Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

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henriette
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Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

Beitrag von henriette »

Nehmen wir mal an, es gäbe nachts einen Verkehrsunfall auf der BAB.
Ein PKW auf einer 3-spurige BAB mit Standstreifen verunglückt mit Anhänger, weil sich der Anhänger aufgeschaukelt hat.
Der Anhänger lag mit der Unterseite seitlich in Richtung der kommenden Fahrzeuge (blockierte den linken und mittleren Fahrstreifen).
Der Fahrzeugführer kuppelte den PkW mit erheblichen Kraftaufwand ab wobei er ca. 50cm von der Kupplug herunterfiel und der Endtopf vom Auspuff abriss. Das Fahrzeug war vollständig funktionstüchtig bis auf den Endtopf und wurde ca. 10m zur Absicherung des unbeleuchteten Anhängers entgegen der Fahrtrichtung vorgefahren.
Nun blockierte der Anhänger die linke und die mittlere Spur der BAB. Auf der mittleren Spur stand der mit Abblendlicht und Warnblinkanlage beleuchtete PKW etwa 10m vor der unbeleuchteten Unterseite des Anhängers entgegen der Fahrtrichtung.

§ 34 Unfall
(1) Nach einem Verkehrsunfall hat, wer daran beteiligt ist,
1. unverzüglich zu halten,
2. den Verkehr zu sichern und bei geringfügigem Schaden unverzüglich beiseite zu fahren,...

Jetzt hätte der PKW an die Seite auf den Seitenstreifen gefahren werden müssen. Hinter der Unfallstelle befanden sich in ca. 20m Entfernung bereits mindestens 2 PKW, die angehalten sind mit Warnblinkanlage auf dem Seitenstreifen.
Wo hätte der verunfallte PKW jetzt an die Seite gefahren werden sollen und korrekterweise abgestellt werden müssen?

Hinter den bereits min. 2 vorhanden PkW auf dem Seitenstreifen, direkt an der Unfallstelle oder weiter entgegen der Fahrtrichtung und vorwärts oder rückwärts?
Zuletzt geändert von henriette am 24.01.21, 00:37, insgesamt 1-mal geändert.
Froggel
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Re: Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

Beitrag von Froggel »

Da ich annehme, dass das Beleuchten entgegen der Fahrtrichtung die Unfallstelle besser sichert, als den unbeleuchteten Hänger einfach auf den beiden Spuren stehen zu lassen, ist der PKW an dieser Stelle genau richtig aufgehoben. Ihn von der Fahrbahn zu entfernen, hätte eine ungesicherte Unfallstelle zurückgelassen, die dadurch zu einem weiteren Unfall führen könnte. Auf dem Seitenstreifen wäre er m.E. demnach fehl am Platze gewesen.
Ich bin kein Jurist.
- alle Angaben ohne Gewähr -
henriette
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Re: Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

Beitrag von henriette »

Ich hätte gedacht es gäbe mehr Beitrag besonders von Juristen.
Wir wollen aber auch das Warnblinklicht nicht vergessen.

Warnblinklicht ist ein Warnmittel um auf besondere Gefährdungen aufmerksam zu machen (BGH VI ZR 216/05 vom 13. März 2007)
1. Unter den Umständen des Streitfalles war das Einschalten des Warnblinklichts objektiv nicht erforderlich, um den Verkehr auf den stehenden LKW aufmerksam zu machen.
Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 StVO darf außer beim Liegenbleiben mehrspuriger Fahrzeuge an unübersichtlichen Stellen (§ 15 StVO) und beim Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a StVO) Warnblinklicht nur einschalten, wer andere durch sein Fahrzeug gefährdet sieht oder andere vor Gefahren warnen will, z.B. bei Annäherung an einen Stau oder bei besonders langsamer Fahrgeschwindigkeit auf Autobahnen und anderen schnell befahrenen Straßen. Das Einschalten des Warnblinklichts ist dagegen grundsätzlich unzulässig, wenn keine konkrete Gefährdung, sondern allenfalls eine Behinderung des Verkehrs vorliegt (vgl. OLG Hamm VersR 1992, 700; Geigel/Zieres, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 27. Kap., Rn. 424; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., StVO § 16 Rz. 5; Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 19. Aufl., StVO § 16 Rn. 13a).


Es kam natürlich zum Zweitunfall und das juristische Ergebnis werde ich noch verkünden.
ktown
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Re: Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

Beitrag von ktown »

henriette hat geschrieben: 24.01.21, 03:56 Ich hätte gedacht es gäbe mehr Beitrag besonders von Juristen.
Stimmt. Es ist schon unverständlich, dass hier keine Juristen 24 Stunden kostenlos Beratungen durchführen. :roll:
Alles, was ich schreibe, ist meine private Meinung.

Gesetze sind eine misslungene Kreuzung aus dem Alphabet und einem Labyrinth.
"Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt" Zitat Goethe
winterspaziergang

Re: Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

Beitrag von winterspaziergang »

henriette hat geschrieben: 24.01.21, 03:56 Ich hätte gedacht es gäbe mehr Beitrag besonders von Juristen....

Es kam natürlich zum Zweitunfall und das juristische Ergebnis werde ich noch verkünden.
Na, dann kommt doch der erwünschte Beitrag eines Juristen. :mrgreen:
ExDevil67
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Re: Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

Beitrag von ExDevil67 »

winterspaziergang hat geschrieben: 24.01.21, 09:03
henriette hat geschrieben: 24.01.21, 03:56 Ich hätte gedacht es gäbe mehr Beitrag besonders von Juristen....

Es kam natürlich zum Zweitunfall und das juristische Ergebnis werde ich noch verkünden.
Na, dann kommt doch der erwünschte Beitrag eines Juristen. :mrgreen:
Vor allem dürfte das der einzige Beitrag von Juristen sein der maßgeblich ist. Hilft ja nix wenn in einem Forum, das übrigens allen offen steht, 5 Juristen 8 Meinungen vertreten und am Ende Jurist Nr 6, auf dessen Richtertisch der Fall gelandet ist, zu Meinung Nr 9 kommt und diese in Form eines Urteils verfasst.
henriette
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Re: Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

Beitrag von henriette »

Das ist natürlich alles richtig. Es ist aber viel mehr nichts anderes als eine Meinung wo man hätte das Fahrzeug auf dem Seitenstreifen abstellen müssen und es wäre Interessant was gerade Juristen dazu sagen würden wo man es hinstellen muss. Es ist eher eine Scherzfrage und da wären dann 5 Juristen mit 8 Meinungen sehr interessant, die das vielleicht sogar genau "wisssen".

Es fuhr dann eine Zweitunfallfahrerin über eine geradeaus führende Strecke etwa 400m alleine auf der mittleren Spur auf die Unfallstelle bzw. den PKW zu, die erklärte, dass sie den umgekippten Anhänger auf der linken Spur gesehen habe und die dort blockierte Fahrbahn und dann leuchtete ihr plötzlich das Abblendlicht des PKW auf ihrer Spur entgegen, so dass sie nur noch kurz bremsen und das Lenkrad nach rechts herumreissen konnte. Sie fuhr dann rechts in die Leitplanke an der Stelle wo der Erstunfallfahrer hinter der Leitplanke stand, der dadurch schwer verletzt wurde und gerade dabei war dem Verkehr entgegen zu gehen um ein Warndreieck aufzustellen.

Ein Richter Dr. P. stellt fest, dass der Erstunfallfahrer gemäß den konkreten Betriebsgefahren für den Zweitunfall zu 100% haftet, weil weder Abblendlicht noch die Warnblinkanlage irgendeine Warnfunktion für den nachfolgenden Verkehr haben, da das Fahrzeug nicht mit einem Polizeifahrzeug vergleichbar ist. Ausserdem habe er mit dem umgekippten Anhänger ein gefährliches Hindernis für andere Verkehrsteilnehmer geschaffen. Ein Anscheinsbeweis der auffahrenden Fahrerin sei in einer solchen Fallkonstellation nicht gegeben. Ausserdem habe der Erstunfallfahrer kein Warndreieck aufgestellt, welches besonders geeignet gewesen wäre den Zweitunfall zu verhindern. Vielmehr ergebe sich ein Anscheinsbeweis beim Erstunfallfahrer, weil er den Erstunfall verursacht hat. 3 mal wurde an dem Gericht entschieden, dass eine Mithaftung der auffahrenden Fahrerin ausgeschlossen ist.

Dann wurde das an einem anderen Gericht verhandelt. 2 Richter ohne Dr. Titel stellten nacheinander fest, dass die auffahrende Fahrerin zu 100% aufgrund eines Anscheinsbeweises für den Zweitunfall haftet, dass sei insbesondere auch der Fall, weil der beleuchtete PKW "plötzlich" vor ihr auftauchte, so dass sie nicht mehr reagieren konnte. Der Erstunfall sein ungeklärt und dem Fahrer kein Verschulden am Erstunfall nachzuweisen. Wäre er noch langsamer gefahren wäre es zwar zu dem Erstunfall nicht gekommen, da er aber bereits langsamer gefahren war wie die erlaubten 80km/h sei ihm auch diesbezüglich kein Verschulden anzulasten. (OLG Nürnberg, Urteil vom 09.06.1994 8U577/94: ..., als in einer langgezogenen Linkskurve plötzlich ein liegengebliebenes Fahrzeug vor ihm auftauchte. Wenn nun der Fahrer trotz optimaler Reaktion nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, dann untermauere dies geradezu den Vorwurf überhöhter Geschwindigkeit.). Das Warndreieck spielte keine Rolle, weil der Erstunfallfahrer es nicht versäumt hat aufzustellen und er es somit unverschuldet nicht aufgestellt hat. Die Unfallstelle war insoweit vorbildlich abgesichert. Dieses ist das einzige Gericht gewesen wo der Erstunfallfahrer auch noch Darlegungs- und Beweispflichtig war. In den ganzen anderen Fällen ist es die Gegenseite.

Danach wurde am Gericht bei Richter P. nochmals 3 mal festgestellt, dass eine Mithaftung der auffahrenden Fahrerin ausgeschlossen ist. Auf die Erklärung, dass beim auffahren auf unbeleuchtete PKW die Haftungsquote bereits 30-100% beträgt und auf beleuchtete PKW grundsätzlich 100%, erklärte eine Richterin Dr. B., dass der PKW des Erstunfallfahrers schliesslich entgegen der Fahrtrichtung gestanden hat. Wenn er das Licht komplett ausgeschaltet hätte wäre seine Haftung eben geringer. Ausserdem wäre es dann wahrscheinlich gar nicht zum Zweitunfall gekommen, weil die Zweitunfallfahrerin, dann nicht hätte (plötzlich) sehen können, dass sein Fahrzeug entgegen der Fahrrichtung steht. Beim Erstunfall hätte er zudem eine Straftat begangen und ist mit einer Geschwindigkeit bei etwa 60km/h zu schnell gefahren, weil er hätte nur 80km/h fahren dürfen.
Anmerken, dass bei irgendeiner Erklärung etwas nicht stimmen kann braucht man auch nicht. Da kann man genau so gut mit einem Stein sprechen in den die Erklärungen gemeisselt sind.
Ein Dr, K. stellte dann fest, dass die 5 Entscheidungen der Richterkollegen im Endeffekt alle so richtig sind, weil der Erstunfallfahrer auf der Fahrbahn gehalten hat was verboten ist.

Gemäß 6 Entscheidungen von Richtern mit Dr. Titel sollte man in einem sochen Fall, das Licht am PKW besser komplett ausschalten, da man sinngemäß einen unbeleuchteten PKW (wesentlich) besser sehen kann wie einen PKW mit Abblendlicht und Warnblinkanlage. Und was man folgend noch besser sieht ist die unbeleuchtete dunkle Unterseite eines Anhängers.

Jetzt wird die ganze Sache wieder an einem anderen Gericht verhandelt und man denkt schlimmer kann es nicht werden. Nun hätte man den PKW gemäß einer Richterin Dr. W. auf den Seitenstreifen stellen müssen. Beleuchtet oder unbeleuchtet? In Fahrtrichtung umfahren? Wo auf dem Standstreifen? (Vielleicht gibts ja noch eine mündliche Verhandlung, dann kann man ja mal fragen).
Außerdem hätte der Erstunfallfahrer kein Warndreieck aufgestellt. Abgesehen von der Bewußtlosigkeit erlaubte der Gesundheitszustand es nicht mehr (mit dem Warndreieck) weiter zu laufen. Ausserdem befand sich der Erstunfallfahrer in ca. 5-6m tiefe direkt neben der Autobahn und hätte erstmal schauen müssen wie er da wieder rauf kommt. Selbst wenn das möglich gewesen wäre, hätte das aufzustellende Warndreieck den bereits erfolgten Unfall überhaupt verhindert?
Hat die auffahrende Fahrerin nicht viel mehr Schuld, weil diese mit ihrem Unfall nicht so lange gewartet hat bis das Warndreieck aufgestellt ist? Es ist übrigens gemäß der Richter mit Dr.-Titel auch nicht erlaubt ein Warndreieck nicht "aufzustellen", sondern es hoch zu halten, weil es "aufgestellt" werden muss.
Das bedeutet, dass das Warndreieck bereits vor dem Unfall hätte aufgestellt sein müssen oder es wäre an der Unfallstelle aufzustellen. Am besten man stellt das Warndreieck dirket hinter den PKW auf den Seitenreifen. Die Zweitunfallfahrerin wäre dann zwar ungebremst in die Unterseite des Anhängers gefahren (statt einer weiteren Knautschzone, wenn dort ein PKW gestanden hätte), hätte dann aber rechts das Warndreieck vielleicht noch kurz gesehen und kann nicht sagen, dass sie nicht gewarnt worden wäre, wenn sie es überlebt hätte.
ktown
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Re: Verkehrsunfall auf der BAB. Wo das Fahrzeug am Seitensteifen abstellen?

Beitrag von ktown »

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