Wem steht das Geld zu?

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lottchen
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Wem steht das Geld zu?

Beitrag von lottchen »

Vermieter V vermietet Wohnung. Der bei ihm angestellte A ist u.a. für die Wohnungsübergaben zuständig. Außerdem übernimmt er vor/während der Mietzeit auch die Korrespondenz mit den englischsprachigen Mietern. Als bei A immer mehr Ungereimtheiten im Umgang mit Geld auftreten (leiht sich von Kollegen Geld ohne es zurückzuzahlen, kauft auf Kosten der Firma Briefmarken für den Privatgebrauch usw.) zieht V die Reißleine und entlässt A.
Da im letzten Jahr die meisten Verträge mit ausschließlich englischsprachigen Mietern aus ein und demselben Land abgeschlossen wurden lässt V mit all diesen Mietern Kontakt aufnehmen. Dabei stellt er fest, dass mehrere Mieter verschiedene Bargeldbeträge teils als Kautionen teils als Bezahlung an A übergeben haben für irgendwelchen Blödsinn (Kaution Stromzähler, Reservierungsgebühr Wohnung, Anteile für Bau- und Renovierungskosten in der Wohnung...). Eine Mietkaution lässt sich A auch auf sein Privatkonto überweisen (obwohl im Mietvertrag ein anderes Firmenkonto angegeben ist überweist der Mieter auf das per Messenger angegebene Konto). Für alle Zahlungen unterschreibt er Quittungen im Namen von V und stempelt diese ab.

Haben die ausländischen Mieter jetzt Pech, dass sie sich so einen Blödsinn haben einreden lassen (was in D üblich wäre zu bezahlen bzw. zu hinterlegen) und deren Geld ist weg oder muss V jetzt den Mietern alles zurückzahlen weil A mit seinem Stempel alle Quittungen abgestempelt hat?
Chavah
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Re: Wem steht das Geld zu?

Beitrag von Chavah »

Ich würde hier unterscheiden. Alle Zahlungen, die laut Mietvertrag (z.B. die Kaution) zu erbringen sind und die der Mitarbeiter abgezweigt hat, die sind m.E. dem Vermieter zuzuordnen. Wenn also eine Kaution zurück zu zahlen ist, dann kann sich der Vermieter nicht darauf berufen, dass er das Geld nicht erhalten hat.

Bei den erfundenen Zusatzforderungen wird es etwas komplizierter. Da wird es darauf ankommen, ob der Vermieter das alles hätte wissen können (anhand von Quittungsblocks z.B.), anhand von fehlenden Eingängen bei ihm, was da abgeht.
FM
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Re: Wem steht das Geld zu?

Beitrag von FM »

Bei unberechtigten Nebenkosten (die also laut der BetrKV oder dem Mietvertrag nicht erhoben werden dürfen) ist der Vermieter m.E. auch zur Rückzahlung verpflichtet, selbst wenn der Mieter mithilfe einer anwaltlichen Beratung das vorher hätte prüfen und die Zahlung vermeiden können. Eine Ausnahme könnte gelten, wenn die Forderung ganz offensichtlich und für jedermann erkennbar unbegründet war.

Und zur Haftung des Vermieters für seine Angestellten:
https://dejure.org/gesetze/BGB/278.html

Ausgenommen dürften also nur Zahlungen sein, die der Angestellte noch entgegen nahm, nachdem den Mietern mitgeteilt wurde, dass er dazu nicht mehr berechtigt ist (auch wenn die Mitteilung in deutscher Sprache erfolgte).

Natürlich kann der Vermieter von seinem ehemaligen Angestellten das Geld verlangen, das dieser in seinem Namen eingenommen hatte.
Eine Mietkaution lässt sich A auch auf sein Privatkonto überweisen (obwohl im Mietvertrag ein anderes Firmenkonto angegeben ist überweist der Mieter auf das per Messenger angegebene Konto).
Die Angabe einer Kontonummer in einem Vertrag ist nicht dauerhaft bindend. Natürlich kann ein Gläubiger mitteilen, dass mittlerweile eine andere Kontonummer gilt und der Schuldner muss das beachten, auch ohne Vertragsänderung.
lottchen
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Re: Wem steht das Geld zu?

Beitrag von lottchen »

Chavah hat geschrieben: 10.08.22, 18:33Alle Zahlungen, die laut Mietvertrag (z.B. die Kaution) zu erbringen sind und die der Mitarbeiter abgezweigt hat, die sind m.E. dem Vermieter zuzuordnen.
Auch wenn im Vertrag (den der Mieter unterschrieben hat) eindeutig ein völlig anderes Konto/Kontoinhaber für die Kaution steht? Ich vermute mal, dass der Mieter vom Mietvertrag kein Wort verstanden hat. Aber er hat ihn unterschrieben....
Chavah hat geschrieben: 10.08.22, 18:33 Bei den erfundenen Zusatzforderungen wird es etwas komplizierter. Da wird es darauf ankommen, ob der Vermieter das alles hätte wissen können (anhand von Quittungsblocks z.B.), anhand von fehlenden Eingängen bei ihm, was da abgeht.
Konnte er nicht. Die Firma verwendet überhaupt keine Quittungsblöcke, der A hat sich selber einen gekauft, dort den Firmenstempel draufgehauen und selber unterschrieben.
Von den ganzen erfundenen Kosten und Kautionen steht nichts im Mietvertrag. Der Mieter hat trotzdem gezahlt. Ohne jede rechtliche und vertragliche Grundlage. Vermutlich auch in Unkenntnis dessen was in Deutschland so üblich ist und weil er nicht verstanden hat was im Vertrag steht. Auch das muss sich der Vermieter zurechnen lassen? Würde im Umkehrschluß für V eigentlich bedeuten dass er besser nur noch an deutschsprachige Mieter vermietet die verstehen was sie unterschreiben (was letztendlich ja trotzdem nicht garantiert, dass sich der Mieter nicht über den Tisch ziehen lässt).
FM hat geschrieben: 10.08.22, 19:30 Die Angabe einer Kontonummer in einem Vertrag ist nicht dauerhaft bindend. Natürlich kann ein Gläubiger mitteilen, dass mittlerweile eine andere Kontonummer gilt und der Schuldner muss das beachten, auch ohne Vertragsänderung.
Auch wenn sich der Kontoinhaber aändert und die Kaution nicht mehr an den Vermieter gezahlt wird sondern an A? Da habe ich echt Mühe damit das nachzuvollziehen. Egal wie doof sich der Mieter anstellt und was er alles akzeptiert - er trägt keine Verantwortung dafür?
FM
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Re: Wem steht das Geld zu?

Beitrag von FM »

lottchen hat geschrieben: 10.08.22, 22:05
FM hat geschrieben: 10.08.22, 19:30 Die Angabe einer Kontonummer in einem Vertrag ist nicht dauerhaft bindend. Natürlich kann ein Gläubiger mitteilen, dass mittlerweile eine andere Kontonummer gilt und der Schuldner muss das beachten, auch ohne Vertragsänderung.
Auch wenn sich der Kontoinhaber aändert und die Kaution nicht mehr an den Vermieter gezahlt wird sondern an A? Da habe ich echt Mühe damit das nachzuvollziehen. Egal wie doof sich der Mieter anstellt und was er alles akzeptiert - er trägt keine Verantwortung dafür?
Was ist da doof seitens des Mieters, wenn er genau das macht, was der Vermieter, vertreten durch seinen Bevollmächtigtem A., ihm sagt?

Wenn ich z.B. als Arbeitnehmer bei einem Unternehmen angestellt bin und mir der Personalleiter als Bevollmächtigter etwas mitteilt, frage ich auch nicht jedesmal den Inhaber des Unternehmens, ob er das so will. Und hier kann der Mieter nicht für Fehler des Bevollmächtigten des Vermieters verantwortlich sein. Der Vermieter muss sich schon selbst überlegen, wem er welche Vollmacht gibt. Oder eben, wenn er sich da nicht sicher ist, muss er alles selbst machen und darf nicht behaupten, A könne in seinem Namen handeln.

Aber wie schon gesagt, der Vermieter kann ja seinerseits Ersatz von A verlangen. Ob dann am Ende die Zwangsvollstreckung gegen A erfolgreich ist oder nicht, kann nicht das Problem des Außenstehenden sein.
lottchen
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Re: Wem steht das Geld zu?

Beitrag von lottchen »

FM hat geschrieben: 10.08.22, 23:34 Wenn ich z.B. als Arbeitnehmer bei einem Unternehmen angestellt bin und mir der Personalleiter als Bevollmächtigter etwas mitteilt, frage ich auch nicht jedesmal den Inhaber des Unternehmens, ob er das so will.
Nein. Aber wenn mir der Personalleiter sagt, ich solle dem Kollegen X eine runterhauen oder einen Handstand machen oder dem Personalleiter 1000€ als Schlüsselkaution geben würde ich das nicht machen. Auch da muss es doch Grenzen geben.
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Re: Wem steht das Geld zu?

Beitrag von Dummerchen »

lottchen hat geschrieben: 11.08.22, 00:53 Aber wenn mir der Personalleiter sagt, ich solle dem Kollegen X eine runterhauen oder einen Handstand machen oder dem Personalleiter 1000€ als Schlüsselkaution geben würde ich das nicht machen. Auch da muss es doch Grenzen geben..
Grenzen gibt es. Aber es hilft nichts, wenn du zur Ablenkung Äpfel mit Fantasy-Weltraumreisen vergleichst.
The nine most terrifying words in the English language are, 'I'm from the government and I'm here to help.'
Ronald Reagan
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Re: Wem steht das Geld zu?

Beitrag von Niemand2000 »

lottchen hat geschrieben: 11.08.22, 00:53Aber wenn mir der Personalleiter sagt, ich solle dem Kollegen X eine runterhauen oder einen Handstand machen oder dem Personalleiter 1000€ als Schlüsselkaution geben würde ich das nicht machen. Auch da muss es doch Grenzen geben.
Es gibt im Arbeitsrecht bestimmt eine Vorschrift, die https://dejure.org/gesetze/BBG/63.html#Abs2:S4 entspricht
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