Haftung eine Schornsteinfegers bei Hoheitlichen Aufgaben

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Ben Hur
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Haftung eine Schornsteinfegers bei Hoheitlichen Aufgaben

Beitrag von Ben Hur »

Hallo,

Es geht um die Haftung eine Schornsteinfegers (S) bei Ausübung seiner Hoheitlichen Aufgaben.

Es bestand zum Zeitpunkt des Schadens noch das Kehrmonopol. S ist sehr korpulent und macht aufgrund seines Gewichts mehrere Dachplatten und die Kaminverwahrung kaputt. Das Dach war und ist zu diesem Zeit recht neu sowie in einem guten Zustand. Die betroffenen Dachplatten liegen alle auf dem Weg zum Kamin. Nun die Frage: wer würde haften? Das OLG München (29.01.2004, Az. 1 U 4881/03) sieht die Haftung gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG beim Freistaat Bayern. Das OLG Karlsruhe (31. August 2006 · Az. 12 U 60/06) verneint die Haftung des Landes Baden-Württemberg: "Zwar werde der Beklagte aufgrund des dem öffentlichen Recht zugehörenden Kehrzwangs tätig; dieser führe aber zum Abschluss privatrechtlicher Verträge mit den Parteien, wie sich aus der Eigenschaft des Bezirksschornsteinfegermeisters als Gewerbetreibender des Handwerks ergebe. Dass die Schornsteinfegergebühren gesetzlich geregelt seien, schließe den privatrechtlichen Charakter der Verträge nicht aus.".

Nun meine Fragen:
(1) Der Schaden ist in Baden-Württemberg entstanden. Muss sich der Geschädigte A an S wenden?
(2) Ist das Land mitschuldig, da S aufgrund seines Gewichts die Traglastnorm von Dachplatten überschritten hat?
(3) Welche Chancen hat A gegenüber S?
(4) Sonstige Ratschläge?

Vielen Dank im Voraus

Ben
freemont
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Re: Haftung eine Schornsteinfegers bei Hoheitlichen Aufgaben

Beitrag von freemont »

Ben Hur hat geschrieben:... Das OLG Karlsruhe (31. August 2006 · Az. 12 U 60/06) verneint die Haftung des Landes Baden-Württemberg: "Zwar werde der Beklagte aufgrund des dem öffentlichen Recht zugehörenden Kehrzwangs tätig; dieser führe aber zum Abschluss privatrechtlicher Verträge mit den Parteien, wie sich aus der Eigenschaft des Bezirksschornsteinfegermeisters als Gewerbetreibender des Handwerks ergebe. Dass die Schornsteinfegergebühren gesetzlich geregelt seien, schließe den privatrechtlichen Charakter der Verträge nicht aus.".
...

Hallo,

was Sie da zitiert haben ist die Auffassung des Anwalts der Klägerin, das taucht im Tatbestand, Sachverhalt des OLG-Urteils auf.

Das OLG Karlsruhe hat eben das nicht bestätigt und in den Gründen, der Begründung des Revisionurteils festgestellt:
2. Nach Art. 34 S. 1 GG trifft die Verantwortlichkeit, die einem Amtsträger aufgrund der Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes einem Dritten gegenüber obliegt, „grundsätzlich“ den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Amtsträger steht. Damit wird die Haftung, die den Beamten im haftungsrechtlichen Sinne nach § 839 BGB trifft, auf den Staat oder die Anstellungskörperschaft übergeleitet mit der Folge, dass nicht der Beamte, sondern der Staat oder die Anstellungskörperschaft für die Schadensersatzklage passivlegitimiert sind. Von dieser Haftungsüberleitung können einfachgesetzliche Ausnahmen vorgesehen werden,... Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlt es hier an einer solchen Ausnahme.
D.h. im Ergebnis besteht kein Widerspruch zur Auffassung des OLG München, im Gegenteil auch das OLG KA sieht das Land BW in der Haftung.

Deshalb hat es auch die gegen den Bezirksschornsteinfeger gerichtete Klage abgewiesen, mangels Passivlegitimation, falscher Beklagter.
Ben Hur
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Re: Haftung eine Schornsteinfegers bei Hoheitlichen Aufgaben

Beitrag von Ben Hur »

Danke sehr !
Ben Hur
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Re: Haftung eine Schornsteinfegers bei Hoheitlichen Aufgaben

Beitrag von Ben Hur »

Der Schornsteinfeger fügt dem Hausbesitzer den Schaden beim Kehren des Schornsteins im Jahr 2011 zu. Der Schornsteinfeger wurde zum Kehren nicht vom Hausbesitzer bestellt. Es kam wie bisher auch ungerufen und hat davor einen Zettel an die Tür mit der Unterschrift des Bezirksschornsteinfegers geklebt.

(1)
An wen muss sich der Hausbesitzer zwecks Regulierung des Schadens nun wenden? An das Landratsamt oder an den Schornsteinfeger. Das Landratsamt beruft sich darauf, während der Übergangsfrist wäre der Schornsteinfeger schon privat unterwegs gewesen: "Am 29.11.2008 trat das neue Schornsteinfegerhandwerksgesetz in Kraft. Nach einer 4-jährigen Übergangsfrist trat es am 1.1.2013 in Kraft". Ist das richtig? Im Internet schreiben sogar Bezirksschornsteinfeger, dass der Schornsteinfeger erst ab 2013 frei bestellt werden darf.

(2)
Der Schornsteinfeger ist als Bezirksschornsteinfeger aufgetreten. War er dann nicht "während der Übergangsfrist" auch als Bezirksschornsteinfeger am Fegen des Kamins tätig?

(3)
Wozu dient die Übergangsfrist? Wie sind die Verantwortlichkeiten genau geregelt?

Vielen Dank im Voraus

Ben
freemont
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Re: Haftung eine Schornsteinfegers bei Hoheitlichen Aufgaben

Beitrag von freemont »

Ben Hur hat geschrieben:Der Schornsteinfeger fügt dem Hausbesitzer den Schaden beim Kehren des Schornsteins im Jahr 2011 zu. ...

Es gibt doch sehr ausführliche Erläuterungen des Bundeswirtschaftsministeriums zur "Neuregelung des Schornsteinfegerwesens". Zum hoheitlichen Aufgabenbereich des Bezirksschornsteinfegers in § 3 II SchfG, zur Übergangszeit § 13 III SchfG.

Allerdings ist das hier, wenn kein absoluter Ausnahmefall vorliegt, eine rein akademische Frage. Die Regelverjährung beträgt 3 Jahre, das gilt sowohl für Amtshaftungsansprüche, als auch für sonstige Schadensersatzansprüche.
Ben Hur
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Re: Haftung eine Schornsteinfegers bei Hoheitlichen Aufgaben

Beitrag von Ben Hur »

freemont hat geschrieben:Allerdings ist das hier, wenn kein absoluter Ausnahmefall vorliegt, eine rein akademische Frage. Die Regelverjährung beträgt 3 Jahre, das gilt sowohl für Amtshaftungsansprüche, als auch für sonstige Schadensersatzansprüche.
Heißt das, dass kein Schadensersatz mehr geltend gemacht werden kann? Der Schaden wurde schon ihm Jahr 2012 "angezeigt". Muss man klagen, um die Frist zu wahren?
Ben Hur
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Re: Haftung eine Schornsteinfegers bei Hoheitlichen Aufgaben

Beitrag von Ben Hur »

Ben Hur hat geschrieben:
freemont hat geschrieben:Allerdings ist das hier, wenn kein absoluter Ausnahmefall vorliegt, eine rein akademische Frage. Die Regelverjährung beträgt 3 Jahre, das gilt sowohl für Amtshaftungsansprüche, als auch für sonstige Schadensersatzansprüche.
Heißt das, dass kein Schadensersatz mehr geltend gemacht werden kann? Der Schaden wurde schon ihm Jahr 2012 "angezeigt". Muss man klagen, um die Frist zu wahren oder reicht die schriftliche Geltendmachung?
Weiß hier niemand Rat?
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