Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

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Sternenbande
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Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von Sternenbande »

Hallo,
A erhält von seiner Gemeinde einen Steuerbescheid den er für nicht rechtens erachtet. Er reicht daraufhin Klage ein. Noch bevor es zu einem Gerichtsverfahren kommt erhält A von der Gemeinde eine Zahlungsaufforderung mit der Androhung, dass eine Zwangsvollstreckung eingeleitet wird, wenn er nicht binnen 7 Tagen zahlt.

Gegen diese Zwangsvollstreckung möchte A sich nun wehren. Wäre es daher sinnvoll eine Vollstreckungsabwehrklage einzureichen? Wenn ja, sollte er dies nun sofort tun oder erst dann, wenn tatsächlich eine Zwangsvollstreckung erfolgt? Braucht er für die Vollstreckungsabwehrklage einen Anwalt? Wo und wie kann er eine Klage einreichen? Wer trägt die Kosten?

MfG
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ktown
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von ExDevil67 »

Was steht den im ursprünglichen Bescheid zur Fälligkeit der Forderung und einer Wirkung von Widerspruch / Klage auf die Fälligkeit?
Da gibt's nämlich auch Konstellationen bei denen Widersprüche und/oder Klagen auf die Fälligkeit keine Auswirkungen haben. Sprich die Forderung, auch wenn diese sich später als falsch herauststellt, muss zunächst in voller Höhe fristgerecht bezahlt werden und später wird ggf erstattet.
Sternenbande
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von Sternenbande »

Da steht:

"Bei Überschreiten der angegebenen Fälligkeiten werden die offenen Beiträge angemahnt und ggf. im Verwaltungszwangsverfahren gemäß § 3, Abs.2 Nds. Verwaltungsvollstreckungsgesetz beigetrieben."
Dipl.-Sozialarbeiter
ktown
FM
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von FM »

Wenn die Abgabe unter Verwaltungsverfahrensrecht fällt, ist sehr wahrscheinlich die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht gegeben (§ 80 VwGO). Im Kommunalrecht ist aber auch das Landesrecht zu beachten.

Eine gegenteilige Entscheidung durch die Behörde oder das Gericht ist möglich, wäre aber der Ausnahmefall. Man müsste also schon besondere Gründe nennen die ausreichen, um das öffentliche Interesse an der tatsächlichen und zeitnahen Zahlung zu überwiegen. Bloße Zweifel des Beteiligten selbst reichen nicht aus.
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von hawethie »

Sternenbande hat geschrieben: 11.06.21, 18:47 Da steht:

"Bei Überschreiten der angegebenen Fälligkeiten werden die offenen Beiträge angemahnt und ggf. im Verwaltungszwangsverfahren gemäß § 3, Abs.2 Nds. Verwaltungsvollstreckungsgesetz beigetrieben."
Antwort ist gut, passt aber nicht zur Frage.
Schau bitte nach, wann der Betrag fällig ist und ob Rechtsmittel aufschiebende Wirkung haben.
(In Steuersachen meistens nicht)
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von bavarian tax collector »

Zunächst einmal stellt sich die Frage, gegen welchen Steuerbescheid vorgegangen wird. Bei einigen Steuerbescheiden, z.B. GewSt oder GrSt, muss gegen den Grundlagenbescheid und nicht gegen den Folgebescheid der Gemeinde vorgegangen werden.

Im Bereich der Steuer hat ein Einspruch keine aufschiebende Wirkung, sondern es muss zusätzlich die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.

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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von FM »

bavarian tax collector hat geschrieben: 12.06.21, 23:09 Im Bereich der Steuer hat ein Einspruch keine aufschiebende Wirkung, sondern es muss zusätzlich die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.
... und dann auch noch bewilligt werden. In den Verfahrensgesetzen ist die aufschiebende Wirkung oder Aussetzung der Vollziehung ja insbesondere dann bei Widerspruch oder Einspruch ausgeschlossen, wenn öffentliche Kassen Geld haben möchten - z.B. auch im Sozialversicherungsrecht. Bei Gemeindesteuern dürfte es um Landesgesetze gehen.

Die Aussetzung ist also die Ausnahme, z.B. laut § 361 AO: "Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte."

In den meisten Fällen wird der Antrag abgelehnt werden. Denn das Risiko ist, je länger man mit einer Vollstreckung wegen Geldforderungen wartet, dass sie erfolglos bleibt. Oft hat der Delinquent dann auch andere Schulden, diese Gläubiger könnten schneller sein, er könnte untertauchen, ein Insolvenzverfahren könnte folgen. Sollte sich aber am Ende ergeben, dass der Einspruch, Widerspruch oder die Klage erfolgreich war, lässt sich die Vollstreckung problemlos rückabwickeln, der Staat kann nicht pleite gehen (bzw. es ist schon gut 100 Jahre her, dass das zuletzt geschah). Die Kommunen sind zwar oft pleite, aber dennoch zahlungsfähig.
Sternenbande
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von Sternenbande »

@hawethie:
Fälligkeit ist quartalsweise.
Da steht nichts davon drin, dass Rechtsmittel eine aufschiebende Wirkung haben.

@bavarian tax collector:
Es handelt sich um einen Hundesteuerbescheid.
Im Bereich der Steuer hat ein Einspruch keine aufschiebende Wirkung, sondern es muss zusätzlich die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.
Wurde gemacht. Allerdings beträgt die Zahlungsfrist nur noch 4 Tage und bislang gab es keine Antwort. Was soll man tun, wenn in 4 Tagen immer noch keine Entscheidung vom Gericht bzw. der Gemeinde kommt?
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von ExDevil67 »

Sternenbande hat geschrieben: 14.06.21, 18:36 Da steht nichts davon drin, dass Rechtsmittel eine aufschiebende Wirkung haben.
Dann dürfte trotz laufendem Widerspruch / Klageverfahren eine Vollstreckung möglich sein, eben weil Widerspruch/Klage keine aufschiebende Wirkung haben.
FM
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von FM »

Sternenbande hat geschrieben: 14.06.21, 18:36 Wurde gemacht. Allerdings beträgt die Zahlungsfrist nur noch 4 Tage und bislang gab es keine Antwort. Was soll man tun, wenn in 4 Tagen immer noch keine Entscheidung vom Gericht bzw. der Gemeinde kommt?
Drei Möglichkeiten:

1. Aussetzung der Vollziehung beantragen (reichlich spät)
2. Erst mal zahlen und dann das Geld zurück bekommen, falls man gewinnt
3. Nichts tun und abwarten wie schnell der kommunale Vollstreckungsdienst ist. Das kann aber bedeuten, dass früher oder später (vielleicht schon in ein paar Tagen)
a) das Bankkonto dicht ist
b) ein Beamter klingelt und nachsehen möchte, ob in der Wohnung pfändbare Wertsachen oder Bargeld vorhanden sind oder vielleicht ein PKW da ist
c) eine Lohnpfändung beim Arbeitgeber eintrifft
d) der Hund eingezogen wird (wobei ich aber nicht weiß, ob das in den Landesgesetzen oder Hundesteuersatzungen bestimmter Kommunen als Rechtsfolge vorgesehen ist)
e) ein Straf- oder Bußgeldverfahren folgt, falls das Halten eines nicht ausreichend versteuerten Hundes in dem Land oder der Kommune entsprechend sanktionierbar ist
(und ggf. anderes).

Variante 2 wäre am einfachsten.
Sternenbande
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von Sternenbande »

Aber wie kann das sein, dass man in einem Rechtsstaat wie Deutschland der Behördenwillkür ausgeliefert ist? Wenn A nun zahlt dann könnte das Gericht das doch als Schuldeingeständnis bewerten.
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von FM »

Sternenbande hat geschrieben: 16.06.21, 12:08 Aber wie kann das sein, dass man in einem Rechtsstaat wie Deutschland der Behördenwillkür ausgeliefert ist? Wenn A nun zahlt dann könnte das Gericht das doch als Schuldeingeständnis bewerten.
Bei Hundesteuer spielt "Schuld" im Sinne von "etwas angestellt" keine Rolle, und dass man anderer Meinung ist, hat man durch die Rechtsmittel schon erklärt.

Hier ist die Frage eben noch offen, aber einfach abwarten könnte der falsche Weg sein (falls der Bescheid zutreffend war). Und da auf der einen Seite ein hochqualifizierter und unabhängiger Verwaltungsbeamter die Steuerschuld festgestellt hat, von deren Bezahlung er aber selbst keinerlei Vorteil hat, auf der anderen Seite die Zweifel von einem persönlich betroffenen Laien kommen der natürlich lieber nicht zahlen will, spricht eben der erste Anschein dafür: der Bescheid wird vermutlich rechtmäßig sein. Falls doch nicht: Rückabwicklung kein Problem, die Stadt wird nicht insolvent sein bis dahin.
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von ExDevil67 »

Wieso sollte das einem zum Nachteil ausgelegt werden wenn man eine öffentliche Forderung, trotz fristgerechtem Widerspruch / Klage, bezahlt wenn eindeutig geregelt ist das Widerspruch / Klage keine Auswirkung auf die Fälligkeit haben und trotzdem fristgerecht gezahlt werden muss?
hawethie
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von hawethie »

Aber wie kann das sein, dass man in einem Rechtsstaat wie Deutschland der Behördenwillkür ausgeliefert ist?
Wie ich so was hasse...
Wieso ist es Behördenwillkür, wenn die Behörde nichts anderes macht, als sich an die Gesetze zu halten.
Die hat noch nicht einmal ein Ermessen - und selbst Ermessensentscheidungen erfolgen nie willkürlich sondern müssen nachprüfbar sein.
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Re: Vollstreckungsabwehrklage, schon bei Androhung einer Vollstreckung einreichen?

Beitrag von bavarian tax collector »

hawethie hat geschrieben: 16.06.21, 13:40 Wie ich so was hasse...
Wieso ist es Behördenwillkür, wenn die Behörde nichts anderes macht, als sich an die Gesetze zu halten.
Weil es für einige Leute immer Behörden- oder sonstige Willkür ist, wenn es nicht nach ihrem Willen oder Meinung geht! Schau Dir die anderen Postings von @Sternenbande an und du weißt, was ich meine. Deshalb bin ich hier aus raus!

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