Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

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Mahat007
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Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

Beitrag von Mahat007 »

Benötigt werden Einschätzungen, auf welche Auseinandersetzungen / Risiken S bei folgender Fallkonstellation mit dem Finanzamt vorbereiten sein sollte:

Jahr 1:
Der in Deutschland dauerhaft unbeschränkt Steuerpflichtige S hat ein Einzelunternehmen mit ca. 150 € / Monat Umsatz (Kleinunternehmer). S optiert zur Regelbesteuerung, um die Vorsteuer von zukünftiger Büro-Hardware vom FA zurück zu erhalten. Parallel wird ein Beratervertrag mit einer Firma in Singapur geschlossen. S stellt der Firma in Singapur seine Beratungsleistungen als „Im Inland nicht steuerbare sonstige Leistung gemäß § 3a UStG.“ in Rechnung - also ohne USt. Diese Firma wird sein Hauptauftraggeber. Das Einzelunternehmen von S erwirtschaftet jährlich einen kleinen Gewinn. Die für deutsche Kunden erbrachten Leistungen (150 €/ Monat) werden auf Null gefahren, so daß S keine USt an das FA abführt, sondern stets die komplette Vorsteuer vom FA zurück erhält. Seine UStVA-en sollten sich daher auf einen jährlichen Rhythmus einpendeln.

Jahr 2:
Im Folgejahr erhält S von seinem alten Arbeitgeber eine Abfindung und macht im Jahr der Abfindungszahlung einen Investitionsabzugsbetrag (IAB)von (50% von 300.000 € =) 150.000 € geltend.

Jahr 3:
S läßt für ca. 300.000 € ein Büro- / Wohnmobil bauen und macht Vorsteuer geltend.

Jahre 4 und 5:
Die eigene Wohnung (bisherige Betriebsstätte) wird verkauft und ein privater Dauerstellplatz für das Wohnmobil und das Einzelunternehmen (neue Betriebsstätte) wird angemietet. S erbringt seine Beraterdienstleistung für die Firma in Singapur ausschließlich vom Wohnmobil aus. Das Wohnmobil wird in Deutschland, aber auch über Ländergrenzen hinweg bewegt: An allen Zielorten besucht S Weiterbildungs- (Themen im Bereich Aktien, Optionen, Kryptos, Futures, ...) als auch Fortbildungsseminare (Persönlichkeitsentwicklung, Yoga, ...) und führt über die Strecken ein akkurates Fahrtenbuch. Privatfahrten zu Familie / Freunde in Deutschland werden auf die Zeit nach dem jährlich in Deutschland wahrgenommenen Wartungstermin des Wohnmobils gelegt. Betriebsbedingt liegt der Nutzanteil des Wohnmobils daher bei >= 90%. Rechnungen sämtlicher Weiter- und Fortbildungsseminare werden an die Firma in Singapur ausgestellt und von dieser getragen. Genauso die Tank- und Wartungsrechnungen. Über den Jahresabschluss der Singapur Firma könnte nachvollzogen werden, daß dort die Unterhaltskosten des Wohnmobils vollständig als Betriebskosten anerkannt wurden.

Hinweise:
- Die Anreise zu Seminaren erfolgt in der eigenen Geschwindigkeit (langsam), jedoch ohne Zickzack Umwege zu ABSEITS der Strecke liegenden touristischen Sehenswürdigkeiten.
- S kann aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Eine Anreise mit Flugzeugen unter Einhaltung der Corona-Auflagen kommt deshalb nicht in Frage.

Fazit:
Das Büro- / Wohnmobil beabsichtigt S in Deutschland über sein Einzelunternehmen zu erwerben und in Deutschland zuzulassen. IAB, Vorsteuer, Abschreibungen und Miete für den Dauerstellplatz sollen über sein deutsches Einzelgewerbe abgesetzt werden. Die laufenden Betriebskosten werden von einem Unternehmen außerhalb Europas übernommen und werden dort als Betriebskosten anerkannt.

Fragen:
- Mit welcher Begründung könnte das FA die Geltendmachung des IAB für das Büro- / Wohnmobil ablehnen?
- Mit welcher Begründung könnte das FA die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges für das Büro- / Wohnmobil ablehnen?
- Mit welcher Begründung könnte das FA die Geltendmachung der Abschreibungen für das Büro- / Wohnmobil ablehnen?
- Mit welcher Begründung könnte das FA die Geltendmachung der Miete für den Dauerstellplatz ablehnen?
- Gibt es zusätzliche Dinge die S in die Wege leiten könnte, damit das FA Vorsteuerabzug, IAB, Abschreibung und Miete akzeptiert?
hambre
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Re: Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

Beitrag von hambre »

Mit welcher Begründung könnte das FA die Geltendmachung des IAB für das Büro- / Wohnmobil ablehnen?
Dass die private Nutzung nicht nur untergeordnet ist, denn schließlich wohnt S auch darin.
Mit welcher Begründung könnte das FA die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges für das Büro- / Wohnmobil ablehnen?
Dass die private Nutzung nicht nur untergeordnet ist, denn schließlich wohnt S auch darin.
Mit welcher Begründung könnte das FA die Geltendmachung der Abschreibungen für das Büro- / Wohnmobil ablehnen?
Dass die private Nutzung nicht nur untergeordnet ist, denn schließlich wohnt S auch darin.
Mit welcher Begründung könnte das FA die Geltendmachung der Miete für den Dauerstellplatz ablehnen?
Dass die private Nutzung nicht nur untergeordnet ist, denn schließlich wohnt S auch darin.
ExDevil67
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Re: Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

Beitrag von ExDevil67 »

Unter welcher Adresse will S sich anmelden? Ein Stellplatz dürfte über keinen Briefkasten verfügen und damit als erster Wohnsitz nicht geeignet sein.
Mahat007
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Re: Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

Beitrag von Mahat007 »

hambre hat geschrieben: 03.08.21, 19:55 private Nutzung nicht nur untergeordnet
Andere, die in einem Wohnmobil arbeiten und wöchentlich über einen Kanal aufgenommene Videos über das eigene oder das Leben anderer im Wohnmobil oder nur über Wohnmobile allgemein Informationen posten können das Wohnmovil absetzen! Laßt uns annehmen daß S den gleichen zeitlichen Einsatz in seine Berater-Tätigkeit investiert. Diese "Anderen" wohnen doch ebenfalls im Wohnmobil und machen aus deren eigener privater Nutzung keine "24/7 Big Brother Show", sondern teilen der Öffentlichkeit über deren Kanäle nur einen kleinen Teil von deren Privatleben mit.

S möchte aber kein Geld mit Videos verdienen, die der Öffentlichkeit erklären, mit welchen Handgriffen Kassettentoiletten zu entleeren sind oder daß man daran denken sollte die Landstromversorgung vom Wohnmobil zu trennen bevor man mit dem Wohnmobil weiterfährt, ... usw. Das Ziel von S ist es Geld mit Beratungen zu verdienen.

Verständnisfrage: Erst wenn die Erwerbstätigkeit - von deren Einkünfte ein Wohnmobil abgeschrieben werden soll - etwas mit Wohnmobilen zu tun hat, gilt die private Nutzung des Wohnmobils nicht länger als untergeordnet? Nur dann sind IAB, Vorsteuer, Abschreibungen und Miete für den Dauerstellplatz absetzbar?

In diesem Fall sollte S zumindest die anteilige Nutzung der Büroausstattung (Rechner, Drucker, Router, Telefon, Internet, Strom, Arbeitstisch, Stuhl, ...) geltend machen können, ähnlich wie eine Arbeitsecke in einer kleineren Wohnung. Oder er investiert in ein größeres Wohnmobil mit eigenem Bürozimmer. Dann sollte das anteilige Absetzen des Wohnmobils in Abhängigkeit der Zimmergröße möglich sein.

Folgefrage: Nehmen wir an S entscheidet sich dazu - wie andere auch - einen Wohnmobil Kanal zu gestalten. Er erschafft sich damit einen weiteren Einkommensstrom, der ebenfalls in seine Steuererklärung einfließt. Die Haupteinnahmequelle bleibt jedoch die Beratungstätigkeit. In welcher Regelmäßigkeit müßte S Wohnmobil-relevanten Inhalt produzieren, damit aus steuerlicher Sicht die private Nutzung nicht länger als untergeordnet eingestuft wird? Wird diese Einstufung überhaupt aus der Regelmäßigkeit abgeleitet? Oder ist der aus nur diesem Einkommensstrom generierte Umsatz die Meßgröße?
ExDevil67 hat geschrieben: 03.08.21, 20:15 Unter welcher Adresse will S sich anmelden?
Ein privater Dauerstellplatz für das Wohnmobil und das Einzelunternehmen (neue Betriebsstätte) wird angemietet. Das macht S nur dort, wo er auch eine Meldeadresse erhält (Ist schwierig - aber nicht unmöglich). Ansonsten könnte er dort seine Betriebsstätte nicht anmelden. Der private Dauerstellplatz hat damit auch eine Briefkastenadresse.
bavarian tax collector
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Re: Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

Beitrag von bavarian tax collector »

Mahat007 hat geschrieben: 04.08.21, 11:11 Andere, die in einem Wohnmobil arbeiten und wöchentlich über einen Kanal aufgenommene Videos über das eigene oder das Leben anderer im Wohnmobil oder nur über Wohnmobile allgemein Informationen posten können das Wohnmovil absetzen!
1. Sagt wer?
2. Selbst wenn, es gibt keine Gleichstellung im Unrecht!
Mahat007 hat geschrieben: 03.08.21, 19:41 Die eigene Wohnung (bisherige Betriebsstätte) wird verkauft und ein privater Dauerstellplatz für das Wohnmobil und das Einzelunternehmen (neue Betriebsstätte) wird angemietet.
Offenbar wohnt man dauerhaft in dem Wohnmobil als Wohnungs-/Hausersatz! Dann gelten für das Wohnmobil natürlich die selben Grundsätze wie für eine Wohnung. Wir srechen hier also letztendlich über ein häusliches Arbeitszimmer mit allen rechtlichen Konsequenzen außer §8 EStV.

Natürlich dürften die Kosten hier grundsätzlich vollständig als BA ansetzbar sein, denn das hAZ stellt wohl offenbar den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit dar. Nur tue ich mich bei der Ermittlung der Kosten etwas schwer, denn in einem Wohnmobil dürfte es schwierig sein einen abgeschlossenen "Raum" mit nahezu ausschließlich betrieblicher Nutzung zu definieren.

Im Sinne der USt kann man das Wohnmobil natürlich grundsätzlich vollständig dem Unternehmensvermögen zuordnen. Aber auch hier liegt es am Stpfl. den Nachweis zu führen, dass das Wonmobil neben dem privat veranlassten "Wohnen" auch noch zu mindestens 10% betrieblich genutzt wird. Selbst wenn man das schafft, ist die Nutzung zum "Wohnen" dann eine ust-pflichtige Entnahme, so dass der vermeintliche steuerliche Vorteil schon bald zum Pyrrhussieg werden kann.

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Re: Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

Beitrag von Mahat007 »

bavarian tax collector hat geschrieben: 04.08.21, 14:18 Pyrrhussieg
D a n k e für die Einschätzung. Richtig erkannt: Unser Wohnmobil hat keinen abgeschlossenen "Raum" mit nahezu ausschließlich betrieblicher Nutzung, der als Arbeitszimmer durchgehen würde. Von daher volle Zustimmung von meiner Seite (jedenfalls für meine Situation!). Dann freue ich mich immerhin über die Anerkennung der Betriebskosten durch das Unternehmen im Drittland und investiere keine weitere Energie in das Thema "Vorsteuerabzug in Deutschland".
Mahat007
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Re: Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

Beitrag von Mahat007 »

S wird wahrscheinlich ein Wohnmobil mit abgeschlossenem Arbeitszimmer erwerben: Wohnmobil Grundriss.

Der Verkäufer bestätigt S, daß Wohnmobile mit solchen Grundrissen bisher problemlos als Büromobile (SOKFZ) zugelassen wurden, weil der Büroarbeitsplatz im vorderen Teil des Büromobils klar abgetrennt ist und das Büromobil über kein richtiges Bett verfügt (nur ein Hubbett). S möchte diese Möglichkeit mit seinem FA besprechen, will sich auf dieses Gespräch vorbereiten und hat deshalb für das weitere Vorgehen folgende Fragen:
  • Muß der Händler zwei Rechnungen für das Fahrzeug ausstellen? Eine in Höhe von ca. 72% für die private Nutzung und eine in Höhe von ca. 28% auf das Gewerbe für die gewerbliche Nutzung des "Arbeitszimmers"?
  • Kann so ein Büromobil anteilig als "Arbeitszimmer" in das Anlagevermögen aufgenommen werden? Gibt es ggf. Weiteres zu beachten?
  • Wenn das Gewerbe von S Vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann S die MwSt der Gewerbe-Rechnung vom FA zurückholen - richtig?
  • Ein Gewerbe muß gegenüber dem FA nicht nachweisen, daß Bürogebäude des Anlagevermögens ausschließlich als Bürogebäude genutzt werden, um steuerliche Vorteile (z.B. Abschreibung) geltend zu machen. Kann S deshalb davon ausgehen, daß auch er keine Nachweise erbringen muß? Ansonsten müßte täglich ein Log geführt werden, von wann bis wann im Arbeitszimmer gearbeitet wurde ... :?
  • Was sollte sonst noch berücksichtigt werden, damit der "Arbeitszimmer"-Anteil des Wohnmobils nicht über die Themen "Geschäftsfahrzeug" und "privater Nutzungsanteil" in Frage gestellt wird? Die Absicht von S ist es, durch die teilweise Anerkennung des Wohnmobils als "Arbeitszimmer" den Themen Fahrtenbuch und 1%- Regelung für Firmenwagen zu entgehen ...
S glaubt, über diesen Weg 28 % der MwSt vom FA zurück zu erhalten, über seine Einnahmen-Überschuß-Rechnung die Ausgaben für das "Arbeitszimmer" abschreiben zu können sowie ANTEILIG Kosten (Energiekosten, Heizungs-Wartung, Reparaturen, Versicherungsbeiträge, Stellplatzgebühren, ...) geltend zu machen. Könnte ihm das gelingen? Was meint Ihr?
ktown
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Re: Wohnmobil: Vorsteuerabzug in Deutschland möglich wenn Betriebskosten über ein Unternehmen in einem Drittland laufen?

Beitrag von ktown »

Moderationsbeitrag
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wie Sie sicher in unserer Juriquette (=Forenregeln) gelesen haben, darf hier keine individuelle Rechtsberatung in einem konkreten Fall erfolgen. Sie helfen dem Forum und erleichtern dem Moderatoren-Team die Arbeit, wenn Sie eine Fragestellung zur allgemeinen Rechtslage herausarbeiten, die für Sie von Relevanz ist.

Weitere Konkretisierungen zur unseren Forenregeln finden sich neben der Juriquette in der Moderationsleitline oder in dem Beitrag "Was ist erlaubt"?

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