GKV für Ex-Beamte?

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ExDevil67
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GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von ExDevil67 »

Mal aus Interesse eine Frage.
Der ein oder andere wird es sicher mitbekommen haben. Der "berühmte" Familienrichter aus Weimar der meinte über das Kindeswohl Coronaregeln aufheben zu können, wurde nun wegen Rechtsbeugung zu 2 Jahren auf Bewährung verurteilt. Bei Rechtskraft ist er damit ja auch seinen Job los.

Wie sieht das eigentlich aus, welche Möglichkeiten der Krankenversicherung bestehen eigentlich in solchen Fällen? Bisher klar, Beihilfe und PKV. Nur hat ja der Gesetzgeber für den Wechsel in die GKV ab einem gewissen Lebensalter Hürden aufgestellt. Greifen die auch in solchen Fällen oder gibt's dafür Sonderregeln?
Stefanie145
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von Stefanie145 »

Hallo,

nur weil ein Beamter aus dem Dienstverhältnis ausscheidet und kein Beamter mehr ist (aus welchen Gründen auch immer) besteht kein Beitrittsrecht zur GKV. Der Beamte hätte sich grundsätzlich auch bei seiner Verbeamtung für die GKV entscheiden können (ob dies in Kombination mit der Beihilfe Sinn macht, steht auf einem anderen Blatt.) Ein Beitrittsrecht wurde nur Zeitsoldaten eingeräumt, welche aus dem Dienst ausscheiden (§ 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB V).

Der Ex-Beamte müsste sich dann erstmal komplett weiter privat versichern. Um in die GKV zu kommen, müsste aus anderen Gründen Versicherungspflicht eintreten (zum Beispiel Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit), bei Personen über 55 Jahren ist der Wechsel in die GKV nahezu unmöglich.
FM
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von FM »

Stefanie145 hat geschrieben: 23.08.23, 21:00 Der Ex-Beamte müsste sich dann erstmal komplett weiter privat versichern. Um in die GKV zu kommen, müsste aus anderen Gründen Versicherungspflicht eintreten (zum Beispiel Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit), bei Personen über 55 Jahren ist der Wechsel in die GKV nahezu unmöglich.
Da der Richter laut Medienberichten 60 Jahre alt ist, wäre das in der Tat schwierig.

Aber seine PKV darf ihn nicht rauswerfen (falls er denn in der PKV war, was schon wahrscheinlich ist).
th-h
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von th-h »

ExDevil67 hat geschrieben: 23.08.23, 18:11Der ein oder andere wird es sicher mitbekommen haben. Der "berühmte" Familienrichter aus Weimar der meinte über das Kindeswohl Coronaregeln aufheben zu können, wurde nun wegen Rechtsbeugung zu 2 Jahren auf Bewährung verurteilt. Bei Rechtskraft ist er damit ja auch seinen Job los.
Das ist bei einer Verurteilung wegen Rechtsbeugung immer zwingende Folge, weil die Mindeststrafe von einem Jahr zugleich automatisch zur Entlassung aus dem Dienst führt.

(Gleiches gilt seit einiger Zeit, wenn auch nur ein einziges kinderpornograpgisches Bild besessen wurde.)
ExDevil67 hat geschrieben: 23.08.23, 18:11Wie sieht das eigentlich aus, welche Möglichkeiten der Krankenversicherung bestehen eigentlich in solchen Fällen? Bisher klar, Beihilfe und PKV. Nur hat ja der Gesetzgeber für den Wechsel in die GKV ab einem gewissen Lebensalter Hürden aufgestellt. Greifen die auch in solchen Fällen oder gibt's dafür Sonderregeln?
In der Rentenversicherung wird nachversichert, Härten bei der Krankenversicherung hat sich der Beamte (oder Richter) selbst zuzuschreiben.

Oder in den Worten des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23.11.2006 – 1 D 1.06):
Nachteilige Auswirkungen der Aberkennung des Ruhegehalts auf den Krankenversicherungsschutz können aus Rechtsgründen nicht zugunsten des Ruhestandsbeamten berücksichtigt werden. Ein Beamter, der das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn endgültig zerstört hat, kann nicht verlangen, dass sein Beamtenverhältnis beibehalten wird, um soziale Härten dauerhaft zu vermeiden. Zur Vermeidung unbilliger Härten in der Übergangszeit nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis ist der disziplinarrechtliche Unterhaltsbeitrag vorgesehen, den das Verwaltungsgericht hier noch gemäß § 77 Abs. 1 und 2 BDO bewilligt hat. Darüber hinaus ist es allein Aufgabe der sozialrechtlichen Auffangbestimmungen und Schutzvorschriften, das Existenzminimum zu gewährleisten. So hängt vom Inhalt der maßgeblichen sozialrechtlichen Vorschriften ab, ob die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung angemessen ist. Entsprechendes gilt für den Schutz im Krankheitsfall. Bei den hier eintretenden Nachteilen handelt es sich um mittelbare Folgen der Entfernung aus dem Dienst bzw. der Aberkennung des Ruhegehalts, deren Bewältigung nicht Aufgabe des Disziplinarrechts ist.

[...]


Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Ruhestandsbeamten nach Wegfall des Ruhegehalts den Übergang in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Der Ruhestandsbeamte wird nachversichert. Die Einleitungsbehörde kann von ihm verlangen, dass er später für denselben Zeitraum zu leistende Rentenzahlungen bis zur Höhe des geleisteten Unterhaltsbeitrags abtritt (§ 77 Abs. 2 BDO). In die gesetzliche Krankenversicherung kann er voraussichtlich für die Dauer der Führung als Arbeitssuchender aufgenommen werden. Notfalls kann er, wenn er sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt für Krankheitsfälle unversichert bleibt, "Hilfen zur Gesundheit" als Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen, die den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen (§ 19 Abs. 3, §§ 47 ff., § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 264 Abs. 2 SGB V), soweit die Differenz zwischen Rentenzahlungen und der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII zur Krankenbehandlung nicht ausreicht.

Werden die Leistungen der Rentenversicherung nicht bis zum Ablauf von sechs Monaten gewährt oder reichen sie für eine finanzielle Existenzsicherung nicht, so kann der Ruhestandsbeamte beim zuständigen Verwaltungsgericht gemäß § 110 Abs. 2 Satz 2 BDO unter Vorlage entsprechender Nachweise einen Antrag auf Weiterbewilligung eines Unterhaltsbeitrags stellen. Dem Antrag müssten Bescheide über die Höhe der Nachversicherung und über die Versagung einer günstigeren Krankenversicherung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage und von "Hilfen zur Gesundheit" beigefügt werden.
Wer sich die PKV nicht mehr leisten kann, kann also als Bürgergeldbezieher versichert werden oder ggf. anderweitige Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Notfalls erhält er einen weiteren Unterhaltsbeitrag, der das Existenzminimum sichert.
vikingz
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von vikingz »

Hallo,

ich möchte gern der Vollständigkeit halber hinzufügen, der typische Weg zurück in die GKV bestünde in solchen Sachverhalten - sofern denn alle persönlichen und fachlichen Voraussetzungen vorliegen - in einer Familienversicherung über den gesetzlich versicherten Partner. Der GKV-Experte hat da immer den PKV-Fluchtreflex im Alter vor Augen, ob zu Recht oder nicht - aber die Rechtslage gibt es nun mal her.

Die Familienversicherung kennt die Altersgrenze 55 nicht, und mit dem Wegfall der absoluten KV-Freiheit als Richter wäre dieser Ausschlusstatbestand auch beseitigt.

Man könnte meinen, wir haben hier eine Regelungslücke vor uns, aber da genau diese Regelungslücke es mittlerweile auf demnächst gut und gerne drei Jahrezehnte Lebensdauer bringt, glaube ich nicht mehr an eine Regelungslücke des Gesetzgebers; vielmehr an ganz absichtliche redaktionelle Ungenauigkeit.
Evariste
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von Evariste »

vikingz hat geschrieben: 25.08.23, 15:59 sofern denn alle persönlichen und fachlichen Voraussetzungen vorliegen - in einer Familienversicherung über den gesetzlich versicherten Partner
Das ist aber ein großes "Wenn". Der Richter ist vielleicht unverheiratet oder geschieden. Oder der Partner ist ebenfalls in der PKV (was bei Ehepartnern von Beamten durchaus Sinn macht). Last but not least dürfte die Rente aus der Nachversicherung zu hoch sein.
ExDevil67
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von ExDevil67 »

Evariste hat geschrieben: 25.08.23, 17:38 Last but not least dürfte die Rente aus der Nachversicherung zu hoch sein.
Stimmt, Familenversicherung dürfte zwar jetzt akut eine mögliche Lösung sein. Aber bei erreichen des Rentenalters wäre damit ja auch Ende wegen eigener Einkünfte.

Apropo Scheidung. Mal angenommen da ist jemand geschieden und der Versorgungsausgleich ist bereits erfolgt. Was wird aus dem? Der müsste ja ggf komplett neugerechnet werden wenn aus einer erwarteten Pension eine "normale" Rente wird, oder?
Old Piper
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von Old Piper »

ExDevil67 hat geschrieben: 25.08.23, 20:22Der müsste ja ggf komplett neugerechnet werden wenn aus einer erwarteten Pension eine "normale" Rente wird, oder?
Nein, denn durch die Übertragung von Versorgungsansprüchen hat der Begünstigte nun eigene Versorgungsansprüche erworben, deren Entwicklung nicht mehr von den Ansprüchen des Abgebenden abhängt. Dies betrifft sowohl Beförderungen als auch Rückstufungen oder gar Wegfall.
MfG
Old Piper
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Behörden- und Gerichtsentscheidungen sind zwar oft recht mäßig, aber meistens rechtmäßig.
vikingz
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von vikingz »

Evariste hat geschrieben: 25.08.23, 17:38 Das ist aber ein großes "Wenn". Der Richter ist vielleicht unverheiratet oder geschieden. Oder der Partner ist ebenfalls in der PKV (was bei Ehepartnern von Beamten durchaus Sinn macht). Last but not least dürfte die Rente aus der Nachversicherung zu hoch sein.
Selbstverständlich ist es ein großes "Wenn", deshalb hab ich ja auch geschrieben "der Vollständigkeit halber".

Nichtsdestotrotz ist es die wahrscheinlichste Rückkehrmöglichkeit.

Spätere Einkünfte stehen dem nicht im Weg, sobald man familienversichert wäre, hätte man Anspruch auf weitere Versicherung in der GKV.
FM
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von FM »

Er kann ja einfach in der PKV bleiben.

Da man als Beamter/Richter aber eigentlich nur eine "halbe PKV" hatte, wurden vermutlich auch die Altersrückstellungen nur zur Hälfte gebildet. Die nun erforderliche zweite Hälfte könnte da recht teuer werden, wenn man mit Eintrittsalter 60 beginnt. Muss man eben die Versicherungsgesellschaft fragen.

Das ist aber wieder mal so ein Beispiel dafür, dass das zweigleisige System GKV/PKV nicht sonderlich gut funktioniert. Sinnvoller wäre die Aufteilung: für die medizinisch notwendige Versorgung die GKV für alle, auch für Beamte, Richter, Selbständige. Die Beihilfe kann man dann ganz abschaffen. Für individuell gewünschte Zusatzleistungen wie höheres Honorar für den Arzt damit er hilfsbereiter ist, Einbettzimmer im Krankenhaus, Chefarztbehandlung, Heilpraktiker, Auslandsversicherung usw. die PKV als Zusatzversicherung.
th-h
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von th-h »

FM hat geschrieben: 26.08.23, 18:55 Sinnvoller wäre die Aufteilung: für die medizinisch notwendige Versorgung die GKV für alle, auch für Beamte, Richter, Selbständige. Die Beihilfe kann man dann ganz abschaffen. Für individuell gewünschte Zusatzleistungen wie höheres Honorar für den Arzt damit er hilfsbereiter ist, Einbettzimmer im Krankenhaus, Chefarztbehandlung, Heilpraktiker, Auslandsversicherung usw. die PKV als Zusatzversicherung.
Ganz so einfach ist das nicht, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Ausgestaltung von Besoldung ("Gehalt"), Beihilfe und Versorgung ("Rente") der Beamten quasi ein Paket bilden, bei dessen Ausgestaltung der Dienstherr einen großen Spielraum hat. Da allerdings die Besoldung der Beamten und Richter in mehreren Bundesländern und Konstellationen mehrfach bereits die Latte der Verfassungswidrigkeit gerissen hat, bleibt da für den Wegfall der Beihilfe nicht viel Spielraum, wenn damit nicht eine Erhöhung der Besoldung und Versorgung im Umfang des Unterschieds zur Vollversicherung in der PKV erfolgt. Warum sollte ein Dienstherr also die Beihilfe abschaffen wollen?
FM
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von FM »

Im Prinzip ist es bei Beamten ähnlich wie bei Arbeitnehmern: die Hälfte zahlt man selbst (Beamte: PKV), die andere der Arbeitgeber (Beamte: Beihilfe). Hamburg hat da schon ein Wahlrecht eingeführt. Was aber auch nur geht, wenn bundesgesetzlich ein Beitrittsrecht besteht, also weitgehend nur für neue Beamte und auch für die nicht immer.

Verfassungsrechtlich wäre das System mit privatärztlicher Behandlung für Beamte nur dann notwendig, wenn es ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 4 GG) ist. Dann wäre aber die Frage, ob eine schlechtere medizinische Versorgung für 90 % der Bevölkerung vereinbar ist mit Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG.
Stefanie145
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Re: GKV für Ex-Beamte?

Beitrag von Stefanie145 »

Kurzer Einschub, die pauschale Beihilfe gibt es nicht nur in Hamburg, diese wurde auch bereits in anderen Bundesländern eingeführt. Ein Punkt, weshalb sich Neu-Beamte momentan einen weiteren Grund haben, ggf. doch in der GKV zu bleiben.
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