Sanierung der Abwasserleitung einer Reihenhaussiedlung

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Wittmann65
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Sanierung der Abwasserleitung einer Reihenhaussiedlung

Beitrag von Wittmann65 »

Hallo,

es stellt sich folgender fiktiver Sachverhalt:

Reihenhausanlage in Berlin, Baujahr 1968, mit 12 Reihenhäusern auf 12 real geteilten Grundstücken, aufgeteilt auf drei Häuserreihen mit je vier Häusern (Häuser 1-4, 5-8 und 9-12).

Zur der Reihenhausanlage gehören neben den zwölf Hausgrundstücken noch zwei Gemeinschaftsflächen, eine davon bebaut mit vier Garagen und vier Müllboxen, die andere bebaut mit acht Garagen und acht Müllboxen. Die insgesamt 12 Garagen stehen jeweils im Alleineigentum der jeweiligen Hauseigentümer.

Besonderheit: Die erste Gemeinschaftsfläche steht mit Ausnahme der vier Garagen ausschließlich zu jeweils 1/4 im Miteigentum der Hauseigentümer der vier Häuser 1-4. Die zweite Gemeinschaftsfläche steht mit Ausnahme der acht Garagen ausschließlich zu jeweils 1/8 im Miteigentum der Hauseigentümer der acht Häuser 5-8 und 9-12. Die unterschiedlichen Miteigentumsanteile (also entweder jeweils 1/4 oder jeweils 1/8) an den beiden Gemeinschaftsflächen wurden in die Grundbuchblätter der einzelnen Hausgrundstücke mit eingetragen.

Verlauf der Abwasserleitung: Von Haus 1 beginnend (höchster Punkt) verläuft die Abwasserleitung bis Haus 4 in den Grundstücken der Häuser 1-4, danach verläuft die Leitung in der ersten Gemeinschaftsfläche (jeweils 1/4 Miteigentum Häuser 1-4), danach verläuft die Leitung in den Grundstücken der Häuser 5-8, danach verläuft die Leitung in der zweiten Gemeinschaftsfläche (jeweils 1/8 Miteigentum Häuser 5-8 und 9-12), danach verläuft die Leitung in den Grundstücken der Häuser 9-12. Nach der Grundstücksgrenze von Haus 12 erfolgt der Anschluss an das öffentliche Abwassersystem.

Hinsichtlich der in den beiden Gemeinschaftsflächen verlegten Teilen der Abwasserleitung wurde in den Kaufverträgen der Ersterwerber vereinbart, dass die in diesen beiden Flächen verlegten Versorgungs- und Abwasserleitungen zu jeweils 1/4 (Häuser 1-4) bzw. zu jeweils 1/8 (Häuser 5-8 und 9-12) in das Miteigentum der jeweiligen Miteigentümer übergehen. Darüber hinaus verpflichten sich die jeweiligen Miteigentümer in den Kaufverträgen, die in ihren Gemeinschaftsflächen verlegten Versorgungs- und Abwasserleitungen gemeinsam mit den übrigen Miteigentümern (also zu jeweils 1/4 bzw. 1/8) dauernd zu erhalten und zu unterhalten und die hierfür entstehenden Kosten anteilig zu tragen.

Hinsichtlich der in den Hausgrundstücken verlegten Teilen der Abwasserleitung wurde in jedem der zwölf Kaufverträge vereinbart, dass sich die Erwerber verpflichten, zugunsten der in Betracht kommenden Nachbarn je eine Grunddienstbarkeit folgenden Inhalts zu bestellen (vereinfacht dargestellt): Der jeweilige Eigentümer des im § 1 Abs. 1 aufgeführten Hausgrundstückes ist gegenüber den jeweiligen Eigentümern der anderen 11 Hausgrundstücke verpflichtet, die auf seinem Hausgrundstück verlegten gemeinsamen Versorgungsleitungen zu dulden und deren Mitbenutzung zu gestatten.
Weder in den Kaufverträgen noch außerhalb der Kaufverträge wurde von den Eigentümern eine Vereinbarung i.S.d. § 1021 BGB über die Verteilung der Erhaltungs- bzw. Instandhaltungskosten für die in den Hausgrundstücken verlegten Teile der Abwasserleitung getroffen.

Im Jahre 2013 ließen die Eigentümer der Häuser 1-4 den in ihrem Miteigentum stehenden Leitungsabschnitt der ersten Gemeinschaftsfläche im Hinblick auf die kaufvertragliche Regelung sanieren. Vereinbarungsgemäß übernahm jeder der vier Miteigentümer 1/4 der Sanierungskosten.

In 2014 wurde durch Kamera-Befahrungen festgestellt, dass die Leitungsabschnitte in den Grundstücken 5-8, in der zweiten Gemeinschaftsfläche und in den Grundstücken 9-10 defekt sind und erneuert werden müssen.

Auf einer in 2015 einberufenen Zusammenkunft aller 12 Hauseigentümer wurde von den Eigentümern der Häuser 5-12 die Ansicht vertreten, dass sich alle 12 Hauseigentümer an der Sanierung der defekten Leitungsabschnitte Häuser 5-8 – zweite Gemeinschaftsfläche – Häuser 9-10 mit jeweils 1/12 beteiligen müssten. Diese Rechtsauffassung wurde mit dem Urteil des OLG Hamm vom 8. November 2012 (Az. I-5 U 100/12) begründet, wonach zwischen Eigentümern von Grundstücken auch ohne eine entsprechende Vereinbarung eine Rechtsgemeinschaft im Sinne von § 741 BGB besteht, wenn sie über ein einheitliches, die gemeinsamen Grundstücksgrenzen überschreitendes Entwässerungsrohrsystem verfügen.

Die Eigentümer der Häuser 1-4 sind mit dieser Rechtsauffassung nicht einverstanden, da der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt (drei Reihenhäuser, nur gemeinsames Miteigentum an einer Gemeinschaftsfläche, keine eingetragenen Grunddienstbarkeiten) aufgrund der in unterschiedlichem Miteigentum stehenden Gemeinschaftsflächen auf den aktuellen Fall nicht anwendbar sei. Sie argumentieren, dass die Eigentümer der Häuser 5-8 und 9-12 zumindest die in der zweiten Gemeinschaftsfläche verlegte Abwasserleitung kaufvertragsgemäß alleine sanieren und die Kosten zu jeweils 1/8 tragen müssen.

Es stellen sich daher folgende Fragen:

1) Müssen sich die Eigentümer der Häuser 1-4 an der Sanierung der zweiten Gemeinschaftsfläche mit jeweils 1/12 beteiligen, obwohl diese Gemeinschaftsfläche gar nicht in ihrem Miteigentum steht?

2) Müssen sich die Eigentümer der Häuser 1-4 aufgrund der gegenseitig eingetragenen Grunddienstbarkeiten an der Sanierung der Leitungsteile in den Hausgrundstücken 5-8 und 9-10 mit jeweils 1/12 beteiligen?

Im Voraus Dank für Eure Bemühungen.

Gruß

Wittmann