. Wenn man die Leitungen allerdings jetzt einfach aus dem Boden reißen wollte dürfte die Gegenseite sofort eine einstweilige Verfügung beantragen die Bauarbeiten zu stoppen. Und Schadensersatz dürfte dann auch im Raum stehen. Und da die Gegenseite jetzt die Grundbucheintragung wieder auf die Tagesordnung setzt dann haben die das Thema auch im Auge.
Ich sehe ebenfalls dass man als Betroffener hier einen Anwalt braucht, wenn man aus der Situation irgendeinen Vorteil ziehen will (Rückbau, Umbau, Entschädigung o.ä.).
Andererseits: Ja, ohne Grundbucheintragung hat die "Gegenseite" erst einmal keine ganz so guten Karten. Wenn man die Leitungen allerdings jetzt einfach aus dem Boden reißen wollte dürfte die Gegenseite sofort eine einstweilige Verfügung beantragen die Bauarbeiten zu stoppen. Und Schadensersatz dürfte dann auch im Raum stehen. Und da die Gegenseite jetzt die Grundbucheintragung wieder auf die Tagesordnung setzt dann haben die das Thema auch im Auge.
Ich sehe ebenfalls dass man als Betroffener hier einen Anwalt braucht, wenn man aus der Situation irgendeinen Vorteil ziehen will (Rückbau, Umbau, Entschädigung o.ä.).
Ich empfehle, Beiträge unserer Forentrolle BäckerHD, FelixSt und Dieter_Meisenkaiser konsequent zu ignorieren!
Re: Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Wo liegt eine Duldung vor? Im Bau- bzw. Baunebenrecht gibt es übrigens kein Gewohnheitsrecht.
Beispielhaft möchte ich den BGH hier bezüglich Wegrecht zitieren.
Bundesgerichtshofs vom 24. Januar 2020 (Az.: V ZR 155/18)
Die Frage könnte man grundsätzlich stellen aber da die Verträge damals ja nicht mit E sondern mit N abgeschlossen wurden, kann E natürlich, nach heutiger Bewertung, dies anders sehen. Hier wird sicherlich die unzulässige Einleitung von Oberflächenwasser ihr übriges beisteuern.

Alles, was ich schreibe, ist meine private Meinung.
Gesetze sind eine misslungene Kreuzung aus dem Alphabet und einem Labyrinth.
"Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt" Zitat Goethe
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Re: Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Da es ja offensichtlich eine alternative Lösung gibt, dürfte dem Rückbau nichts im Wege stehen. Dauert halt ein wenig....
Wer für generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen ist, hebe bitte den rechten Fuß.
Für individuelle Rechtsberatung bitte "ALT" und "F4" auf der Tastatur gleichzeitig drücken.
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Re: Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
2 Hindernisse steht dann doch im Wege: Die Weigerung von B, sich auf eigene Kosten einen neuen Anschluss an das vorhandene Kanalsystem legen zu lassen, und die Rechtsauffassung der Gemeinde, die auf Einhaltung des mit Frau N vor über 40 Jahren abgeschlossenen Vertrages besteht.
Re: Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Wir sagen ja. Ab zum Anwalt.
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Re: Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück
Ich sehe hier nicht, warum automasch N bzw. E und die Gemeinde am Zug sind. Statt eines Umbaus des Anschlusses durch G oder den kompletten Rückbau könnte auch die Beschränkung von 20 auf die ursprünglich geplanten 15cm realisiert werden, zumindest unmittelbar vor der Einleitungsstelle und damit als engster limitierender Querschnitt für B. Dann noch eine einstweilige Verfügung gegen die vertragswidrige Einbringung des Oberflächenwassers und dann wäre B am Zug.
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