Friedensverhandlungen mit Russland

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Heiko66
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Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Heiko66 »

https://www.spiegel.de/kultur/tv/sahra- ... kommentare

und

https://www.focus.de/politik/meinung/an ... 72944.html
Ihre perfide Methode macht Wagenknecht zur gefährlichsten Frau Deutschlands
Wenn diese ganzen Forderungen nach Frieden so gefährlich für die Demokratie und nervtötend sind, warum verhandelt man dann nicht einfach mit Putin und bringt so die ganzen Kritiker zum Schweigen?

Man geht mit den offensichtlichen Forderung in die Verhandlung:

a) Russland zieht sich vollständig aus ukrainischem Gebiet zurück (Grenzen vor Annexion der Krim)
b) Russland zahlt Reparationen für die angerichteten Schäden und Kriegsverbrechen

Dann zeigt sich doch ganz schnell, ob Putin überhaupt Lust hat zu verhandeln und wenn ja ob er auf die Forderung eingeht. Wenn er nicht drauf eingeht, halt alles weiter wie bisher und unsere ach so friedensbewegten Bürger dürften dann erklären, warum Sie a) und b) für falsch halten. Man kommt endlich weg von der Diskussion man wolle angbelich keinen Frieden hin zu der Diskussion zu welchem Preis ist er denn gewünscht. Wir hätten dann ja mit Putin verhandelt aber der wollte ja gar nicht. Auf die Begründung wäre ich gespannt. Mit den dann gesponnenen Begründungen warum man auf a) oder b)für den Frieden verzichten solle, holt man doch nahezu keinen Wähler mehr hinter dem Ofen vor. Den Vorwurf man wolle keinen Frieden hätte man direkt entkräftet.

Aber vielleicht hat ja die Bewegung von Frau Wagenknecht auch etwas Gutes. Dann dürfen sich AfD und Linke die Stimmen auch noch mit Frau Wagenknecht teilen. Die Stimmen kann man mit "grüner Verbots- statt Lösungspolitik" natürlich auch bedenklich mehren.

Das einzige worin ich Frau Wagenknecht recht gebe ist: Weg mit dem Sanktionen die Deutschland schaden. Statt sich selbst zu ruinieren hätte man die Milliarden, die man durch die Sanktionen auch auf unserer Seite verbrannt hat, lieber in Waffenlieferungen an die Ukraine investieren sollen. Dann wäre die Arie vermutlich schon längst gesungen...

Also nochmal die Frage: Warum bietet man Putin nicht an zu verhandeln? Soll Putin doch ablehnen.
Evariste
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Evariste »

Heiko66 hat geschrieben: 01.03.23, 16:15 Warum bietet man Putin nicht an zu verhandeln?
Wer ist denn "man"? Deutschland?
FM
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von FM »

Heiko66 hat geschrieben: 01.03.23, 16:15 a) Russland zieht sich vollständig aus ukrainischem Gebiet zurück (Grenzen vor Annexion der Krim)
Der Herr Präsident hat verbindlich festgelegt, dass Luhansk, Donezk, Saporischschja, Cherson und die Krim nicht zur Ukraine gehören, sondern zur Russischen Föderation. Er würde Hochverrat begehen, wenn er diese Gebiete als ukrainisch anerkennt.
Das einzige worin ich Frau Wagenknecht recht gebe ist: Weg mit dem Sanktionen die Deutschland schaden. Statt sich selbst zu ruinieren hätte man die Milliarden, die man durch die Sanktionen auch auf unserer Seite verbrannt hat, lieber in Waffenlieferungen an die Ukraine investieren sollen. Dann wäre die Arie vermutlich schon längst gesungen...
Letztlich schadet jede Sanktion auch Deutschland. Wenn man weiterhin die Elektronik für Waffensysteme liefern würde, bekäme man Geld dafür. Dass man das lieber bleiben lässt, dürfte klar sein. Die Lieferungen aus Russland, vor allem Erdgas, wurden soweit ich mich entsinne nicht von Deutschland oder der EU verboten, sondern von Russland erst reduziert und dann eingestellt. Aus dortiger Sicht auch verständlich.

Langfristig sollte den Russen klar sein: es geht nicht nur um ein oder zwei Jahre Krieg und Sanktionen. Sie haben dafür gesorgt, dass auf unbegrenzte Dauer, auch nach dem Krieg, ihr Erdgas in der EU entweder gar nicht mehr oder nur noch in viel geringerem Umfang abgenommen wird, und dass westliche Länder auf Dauer nichts mehr nach Russland liefern werden, was dort für Waffensysteme gebraucht wird.
Heiko66
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Heiko66 »

Wer ist denn "man"? Deutschland?
Das könnte sogar Deutschland mit dem vermeintlich Druckmittel sonst weiterhin Waffen zu liefern. Ob das Putin interessiert ist im Ergebnis völlig egal. Man ist dann der Forderung zu verhandeln nachgekommen. Herr Putin wollte halt nicht. Wer dann neue Verhandlungen möchte, muss dann endlich mal Farbe bekennen welche Zugeständnisse genau er meint machen zu wollen und schießt sich damit dann direkt ins Abseits.
Der Herr Präsident hat verbindlich festgelegt, dass Luhansk, Donezk, Saporischschja, Cherson und die Krim nicht zur Ukraine gehören, sondern zur Russischen Föderation. Er würde Hochverrat begehen, wenn er diese Gebiete als ukrainisch anerkennt.
Praktisch oder? Man kennt das Ergebnis schon vorher kommt aber der Forderung Verhandlungen angeboten zu haben nach.
Die Lieferungen aus Russland, vor allem Erdgas, wurden soweit ich mich entsinne nicht von Deutschland oder der EU verboten, sondern von Russland erst reduziert und dann eingestellt. Aus dortiger Sicht auch verständlich.
Man hat ja gar nicht erst versucht das böse Gas über Nordstream 2 zu beziehen sondern immer nur das gute und reine Gas über Nordstream 1 zu beziehen. Der große Fehler von Anfang an war es sich über Sanktionen zu streiten anstatt einfach direkt richtig zu antworten und schwere Waffen zu liefern (und sich weniger darauf zu konzentrieren wie man 5.000 Helme an die Front bekommt.)
Evariste
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Evariste »

Heiko66 hat geschrieben: 01.03.23, 21:46
Wer ist denn "man"? Deutschland?
Das könnte sogar Deutschland mit dem vermeintlich Druckmittel sonst weiterhin Waffen zu liefern.
"Das könnte sogar Deutschland" ist nicht wirklich eine Antwort. Sie wissen auch genau, warum Sie so vage bleiben, Deutschland kann nicht Friedensverhandlungen im Namen der Ukraine führen. Damit würde sich Deutschland lächerlich machen.

Außenpolitischer Analphabetismus.
lerchenzunge
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von lerchenzunge »

Heiko66 hat geschrieben: 01.03.23, 16:15 Wenn diese ganzen Forderungen nach Frieden so gefährlich für die Demokratie und nervtötend sind, warum verhandelt man dann nicht einfach mit Putin und bringt so die ganzen Kritiker zum Schweigen?

Man geht mit den offensichtlichen Forderung in die Verhandlung:

a) Russland zieht sich vollständig aus ukrainischem Gebiet zurück (Grenzen vor Annexion der Krim)
b) Russland zahlt Reparationen für die angerichteten Schäden und Kriegsverbrechen

Dann zeigt sich doch ganz schnell, ob Putin überhaupt Lust hat zu verhandeln und wenn ja ob er auf die Forderung eingeht.
das wäre ja keine "Verhandlung", oder anders. worüber sollte dann verhandelt werden? "Verhandeln" ist eine Situation, in der beide Seiten einen Kompromiss suchen, gegenseitig Zugeständnisse machen und am Ende zu einer Übereinkunft kommen, bei der beide Seiten einen Teil ihrer Ziele erreicht haben und einen Teil aufgeben mussten.
Was Du Dir vorstellst, ist eher eine Art "Diktatfrieden". Sowas funktioniert in einer militärisch eindeutigen Lage, wo der Verlierer bereits feststeht und damit einfach der Krieg abgekürzt wird, um unnötiges Blutvergiessen zu beenden. Solche Friedensdiktate sind allerdings in der Geschichte oft wenig erfolgreich gewesen, sondern bildeten einfach eine Erholungspause für beide Seiten, aber gleichzeitig die Grundlage für den nächsten Krieg... Frieden von Frankfurt am Ende des dt-frz. Krieges, Frieden von Brest-Litowsk 1918, Vertrag von Versailles 1919, ...

Ein solches Vorgehen in der derzeitigen Situation wäre ein allzu durchschaubares Propagandamanöver und würde niemanden beeindrucken.

Ein sinnvoller Einstieg in Verhandlungen wäre die Rückkehr und endlich tatsächliche Umsetzung von Minsk II ( https://www.bpb.de/themen/europa/ukrain ... ruar-2015/ ) unter OSZE Aufsicht.

Alternativ könnte auch das chinesische Positionspapier einen Einstieg in echte Friedensverhandlungen bieten: https://www.fmprc.gov.cn/mfa_eng/wjdt_6 ... 30713.html

Mit einem Pseudo-"Friedensvorschlag", wie Du Ihn beschreibst, hingegen wirst sicherlich niemand, der für Friedensverhandlungen ist, überzeugen können...
Heiko66
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Heiko66 »

das wäre ja keine "Verhandlung", oder anders. worüber sollte dann verhandelt werden? "Verhandeln" ist eine Situation, in der beide Seiten einen Kompromiss suchen, gegenseitig Zugeständnisse machen und am Ende zu einer Übereinkunft kommen, bei der beide Seiten einen Teil ihrer Ziele erreicht haben und einen Teil aufgeben mussten.
Über die Höhe der Reparationszahlungen...
Was Du Dir vorstellst, ist eher eine Art "Diktatfrieden".
Nein was ich mir vorstelle ist, dass man endlich von der blödsinnigen Forderung nach Frieden weg kommt hin zur Diskussion zu welchem Preis genau ist der denn nun gewünscht.
"Das könnte sogar Deutschland" ist nicht wirklich eine Antwort. Sie wissen auch genau, warum Sie so vage bleiben, Deutschland kann nicht Friedensverhandlungen im Namen der Ukraine führen. Damit würde sich Deutschland lächerlich machen.
Das schafft Frau Baerbock auch schon so. Das wird nicht schlimmer und versachlicht dann im Anschluss die Diskusison was genau wir denn nun eigentlich wollen und was nicht.
Mit einem Pseudo-"Friedensvorschlag", wie Du Ihn beschreibst, hingegen wirst sicherlich niemand, der für Friedensverhandlungen ist, überzeugen können...
Das war ja auch nicht das Ziel. Bei denen ist eh Hopfen und Malz verloren. Es geht ja bei meinem Vorschlag darum zu verhindern, dass die sich vermehren, indem man einfach mal deren Forderung nachkommt und wenn es dann nicht geklappt hat kann man sagen wir haben es versucht. Sagt uns wo wir eurer Meinung nach genau nun Abstriche bei zukünftigen Verhandlungen machen sollten. Welchen Preis fordert ihr soll gezahlt werden? Das was dann kommt dürfte verhindern, dass die sich die Friedensschwurbler dann weiter vermehren...
Evariste
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Evariste »

Heiko66 hat geschrieben: 02.03.23, 15:34 Das was dann kommt dürfte verhindern, dass die sich die Friedensschwurbler dann weiter vermehren...
Sie gehen von der Annahme aus, dass die zukünftigen"Friedensschwurbler" sich durch Logik beeindrucken lassen. :D

Und dann gibt es natürlich auch noch Menschen, die grundsätzlich gegen jeden Krieg sind (sogenannte "Pazifisten") und für die derartige Überlegungen einfach irrelevant sind, jedenfalls nicht wichtig genug, um dafür Menschenleben zu opfern.
lerchenzunge
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von lerchenzunge »

Heiko66 hat geschrieben: 02.03.23, 15:34 Es geht ja bei meinem Vorschlag darum zu verhindern, dass die sich vermehren, indem man einfach mal deren Forderung nachkommt und wenn es dann nicht geklappt hat kann man sagen wir haben es versucht. Sagt uns wo wir eurer Meinung nach genau nun Abstriche bei zukünftigen Verhandlungen machen sollten. Welchen Preis fordert ihr soll gezahlt werden? Das was dann kommt dürfte verhindern, dass die sich die Friedensschwurbler dann weiter vermehren...
mit einem Verhandlungsangebot, welches der derzeitigen Lage nicht angemessen ist, die nur als Propaganda dient, wird man keinen überzeugen.
Wie gesagt, Minsk II oder das chinesische Positionspapier wären realistische Ansätze. Aber da besteht ja dann die "Gefahr", dass Putin wirklich darauf eingeht und ernsthafte Friedensverhandlungen daraus erwachsen... Ich habe den Eindruck, manch einer fürchtet sich gar vor dieser Konsequenz, ganz besonders, wenn dabei der Effekt entstünde, dass China sich anschliessend als "Friedensretter" aufspielen könnte...
Evariste hat geschrieben: 02.03.23, 16:35 ...Friedensschwurbler...
...jedenfalls nicht wichtig genug, um dafür Menschenleben zu opfern.
mit zunächst dem impliziten Querverweis auf die "Coronaschwurbler", und dann der Überlegung, was ein Menschenleben wert ist, wofür man bereit ist, ein Menschenleben zu opfern, haben Sie mich auf einen interessanten Gedanken gebracht. Es ist erstmal nur eine Beobachtung, ich weiss noch nicht, wie ich das selbst einordnen soll:

bei Corona wäre es meiner Überzeugung nach richtig gewesen, auf diverse Massnahmen zu verzichten, auch auf die Gefahr hin, dass das mehr Corona-Tote zur Folge hätte (nicht auf eher unbequeme, aber schadensfreie Massnahmen wie Masken, aber eine Vermeidung von beispielsweise der Schliessung von Betrieben oder eine Vermeidung von Kontaktverboten, wäre schon eine höhere Sterblichkeit wert gewesen) Kurzum, bei Corona wäre ich überspitzt gesagt, bereit gewesen, für eine Minimierung der Massnahmen einige Menschleben zu opfern.
bei der Ukraine sehe ich das genau umgekehrt, die Wiederherstellung der Ostgrenze der Ukraine, ein Sieg (wie auch immer der aussehen könnte) der Ukraine, ist meiner Ansicht nach es nicht wert, dafür mehr Menschenleben zu opfern. Daher würde ich einen ernsthaften Friedensvorstoss, bei dem beide Seiten, also auch die Ukraine, Zugeständnisse machen, unbedingt befürworten.

Mir ist irgendwie klar, dass das zum Teil widersprüchlich ist. Ich überlege noch, warum dem so ist. Vielleicht schätze ich den Wert einer ungebremst laufenden Wirtschaft und freier Sozialkontakte in Deutschland höher ein als den Wert der territorialen Integrität der Ukraine. Vielleicht aber auch schätze ich den Wert der Menschenleben der jungen, zwangsrekrutierten Männer auf beiden Seiten, und den Wert der Menschenleben der Zivilisten in den umkämpften Gebieten höher ein, als den Wert der Menscheleben der typischen Risikogruppen von Corona, wie multipel Vorerkrankte, Pflegeheimbewohner, Menschen mit einem Alter über der durchschnittlichen Lebenserwartung? Ich weiss es selbst nicht genau, irgendwie schon, aber nicht so explizit genau so...

Mich würde aber umgekehrt nun mal interessieren explizit von einer Subgruppe der hier Diskutierenden:
es gibt hier ja einige, die bei Corona vehement gefordert haben, dass unbedingt alles getan werden muss, koste was es wolle, jedes einzelne Menschenleben zu retten; die aber nun den Einstieg in Friedensverhandlungen ablehnen und ess für angemessen halten, keinen Versuch zu unternehmen, dass Blutvergiessen in der Ukraine zu beenden. Frage an Euch: ist das Menschenleben der Soldaten und der Zivilisten in den umkämpften Regionen Eurer Meinung nach weniger wert als das Leben von Angehörigen der Corona-Risikogruppen in Deutschland? Oder ist die deutsche Wirtschaft oder ist ein freies Sozialleben in Deutschland weniger wert als die Lage der ukrainisch-russischen Grenze?

Konsequent wäre es eigentlich, entweder der Auffassung zu sein, dass immer jedes Menschenleben zu retten ist, egal was es kostet, egal ob Geld, Freiheit, Grenzen etc. Oder aber eben, dass es immer Ziele gibt, für die man auch mal ein paar Menschenleben opfern muss...
Froggel
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Froggel »

lerchenzunge hat geschrieben: 02.03.23, 19:41die aber nun den Einstieg in Friedensverhandlungen ablehnen und ess für angemessen halten, keinen Versuch zu unternehmen, dass Blutvergiessen in der Ukraine zu beenden.
Es wäre wohl in aller Interesse, dass das Blutvergießen beendet wird. Aber dafür werden Friedensverhandlungen nicht ausreichen, denn dazu müsste es zwei Parteien geben, die zum Verhandeln bereit sind. Die gibt es aber nicht.
Erinnern wir uns: Ganz am Anfang des Krieges hatten mehrere Staaten zu Verhandlungen aufgefordert. Jedes Mal, wenn es dabei nur um Waffenruhe ging oder darum, Flüchtlingskorridore zu schaffen, wurde sich nicht an Vereinbarungen gehalten.
Das zeigt doch recht deutlich, dass von russischer Seite gar kein Interesse an Verhandlungen respektive Vereinbarungen besteht. Zudem ist doch ganz klar, dass sich Putin nicht mit den bisher umkämpften Gebieten zufriedengeben würde. Er hat sich ja auch nicht mit der Krim zufriedengegeben, d.h. zunächst mal ja, aber nachdem der Widerstand überschaubar war, hat er dann beschlossen, die Ukraine komplett einzunehmen – ursprünglich mit dem Ziel, das Ganze innerhalb ein paar Tagen zu schaffen. Dass Selenskyi ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, indem er nicht mit eingezogenem Schwanz ins Exil verschwunden ist und sich Gegenwehr formiert hat, damit hat Putin ja gar nicht gerechnet. Erst deswegen, weil es Widerstand gibt, endet dieser Zermürbungskrieg nicht, denn Putin will sich durchsetzen, er will alles. Ihm schwebt das alte, großrussische Reich vor, in dem sowohl die Ukraine als auch Belarus wieder integriert sind. Darum würden Verhandlungen auch nichts bringen.
Und jetzt schauen wir mal auf die andere Seite, die Ukraine. Dieses Land war gerade im Begriff, eine funktionierende Demokratie zu etablieren. Es war sogar im Gespräch, sich der Nato anzuschließen. Klar, dass die Ukrainer sich jetzt nicht wieder freiwillig unter die russische Fuchtel integrieren lassen wollen, denn es hat sich gezeigt, dass mit der Demokratie auch mehr Wohlstand kommt. Warum sollten sie auch nur einzelne Landesteile an Russland abtreten? Sollten sie das tun, wer garantiert ihnen, dass sich Putin damit zufriedengibt? Putin jedenfalls nicht, denn seine Vorstellungen sind andere.

Gerade wir, die wir ein recht umfangreiches Strafgesetzbuch haben, sollten Verständnis dafür haben, dass sich das Land gegen die Annektierung wehrt. Wir haben den Notwehrparagrafen (§ 32 StGB), der genau das besagt und jedem Einzelnen von uns das Recht zuspricht, sich gegen eine Tat zu verteidigen und dabei sogar selbst eine Tat zu begehen, sofern diese nötig ist, um die Tat des anderen abzuwenden. Jeder von uns würde sich wehren, wenn der Nachbar in unser Haus einbricht und uns mit Gewalt daraus zu vertreiben versucht, um selbst darin zu wohnen. Und wir würden auch nicht sagen: Okay, du kannst das Wohnzimmer haben und wir geben uns mit dem Rest des Hauses zufrieden, wenn du uns dann dafür in Ruhe lässt.
Ich bin kein Jurist.
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von ktown »

Moderationsbeitrag
Auch wenn lerchenzunge den Aspekt Corona hier zum Ansatz gebracht hat ein folgender Hinweis.

Sollte diese Thread in diese Richtung abdriften ist hier ohne weitere Warnung zu.
FM
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von FM »

Auch beim erwähnten Punkt Reparationen ist fraglich, wie da Verhandlungen aussehen sollen. Ein Sieg der Ukraine in dem Sinne, dass ukrainische Truppen Moskau und St. Petersburg besetzen (ähnlich wie die Alliierten 1945 Deutschland) ist wohl kaum vorstellbar. Man müsste also nach dem Ende des Krieges Russland mit irgendetwas anderem als militärischer Macht unter Druck setzen können.

Bleiben wohl nur wirtschaftliche Mittel, z.B. eine Art Zoll auf westliche Exporte nach Russland und die Einnahmen daraus werden an die Ukraine weitergeleitet. Oder die Verwendung beschlagnahmter russischer Auslandsvermögen. Da ist schon fraglich ob das ausreicht um Dutzende zerstörter Städte aufzubauen, Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich Russland per Verhandlung darauf einlässt, es müsste vom Westen einseitig festgelegt werden.
Heiko66
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Heiko66 »

FM hat geschrieben: 03.03.23, 09:54 Auch beim erwähnten Punkt Reparationen ist fraglich, wie da Verhandlungen aussehen sollen. Ein Sieg der Ukraine in dem Sinne, dass ukrainische Truppen Moskau und St. Petersburg besetzen (ähnlich wie die Alliierten 1945 Deutschland) ist wohl kaum vorstellbar. Man müsste also nach dem Ende des Krieges Russland mit irgendetwas anderem als militärischer Macht unter Druck setzen können.

Bleiben wohl nur wirtschaftliche Mittel, z.B. eine Art Zoll auf westliche Exporte nach Russland und die Einnahmen daraus werden an die Ukraine weitergeleitet. Oder die Verwendung beschlagnahmter russischer Auslandsvermögen. Da ist schon fraglich ob das ausreicht um Dutzende zerstörter Städte aufzubauen, Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich Russland per Verhandlung darauf einlässt, es müsste vom Westen einseitig festgelegt werden.
Ich sehe das komplett anders. Wenn man der Argumentation "Belohne keinen Agressor mit Landgewinn folgt" und daher jeden Quadratzentimeter bis aufs letzte verteidigt stellt sich genauso die Frage warum man einen Agressor damit belohnen sollte einen eigenen Terretorialverlust nie fürchten zu müssen. An dem Atombombenargument ändert sich nichts. Genaugenomemn gehören ja aus SIcht der Russen schon Teile der ehemaligen Ukraine zu Russland. Warum also nicht auch direkt russischen Boden angereifen. DIe Ukraine sollte mit ggf. auch westlichen Waffen so lange massiv Schaden auf russichen Territorium anrichten, bis die Russen gar nicht mehr anders können als sich auf Reparationszalhungen einzulassen. Wir sollten den Ukrainern endlich auch weitreichende Waffensysteme zur Verfügung stellen. Das beschleunigt dann den Prozess verhandeln zu wollen ungemein....
anderernutzer
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von anderernutzer »

Vielleicht sollte man Russland den schnellen Rückzug mit Fakten erklären.
Russlands Militär wird definitiv geschwächt am Ende des Krieges sein, vor allem je länger er andauert.
Ein Sieg Russlands über die komplette Ukraine scheint unwahrscheinlich, evtl. behält Russland die eroberten
und zerstörten Gebiete.
Da wird es doch zur leichten Beute wenn, sagen wir mal China, oder irgendwer dann auf Landgewinne in
Russland aus wäre. Zumal Russland ja kaum noch Unterstützer hat.
Darauf kann man doch Friedensgespräche aufbauen. Damit, dass man Russland danach nicht
hängen lässt ...
Evariste
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Re: Friedensverhandlungen mit Russland

Beitrag von Evariste »

lerchenzunge hat geschrieben: 02.03.23, 19:41 Oder ist die deutsche Wirtschaft oder ist ein freies Sozialleben in Deutschland weniger wert als die Lage der ukrainisch-russischen Grenze?
Das ist ein Strohmann-Argument. Es geht nicht um "die Lage der ukrainisch-russischen Grenze" (das klingt so schön unwichtig), sondern darum ob die Ukraine als Ganzes, ob Europa(!) in Zukunft in Frieden leben kann.

Den Ansatz, Grenzverschiebungen hinzunehmen um des lieben Friedens willen, hat man schon 2014 mit der Krim versucht und er hat offensichtlich nicht funktioniert. Soll man das jetzt noch einmal versuchen? Wie oft noch?

Und wir hatten das alles schon einmal - ich erinnere an das Münchner Abkommen von 1938. Damals haben England und Frankreich über die Köpfe der betroffenen Tschechoslowakei hinweg mit Deutschland eine Grenzverschiebung vereinbart. Ein halbes Jahr später gab es die Tschechoslowakei nicht mehr und noch einmal ein halbes Jahr später hatte der 2. Weltkrieg begonnen.

Im gegenwärtigen Szenario würde der 3. Weltkrieg beginnnen, sobald Russland versucht, sich die baltischen Republiken einzuverleben (die immerhin auch mal ein Teil der Sowjetunion waren).
Gesperrt