Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

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dsma_bell
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Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von dsma_bell »

Hallo zusammen,

ich habe schon eine ganze Weile hier im Forum gesucht, aber zu dem folgenden Sachverhalt kein passendes Thema gefunden:
Mieter A wohnt in einer Genossenschaftswohnung in einem Hauseingang mit 10 Mietparteien. Die Mieter haben einen Passus im Mietvertrag stehen, dass sie den Hausputz selbst durchführen müssen, und das funktioniert auch reibungslos. 2020 gab es eine Umfrage, weil die Genossenschaft B eine Reinigungsfirma beauftragen wollte. Im betreffenden Hauseingang stimmten bekanntermaßen 4 Parteien gegen die Umstellung, 4 dafür, 2 enthielten sich der Stimme. Kurze Zeit später kam ein Schreiben, in dem die Umstellung als beschlossene Sache angekündigt wurde (obwohl die laut Urteil des Amtsgerichts Köpenick vom 26.10.2009 benötigten 75% Zustimmung nicht erreicht wurden). Die betroffenen Parteien beschwerten sich, die Widersprüche wurden akzeptiert und es erfolgte keine Umstellung. In der Nebenkostenabrechnung von 2020 findet sich nun folgender lapidarer Absatz irgendwo mitten im Text:

[quote]Von den 181 Hauseingängen, die wir für unsere Genossenschaft verwalten, werden bereits 157 Treppenaufgänge von einer Firma gereinigt. Für die verbleibenden 24 Hauseingänge wird ab 1. Januar 2022 ebenfalls der Reinigungsauftrag an eine Firma gegeben. Bitte kündigen Sie bis dahin eventuell privat existierende Verträge...[/quote]

Hier wurde offensichtlich auf das bereits akzeptierte Abstimmungsergebnis ein neuer größerer Maßstab angewandt, mit dem die 75% Zustimmung erreicht werden können.

Frage 1: Ist ein solches Immer-weiter-Hochrechnen denn rechtlich zulässig, besonders wenn man bedenkt, dass diese Rechnung davon ausgehen würde, dass jeweils alle Mieter eines umgestellten Eingangs der Umstellung zugestimmt haben, was sicher nicht der Fall war? Kann ein Vermieter die Abstimmungsergebnisse seines kompletten Immobilienportfolios zusammenrechnen, auch wenn sich die Gebäude in unterschiedlichen Stadtteilen oder gar unterschiedlichen Städten befinden, um das Verhältnis der Stimmen zu seinen Gunsten zu manipulieren?
Frage 2: Dürfen solche Umstellungen überhaupt über die Nebenkostenabrechnung bekanntgegeben werden? Es handelt sich meines Wissens doch um Änderungen des Mietvertrags, die einer schriftlichen Zustimmung des Mieters bedürfen?

Vielen Dank schon im Voraus!
ktown
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von ktown »

Meines Erachtens nein. Oder benutzen alle Mieter dieser 181 Hauseingänge dieses Treppenhaus?
Sonst können Wohnungsbaugesellschaften die deutschlandweit agieren all ihre Immobilien zusammenfassen.
Alles, was ich schreibe, ist meine private Meinung.

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webelch
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von webelch »

Hier geht es doch aber um eine Genossenschaft, deren Mieter sind auch stimmberechtigte Mitglieder derselben. Und natürlich kann die Mitgliedschaft darüber abstimmen, ob und an wen die Reinigung vergeben wird. Der Mieter / Das Mitglied sollte hier bei der Genossenschaft nachfragen auf welchem Beschluss oder auf welcher sonstigen Grundlage dieses Vorgehen beruht.
fodeure
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von fodeure »

webelch hat geschrieben: 11.09.21, 17:12Und natürlich kann die Mitgliedschaft darüber abstimmen, ob und an wen die Reinigung vergeben wird.
Nein, so funktioniert das nicht. Eine solche Abstimmung ist in einer Wohnungseigentümergemeinschaft möglich, nicht aber in einer Genossenschaft. Hier gilt das ganz normale Mietrecht.
FM
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von FM »

Die Ansicht des AG Köpenick, man könne per 3/4-Mehrheit auch die Mietverträge des restlichen Viertels abändern, ist zumindest sehr verwunderlich. Hatte der Richter noch in der DDR studiert?

Überzeugender ist die Meinung des Dt. Mieterbundes:
Das wäre – so der Deutsche Mieterbund – eine Änderung der mietvertraglichen Vereinbarung, die aber nur mit Zustimmung aller Mieter im Haus möglich ist. Die haben im Mietvertag aber nicht nur die Pflicht zur Treppenhausreinigung, sondern auch das Recht hierzu übernommen. Daran darf der Vermieter nicht einseitig rütteln.
https://www.mieterbund.de/mietrecht/mie ... nhaus.html
Beim Thema Genossenschaft:
Eine solche Abstimmung ist in einer Wohnungseigentümergemeinschaft möglich, nicht aber in einer Genossenschaft. Hier gilt das ganz normale Mietrecht.
Soweit der Vermieter laut Mietverträgen etwas einseitig festlegen kann, müssten dazu (je nach Satzung) schon Beschlüsse der Mitgliederversammlung möglich sein und meist wird sogar die einfache Mehrheit reichen. Aber in den einzelnen Verträgen geregelte Sachen nicht.
Spezi
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von Spezi »

Soweit der Vermieter laut Mietverträgen etwas einseitig festlegen kann, müssten dazu (je nach Satzung) schon Beschlüsse der Mitgliederversammlung möglich sein und meist wird sogar die einfache Mehrheit reichen. Aber in den einzelnen Verträgen geregelte Sachen nicht.
Das ist reine Theorie.
Solche Satzungsregelungen wird es in keiner Wohnungsgenossenschaft geben.
Gruß Spezi
dsma_bell
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von dsma_bell »

Erst einmal danke für eure Antworten. Eine Satzungsregelung gibt es tatsächlich. Die besagt, dass zur Verpflichtung des Mieters zur Inanspruchnahme von Leistungen der Genossenschaft neun von zehn Vertretern dafür stimmen müssen. Was damit genau gemeint ist, kann man der Satzung nicht entnehmen.

Mich interessiert aber noch, ob solche Änderungen überhaupt einfach auf der Nebenkostenabrechnung mitgeteilt werden dürfen.
Spezi
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von Spezi »

Die besagt, dass zur Verpflichtung des Mieters zur Inanspruchnahme von Leistungen der Genossenschaft neun von zehn Vertretern dafür stimmen müssen.
Man müßte aber schon wissen, in welchem Zusammenhang dieser Satz in der Genosssenschaftssatzung steht.
Ich gehe mal davon aus, dass er sich nicht auf ein Mietverhältnis einer Wohnung beziehen kann, denn dort gibt es keine Verpflichtung des Mieters zur Inanspruchnahme einer Leistungen der Genossenschaft.
Gruß Spezi
FM
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von FM »

Es wäre zumindest sehr ungewöhnlich. Im Mietvertrag müsste schon stehen, dass die Treppenreinigung durch die Mieter einseitig durch die Genossenschaft abgeändert werden kann in die jetzt genannte Form.

Sollte dem so sein, ist es egal ob diese Mitteilung zusammen mit der Betriebskostenabrechnung erfolgt oder ein extra Briefumschlag verwendet wird.

Wie kam denn der Richter von Köpenick auf die Idee, man könne Verträge per Abstimmung von Nicht-Vertragsparteien abändern?
ktown
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von ktown »

Dieses Urteil (AG Köpenick 5 C 11/09) ist so geheim, dass es nicht öffentlich gelesen werden kann und anscheinend auch so wenig Beachtung findet, dass es nirgends diskutiert wird. Was ich finden konnte war die Info, dass wohl die Mehrheit der weiteren Mieter gesundheitlich wie auch altersbedingt nicht mehr in der Lage waren diese Arbeiten auszuführen.
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von Zafilutsche »

Das Genossenschaftsrecht mal darauf reduziert, dass jeder "Mieter" Genossenschaftsanteile besitzt und damit in winzigen Bruchteile vom Prinzip ein WEG Mitglied ist (auch wenn sein Stimmrechtsanteil in Form von Versammlungen und Vertretern etwas im Ergebnis "verwaschen" wirkt.
Aber unter der Annahme es wären WEG Mitglieder, dann kann von keinem der WEG Mitglieder verlangt werden, das ein oder Teile der anderen WEG Mitglieder zur Flurreinigung oder andere spezifische Tätigkeiten gezwungen werden. Daher ist die Beauftragung der Flurreinigung durch dritte (z.B. eines Gebäudereinigers) die bessere Wahl! Zumindest bei einer Unstimmigkeit!
Bei manchen Staaten gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist, als der, der ihn gemacht hat. [Freiheit f. Assange]
fodeure
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von fodeure »

Die Mieter sind aber keine WEG-Mitglieder. Auch nicht irgendwie.
Zafilutsche
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von Zafilutsche »

Naja, es könnte aber Vorraussetzung sein, das man einer "Wohnungsenossenschaft" zuvor beitreten muss, um eine Genossenschaftswohnung anmieten zu können. Insofern ist das Genossenschaftsmitglied auch ein Teil vom
Genossenschafts- "Eigentum".
Bei manchen Staaten gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist, als der, der ihn gemacht hat. [Freiheit f. Assange]
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von fodeure »

Zafilutsche hat geschrieben: 17.09.21, 12:42 Naja, es könnte aber Vorraussetzung sein, das man einer "Wohnungsenossenschaft" zuvor beitreten muss, um eine Genossenschaftswohnung anmieten zu können. Insofern ist das Genossenschaftsmitglied auch ein Teil vom
Genossenschafts- "Eigentum".
Das ändert aber alles nichts an der Rechtslage. Es gilt Mietrecht und sonst nichts.
Zafilutsche
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Re: Treppenhausreinigung - Schönrechnung von Umfrageergebnissen

Beitrag von Zafilutsche »

fodeure hat geschrieben: 18.09.21, 10:40 Es gilt Mietrecht und sonst nichts.
Doch: Es gilt auch das "GenG"
Das fordert u.a. die notwendigen Beschlussfassungen zum Handeln. (z.B. Änderung von Mietverträgen o. Änderung der Hausordnung o.ä)
Hier scheint die "Umfrage" zur Beschlussdefinition bzw Beschlussfassung durch die "Stimmberechtigten" Personen/Personenkreise zu führen oder geführt haben.
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