Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfahren

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helmes63
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Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfahren

Beitrag von helmes63 »

Sehr geehrte Forenfreunde,

... bei Beitragsschulden aus einem Versicherungsverhältnis als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenkasse besteht meines Wissens die Möglichkeit der sog. Niederschlagung wenn die Beitragsschulden eine Höhe erreicht haben die uneinbringlich sind und durch eine Zwangsvollstreckung nicht eingeholt werden können.

a) Wie ist diesbezüglich das Verfahren um eine Niederschlagung als Schuldner zu realisieren ?
> ist diese bei der regionalen Schuldnerberatungsstelle oder aber der Rechtsantragsstelle des Vollstreckungsgerichts zu stellen ?

b) muss der Gläubiger bei einem Niederschlagungsverfahren zustimmend mitwirken oder kann diese einseitig vom Schuldner durch entsprechende Antragsstellung beim Vollstreckungsgericht erwirkt werden ?
Stefanie145
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von Stefanie145 »

Ob Beiträge niedergeschlagen werden, entscheidet einzig die zuständige Krankenkasse! Der Schuldner kann die Niederschlagung nicht beschließen.

Unter Umständen, würde die Krankenkasse im Rahmen eines Vergleichs einen Teil der Forderung niederschlagen. Dies ist jedoch abhängig von der Forderungshöhe, Alter, Gesundheitszustand, Verdienstmöglichkeiten, etc. des Schuldners.

Alternativ könnte der Schuldner auch ein Insolvenzverfahren durchlaufen. Die Restschuldbefreiung gilt dann auch für die rückständigen Krankenversicherungsbeiträge.
lottchen
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von lottchen »

Stefanie145 hat geschrieben: 05.01.23, 15:41 Ob Beiträge niedergeschlagen werden, entscheidet einzig die zuständige Krankenkasse!
Es sei denn man heißt helmes. Da gibt es vielleicht Ausnahmen :lachen:
FM
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von FM »

helmes63 hat geschrieben: 05.01.23, 15:28 wenn die Beitragsschulden eine Höhe erreicht haben die uneinbringlich sind und durch eine Zwangsvollstreckung nicht eingeholt werden können.
Das kann man eigentlich fast nie sagen. Selbst wenn das 50.000 Euro Schulden sind und der Versicherte als Rentner eine Rente unterhalb der Pfändungsgrenze hat, kann es ja sein dass er irgendwann durch Erbschaft oder Lottogewinn pfändbares Vermögen hat. Und auch wenn dann nur 1.000 Euro vollstreckt werden können, ist es besser als nichts. Außerdem könnte er sterben und seine Erben sind zahlungsfähig.

Der von Stefanie erwähnte Vergleich kann sinnvoll sein, wenn dadurch ein nennenswerter Teilbetrag wirklich gezahlt wird. Da sagt man sich dann, besser 20.000 Euro jetzt als 50.000 vielleicht nie, und das ist auch haushaltsrechtlich vertretbar.
Jdepp
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von Jdepp »

helmes63 hat geschrieben: 05.01.23, 15:28
a) Wie ist diesbezüglich das Verfahren um eine Niederschlagung als Schuldner zu realisieren ?
> ist diese bei der regionalen Schuldnerberatungsstelle oder aber der Rechtsantragsstelle des Vollstreckungsgerichts zu stellen ?

b) muss der Gläubiger bei einem Niederschlagungsverfahren zustimmend mitwirken oder kann diese einseitig vom Schuldner durch entsprechende Antragsstellung beim Vollstreckungsgericht erwirkt werden ?
Das Vollstreckungsgericht hat damit aber mal so gar nichts, null, nada, niente zu tun. Das ist eine sowas von absurde Vorstellung.
hawethie
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von hawethie »

Der Schuldner kann da gar nichts machen.
Die Niederschlagung ist eine einseitige Entscheidung des Gläubigers, wenn er der Ansicht ist, dass auch Zwangsvollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen bzw. in Forderungen des Schuldners keinen Erfolg versprechen.
Eine Niederschlagung ist auch kein Erlass von Schulden sondern "lediglich" der Verzicht auf deren Beitreibung.
Sie kann befristet oder auch unbefristet erfolgen.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
FM
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von FM »

Jdepp hat geschrieben: 05.01.23, 20:05 Das Vollstreckungsgericht hat damit aber mal so gar nichts, null, nada, niente zu tun. Das ist eine sowas von absurde Vorstellung.
So absurd ist das auch wieder nicht. Man darf jetzt nicht erwarten, dass jedem Fragesteller klar ist, dass eine gesetzliche Krankenkasse nach Verwaltungsrecht handelt und dass Niederschlagung etwas anderes ist als Restschuldbefreiung.

Bei den weitaus meisten anderen Schulden wäre durchaus das Amtsgericht für alles zuständig, für die Vollstreckung, das Insolvenzverfahren und damit die Restschuldbefreiung. Wenn auch verschiedene Abteilungen - aber das muss auch nicht jeder wissen, wie die das organisieren.
helmes63
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von helmes63 »

Was heißt das denn konkret für die Praxis. Das ist mir ehrlich gesagt noch nicht richtig klar.

a> soll der Schuldner an den Gläubiger herantreten seine Vermögenslage offenlegen um ihm
ein Argument zu liefern für eine Niederschlagung ?!

b) kann es sein, dass viele Gläubiger das Instrument der Niederschlagung gar nicht kennen.
Ich habe davon im Rahmen einer Sozialberatung erstmals überhaupt erfahren ?!

c) Wie läuft das denn nun in der Praxis ab ?
Der Gläubiger erkennt nach einer Vermögensauskunft wie es mit der Eintreibung real aussieht
und entscheidet dann. Aber wieso soll den der Schuldner so etwas nicht vorschlagen. Diese
Option kommt in den vorherigen Ausführungen gar nicht vor.
FM
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von FM »

Natürlich kann man es vorschlagen. Dass der Gläubiger die Vorschrift nicht kennt ist unwahrscheinlich, das Haushaltsrecht ist sicherlich Bestandteil der Ausbildung.

Aber es bringt der Krankenkasse keinen Vorteil, es zu tun. Eher Nachteile, da sie die Beiträge zugunsten des Gesundheitsfonds einzieht. Wenn diese Situation hier eintritt:
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__271a.html
kann eine zu großzügige Praxis der Niederschlagungen teuer werden.

Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kann immer nur momentan festgestellt werden, die Beitragsforderung verjährt aber erst nach 30 Jahren. Bis dahin kann sich viel verändern.
Czauderna
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von Czauderna »

FM hat geschrieben: 05.01.23, 19:03
helmes63 hat geschrieben: 05.01.23, 15:28 wenn die Beitragsschulden eine Höhe erreicht haben die uneinbringlich sind und durch eine Zwangsvollstreckung nicht eingeholt werden können.
Das kann man eigentlich fast nie sagen. Selbst wenn das 50.000 Euro Schulden sind und der Versicherte als Rentner eine Rente unterhalb der Pfändungsgrenze hat, kann es ja sein dass er irgendwann durch Erbschaft oder Lottogewinn pfändbares Vermögen hat. Und auch wenn dann nur 1.000 Euro vollstreckt werden können, ist es besser als nichts. Außerdem könnte er sterben und seine Erben sind zahlungsfähig.

Der von Stefanie erwähnte Vergleich kann sinnvoll sein, wenn dadurch ein nennenswerter Teilbetrag wirklich gezahlt wird. Da sagt man sich dann, besser 20.000 Euro jetzt als 50.000 vielleicht nie, und das ist auch haushaltsrechtlich vertretbar.
Hallo,
dem kann ich nur zustimmen - dieses Thema gehörte mal zu meinem Aufgabenbereich als "Entscheider".
Gruss
Czauderna
FM
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von FM »

Czauderna hat geschrieben: 12.01.23, 16:20 Hallo,
dem kann ich nur zustimmen - dieses Thema gehörte mal zu meinem Aufgabenbereich als "Entscheider".
Gruss
Czauderna
Gibt es da eigentlich seitens des Gesundheitsfonds zentrale Vorgaben für die Kassen, oder dürfen die das eigenständig beurteilen?
Czauderna
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von Czauderna »

FM hat geschrieben: 12.01.23, 16:49
Czauderna hat geschrieben: 12.01.23, 16:20 Hallo,
dem kann ich nur zustimmen - dieses Thema gehörte mal zu meinem Aufgabenbereich als "Entscheider".
Gruss
Czauderna
Gibt es da eigentlich seitens des Gesundheitsfonds zentrale Vorgaben für die Kassen, oder dürfen die das eigenständig beurteilen?
Hallo,
mit der Einführung des Gesundheitsfonds wurden die Vorgaben, hinsichtlich der (Teil)Niederschlagung angepasst und die Entscheidung über eine solche Niederschlagung der zuständigen Fachabteilung übertragen und aus dem örtlichen Zuständigkeitsbereich abgezogen. Aber auch bis dahin waren solche Niederschlagungen Bestandteil der Revisionen, entweder innerbetrieblich als auch durch die Aufsichtsbehörde. Ich habe dazu das hier gefunden - https://www.google.com/search?q=Nieders ... nt=gws-wiz
Gruss
Czauderna
bavarian tax collector
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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von bavarian tax collector »

helmes63 hat geschrieben: 12.01.23, 13:10 Was heißt das denn konkret für die Praxis. Das ist mir ehrlich gesagt noch nicht richtig klar.
Ist hier sehr schön beschrieben. Stellt zwar auf das Steuerrecht ab, dürfte aber eins zu eins auf andere Bereiche übertragbar sein.

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Re: Niederschlagungsantrag: uneinbringliche Altschulden in der Krankenversicherung i. R. eines Zwangsvollstreckungsverfa

Beitrag von ExDevil67 »

helmes63 hat geschrieben: 12.01.23, 13:10 c) Wie läuft das denn nun in der Praxis ab ?
Der Gläubiger erkennt nach einer Vermögensauskunft wie es mit der Eintreibung real aussieht
und entscheidet dann. Aber wieso soll den der Schuldner so etwas nicht vorschlagen.
Weil es dem Schuldner nix bringen wird. Eine Niederschlagung ist auch kein offizieller Akt mit Bescheid oder so.
Auch als Privatperson kann man die Forderung über 10,50 € für die Kinokarte vom Kumpel der sein Geld vergessen hat niederschlagen in dem ich verzichte ihn an seine Schulden zu erinnern.
Und als Gläubiger der über einen offiziellen Titel verfügt, solange der gültig ist würde ich nach außen nie auf diesen verzichten. Der Schuldner könnte ja doch noch zu Geld kommen. Intern kann ich allerdings mit Erhalt des Titels schon entscheiden das ich wahrscheinlich kein Geld erhalten werden und die Forderung entsprechend niederschlagen / abschreiben und keine weiteren oder nur noch minimale Ressourcen (Geld) investieren um evtl doch noch Geld zu bekommen.
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