Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren

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hobbyjurist
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Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Beitrag von hobbyjurist »

Hallo!

Wann beginnt ein versuchter Einbruchdiebstahl, wenn das Objekt mit einer Stahltüre und Zahlenschloss gesichert ist?

Nehmen wir folgenden hypothetischen Fall an: Im Wald ist ein Lagerschuppen, darin befinden sich Forstgeräte. Der Inhalt des Lagerschuppens ist dem Unbefugten nicht bekannt. Die Tür zum Lagerschuppen ist mit einem Zahlenschloss gesichert, weil das vormals verwendete Schlüsselschloss wiederholt beschädigt bzw. unbrauchbar gemacht wurde (Kaugummi in das Schlüsselloch gequetscht etc.).

Der Lagerschuppen im Wald ist nicht eingezäunt oder eingefriedet, jedermann kann also direkt bis zur Stahltüre des Gebäudes gehen.

Wenn jetzt ein Unbefugter an dem Zahlenschloss herumdreht und verschiedene Zahlenkombinationen ausprobiert (sei es aus Neugier, Langeweile oder mit der gezielten Absicht, die Zahlenkombination durch Ausprobieren harauszufinden), ist dann schon die Schwelle zum strafbaren Versuch überschritten? Kommt es hierbei (auch) auf die innere Vorstellung / Ziele des Täters an oder ist der Versuch der Überwindung einer Sicherungseinrichtung fremden Eigentums schon ausreichend?
winterspaziergang

Re: Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Beitrag von winterspaziergang »

hobbyjurist hat geschrieben: 20.01.21, 17:08 Hallo!

Wann beginnt ein versuchter Einbruchdiebstahl, wenn das Objekt mit einer Stahltüre und Zahlenschloss gesichert ist?
sobald der Unbefugte den Zutritt versucht
...
Der Lagerschuppen im Wald ist nicht eingezäunt oder eingefriedet, jedermann kann also direkt bis zur Stahltüre des Gebäudes gehen.
dieses Detail ist nicht bedeutsam
Wenn jetzt ein Unbefugter an dem Zahlenschloss herumdreht und verschiedene Zahlenkombinationen ausprobiert (sei es aus Neugier, Langeweile oder mit der gezielten Absicht, die Zahlenkombination durch Ausprobieren harauszufinden), ist dann schon die Schwelle zum strafbaren Versuch überschritten?
ob der Unbefugte am Zahlenschloss dreht oder doch an einem üblichen Schloss sein Glück versucht ist unerheblich. Die Schwelle ist "überschritten", sobald er es versucht
Kommt es hierbei (auch) auf die innere Vorstellung / Ziele des Täters an oder ist der Versuch der Überwindung einer Sicherungseinrichtung fremden Eigentums schon ausreichend?
was soll die vom Einbruch abweichende "innere Vorstellung" oder das "Ziel" des Täters sein, der sich als Unbefugter Zutritt zu verschaffen sucht?
Chavah
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Re: Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Beitrag von Chavah »

"Beginn der Ausführungshandlung" ist von Bedeutung. Und die fängt mit dem Rumhantieren am Zahlenschloss an.

Chavah
Celestro
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Re: Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Beitrag von Celestro »

winterspaziergang hat geschrieben: 20.01.21, 19:17 was soll die vom Einbruch abweichende "innere Vorstellung" oder das "Ziel" des Täters sein, der sich als Unbefugter Zutritt zu verschaffen sucht?
Das Ziel könnte nicht nur "ich will da rein und alles wertvolle mitgehen lassen" sein, sondern z.B. auch "ich probiere mal 3 Nummern aus und schaue, ob das Schloss aufgeht". Wenn ja, grinse ich mir einen und gehe weiter.
hobbyjurist
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Re: Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Beitrag von hobbyjurist »

Celestro hat geschrieben: 20.01.21, 22:14
winterspaziergang hat geschrieben: 20.01.21, 19:17 was soll die vom Einbruch abweichende "innere Vorstellung" oder das "Ziel" des Täters sein, der sich als Unbefugter Zutritt zu verschaffen sucht?
Das Ziel könnte nicht nur "ich will da rein und alles wertvolle mitgehen lassen" sein, sondern z.B. auch "ich probiere mal 3 Nummern aus und schaue, ob das Schloss aufgeht". Wenn ja, grinse ich mir einen und gehe weiter.
Genau das ist der Punkt. Vergangenes Jahr ist ein BGH-Beschluss zu dieser Thematik ergangen, 5 StR 15/20 vom 28.04.2020. Da wird nämlich die objektive Handlung, also Angriff auf die Sicherungsmechanismen, mit dem Tatplan, paraten Mitteln, zeitlichem Ablauf und dergleichen verknüpft. Der tatsächliche Ablauf stimmt ja nicht immer mit der Vorstellung des Täters überein.

Um das mal auf das hypothetische Beispiel anzuwenden: Der Täter will das Zahlenschloss öffnen, also die Sicherungseinrichtung überwinden. Jetzt fummelt er am Zahlenschloss herum ohne zu wissen, dass das Zahlenschloss nur dem Schutz des dahinter befindlichen Schlüsselschlosses dient, für das er gar kein passendes Einbruchswerkzeug mitgenommen hat.

Reicht es für den Versuchsbeginn in einem solchen Fall aus, dass an dem Schloss (Zahlenkombination) herumgedreht wurde, auch wenn keine weiteren objektiven Feststellungen zu den Motiven des Unbefugten getroffen werden können und eine Tatvollendung nicht möglich war?
hobbyjurist
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Re: Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Beitrag von hobbyjurist »

winterspaziergang hat geschrieben: 20.01.21, 19:17
hobbyjurist hat geschrieben: 20.01.21, 17:08 Hallo!

Wann beginnt ein versuchter Einbruchdiebstahl, wenn das Objekt mit einer Stahltüre und Zahlenschloss gesichert ist?
sobald der Unbefugte den Zutritt versucht
...
Der Lagerschuppen im Wald ist nicht eingezäunt oder eingefriedet, jedermann kann also direkt bis zur Stahltüre des Gebäudes gehen.
dieses Detail ist nicht bedeutsam
Wenn jetzt ein Unbefugter an dem Zahlenschloss herumdreht und verschiedene Zahlenkombinationen ausprobiert (sei es aus Neugier, Langeweile oder mit der gezielten Absicht, die Zahlenkombination durch Ausprobieren harauszufinden), ist dann schon die Schwelle zum strafbaren Versuch überschritten?
ob der Unbefugte am Zahlenschloss dreht oder doch an einem üblichen Schloss sein Glück versucht ist unerheblich. Die Schwelle ist "überschritten", sobald er es versucht
Kommt es hierbei (auch) auf die innere Vorstellung / Ziele des Täters an oder ist der Versuch der Überwindung einer Sicherungseinrichtung fremden Eigentums schon ausreichend?
was soll die vom Einbruch abweichende "innere Vorstellung" oder das "Ziel" des Täters sein, der sich als Unbefugter Zutritt zu verschaffen sucht?
Hmmm, ganz so einfach bzw. eindeutig scheint mir das nicht zu sein. Wenn ich mir BGH 2 StR 43/16 vom 20.09.2016 anschaue, wo das Übersteigen eines Gartentors und das "Zuschaffenmachen" vor der Terassentür nicht ausreicht, andererseits aber das Verhüllen eines Zigarettenautomaten mit einer Plastikplane ausreichen soll (5 StR 15/20 vom 28.04.2020).
winterspaziergang

Re: Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Beitrag von winterspaziergang »

hobbyjurist hat geschrieben: 21.01.21, 00:03
winterspaziergang hat geschrieben: 20.01.21, 19:17
hobbyjurist hat geschrieben: 20.01.21, 17:08 Hallo!

Wann beginnt ein versuchter Einbruchdiebstahl, wenn das Objekt mit einer Stahltüre und Zahlenschloss gesichert ist?
sobald der Unbefugte den Zutritt versucht
...
Der Lagerschuppen im Wald ist nicht eingezäunt oder eingefriedet, jedermann kann also direkt bis zur Stahltüre des Gebäudes gehen.
dieses Detail ist nicht bedeutsam
Wenn jetzt ein Unbefugter an dem Zahlenschloss herumdreht und verschiedene Zahlenkombinationen ausprobiert (sei es aus Neugier, Langeweile oder mit der gezielten Absicht, die Zahlenkombination durch Ausprobieren harauszufinden), ist dann schon die Schwelle zum strafbaren Versuch überschritten?
ob der Unbefugte am Zahlenschloss dreht oder doch an einem üblichen Schloss sein Glück versucht ist unerheblich. Die Schwelle ist "überschritten", sobald er es versucht
Kommt es hierbei (auch) auf die innere Vorstellung / Ziele des Täters an oder ist der Versuch der Überwindung einer Sicherungseinrichtung fremden Eigentums schon ausreichend?
was soll die vom Einbruch abweichende "innere Vorstellung" oder das "Ziel" des Täters sein, der sich als Unbefugter Zutritt zu verschaffen sucht?
Hmmm, ganz so einfach bzw. eindeutig scheint mir das nicht zu sein. Wenn ich mir BGH 2 StR 43/16 vom 20.09.2016 anschaue, wo das Übersteigen eines Gartentors und das "Zuschaffenmachen" vor der Terassentür nicht ausreicht, andererseits aber das Verhüllen eines Zigarettenautomaten mit einer Plastikplane ausreichen soll (5 StR 15/20 vom 28.04.2020).
ok, dann halt nach Würdigung der Tat im Einzelfall Wozu dann die Frage?
hawethie
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Re: Versuchsbeginn Diebstahl bei Zahlenschloss

Beitrag von hawethie »

Kommt es hierbei (auch) auf die innere Vorstellung / Ziele des Täters an oder ist der Versuch der Überwindung einer Sicherungseinrichtung fremden Eigentums schon ausreichend?
Die Lösung steht eigentlich im Gesetz ("Subjektives" Tatbestandsmerkmal bei Diebstahl: "rechtswidrige Zueignungsabsicht").
Im Einzelfall entscheidet das Gericht, ob es die Aussagen des Angeklagten (so es so weit kommt) als Tatsache oder als Schutzbehauptung auslegt.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
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