Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Moderator: FDR-Team
Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Hallo Zusammen, eine Frage:
Nehmen wir mal an, dass gegen A ein Strafbefehl erging. Im Strafbefehl soll A zu 90 Tagessätzen zu je 40 EUR verurteilt werden. A reicht bei Gericht Einspruch ein. Irgendwann zieht A ins Ausland, bevor eine Hauptverhandlung stattfindet.
1) Wie wahrscheinlich ist, dass gegen A ein Sitzungs-Haftbefehl oder ein anderer Haftbefehl ausgesprochen wird? Wenn ich es richtig verstehe, muss bei der Ausstellung eines HB die Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Wäre in so einem Fall nicht eine Einstellung wg. Abwesenheit nach 205 StPO möglich?
2) Wenn A den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzieht, verliert dann der Haftbefehl auch die Gültigkeit?
Nehmen wir mal an, dass gegen A ein Strafbefehl erging. Im Strafbefehl soll A zu 90 Tagessätzen zu je 40 EUR verurteilt werden. A reicht bei Gericht Einspruch ein. Irgendwann zieht A ins Ausland, bevor eine Hauptverhandlung stattfindet.
1) Wie wahrscheinlich ist, dass gegen A ein Sitzungs-Haftbefehl oder ein anderer Haftbefehl ausgesprochen wird? Wenn ich es richtig verstehe, muss bei der Ausstellung eines HB die Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Wäre in so einem Fall nicht eine Einstellung wg. Abwesenheit nach 205 StPO möglich?
2) Wenn A den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzieht, verliert dann der Haftbefehl auch die Gültigkeit?
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
1) Die Frage der Verhältnismäßigkeit ist relativ zu sehen. Zum einen bedeutet ein Haftbefehl um sicherzustellen das A auch zur Hauptverhandlung erscheint das, sobald A einsitzt, der Fall sehr kurzfristig zu terminieren ist. Zum anderen kann A so einen Haftbefehl auch selber leicht vermeiden in dem man vor Umzug dem Gericht eine neue, ladungsfähige Anschrift mitteilt, und dann zur Hauptverhandlung auch erscheint.
2) Würde ich mal vermuten ja, da mit Rücknahme ja der Grund entfällt.
2) Würde ich mal vermuten ja, da mit Rücknahme ja der Grund entfällt.
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Naja... In wie fern ist die Verhältnismäßigkeit relativ zu sehen? Relativ zu was? Das Strafmaß des Strafbefehls sind 90 Tagessätze. Also einfach nur Geld. Eine Inhaftierung ist ja keine Unterbringung im Hotel, während der man tun und lassen kann, was man will.ExDevil67 hat geschrieben: ↑26.09.23, 06:13 1) Die Frage der Verhältnismäßigkeit ist relativ zu sehen. Zum einen bedeutet ein Haftbefehl um sicherzustellen das A auch zur Hauptverhandlung erscheint das, sobald A einsitzt, der Fall sehr kurzfristig zu terminieren ist. Zum anderen kann A so einen Haftbefehl auch selber leicht vermeiden in dem man vor Umzug dem Gericht eine neue, ladungsfähige Anschrift mitteilt, und dann zur Hauptverhandlung auch erscheint.
Dann schreiben Sie, dass kurzfristig eine Hauptverhandlung zu terminieren ist. Was ist die Praxis? Sind wir realistisch, unter einem Monat wird da nichts gehen. In der Zeit würde A evtl. seinen Job verlieren. Evtl. müssen Tiere im Tierheim leiden, etc. Und genau darum geht es doch bei der Verhältnismäßigkeit. Durch den HB ist der Staat in der Lage das Leben von A zu ruinieren wo hingegen nur eine geringe Geldstrafe im Raume steht.
Darf ich mal fragen, was der letzte Satz mit der Verhältnismäßigkeit zutun hat? Es geht ja genau darum, dass die Bestrafung im Verhältnis zur Tat sein soll.
Bzw. anders gefragt: Wozu gibt es dann die § 154f StPO (solange keine Anklage erhoben wurde) bzw. die 205 StPO?
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Siehe https://www.hoenig.de/2023/haftstrafe-f ... iderstand/ - es gibt wohl tatsächlich Fälle, wo jemand wegen eine reinen Bagatelle für mehrere Monate "einsitzt".
Der vorliegende Fall dürfte aber unproblematisch sein. Wenn A nicht zur Verhandlung erscheint, wird der EInspruch einfach verworfen (§ 412 StPO - nix "Einstellung wegen Abwesenheit"). Also warum sollte der Richter einen Haftbefehl erlassen, um die Anwesenheit des Angeklagten sicherzustellen, wenn er bei dessen Fernbleiben weniger Arbeit hat?
Der vorliegende Fall dürfte aber unproblematisch sein. Wenn A nicht zur Verhandlung erscheint, wird der EInspruch einfach verworfen (§ 412 StPO - nix "Einstellung wegen Abwesenheit"). Also warum sollte der Richter einen Haftbefehl erlassen, um die Anwesenheit des Angeklagten sicherzustellen, wenn er bei dessen Fernbleiben weniger Arbeit hat?
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Dafür müsste A aber zur Hauptverhandlung ordentlich geladen sein. Bzw. die Hauptverhandlung überhaupt terminiert sein.Evariste hat geschrieben: ↑26.09.23, 09:30 Der vorliegende Fall dürfte aber unproblematisch sein. Wenn A nicht zur Verhandlung erscheint, wird der EInspruch einfach verworfen (§ 412 StPO - nix "Einstellung wegen Abwesenheit"). Also warum sollte der Richter einen Haftbefehl erlassen, um die Anwesenheit des Angeklagten sicherzustellen, wenn er bei dessen Fernbleiben weniger Arbeit hat?
Jetzt nur mal so gefragt: Verstehe ich es richtig, dass - sollte der Einspruch tatsächlich verworfen worden sein - dann gegen A ein HB ausgestellt werden kann, zur Vollstreckung der Strafe. Also der Ersatzfreiheitsstrafe? Es ist also Ratsam, jederzeit die Geldstrafe zahlungsbereit zu haben? Zumindest bis zur Vollstreckungsverjährung?
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Wenn ich es richtig im Kopf habe, wird unter diesen Umständen der Einspruch bei der Hauptverhandlung verworfen und der Strafbefehl wird rechtskräftig (oder erst nach einer Woche?). Wird dann nicht gezahlt, geht irgendwann ein Vollstreckungshaftbefehl zur Ersatzfreiheitsstrafe raus.
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Die Frage ist allerdings tatsächlich, was passiert, wenn die Ladung zur Hauptverhandlung nicht zugestellt werden kann. In der StPO ist für diesen Fall nichts vorgesehen. Allenfalls besteht die Mögliichkeit, die Ladung öffentlich zuzustellen.
Und das Urteil, das den Einspruch verwirft, wird natürlich auch erst 1 Woche nach Zustellung rechtskräftig (siehe § 412 StPO bzw. § 329 Abs. 7 StPO ).
Und das Urteil, das den Einspruch verwirft, wird natürlich auch erst 1 Woche nach Zustellung rechtskräftig (siehe § 412 StPO bzw. § 329 Abs. 7 StPO ).
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Die Wahrscheinlichkeit ist null. Für einen Haftbefehl nach § 112 StPO fehlt es am Haftgrund. Ein Sitzungshaftbefehl setzt eine ordnungsgemäße Ladung voraus. Wenn ordnungsgemäß geladen wurde, kann - und wird - aber der Einspruch auch schlicht verworfen werden.BerndiZ hat geschrieben: ↑26.09.23, 01:58 Nehmen wir mal an, dass gegen A ein Strafbefehl erging. Im Strafbefehl soll A zu 90 Tagessätzen zu je 40 EUR verurteilt werden. A reicht bei Gericht Einspruch ein. Irgendwann zieht A ins Ausland, bevor eine Hauptverhandlung stattfindet.
1) Wie wahrscheinlich ist, dass gegen A ein Sitzungs-Haftbefehl oder ein anderer Haftbefehl ausgesprochen wird?
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Nein. Der Sitzungshaftbefehl um sicherzustellen das der Angeklagte auch zur Verhandlung erscheint ergeht nicht nach §112 StPO sondern nach §114 StPO mit deutlich geringeren Anforderungen.
Richtig. Sollte es zu einem rechtskräftigen Urteil über eine Geldstrafe kommen die nicht bezahlt wird, wird dann irgendwann ein Haftbefehl ausgestellt und sobald A von der Polizei dann angetroffen wird heißt es sofort zahlen oder sitzen.BerndiZ hat geschrieben: ↑26.09.23, 09:42 Jetzt nur mal so gefragt: Verstehe ich es richtig, dass - sollte der Einspruch tatsächlich verworfen worden sein - dann gegen A ein HB ausgestellt werden kann, zur Vollstreckung der Strafe. Also der Ersatzfreiheitsstrafe? Es ist also Ratsam, jederzeit die Geldstrafe zahlungsbereit zu haben? Zumindest bis zur Vollstreckungsverjährung?
Gibt's ja immer wieder das berichtet wird das jemand z.B. im Bahnhof das Rauchverbot missachtet, die Polizei routinemäßig die Personalien prüft und Treffer. Wobei afair die Polizei so gnädig ist und man auch einen Dritten anrufen kann der dann zeitnah mit Geld erscheint.
-
- FDR-Mitglied
- Beiträge: 24497
- Registriert: 05.07.07, 08:27
- Wohnort: Daheim
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Nicht automatisch und auch nicht sofort durch die Rücknahme des Einspruchs. Der Haftbefehl muss vom Gericht erst wieder aufgehoben werden.
Glaskugelfrage. Meine ist grade beim Polieren, sorry.
Wer für generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen ist, hebe bitte den rechten Fuß.
Für individuelle Rechtsberatung bitte "ALT" und "F4" auf der Tastatur gleichzeitig drücken.
Für individuelle Rechtsberatung bitte "ALT" und "F4" auf der Tastatur gleichzeitig drücken.
Re: Strafbefehl und Sitzungshaftbefehl
Doch.
Richtig. Daher befasste sich mein nächster Satz - den Sie vergessen haben zu zitieren - mit dem Sitzungshaftbefehl. (Nicht jeder hat's so mit dem Lesen.)
Der Sitzungshaftbefehl ergeht nach § 230 StPO, nicht nach § 114 StPO. (Nicht jeder hat's so mit den Zahlen.)
-
- Letzte Themen