Nein, absolut nicht, es geht genau um das Spannungsverhältnis der inneren Ordnung und der Freiheit der Abgeordneten.Nordland hat geschrieben:Das freie Rederecht eines jeden Abgeordneten scheint bloß als nebenrangige Kulisse zu dienen
Nein, der entscheidende Faktor ist die "Würde des Bundestags" (vgl. § 36 GOBT). Die kann aber dann verletzt sein, wenn ein Abgeordneter sich einer bestimmten Sprache befleißigt.Nordland hat geschrieben:Ist eine vermeintliche "Diskriminierung" der entscheidende Faktor?
Richtig, siehe auch den von dir zitierten Satz: "Umgekehrt ist ebenso vorstellbar, dass Äußerungen eines Abgeordneten die Ordnung des Parlaments verletzen und eine Sanktion des Präsidenten nach sich ziehen, obschon sie sich in den Grenzen der Meinungsfreiheit des Art. 5 GG gehalten haben."Nordland hat geschrieben:dass die Meinungsfreiheit eben nicht auf Abgeordnete anwendbar ist:
Selbst wenn jemand eine Äußerung tätigt, die im Rahmen seines Grundrechts Meinungsfreiheit geschützt wäre, kann es sein, dass diese Äußerung im Rahmen seiner Tätigkeit als Abgeordneter sanktionierbar ist. Wann jemand sanktiniert werden kann, entscheidet das Parlament aus eigenen Regelungen heraus, das ist sein Anspruch, da es sowohl in den Bereichen "Verfahren" als auch "Disziplin" unabhängig ist (siehe BVerfG 2 BvE 1/88). Teil dieser Disziplin ist nicht nur der Ablauf als solcher, sowie der Umgang mit gravierenden Störungen, sondern auch "die Werte und Verhaltensweisen zu berücksichtigen, die sich in der demokratischen und vom Repräsentationsgedanken getragenen parlamentarischen Praxis entwickelt haben und die durch die historische und politische Entwicklung geformt worden sind" (LVerfG Meck-Pomm 5/08). Insoweit kann es durchaus sein, dass jemand inhaltlich korrekt ist, die Wortwahl den Ausspruch sanktionierbar macht.
Ähm, aus dem von dir zitierten Urteil des LVG S-H: "Als gegen das Recht der freien Rede aus Art. 17 LV abzuwägende Rechtsgüter kommen Rechte anderer Verfassungsorgane, Rechte Dritter oder Interessen der Allgemeinheit mit Verfassungsrang in Betracht. Insbesondere Redebeiträge, die den Tatbestand von Straftaten (beispielsweise der §§ 185 ff. StGB) oder Ordnungswidrigkeiten erfüllen, können Maßnahmen nach §§ 65 ff. GO LT rechtfertigen"Nordland hat geschrieben: Es ist weder ein schützenswertes Rechtsgut Dritter erkennbar, etwa weil die persönliche Ehre eines anderen Abgeordneten verletzt wurd
Die Rechte Dritter sind nicht nur dann berührt, wenn die Ehre eines Abgeordneten verletzt wird, sondern auch schon dann, wenn die Ehre anderer Personen verletzt wurde, hier z.B. der Personen, die als Ausdruck ihrer Religion ein Kopftuch tragen. Insoweit sind sehr wohl schützenswerte Rechtsgüter zu sehen, die abgewogen werden müssen.
Und die Abwägung, die der BT-Präsident zu fällen hatte war: Ist es für die Wahrnehmung der Aufgabe der Abgeordneten und für die Darstellung der Position der Abgeordneten erforderlich, eine Bevölkerungsgruppe als "Taugenichtse" zu bezeichnen? Oder hat sie damit Grenzen der freien Rede überschritten und die Werte des Bundestages verletzt.Nordland hat geschrieben:Sie hat - nach meiner Meinung in überzogener Wortwahl - den politischen Ansatz kritisiert, durch Einwanderung aus kulturfremden Regionen Stabilität in den Sozialsystemen herstellen zu wollen.
Nordland hat geschrieben:Schäubles Ordnungsruf impliziert, man habe es gut zu finden
Nein, es impliziert, man solle die Kritik an der Einwanderungspolitik nicht durch Beleidigung der Betroffenen zu äußern. Das finde ich, ist eine nachvollziehbare Forderung. Man kann auch Kritik an dem Umgang der Kirche mit Mißbrauchsfällen üben, ohne von "Bischöfen, Pastoren und anderen Kinderf***" zu sprechen.
Hast du dir mal angeguckt, für welche Äußerungen andere Politiker Ordnungsrufe bekommen haben? "Schönen Dank Herr Präsident, dass Sie aufgewacht sind" ist da ein prominentes Beispiel.Nordland hat geschrieben:sind alle sonst so selbstverständlichen rechtsstaatlichen Grundregeln plötzlich wie weggeblasen
Die AFD ist nunmal eine Protestpartei, die für sich in Anspruch nimmt, provozieren zu wollen, dann kommt es eben schon mal vor, dass man es mit dem Provozieren übertreibt und dafür bestraft wird. Ging den Grünen um Joschka Fischer auch nicht anders, die haben die Ordnungsruf aber zumindest noch als Erfolge gefeiert. Und da Frau Weidel nun mit ihrem Rechtsmittel gescheitert ist, steht ja dem Gang zum BVerfG nichts im Wege, den Erfolg hat sie in der Tasche, entweder sie gewinnt, oder sie ist das Opfer des Systems. Da haben die AFD und eine Reihe von Flüchtlingen doch schon mal eine gemeinsame Basis gefunden.