0Klaus hat geschrieben:Zur Vereinfachung angenommen eine kommunale Schule mit einer eigenen Küche bietet eben kein Schweinefleisch (oder was auch immer) an. Unstreitiger Beweggrund ist, dass einige Schüler aus religiösen Gründen solches Fleisch nicht essen. Die Religion der Schüler ist hier nur mittelbarer Auslöser. Unmittelbarer Auslöser ist die Tatsache, dass einige unter keinen Umständen bestimmte Produkte essen wollen und vermutlich deren Eltern einen Riesenaufstand machen, wenn sie sie doch bekommen, und die Kommune dem nachkommen möchte.
Würde man sich nun auf die neg. Rel.f. stützen, würde man den Beweggrund der betroffenen Schüler ausforschen, obwohl diesen wiederum die Religionsfreiheit das Recht einräumt, sich nicht zu einer bestimmten Rel. zu bekennen. Fakt ist einfach, dass einige das Fleisch nicht essen, aus einem (beliebigen) inneren Beweggrund. In dem Fall "versteckt" sich der Staat nicht hinter einer vorgeschobenen Überlegung, sondern nimmt einfach die Tatsache zur Kenntnis, das bestimmte Leute das Fleisch nicht wollen (warum auch immer) und hierin ein besonderes Interesse haben.
Das ist keine Vereinfachung, sondern eine schlichte Änderung des Sachverhaltes. Das hat mit der Frage, wie weit die Religionsfreiheit geht, nicht zu tun, sondern ist - wiederum - eine Frage der Tatsachenfeststellung.
Sie kommen nicht umhin, dass nach der Deutschen Verfassungsdogmatik der Grundrechtseingriff vom Grundrechtsträger gesehen aus bestimmt wird. Nur daran können Sie ansetzen, um die verfassungsrechtliche Relevanz der Maßnahme zu beurteilen. Alles andere ist eine Frage der Güterabwägung.
Selbst wenn man nun diese Religion zum Ansatz nimmt, das Essen nicht anzubieten, müsste überhaupt ein Rechtseingriff vorliegen. Dieser könnte nur darin zu sehen sein, dass ein Schüler ein subjektiv öffentliches Recht auf eine Ermessensentscheidung, die auch als Option Schweinefleisch umfasst, hinsichtlich des Speiseplans hat. Erst wenn das der Fall ist, könnte man die Ermessensentscheidung über das Angebot an Essen einer gerichtlichen Prüfung unterziehen.
Hier sind Sie schon falsch abgebogen. Der Anspruch auf ermessensfehlerhafte Enstcheidung ist rein verwaltungsrechtlicher und damit einfachgesetzlicher Natur. Der Grundrechtseingriff wird völlig anders bestimmt. Sie dürfen Verwaltungs- und Verfassungsrecht hier nicht vermischen.
In diesem Fall reicht aber die neg. Rel. f. mE nicht soweit, dass ein Rechtsanspruch auf eine von religiösen Beweggründen unbeeinflusste Entscheidung hat.
Das ist eine Behauptung, die Sie durch eine reine und unzulässige Konstruktion hergeleitet haben, indem sie die Frage des Grundrechtseingriffs dogmatisch in eine Frage eines Anspruchs auf ermessenfehlerhafte Entscheidung umdeuten. Erneut: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun und wird so auch nicht geprüft.
Mehrere im Internet zu findende Erläuterungen sehen hierin nur die Freiheit kultischen Handlungen fern zu bleiben, sie abzulehnen und sich nicht zu bekennen. Ein Rechtsanspruch auf eine von religiösen Beweggründen freien Entscheidung habe ich nicht gefunden.
Es wäre auch besser, anerkannte Rechtsquellen, wie Gerichtsurteile, hier insbesondere aber die Kommentarliteratur zum GG zu bemühen. Zudem ist bereits der Ansatz verfehlt, grundrechtsdogmatische Fragen durch die Aufsuche von Einzelbeispielen lösen zu wollen. Das Problem liegt nach wie vor darin, dass Sie den Grundrechtseingriff falsch defiinieren und damit nicht zu verfassungsrechtlich nachvollziehbaren Lösungen kommen können.
Sonst würde jede auf religiöse Beweggründe beruhende vom demokratisch gewählten Organen (Stadtrat, Bürgermeister) getroffene Entscheidung einer grundrechtlichen Prüfung unterliegen und könnte im Ergebnis dazu führen, dass ein Rechtsanspruch gerade auf die abgelehnte Entscheidung besteht, obwohl Grundrechte in erster Linie Abwehrrechte sind (zumindest 4 I GG).
Genau so ist es auch. Abgesehen davon, dass Grundrechte auch Leistungskomponenten haben, verwechseln Sie hier aber den Grundrechtseingriff durch Unterlassen mit dem Leistungsanspruch. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge, die streng zu trennen sind. Natürlich kann ein staatliches Unterlassen einen Grundrechtseingriff darstellen, ohne, dass die Leisungskomponente der Verfassunsgrechte berührt ist.
=> wäre eine Klage vollständig erfolgreich würde aus dem Abwehrrecht 4 I ein Grundrecht, das eine Leistung gewährt
Dieses Prinzip ist nichts Neues und dem Verfassungsrecht schon seit langem bekannt. Das Unterlassen einer Handlung kann einen Grundrechtseingriff darstellen.
Diese weite Auslegung würde auch dazu führen, dass im Bereich der Weltanschauungsfreiheit, die sehr vieles abdeckt, ständige Grundrechtsabwägungen notwendig wären und kein Raum mehr für eine demokratische Mehrheitsentscheidung mehr wäre. Die vegetarische Lebensweise (Tiere nicht töten), dürfte eine Weltanschauung sein. Wenn nun die Kommune nur noch Vegetarisches anbietet, fällt sie in die negative Weltanschauungsfreiheit (die es analog zur Religionsfreiheit dann auch geben dürfte).
Sie zäumen das Pfern von hinten auf, das Sie Ergebnisse nicht wollen und jetzt versuchen, eine Verfassungsdogmatik darum zu konstruieren. Die Frage ist aber nicht, wie Grundrechtsinhalt und Grundrechtseingriff bestimmt sein müssen, um besondere Ergenisse nicht zu erlangen, sondern welche Ergebnisse aus der bestehenden Eingriffsdogmatik folgen. Insofern bringen diese Ausführungen nichts Hilfreiches.
Zudem hat der Vefassungsgeber es in der Tat so gewollt, dass die Grundrechtsabwägung der Normalfall ist. Sie werden kaum ein Gesetz oder eine Exekutivmaßnahme finden, der nicht zwei sich gegenüberstehende Verfassungsrechte zugrunde liegen. Der Sinn liegt gerade in der Abwägung und nicht in der Grundrechtsexklusion. Desahlb sind die Grundrechte auch so weit gefasst.
Und hier kommt man wieder zum Sinn und Zweck der RF. Sie soll den Einzelnen erlauben, seine Rel. frei zu bekennen und auszuüben und genauso vermeiden, dass der Staat eine Rel. aufdrängt oder hierfür wirbt (Gewissensnot, nicht anders können). Aber genau das passiert nicht, wenn ein rel. Beweggrund lediglich Entscheidungsgrundlage ist ohne dass er bei der Umsetzung der Entscheidung nach außen tritt (kein Schweinefleisch ist ja kein rel. Aufdrängen; möglicherweise wäre dies anders, wenn es nur noch ein Essen gäbe, das üblicherweise eine Rel. zu sich nimmt).
Doch. Wiederum: Der Grundrechtseingriff bestimmt sich vom Grundrechtsträger und vom Grundrechtsinhalt selbst her und nicht von der Art des Eingriffs. Sie versuchen immer wieder erneut, an der Defintion der staatlichen Maßnahme rumzudoktoren, um den Grundrechtseingriff zu bestimmen, so funktioniert es aber nicht.
Staatliche Entscheidungen haben immer einen Grund. Wieso sollte man den Aspekt weltanschauliche Hintergründe grundrechtlich anders behandeln, als andere Überlegungen, wie die Gesundheit der Schüler (Jugend[gesundheits]schutz abgeleitet aus Art. 6 II 1 GG).
Die Aussage ist nicht nachvolziehbar, da die Differenzierung überhaupt nicht erkennbar ist.
Ergebnis mE: Grundrechtsschutz nur bei Eingriff in die Person; im übrigen weitgehend freies Ermessen (es gibt keine denkbaren Aspekte unter dem das Ermessen welches Essen eine Schule anbietet zu einer subjektiven Rechtsverletzung des Schülers führt, außer vielleicht, wenn auf den Tellern religiöse Symbole dargestellt sind).
Kann man der Meinung sein. Unser Verfassungsrecht funktioniert anders.
Eine andere Auslegung wäre auch faktisch überhaupt nicht möglich, weil der innere Willensbildungsprozess nicht nachprüfbar ist.
Die Bestimmung von inneren Tatsachen ist so alt, wie das Recht selbst und gerichtlicher Alltag. Da Gesetze überall Komponenten des inneren Willensbildungsprozesses haben (Vorsatz, Absicht, Verschulden, Arglist, Kenntnis, wider besseres Wissen, etc. etc.) prüfen die Gerichte diesen ständig und entscheiden am Ende danach, wovon sie nach der Beweisaufnahme ausgehen.
Wenn der Stadtrat entscheidet, es gibt kein Schweinefleisch mehr, dann kann niemand die innere Willensbildung jedes einzelnen Abgeordneten mehr nachvollziehen.
Erstens ist genau das der Grund, warum Grundrechtseingriffe vom Grundrechtsträger aus bestimmt werden, und nicht vom Staat und der Maßnahme selbst her. Zudem - auch hier - ist die Feststellung solcher Beweggründe gerichtilcher Alltag, für den es eben eine Beweisaufnahme gibt, an deren Ende das Gericht entscheidet, wovon es es ausgeht.
So wird bei Satzungen zB in Normenkontrollverfahren der Beweggrund nicht geprüft;
Der wird aus dem Grunde nichtg geprüft, weil § 47 VwGO eine solche Prüfung nicht vorsieht und der Tatbestand des Satzungserlasses keine inneren Willensbildungsprozesse erfasst. Das ist aber wiederum Verwaltungs- und nicht Verfassungsrecht, was eben gänzlich anders funktioniert.
ähnliches dürfte bei solchen Richtlinien gelten.
Nein, hier gelten die Grundsätze des Verfassungsrecht zur Frage der Schutzbereichs-/Eingriffsbestimmung.