Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren

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Pusteblume1985
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Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Pusteblume1985 »

Person xy wurde zu einer Bewährungsstrafe von 6 M / 3 J Bewährungszeit verurteiltuflage 200 Stunden gemeinnützige Arbeit.Hiervon wurden bereits ca 140 h abgeleistet die Bewährung jetzt aber wegen weiterer Straftaten widerrufen.Frage 1 : Was passiert mit den Stunden.

Die Bewährung gab es wegen F.o.F. in 4 Fällen.Die neuen Straftaten waren 2 Ladendiebstähle,3 mal F.o.F und eine gef.KV
Frage 2 : was könnte insgesamt drohen.
ExDevil67
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von ExDevil67 »

Pusteblume1985 hat geschrieben: 17.02.23, 19:41 [a]uflage 200 Stunden gemeinnützige Arbeit.Hiervon wurden bereits ca 140 h abgeleistet die Bewährung jetzt aber wegen weiterer Straftaten widerrufen.Frage 1 : Was passiert mit den Stunden.
Was stellen Sie sich denn vor was mit den Stunden wird? Gefühlt hat sich die Auflage mit dem Widerruf erledigt, sprich die ausstehenden Stunden müssen nicht mehr geleistet werden. Die anderen, nett das man das gemacht hat.
Pusteblume1985 hat geschrieben: 17.02.23, 19:41 Die Bewährung gab es wegen F.o.F. in 4 Fällen.Die neuen Straftaten waren 2 Ladendiebstähle,3 mal F.o.F und eine gef.KV
Frage 2 : was könnte insgesamt drohen.
Die Frage sollte man dem eigenen Anwalt stellen, der kann eher einschätzen wie das zuständige Gericht tickt. Ansonsten erwarte ich irgendwas zwischen 6 Monaten und 10 Jahren Haft. Das sieht zumindest das StGB in §224 für die gefährliche KV als Strafrahmen vor und ist damit von den Taten die für die die höchste Strafe droht.
Froggel
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Froggel »

Die Bewährung dient dazu, dem Täter die Möglichkeit zu geben, ohne eine Haftstrafe seine Taten zu überdenken. Verstößt der Verurteilte gegen die Bewährungsauflagen und begeht weitere Straftaten, entfällt die Bewährung, der Täter kommt üblicherweise in Haft. Die geleisteten Stunden werden nicht angerechnet.

Bei Diebstahl, wiederholtem Fahren ohne Fahrerlaubnis und gefährlicher Körperverletzung wird höchstwahrscheinlich eine Gesamtstrafe gefordert:
§ 54 StGB
Bildung der Gesamtstrafe

(1) 1Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. 2In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. 3Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) 1Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. 2Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.
Das Strafmaß wird sich also aller Wahrscheinlichkeit nach an der Strafe der gefährlichen Körperverletzung orientieren.
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Pünktchen »

Froggel hat geschrieben: 17.02.23, 20:20 Die geleisteten Stunden werden nicht angerechnet.
Woher weißt du das?

Zumindest hat der Gesetzgeber diese Möglichkeit geschaffen.
Froggel
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Froggel »

Pünktchen hat geschrieben: 20.02.23, 22:17Zumindest hat der Gesetzgeber diese Möglichkeit geschaffen.
§ 56f StGB
Widerruf der Strafaussetzung


(1) 1Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person
1. in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,
...
(3) 1Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. 2Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.
Das Gericht hat zwar die Möglichkeit, die Stunden anzurechnen, aber dann würde die Anrechnung höchstens auf die bisherige Haftstrafe angerechnet werden, nicht auf die folgende Verurteilung. Es würde mich wundern, wenn der Richter den Beklagten z.B. zu zehn Jahren wegen der gefährlichen Körperverletzung verurteilt, ihm von vornherein von der Gesamtstrafe aber vierzehn Monate erlässt, weil der Täter ja so fleißig die Sozialstunden geleistet hat (während er erneut mit dem gleichen und anderen Delikten zusätzlich straffällig geworden ist). Das ist wohl eher unwahrscheinlich.
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Tastenspitz »

Warum nicht.
140 h früher entlassen sind doch nur knapp 6 Tage.
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Pünktchen »

Tastenspitz hat geschrieben: 21.02.23, 08:29 Warum nicht.
140 h früher entlassen sind doch nur knapp 6 Tage.
Arbeitest du etwa in 6 Tagen 140 Stunden? Wie kommst du darauf, dass ich das Gericht nach dir richtet?
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Pünktchen »

Froggel hat geschrieben: 20.02.23, 23:04 Das Gericht hat zwar die Möglichkeit, die Stunden anzurechnen, aber dann würde die Anrechnung höchstens auf die bisherige Haftstrafe angerechnet werden, nicht auf die folgende Verurteilung.
Ja, oben hast du etwas anderes behauptet.
Froggel hat geschrieben: 20.02.23, 23:04 Es würde mich wundern, wenn der Richter den Beklagten z.B. zu zehn Jahren wegen der gefährlichen Körperverletzung verurteilt, ihm von vornherein von der Gesamtstrafe aber vierzehn Monate erlässt, weil der Täter ja so fleißig die Sozialstunden geleistet hat (während er erneut mit dem gleichen und anderen Delikten zusätzlich straffällig geworden ist). Das ist wohl eher unwahrscheinlich.
Natürlich würde die Strafe von einer widerrufenen Bewährungsstrafe erlassen und nicht von Straftaten, die nach der Verurteilung erfolgt sind. Das spielt aber keine Rolle. Es hat auch niemand behauptet, dass gleich 14 Monate erlassen werden.
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Froggel »

Pünktchen hat geschrieben: 22.02.23, 23:28Ja, oben hast du etwas anderes behauptet.
Weil es sich um eine Kann-Möglichkeit handelt und die üblicherweise dann genutzt wird, wenn der Täter lediglich gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hat. Hier hat er aber nicht nur gegen die Bewährungsauflagen verstoßen, sondern noch weitere (schlimmere) Straftaten begangen. Darum rechne ich nicht damit, dass die Stunden angerechnet werden.
Pünktchen hat geschrieben: 22.02.23, 23:28 Natürlich würde die Strafe von einer widerrufenen Bewährungsstrafe erlassen und nicht von Straftaten, die nach der Verurteilung erfolgt sind. Das spielt aber keine Rolle.
Eben, es spielt keine Rolle, da er mit erneuter Verurteilung für längere Zeit im Gefängnis verschwindet. Bei einer Gesamtstrafe würden diese Sozialstunden nicht mit angerechnet werden, dafür wird aber die Haftstrafe der widerrufenen Bewährung nicht noch obenauf gerechnet (vorausgesetzt, der Anwalt verfolgt das Ziel einer Gesamtstrafe). Und ja, mit den 14 Monaten habe ich einfach nur sehr hoch gegriffen, denn eigentlich sind es nur 23 Tage (1 Tag pro 6 Stunden gemeinnütziger Arbeit). Trotzdem denke ich nicht, dass die angerechnet werden. Wenn der Täter sich während der Haft nichts weiter zuschulden kommen lässt, kann er einen Antrag stellen, dass ihm ein Teil der Haftstrafe gegen Bewährung erlassen wird. Aber auch da wird nichts angerechnet.

Letztendlich kann es natürlich auch anders laufen, der Täter findet einen Richter, der gerade einen guten Tag hat und in Geberlaune ist. Kann alles sein. Aber die Frage lautete ja: Was könnte insgesamt drohen? Und da droht selbstverständlich auch, dass die geleisteten Sozialstunden nicht angerechnet werden. Ebenso kann drohen, dass die Sozialstunden zwar angerechnet werden, aber die erste Haftstrafe zusätzlich zur Gesamtstrafe der nächsten Verhandlungen draufgeschlagen wird.
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Tastenspitz »

Pünktchen hat geschrieben: 22.02.23, 23:18 Arbeitest du etwa in 6 Tagen 140 Stunden?
Nein. Aber was hat meine Arbeitszeit mit der Strafbemessung eines Verbrechers zu tun?
Pünktchen hat geschrieben: 22.02.23, 23:18 Wie kommst du darauf, dass ich das Gericht nach dir richtet?
Wie kommst du darauf, dass das meine Intention war?
Mir ging es nur darum anzudeuten, dass bei dem Korb an Strafen und Vorstrafen es beinahe lächerlich erscheint, sich um ein paar Stunden gemeinnützige Arbeit Gedanken zu machen. Und da hier der Beschuldigte wiederholt und nachhaltig gegen die Auflagen verstoßen hat und er offensichtlich speziell bezüglich des Fahrens ohne Fahrerlaubnis beratungsresistent ist (Wiederholungsgefahr) sehe ich hier eine Freiheitsstrafe als wahrscheinlich an.
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Pünktchen »

[/quote]
Nein. Aber was hat meine Arbeitszeit mit der Strafbemessung eines Verbrechers zu tun?
Pünktchen hat geschrieben: 22.02.23, 23:18 Wie kommst du darauf, dass ich das Gericht nach dir richtet?
Wie kommst du darauf, dass das meine Intention war?

Auch, wenn es keine gesetzliche Regelung gibt, richtet sich das Gericht am ehesten nach der Anzahl der Stunden, die ein Verurteilter arbeiten hätte müssen, das sind in BW 4 h/Hafttag. Da kommen schon einige Tage zusammen.
Quelle: https://justizportal.justiz-bw.de/pb/,L ... att+Sitzen

Da du von fast 24/Tag ausgegangen bist, dachte ich, du arbeitest so viel und gehst davon aus, dass das normal wäre. :twisted:
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Re: Arbeitsstunden-laufende und widerrufende Bewährung

Beitrag von Pünktchen »

Froggel hat geschrieben: 23.02.23, 01:10 Bei einer Gesamtstrafe würden diese Sozialstunden nicht mit angerechnet werden, dafür wird aber die Haftstrafe der widerrufenen Bewährung nicht noch obenauf gerechnet (vorausgesetzt, der Anwalt verfolgt das Ziel einer Gesamtstrafe).
Wie kommst du auf eine Gesamtfreiheitsstrafe?

Ich gehe mal davon aus, dass die erneuten Straftaten nach der Verurteilung begangen wurden. Da muss man unterscheiden. Für die neuen Straftaten kann es zwar eine Gesamtfreiheitsstrafe geben, aber wenn eine alte Bewährungsstrafe aufgehoben wird, ist das unabhängig von der/den neuen Verurteilung(en) (diese ist/sind nur die Ursache für den Widerruf). Natürlich verkürzt das die Strafe schon, wenn die Bewährungsauflage angerechnet wird.

Und ja, mit den 14 Monaten habe ich einfach nur sehr hoch gegriffen, denn eigentlich sind es nur 23 Tage (1 Tag pro 6 Stunden gemeinnütziger Arbeit). Trotzdem denke ich nicht, dass die angerechnet werden. Wenn der Täter sich während der Haft nichts weiter zuschulden kommen lässt, kann er einen Antrag stellen, dass ihm ein Teil der Haftstrafe gegen Bewährung erlassen wird. Aber auch da wird nichts angerechnet.
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