Hallo,
ich bin seit 3 Jahren in der Insolvenz. Die ersten 2 Jahre habe ich Hartz IV oder Sozialhilfe bekommen und auf 450-Euro Basis gearbeitet. Jetzt seit einem Jahr arbeite ich 25 Stunden die Woche. Ich merke immer wieder, dass mehr einfach nicht geht. Bin oft total kraftlos, müde und überarbeitet (wenn ich Überstunden machen muss). Habe oft eine 6 oder 7 Tage Arbeitswoche. Also gesundheitlich ging es mir schon spürbar besser als ich nicht gearbeitet habe. Trotzdem bin ich super glücklich, dass ich diese Arbeit machen kann. Ist die erste Arbeitsstelle, die ich nun länger als ein paar Monate durchstehe. Vertrag ist befristet bis 30.06.21. Danach wird er in unbefristet umgewandelt.
Gepfändet werden von meinem Gehalt ca. 1200 Euro im Jahr.
Nun steht aber im Insolvenzvertrag, dass ich verpflichtet bin Nachweise zu erbringen, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen nicht Vollzeit arbeiten gehen kann. Daran scheitert es nun.
Ich habe nie eine Diagnose oder Erklärung erhalten, warum ich so wenig belastbar bzw. immerzu müde und k.o. bin. Ich war nun bei einem Allgemeinmediziner. Der meinte, dass er mir so einen Nachweis erst ausstellen kann, wenn ich mindestens 6 Monate am Stück krank geschrieben bin. Ich habe aber nicht vor, mich überhaupt krank schreiben zu lassen. Bzw. könnte ich mich zwar krank schreiben lassen, würde aber weiterhin zur Arbeit gehen, was rechtlich wohl auch problematisch ist, oder?
Ich habe allerdings 2 Gutachten vom Gesundheitsamt. Eines ist von 2015 und da steht drin, dass ich wegen unbekannter Krankheit dauerhaft dienstunfähig bin und daher vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden sollte, was dann auch geschah. Das zweite Gutachten ist von 2017. Darin steht drin, dass ich nicht erwerbsfähig bin. Die Gültigkeit des Gutachtens wird mit 6 Monaten angegeben. Das war im Prinzip das letzte Mal, dass ich beim Arzt war.
Wie kann ich mich nun rechtlich absichern, dass mir nicht hinterher die Restschuldbefreiung versagt wird, da ich nicht Vollzeit arbeite?
MfG
Während der Insolvenz Teilzeit arbeiten
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Während der Insolvenz Teilzeit arbeiten
Dipl.-Sozialarbeiter
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Re: Während der Insolvenz Teilzeit arbeiten
Abseits des konkreten Falles: Was sagt der Insolvenzverwalter dazu?
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Re: Während der Insolvenz Teilzeit arbeiten
Es geht um die Zumutbarkeit (bzw. Unzumutbarkeit) einer Vollzeitbeschäftigung und ihrer Begründung.
Der BGH hält in der Entscheidung vom 01.03.2018, IX ZB 32/17, Rn. 10, 12 fest:
Der beschäftigungslose Schuldner hat sich um eine Arbeit zu bemühen; eine zumutbare Arbeit darf er nicht ablehnen. Gelingt es dem Schuldner nicht,
eine seiner Ausbildung, seinen Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand entsprechende Arbeitsstelle zu finden, muss er eine berufsfremde,
eine auswärtige und notfalls eine Aushilfs- oder Gelegenheitstätigkeit annehmen (Uhlenbruck/Sternal, aaO § 295 Rn. 16). Er muss im Regelfall bei
der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet sein und laufend Kontakt zu den dort für ihn zuständigen Mitarbeitern halten. Weiter muss er sich
selbst aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemühen, etwa durch stetige Lektüre einschlägiger Stellenanzeigen und durch entsprechende Bewerbungen.
Nichts anderes gilt für den Schuldner, der anstelle einer angemessenen Vollzeittätigkeit lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübt (BGH, Beschluss
vom 14. Januar 2010 - IX ZB 242/06, NZI 2010, 228 Rn. 5). Als angemessene Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich nur eine Vollzeitbeschäftigung anzusehen
(Uhlenbruck/Sternal, InsO, 14. Aufl., § 295 Rn. 13; FK-InsO/Ahrens, 9. Aufl.,§ 295 Rn. 61 f). Wie der erwerbslose und erfolglos selbständig tätige Schuldner
muss er sich um eine angemessene Vollzeitbeschäftigung bemühen. Er ist für die Erfüllung der Erwerbsobliegenheit gehalten, sich bei der Bundesagentur für
Arbeit arbeitssuchend zu melden und aktiv nach einer Vollzeitbeschäftigung zu suchen (HK-InsO/Waltenberger, 8. Aufl., § 295 Rn. 9).
Um sich zu exkulpieren, ist also ein Nachweis zu führen, dass mehr als Teilzeit nicht geht. Dies kann man mit einem Gutachten machen. Möglich wäre wohl auch die Dokumentation über einen Grad der Schwerbehinderung, der es einem nicht möglich macht, eine Vollzeitstelle anzutreten.
Der BGH hält in der Entscheidung vom 01.03.2018, IX ZB 32/17, Rn. 10, 12 fest:
Der beschäftigungslose Schuldner hat sich um eine Arbeit zu bemühen; eine zumutbare Arbeit darf er nicht ablehnen. Gelingt es dem Schuldner nicht,
eine seiner Ausbildung, seinen Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand entsprechende Arbeitsstelle zu finden, muss er eine berufsfremde,
eine auswärtige und notfalls eine Aushilfs- oder Gelegenheitstätigkeit annehmen (Uhlenbruck/Sternal, aaO § 295 Rn. 16). Er muss im Regelfall bei
der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet sein und laufend Kontakt zu den dort für ihn zuständigen Mitarbeitern halten. Weiter muss er sich
selbst aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemühen, etwa durch stetige Lektüre einschlägiger Stellenanzeigen und durch entsprechende Bewerbungen.
Nichts anderes gilt für den Schuldner, der anstelle einer angemessenen Vollzeittätigkeit lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübt (BGH, Beschluss
vom 14. Januar 2010 - IX ZB 242/06, NZI 2010, 228 Rn. 5). Als angemessene Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich nur eine Vollzeitbeschäftigung anzusehen
(Uhlenbruck/Sternal, InsO, 14. Aufl., § 295 Rn. 13; FK-InsO/Ahrens, 9. Aufl.,§ 295 Rn. 61 f). Wie der erwerbslose und erfolglos selbständig tätige Schuldner
muss er sich um eine angemessene Vollzeitbeschäftigung bemühen. Er ist für die Erfüllung der Erwerbsobliegenheit gehalten, sich bei der Bundesagentur für
Arbeit arbeitssuchend zu melden und aktiv nach einer Vollzeitbeschäftigung zu suchen (HK-InsO/Waltenberger, 8. Aufl., § 295 Rn. 9).
Um sich zu exkulpieren, ist also ein Nachweis zu führen, dass mehr als Teilzeit nicht geht. Dies kann man mit einem Gutachten machen. Möglich wäre wohl auch die Dokumentation über einen Grad der Schwerbehinderung, der es einem nicht möglich macht, eine Vollzeitstelle anzutreten.
Scheiße verdammt noch mal, ich will wie eine Dame behandelt werden. Meredith Grey
Wenn ich allen meinen Schwestern einen Kaffee ausgeben würde, hätte
ich eine Cafeteria. Derek Shepherd
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Re: Während der Insolvenz Teilzeit arbeiten
Eine Vollzeitbeschäftigung ist für mich definitiv unzumutbar. Die Frage ist halt nur, wie und ob man das dem Insolvenzverwalter belegen muss. So einfach kann ich ja auch kein Gutachten schreiben. Ich habe aber eben das alte Gutachten vom Gesundheitsamt. Einen Grad der Schwerbehinderung habe ich nicht.
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