Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungsnot
Moderator: FDR-Team
Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungsnot
Liebe Forenteilnehmer,
die folgende Frage richtet sich eher an Juristen, Rechtspfleger und so weiter.
Ich bin nicht mehr ganz up-to-date, daher die Nachfrage.
Wenn ein Patient bewusstlos ist, keine PV vorliegt und keine Angehörigen erreichbar sind - hier ist nun meine Frage - und der Arzt eine Handlung vornehmen (Behandlung, Medikation, ...) muss: ist das dann Geschäftsführung ohne Auftrag?
Bin mir wegen der Rechtsgrundlage nicht mehr so sicher, das liegt bei mir schon ewig zurück.
die folgende Frage richtet sich eher an Juristen, Rechtspfleger und so weiter.
Ich bin nicht mehr ganz up-to-date, daher die Nachfrage.
Wenn ein Patient bewusstlos ist, keine PV vorliegt und keine Angehörigen erreichbar sind - hier ist nun meine Frage - und der Arzt eine Handlung vornehmen (Behandlung, Medikation, ...) muss: ist das dann Geschäftsführung ohne Auftrag?
Bin mir wegen der Rechtsgrundlage nicht mehr so sicher, das liegt bei mir schon ewig zurück.
Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
ich hab mal für sie etwas gegoogelt:
Quelle: http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... hungen.phpWenn ein Patient einen Vertrag nicht abschließen kann, die Behandlung aber in seinem Interesse erfolgt und seinem mutmaßlichen Willen entspricht (z.B. lebensrettende Behandlung eines Bewußtlosen), spricht man von einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 Bürgerliches Gesetzbuch).
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Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Mit demRatford hat geschrieben:...
Bin mir wegen der Rechtsgrundlage nicht mehr so sicher, das liegt bei mir schon ewig zurück.
ist diese Frage in den §§ 630a - 630h BGB (Behandlungsvertrag) geregelt. Genauer siehe § 630d BGB (Einwilligung).
Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Oha, das war mir gar nicht bekannt - und ist ja ziemlich aktuell.
Besten Dank.
Da dürfte es wohl vermutlich noch nicht so viele Urteile zu geben.
Wird wohl erst wieder ein Haufen Rechtsprechung zu kommen müssen, um das ganze auszulegen.
Zudem ... jetzt wo das als eigener Vertragstyp kodifiziert ist, gelten ja grds. alle Behandlungen erstmal als Verträge.
GoA dürfte damit nur noch in der Notfallbehandlung eine Rolle spielen.
Besten Dank.
Da dürfte es wohl vermutlich noch nicht so viele Urteile zu geben.
Das klingt wie ein Abschnitt, dessen Auslegung sich sehr nah an der GoA orientieren dürfte.Kann eine Einwilligung für eine unaufschiebbare Maßnahme nicht rechtzeitig eingeholt werden, darf sie ohne Einwilligung durchgeführt werden, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht
Wird wohl erst wieder ein Haufen Rechtsprechung zu kommen müssen, um das ganze auszulegen.
Zudem ... jetzt wo das als eigener Vertragstyp kodifiziert ist, gelten ja grds. alle Behandlungen erstmal als Verträge.
GoA dürfte damit nur noch in der Notfallbehandlung eine Rolle spielen.
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Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Hierzu empfehle ich den Gesetzentwurf mit Begründung hinzuzuziehen.Ratford hat geschrieben:...
GoA dürfte damit nur noch in der Notfallbehandlung eine Rolle spielen.
PS: Ich habe das Thema "als Wichtig" eingestuft, so dass der Thread weit oben im Forum hängen bleibt.Begründung zu § 630d BGB hat geschrieben:Absatz 1 Satz 4 regelt schließlich eine weitere Ausnahme von der Pflicht zur Einholung der Einwilligung. Demnach darf eine nicht aufschiebbare Maßnahme, für die eine Einwilligung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann, ausnahmsweise auch ohne die Einwilligung durchgeführt werden, wenn die Durchführung der Maßnahme dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht. Eine unaufschiebbare Maßnahme ist insbesondere bei einem dringlichen Notfall denkbar, bei dem durch einen Aufschub Gefahren für das Leben oder für die Gesundheit des Patienten drohen, so dass eine ordentliche Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann. Dabei muss die Behandlung aber auch dem mutmaßlichen Willen des Patienten entsprechen. Der Inhalt dieses mutmaßlichen Willens ist primär aus den persönlichen Umständen des Betroffenen und seinen individuellen Interessen, Wünschen, Bedürfnissen und Wertvorstellungen zu ermitteln (BGH NJW 1977, 337, 338; VersR 2000, 603, 605). Objektive Kriterien, etwa wie sich ein verständiger durchschnittlicher Patient üblicherweise entscheiden würde, treten in den Hintergrund. Diese können lediglich für die Ermittlung des individuellen hypothetischen Willens des Patienten herangezogen werden.

Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Ah, vielen Dank.
Hab mir das nochmal in Ruhe angesehen.
Mit Notfallbehandlung meine ich übrigens die Notfallbehandlung durch den nicht behandelnden Arzt, d.h. üblicherweise außerhalb der Klinik, in Rettungssituationen, im Falle einer Katastrophe oder bei (anonymen) Patienten, die in der Notaufnahme landen.
Denn der § 630d BGB gilt ja nur für Behandlungsverträge.
Der Grund:
Es muss - wie bei allen anderen Verträgen - zu Angebot und Annahme, d.h. übereinstimmenden Willenserklärungen (auch stillschweigend) kommen.
Als Einsatzkraft vor Ort, als Arzt der neben einer Person im Cafe (die gerade zusammenbricht) der erste ist, bei Notfällen usw. fehlt das - denn es ist nicht durch den Arzt etwas angeboten worden, das der Patient dann annehmen kann.
Daher dürften die Vorschriften des § 630 ff. BGB insbesondere über Einwilliungsunfähigkeit v.a. für Patienten, die bereits in Behandlung sind, insbesondere auf der Intensivstation, gelten.
Für Notfälle wie oben geschildert dürfte nachwievor GoA gelten, da kein Behandlungsvertrag zustande gekommen ist - auch nicht konkludent.
Der Grund:
Selbst für eine stillschweigende Willenserklärung muss der Empfänger einer solchen (potentieller Patient, dem eine Leistung angeboten wird) überhaupt in der Lage sein, das Angebot warzunehmen.
Das ist aber bei bewusstlosen Personen nicht der Fall, da diese nicht geschäftsfähig sind (-> § 104 BGB). Geschäftsfähigkeit des Vertragspartners oder berechtigte wirksame Vertretung ist aber Voraussetzung für den wirksamen Abschluss eines Vertrages.
Hab mir das nochmal in Ruhe angesehen.
Mit Notfallbehandlung meine ich übrigens die Notfallbehandlung durch den nicht behandelnden Arzt, d.h. üblicherweise außerhalb der Klinik, in Rettungssituationen, im Falle einer Katastrophe oder bei (anonymen) Patienten, die in der Notaufnahme landen.
Denn der § 630d BGB gilt ja nur für Behandlungsverträge.
Der Grund:
Hier liegt der Knackpunkt.§ 630a BGB
Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.
Es muss - wie bei allen anderen Verträgen - zu Angebot und Annahme, d.h. übereinstimmenden Willenserklärungen (auch stillschweigend) kommen.
Als Einsatzkraft vor Ort, als Arzt der neben einer Person im Cafe (die gerade zusammenbricht) der erste ist, bei Notfällen usw. fehlt das - denn es ist nicht durch den Arzt etwas angeboten worden, das der Patient dann annehmen kann.
Daher dürften die Vorschriften des § 630 ff. BGB insbesondere über Einwilliungsunfähigkeit v.a. für Patienten, die bereits in Behandlung sind, insbesondere auf der Intensivstation, gelten.
Für Notfälle wie oben geschildert dürfte nachwievor GoA gelten, da kein Behandlungsvertrag zustande gekommen ist - auch nicht konkludent.
Der Grund:
Selbst für eine stillschweigende Willenserklärung muss der Empfänger einer solchen (potentieller Patient, dem eine Leistung angeboten wird) überhaupt in der Lage sein, das Angebot warzunehmen.
Das ist aber bei bewusstlosen Personen nicht der Fall, da diese nicht geschäftsfähig sind (-> § 104 BGB). Geschäftsfähigkeit des Vertragspartners oder berechtigte wirksame Vertretung ist aber Voraussetzung für den wirksamen Abschluss eines Vertrages.
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Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Ausgangssituation war doch:Ratford hat geschrieben:...
Mit Notfallbehandlung meine ich übrigens die Notfallbehandlung durch den nicht behandelnden Arzt, d.h. üblicherweise außerhalb der Klinik, in Rettungssituationen, im Falle einer Katastrophe oder bei (anonymen) Patienten, die in der Notaufnahme landen.
Denn der § 630d BGB gilt ja nur für Behandlungsverträge.
...
- "Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungsnot"
Ergänzend dazu besteht schon jetzt die Möglichkeit bei nicht ansprechbaren Patienten eine gesetzliche Betreuung (Bereich medizinische Versorgung) einzurichten.Bundesrat - Drucksache 312/12 - 25.05.12 hat geschrieben:Mit dem Gesetzentwurf werden zum einen die bisherigen richterrechtlich entwickelten Grundsätze des Arzthaftungs- und Behandlungsrechts gesetzlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in einem neuen Untertitel „Behandlungsvertrag“ kodifiziert. Die neuen Regelungen zum Behandlungsvertrag (§§ 630a bis 630h BGB-E) sollen Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber der Patientin und dem Patienten, die Pflicht zur Dokumentation der Behandlung und das Akteneinsichtsrecht der Patientin und des Patienten sowie die Grundzüge der Beweislast bei Fehlern festlegen. Damit leistet das Gesetz einen wesentlichen Beitrag zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit, so dass das Recht für die Patientinnen und Patienten klarer und übersichtlicher wird. Die Patientinnen und Patienten sollen ihre wichtigsten Rechte möglichst selbst im Gesetz nachlesen können. Außerdem sollen mit der Kodifizierung Unklarheiten beseitigt werden, die sich aus der bisherigen Rechtsprechung ergeben haben. Zugleich verbleibt für die Rechtsprechung aber weiterhin genügend Spielraum, um im Einzelfall zu ausgewogenen sach- und interessengerechten Entscheidungen zu kommen. Nicht zuletzt wird außerdem die Signalwirkung, die von verbindlichen gesetzlich festgelegten Rechten und Pflichten ausgeht, erhöht.
Mit dem neuen Gesetz hat sich m.E. das Konstrukt "Geschäftsführung ohne Auftrag" erübrigt (siehe Beispiele), da mit dem neuen Gesetz eine klare Regelung geschaffen wurde (Vertiefend siehe Bundestag - Drucksache 17/10488 vom 15.08.2012).
Für die Vergangenheit galt:
Bundestag - Drucksache 17/10488 vom 15.08.2012 hat geschrieben:Patientenrechte sind in Deutschland derzeit in einer Vielzahl von Vorschriften in verschiedenen Rechtsbereichen – zum Teil lückenhaft – geregelt. Auf dem Gebiet des Behandlungs- und Arzthaftungsrechts steht Wesentliches nicht im Gesetz, sondern ist Richterrecht. Dies erschwert es allen Beteiligten im Gesundheitswesen, die Rechte zu kennen, und vor allem den Patientinnen und Patienten, diese Rechte einzufordern. Auch die Komplexität der Medizin und die Vielfalt von Behandlungsmöglichkeiten verlangen nach einem gesetzlichen Rahmen, der Patientinnen und Patienten sowie Behandelnde auf Augenhöhe bringt. Risiko- und Fehlervermeidungssysteme können dazu beitragen, die Behandlungsabläufe in immer komplexer werdenden medizinischen Prozessen zum Schutz der Patientinnen und Patienten zu optimieren.
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Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Behandlungen dürfen in D grundsätzlich nur die Ärzte (Therapeuten / Heilpraktiker).Ratford hat geschrieben:...
Mit Notfallbehandlung meine ich übrigens die Notfallbehandlung durch den nicht behandelnden Arzt, d.h. üblicherweise außerhalb der Klinik, in Rettungssituationen, im Falle einer Katastrophe oder bei (anonymen) Patienten, die in der Notaufnahme landen.
...
Als GoA führt Wiki z.B. folgendes Beispiel an:
Gegenfrage: Was wäre, wenn der Autofahrer jetzt keine "Erste Hilfe" leisten würde?Wikipedia hat geschrieben:Beispiele für eine Geschäftsführung ohne Auftrag sind:
...
- Nach einem Verkehrsunfall leistet ein Autofahrer Erste Hilfe an einem bewusstlosen Unfallopfer.
Richtig, er müßte mit einem Strafverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung rechnen (§ 323c StGB). Zivilrechtlich mag dies eine GoA sein, aber gesetzlich ist der Autofahrer zur Hilfe verpflichtet.
Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Interessante Anknüpfungspunkte, allerdings so nicht ganz richtig.
Eine medizinische Behandlung darf von allen ausübenden der heilenden Berufe durchgeführt werden.
Dazu zählen neben Ärzten und Heilpraktikern auch Psychologische Psychotherpeuten.
Außerdem dürfen es die Heilhilfsberute wie Physiotherapeuten, Ergotherpeuten und Hebammen.
Zu dem viel wichtigeren ...
Wenn man sich die Begründung aus der Drucksache 312/12 - 25.05.12 ansieht, merkt man beim zweiten Lesen: es ist dort nicht genau beschrieben, um welche Fälle es geht.
Auch wird dort NICHT explizit darauf eingegangen, dass nun ALLE medizinischen Behandlungen als Behandlungsvertrag gelten.
Ich betone es nochmal: an das Zustandekommen eines Vertrages sind bestimmte Voraussetzungen geknüpft - es gelten uneingeschränkt alle Regelungen über das Zustandekommen von Verträgen (§ 104 - § 432 BGB).
Liegt kein Vertrag vor, muss ein anderer Anspruch vorligen.
Dazu im Übrigen mal ein Auszug aus einem Skript, das jeder Jurastudent im 1. Jahr intus hat ...
Man prüft im Zivilrecht immer nacheinander ab.
1. Vertragliche Ansprüche
2. Quasi-Vertragliche Ansprüche
3. Dingliche Ansprüche
4. Deliktische Ansprüche
5. Bereicherungsrechtliche Ansprüche.
Liegt kein Vertrag vor, prüft man die nächste Kategorie.
Quasi-vertragliche Ansprüche sind under anderem ...
a) Vorvertragliche Pflichten
b) GOA
c) Bereicherungsherausgabe
Mit anderen Worten: auch die neuen Vorschriften im BGB ersetzen nicht automatisch ALLE Behandlungssachverhalte mit einem Behandlungsvertrag.
Schon früher gab es nämlich den Behandlungsvertrag - er war nur nicht im BGB kodifiziert.
Bitte daher auf keinen Fall den Fehler machen und annehmen, dass sich nun immer ein Behandlunvertrag vorliegt!
In den von mir geschilderten Fällen liegt nachwievor kein Vertrag vor, weil es keine vertragliche Einigung gibt.
Daran ändern auch die neuen Vorschriften nichts.
Im Übrigen bitte niemals ... NIEMALS Straf- und Zivilrecht irgendwie vermengen, wie bei dem Beispiel mit der Hilfeleistung.
Strafrechtliche und zivilrechtliche Sachverhalte werden nur in ganz wenigen eigentlich nur akademisch relevanten Fällen gemeinsam geprüft.
Meine Frage bezog sich ohnehin ausschließlich auf die zivilrechtliche Komponente und nur aus die aus Sicht des Arztes.
Nicht ganz.Behandlungen dürfen in D grundsätzlich nur die Ärzte (Therapeuten / Heilpraktiker).
Eine medizinische Behandlung darf von allen ausübenden der heilenden Berufe durchgeführt werden.
Dazu zählen neben Ärzten und Heilpraktikern auch Psychologische Psychotherpeuten.
Außerdem dürfen es die Heilhilfsberute wie Physiotherapeuten, Ergotherpeuten und Hebammen.
Zu dem viel wichtigeren ...
Leider nicht.Wenn ein Patient nicht handlungs-/einwilligungsfähig ist, aber der medizinischen Behandlung bedarf, wurde dies früher über GoA geregelt. Dies braucht es seit Ende Februar 2013 gar nicht mehr, da sich die Gesetzeslage geändert hat.
Wenn man sich die Begründung aus der Drucksache 312/12 - 25.05.12 ansieht, merkt man beim zweiten Lesen: es ist dort nicht genau beschrieben, um welche Fälle es geht.
Auch wird dort NICHT explizit darauf eingegangen, dass nun ALLE medizinischen Behandlungen als Behandlungsvertrag gelten.
Ich betone es nochmal: an das Zustandekommen eines Vertrages sind bestimmte Voraussetzungen geknüpft - es gelten uneingeschränkt alle Regelungen über das Zustandekommen von Verträgen (§ 104 - § 432 BGB).
Liegt kein Vertrag vor, muss ein anderer Anspruch vorligen.
Dazu im Übrigen mal ein Auszug aus einem Skript, das jeder Jurastudent im 1. Jahr intus hat ...
Man prüft im Zivilrecht immer nacheinander ab.
1. Vertragliche Ansprüche
2. Quasi-Vertragliche Ansprüche
3. Dingliche Ansprüche
4. Deliktische Ansprüche
5. Bereicherungsrechtliche Ansprüche.
Liegt kein Vertrag vor, prüft man die nächste Kategorie.
Quasi-vertragliche Ansprüche sind under anderem ...
a) Vorvertragliche Pflichten
b) GOA
c) Bereicherungsherausgabe
Mit anderen Worten: auch die neuen Vorschriften im BGB ersetzen nicht automatisch ALLE Behandlungssachverhalte mit einem Behandlungsvertrag.
Schon früher gab es nämlich den Behandlungsvertrag - er war nur nicht im BGB kodifiziert.
Bitte daher auf keinen Fall den Fehler machen und annehmen, dass sich nun immer ein Behandlunvertrag vorliegt!
In den von mir geschilderten Fällen liegt nachwievor kein Vertrag vor, weil es keine vertragliche Einigung gibt.
Daran ändern auch die neuen Vorschriften nichts.
Im Übrigen bitte niemals ... NIEMALS Straf- und Zivilrecht irgendwie vermengen, wie bei dem Beispiel mit der Hilfeleistung.
Strafrechtliche und zivilrechtliche Sachverhalte werden nur in ganz wenigen eigentlich nur akademisch relevanten Fällen gemeinsam geprüft.
Meine Frage bezog sich ohnehin ausschließlich auf die zivilrechtliche Komponente und nur aus die aus Sicht des Arztes.
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Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
@Ratford,
wir sollten uns schon darauf verständigen, über was wir hier diskutieren wollen.
Ich gehe davon aus, dass es hierum geht:
Habe ich Ihre Frage in diesem Sinne richtig verstanden?
Jede ärztliche Behandlung oder ärztlicher Eingriff ist eine Körperverletzung. Die KV bleibt straffrei wenn der Patient hierzu seine Einwilligung gegeben hat. Ist ein volljähriger Patient hierzu nicht in der Lage muß diese Einwilligung auf anderem Wege eingeholt werden.
Die Einwilligung kann über eine vorherige Patientenverfügung erfolgt sein, oder wird über einen nächsten Angehörigen oder gesetzlichen Betreuer erteilt.
Mit dem neuen Gesetz wurde das BGB um folgende Bestimmungen erweitert:
wir sollten uns schon darauf verständigen, über was wir hier diskutieren wollen.

Ich gehe davon aus, dass es hierum geht:
- Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungsnot
Habe ich Ihre Frage in diesem Sinne richtig verstanden?
Jede ärztliche Behandlung oder ärztlicher Eingriff ist eine Körperverletzung. Die KV bleibt straffrei wenn der Patient hierzu seine Einwilligung gegeben hat. Ist ein volljähriger Patient hierzu nicht in der Lage muß diese Einwilligung auf anderem Wege eingeholt werden.
Die Einwilligung kann über eine vorherige Patientenverfügung erfolgt sein, oder wird über einen nächsten Angehörigen oder gesetzlichen Betreuer erteilt.
Der Behandlungsvertrag ist Zivilrecht und regelt u.a. die Haftung des Arztes.Ratford hat geschrieben:Meine Frage bezog sich ohnehin ausschließlich auf die zivilrechtliche Komponente und nur aus die aus Sicht des Arztes.
Mit dem neuen Gesetz wurde das BGB um folgende Bestimmungen erweitert:
- § 630a Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag
§ 630b Anwendbare Vorschriften
§ 630c Mitwirkung der Vertragsparteien; Informationspflichten
§ 630d Einwilligung
§ 630e Aufklärungspflichten
§ 630f Dokumentation der Behandlung
§ 630g Einsichtnahme in die Patientenakte
§ 630h Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler
Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Teilweise haben Sie die Frage richtig verstanden, aber ich sehe, wo die falsche Prämisse liegt.
Anders gesagt: ist niemand anzutreffen, gilt für den Arzt die Behandlungspflicht!
Findet ein Arzt der gerade joggt einen anderen alleine bewusstlos auf, dann muss er ihn sofort behandeln (ärztliche Erste Hilfe) - und nicht erst irgendwoher eine Einwilligung suchen.
Ebenso, wird der Notarzt zu einem Unfallort gerufen, dann gilt für ihn generell eine Behandlungspflicht.
Werden vor Ort Angehörige oder andere Vertretungsberichtigte angetroffen, können die einer Behandlung widersprechen. Ist das nicht der Fall, ist auch hier wieder kein Behandlungsvertrag zustandegekommen.
.
Wie gesagt: Strafrecht und Zivilrecht werden vollständig unabhängig voneinander betrachtet und haben für das Gericht und die sonstige Justiz grundsätzlich nichts miteinander zu schaffen.
, aber die Formulierung ist nicht richtig.
Der Zweck eines Behandlungsvertrages - der Zweck eines jeden Vertrages - ist aus juristischer Sicht NICHT primär die Regelung der Haftung.
Der primäre Zweck eines Vertrages ist zunächst die Regelung der Rechte und Pflichten der Vertragspartner!
Aus diesen Rechten und Pflichten ERGIBT sich dann die Haftung - im Übrigen auch dann, wenn im Vertrag NICHTS über Haftungsfragen enthalten ist!
Das BGB regelt nämlich alle Haftungsfragen bereits ausführlich im Allgemeinen Teil.
Das mag zunächst trivial klingen, ist aber juristisch von höchster Wichtigkeit:
Ich betone es nochmal: nur wenn überhaupt eine Vertrag zustandegekommen ist, kann dieser auch die Haftung regeln.
Bei dem Auffinden des einsamen bewusstlosen Joggers im Wald oder auch des anonymen Verletzten an der Unfallstelle kommt eben gerade kein Behandlungsvertrag zustande!
Der letzte Satz stimmt, WENN ein Behandlungsvertrag vorliegt.Im Klartext, der Patient ist nicht ansprechbar. Damit ist er auch nicht einwilligungsfähig. Wenn der Patient jetzt eine ärztliche (Notfall-)Behandlung braucht, muß irgendeiner dazu die Einwilligung geben.
Anders gesagt: ist niemand anzutreffen, gilt für den Arzt die Behandlungspflicht!
Findet ein Arzt der gerade joggt einen anderen alleine bewusstlos auf, dann muss er ihn sofort behandeln (ärztliche Erste Hilfe) - und nicht erst irgendwoher eine Einwilligung suchen.
Ebenso, wird der Notarzt zu einem Unfallort gerufen, dann gilt für ihn generell eine Behandlungspflicht.
Werden vor Ort Angehörige oder andere Vertretungsberichtigte angetroffen, können die einer Behandlung widersprechen. Ist das nicht der Fall, ist auch hier wieder kein Behandlungsvertrag zustandegekommen.
Das ist die strafrechtliche Komponente, um die es hier nicht gehen sollJede ärztliche Behandlung oder ärztlicher Eingriff ist eine Körperverletzung. Die KV bleibt straffrei wenn der Patient hierzu seine Einwilligung gegeben hat. Ist ein volljähriger Patient hierzu nicht in der Lage muß diese Einwilligung auf anderem Wege eingeholt werden.

Wie gesagt: Strafrecht und Zivilrecht werden vollständig unabhängig voneinander betrachtet und haben für das Gericht und die sonstige Justiz grundsätzlich nichts miteinander zu schaffen.
Ja, das ist ja klarDer Behandlungsvertrag ist Zivilrecht und regelt u.a. die Haftung des Arztes.

Der Zweck eines Behandlungsvertrages - der Zweck eines jeden Vertrages - ist aus juristischer Sicht NICHT primär die Regelung der Haftung.
Der primäre Zweck eines Vertrages ist zunächst die Regelung der Rechte und Pflichten der Vertragspartner!
Aus diesen Rechten und Pflichten ERGIBT sich dann die Haftung - im Übrigen auch dann, wenn im Vertrag NICHTS über Haftungsfragen enthalten ist!
Das BGB regelt nämlich alle Haftungsfragen bereits ausführlich im Allgemeinen Teil.
Das mag zunächst trivial klingen, ist aber juristisch von höchster Wichtigkeit:
Ich betone es nochmal: nur wenn überhaupt eine Vertrag zustandegekommen ist, kann dieser auch die Haftung regeln.
Bei dem Auffinden des einsamen bewusstlosen Joggers im Wald oder auch des anonymen Verletzten an der Unfallstelle kommt eben gerade kein Behandlungsvertrag zustande!
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Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Diese Situation begründet den Behandlungsvertrag. Für den Notarzt gilt z.B. der Behandlungsvertrag. Er hat einen Anspruch auf Vergütung etc.Ratford hat geschrieben:Teilweise haben Sie die Frage richtig verstanden, aber ich sehe, wo die falsche Prämisse liegt.
Der letzte Satz stimmt, WENN ein Behandlungsvertrag vorliegt.Im Klartext, der Patient ist nicht ansprechbar. Damit ist er auch nicht einwilligungsfähig. Wenn der Patient jetzt eine ärztliche (Notfall-)Behandlung braucht, muß irgendeiner dazu die Einwilligung geben.
... wird der Notarzt zu einem Unfallort gerufen, dann gilt für ihn generell eine Behandlungspflicht.
Werden vor Ort Angehörige oder andere Vertretungsberichtigte angetroffen, können die einer Behandlung widersprechen. Ist das nicht der Fall, ist auch hier wieder kein Behandlungsvertrag zustandegekommen.
Speziell zu:
Hier leistet der Jogger, der gleichzeitig Arzt ist, zunächst Erste Hilfe. Hierzu ist jedermann (unabhängig vom Beruf) verpflichtet.Findet ein Arzt der gerade joggt einen anderen alleine bewusstlos auf, dann muss er ihn sofort behandeln (ärztliche Erste Hilfe) - und nicht erst irgendwoher eine Einwilligung suchen.
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Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Siehe hierzu § 630b BGB. Die Bestimmungen des Behandlungsvertrages (§§ 630 a-h BGB) gelten vorrangig. Daher gilt die veraltete Seite zum "Die Rechtsbeziehungen zwischen Arzt und Patient im Überblick" nur bedingt weiter.Ratford hat geschrieben:...
Ich betone es nochmal: an das Zustandekommen eines Vertrages sind bestimmte Voraussetzungen geknüpft - es gelten uneingeschränkt alle Regelungen über das Zustandekommen von Verträgen (§ 104 - § 432 BGB).
...
Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Aus strafrechtlicher Sicht, ja.Hier leistet der Jogger, der gleichzeitig Arzt ist, zunächst Erste Hilfe. Hierzu ist jedermann (unabhängig vom Beruf) verpflichtet.
Aber außerhalb des Strafrechtes ist der Arzt durch Berufsrecht dazu verpflichtet.
Dann müssten Sie aber begründen, warum nach Ihrer Ansicht bei einem Notarzteinsatz IMMER ein Behandlungsvertrag zustandekommt.Diese Situation begründet den Behandlungsvertrag. Für den Notarzt gilt z.B. der Behandlungsvertrag. Er hat einen Anspruch auf Vergütung etc.
Der Anspruch auf Vergütung zielt darauf jedenfalls nicht ab, da der Arzt nicht für die konkrete Behandlung vergütet wird.
Das ist eine sehr feine juristische Finesse, sorgt aber dafür, dass NICHT grundsätzlich von einer vertraglichen Vereinbarung ausgegangen werden muss, sondern KANN (!).
Unter einer Vergütung versteht man im zivilrechtlichen Sinne die Entlohnung für eine konkrete Vertragsleistung.
Das ist beim Notarzt niemals der Fall, da er Angestellter ist und keine Leistung - auch nicht von einem Dritten - erhält, jedenfalls nicht im Sinne des § 630 Absatz 1 BGB. Diese "Vergütung durch Dritte" bezieht sich nämlich auf die Vergütung für die konkrete Behandlungsmaßnahme!
Ja, sie gelten lex specialis gegenüber allgemeineren Vorschriften - aber nur dann, wenn die spezielleren Regelungen enthalten, welche den allgemeinen Vorschriften widersprechen.Die Bestimmungen des Behandlungsvertrages (§§ 630 a-h BGB) gelten vorrangig.
Insbesondere Vorschriften über Willenserklärungen, Annahme und Angebot gelten uneingeschränkt - für alle Vertragstypen.
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Re: Bewusstloser Patient, keine Patientenverfügung-Handlungs
Der Jogger ist Augenarzt, oder gar Tierarzt. Wie sähe es nun aus? Im übrigen hat auch ein Arzt mal Freizeit.Ratford hat geschrieben:Aus strafrechtlicher Sicht, ja.Hier leistet der Jogger, der gleichzeitig Arzt ist, zunächst Erste Hilfe. Hierzu ist jedermann (unabhängig vom Beruf) verpflichtet.
Aber außerhalb des Strafrechtes ist der Arzt durch Berufsrecht dazu verpflichtet.
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Ein Notarzt, der zu einem Unfall gerufen wird, wird am Unfallort in seiner Eigenschaft als Notarzt tätig. Hier gelten die §§ 630a ff BGB. Zudem kommt dem Notarzt während des Einsatzes eine Garantenstellung zu (Leben zu retten).Ratford hat geschrieben:..Dann müssten Sie aber begründen, warum nach Ihrer Ansicht bei einem Notarzteinsatz IMMER ein Behandlungsvertrag zustandekommt.Diese Situation begründet den Behandlungsvertrag. Für den Notarzt gilt z.B. der Behandlungsvertrag. Er hat einen Anspruch auf Vergütung etc.
...
Beim Notarzteinsatz kommt ein Behandlungsvertrag für die Zeit bis zur Einlieferung ins Krankenhaus zustande, auch wenn der ohnmächtige Patient diesem Vertrag nicht zugestimmt hat. Über § 630d BGB haben wir schon diskutiert.Ratford hat geschrieben:...
Das mag zunächst trivial klingen, ist aber juristisch von höchster Wichtigkeit:
Ich betone es nochmal: nur wenn überhaupt eine Vertrag zustandegekommen ist, kann dieser auch die Haftung regeln.
Bei dem Auffinden des einsamen bewusstlosen Joggers im Wald oder auch des anonymen Verletzten an der Unfallstelle kommt eben gerade kein Behandlungsvertrag zustande!
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