Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

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mutz
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Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von mutz »

Moin,

gehen wir mal von folgenden Fall aus.

Vater stirbt vor 12 Jahren. Angeblich kein Testament.
Nach 4 Jahren erzählt die Mutter nebenbei, dass es ein Testament gäbe. Was drin steht, sagt sie nicht.

Laut Erbschein hat die Mutter die eine und die Tochter die andere Häfte geerbt, was der Vater hinterlassen hat.

Nach 12 Jahren will sich die Tochter auszahlen lassen (Haus), weil es nur Streitigkeiten gibt.

Die Mutter macht jetzt das 12 Jahre alte Testament geltend, wonach sie Alleinerbin ist.
Sie beantragt über einen Anwalt einen neuen Erbschein.

Als die Tochter eine Kopie des Testaments vom Gericht erhält, fällt ihr sofort auf, dass die Handschrift des Einzeltestaments, die der Mutter ist. Auch die "Unterschrift" des Vater kommt ihr komisch vor.

Wie würde ihr da weiter vorgehen?

Die Tochter hat bereits bei zwei Anwälten angerufen, wo man aber direkt gemerkt hat, dass diese kein Interesse haben, sich diesen Fall anzunehmen. Der eine sogar den Unterschied zwischen Einzeltestament und Gemeinschaftstestament nicht kannte :shock: obwohl er auf seiner Webseite Erbrecht angegeben hat!

Gibt es ein Verzeichnis für "echte" Fachanwälte??
Wo kann man ein Graphologisches Gutachten erstellen lassen, was auch vor Gericht zählt?
ktown
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von ktown »

mutz hat geschrieben: 21.11.22, 12:31 Gibt es ein Verzeichnis für "echte" Fachanwälte??
diese Seite.
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von Dummerchen »

mutz hat geschrieben: 21.11.22, 12:31 Wo kann man ein Graphologisches Gutachten erstellen lassen, was auch vor Gericht zählt?
Jedes Gutachten "zählt" vor Gericht als Beleg, den eine Partei vorbringt. Wenn das Gericht es für notwendig erachtet, wird es selbst einen Graphologen beauftragen; bis dahin könnte man Google bemühen, um einen Graphologen zu finden, der die eigene Meinung hoffentlich untermauern kann.
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FM
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von FM »

Graphologie hat zwar etwas mit Handschriften zu tun, aber sie hat nicht den Zweck die Echtheit zu überprüfen.
Altbauer
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von Altbauer »

Schon mal daran gedacht, dass die Fälschung eines Testaments eine Straftat ist?
Die Frage wäre dann allerdings auch, ob da Verjährung eingetreten wäre.
ktown
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von ktown »

Altbauer hat geschrieben: 22.11.22, 07:39Die Frage wäre dann allerdings auch, ob da Verjährung eingetreten wäre.
Bei was? :lachen: Eine Verjährung der Straftat kann noch nicht eingetreten sein, weil sie mit der jetzigen Vorlage erst zur Tat würde. Nur weil auf einem Testament das Datum von vor 12 Jahren drauf steht, ist das kein Beleg dafür, dass es auch vor 12 Jahren schon ausgestellt wurde.
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mutz
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von mutz »

FM hat geschrieben: 21.11.22, 23:36 Graphologie hat zwar etwas mit Handschriften zu tun, aber sie hat nicht den Zweck die Echtheit zu überprüfen.
was nützt mir dann ein Graphologe, wenn dessen Zweck nicht die Überprüfung von echt und falsch ist???

In diesem Fall, soll der Ehemann das Testament geschrieben haben. (hat die Ehefrau unter eidestatt versichert) Aber anhand von etlichen Briefen der Mutter, sieht man (selbst ein Laie) das die Schrift im Testament, die der Mutter ist. Und da ein Einzeltestament selbst handschriftlich verfasst sein muss, wäre dieses Testament eh ungültig.

Die Frage die sich nun stellt ist, könnte das Testament nach dem Tod geschrieben worden sein und die Unterschrift wäre eine Fälschung!? Das wäre Betrug!
Und das will man halt heraus finden.
FM
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von FM »

Das lässt sich schon durch Sachverständige feststellen. Aber bei der Graphologie geht es um psychologische Erkenntnisse aus dem Schriftbild. Hier wäre einschlägig:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schriftvergleichung
Mit anderen Techniken kann man auch das Alter des Papiers und der Tinte prüfen.

Natürlich kostet das alles was.
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von Froggel »

mutz hat geschrieben: 22.11.22, 11:03Die Frage die sich nun stellt ist, könnte das Testament nach dem Tod geschrieben worden sein und die Unterschrift wäre eine Fälschung!? Das wäre Betrug!
Nein, das wäre Urkundenfälschung und kann dazu führen, dass derjenige das Erbe komplett verliert. Selbst der Versuch ist strafbar. Bitte lesen!
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von FM »

Froggel hat geschrieben: 22.11.22, 12:02
mutz hat geschrieben: 22.11.22, 11:03Die Frage die sich nun stellt ist, könnte das Testament nach dem Tod geschrieben worden sein und die Unterschrift wäre eine Fälschung!? Das wäre Betrug!
Nein, das wäre Urkundenfälschung ...
Wohl beides gleichzeitig, da es auch um Vermögensvorteil geht. Aber was genau anzuklagen ist, beurteilt der Staatsanwalt (wenn er zu dem Ergebnis kommt, da liegen Straftaten vor).
hambre
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von hambre »

Zunächst einmal reicht es, dass man das Nachlassgericht darauf hinweist, dass man das Testament für gefälscht hält und das mit Schriftproben der Mutter und nach Möglichkeit auch des Vater belegt. Daneben kann man die Erbenstellung der Mutter anfechten (§ 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB) und entsprechen einen Erbscheinantrag für sich selbst als Alleinerbe stellen.

Dann wird wahrscheinlich das Gericht einen Sachverständigen mit einem Schriftgutachten beauftragen. Das ist ohnehin besser, da ein selbst beauftragtes Gutachten als Parteigutachten gilt und dadurch nur einen eingeschränkten Beweiswert hat.
FM hat geschrieben:Wohl beides gleichzeitig, da es auch um Vermögensvorteil geht.
Das sehe ich auch so. Es handelt sich also um Betrug und Urkundenfälschung, wobei Urkundenfälschung wichtig ist für die Erbunwürdigkeit.
Altbauer
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von Altbauer »

hambre hat geschrieben: 22.11.22, 22:26 Dann wird wahrscheinlich das Gericht einen Sachverständigen mit einem Schriftgutachten beauftragen. Das ist ohnehin besser, da ein selbst beauftragtes Gutachten als Parteigutachten gilt und dadurch nur einen eingeschränkten Beweiswert hat.
Zu befürchten ist, dass das Nachlassgericht bestenfalls die Anfechtung des Testaments zur Kenntnis nimmt und evtl. bis zur Klärung keinen Erbschein ausstellt. Die Anfechtung muss man schon selbst per Klage betreiben. Eventuell kann man noch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft stellen. Wobei die Staatsanwaltschaft womöglich auch wenig Lust hat die Sache zu verfolgen. Da muss die Mutter nur behaupten, sie häbe das Testament hat nur gefunden und keine Ahnung wer es geschrieben hat.
mutz
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von mutz »

Altbauer hat geschrieben: 23.11.22, 09:04
hambre hat geschrieben: 22.11.22, 22:26 Dann wird wahrscheinlich das Gericht einen Sachverständigen mit einem Schriftgutachten beauftragen. Das ist ohnehin besser, da ein selbst beauftragtes Gutachten als Parteigutachten gilt und dadurch nur einen eingeschränkten Beweiswert hat.
Zu befürchten ist, dass das Nachlassgericht bestenfalls die Anfechtung des Testaments zur Kenntnis nimmt und evtl. bis zur Klärung keinen Erbschein ausstellt. Die Anfechtung muss man schon selbst per Klage betreiben. Eventuell kann man noch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft stellen. Wobei die Staatsanwaltschaft womöglich auch wenig Lust hat die Sache zu verfolgen. Da muss die Mutter nur behaupten, sie häbe das Testament hat nur gefunden und keine Ahnung wer es geschrieben hat.
sie hat wohl unter Eides Statt angegeben, (bei ihrem Anwalt, was dann so zum gericht gegangen ist), dass dies das Testament ihre Mannes ist.
Zudem ist es sehr eindeutig, dass sie selbst dieses Testament geschrieben hat. Optisch gesehen besteht kein Zweifel, dass es die Schrift der Mutter ist. Damit wäre das Einzeltestament ungültig.
Interessant wird es erst, wenn sie die Unterschrift gefälscht hat. Sprich, das Testament wurde viel später, nach dem Tod des Mannes verfasst.
ktown
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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von ktown »

mutz hat geschrieben: 25.11.22, 09:42Zudem ist es sehr eindeutig, dass sie selbst dieses Testament geschrieben hat. Optisch gesehen besteht kein Zweifel, dass es die Schrift der Mutter ist. Damit wäre das Einzeltestament ungültig.
Interessant wird es erst, wenn sie die Unterschrift gefälscht hat.
Es ist unerheblich ob nur die Unterschrift nicht passt. Grundsätzlich muss der Erbe sein Testament selber verfassen. Einzige Ausnahme ist das notarielle Testament.
Alles, was ich schreibe, ist meine private Meinung.

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Re: Einzeltestament wohl nicht selbst geschrieben -- den richtigen Anwalt finden

Beitrag von FM »

Wenn es schon für Laien als ihre Handschrift erkennbar ist, müsste ein Sachverständiger das auch gerichtsfest prüfen können. Deshalb gibt es ja nur beim Testament diese weitgehend Formvorschrift.
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