Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Moskau

internationale Wirtschaftsbeziehungen, Import/Export, Vertragsgestaltung, Durchsetzung/Sicherung von Forderungen, internationale Rechtshilfe in Strafsachen

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helmes63
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Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Moskau

Beitrag von helmes63 »

Sehr geehrte Damen und Herren,

... wenn die Ukrainische Armee bewaffnete Drohnen Richtung Moskau in Gang setzt wird dies im allgemeinen völkerrechtlich negativ beurteilt. Dennoch stellt sich die Frage ob im Rahmen der Landesverteidigung ein Angriff auf den Gegner in der unmittelbaren Nachbarschaft als Verteidigungsakt vom internationalen Rechtsstandard anerkannt werden kann.

a) Sollte es hier entsprechende Voraussetzungen geben welche eine völkerrechtliche Ächtung hier ausschließt wo im Staatsrecht ist dies konkret geregelt.

b) im Prinzip müsste völkerrechtlich das Kriegsrecht wegen der vielen Detailfragen separat geregelt sein und von der UNO abgesegnet worden sein. In welchen Staatsvereinbarungen der UNO ist dies überhaupt geregelt.

Tatsache ist jedenfalls die Verteidigung eines souveränen Staates ist seitens der UNO sicherlich unstrittig.
FM
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von FM »

helmes63 hat geschrieben: 07.09.23, 17:32 ... wenn die Ukrainische Armee bewaffnete Drohnen Richtung Moskau in Gang setzt wird dies im allgemeinen völkerrechtlich negativ beurteilt.
"Im allgemeinen" eher nicht, außer eben von russischen Medien und Regierungsstellen.

Es dürfte eher relevant sein, welche Ziele angegriffen werden. Ein Wohnhaus in Moskau anzugreifen dürfte ebenso unzulässig sein wie der Angriff auf ein Wohnhaus in Kiew.

Soweit es um das Geschäftsviertel Moskwa City geht, begründet die Ukraine es damit, dass sich dort auch Dienststellen des russischen Verteidigungsministeriums befinden würden. Flugplätze der russischen Luftwaffe sind natürlich ohnehin militärische Ziele. Der Kreml vermutlich auch, da sich dort der Sitz des Oberbefehlshabers befindet.
Deputy
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von Deputy »

helmes63 hat geschrieben: 07.09.23, 17:32 Sehr geehrte Damen und Herren,

... wenn die Ukrainische Armee bewaffnete Drohnen Richtung Moskau in Gang setzt wird dies im allgemeinen völkerrechtlich negativ beurteilt.
Nur von den Russen.

Es ist lediglich die Angst vor einer weiteren Eskalation - was auch immer man befürchtet - weshalb es nicht gerade mit Freude begrüßt wird. Es wird politisch vielleicht negativ beurteilt, aber nicht völkerrechtlich.

Völkerrechtlich hat niemand Bedenken oder beurteilt es negativ, wenn die Ukraine in Russland angreift bzw. in Moskau zurückschlägt.
helmes63
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von helmes63 »

Es wurde mir vermittelt, dass es hierzu eine staatsrechtliche Regelung gibt innerhalb der UNO. Diese soll von einer Kommission überprüft und überwacht werden. Danach ist ein Gegenangriff als Verteidigungsreaktion legitim wenn diese verhältnismäßig ist - also als warnschuß gegenüber dem Aggressor verstanden werden kann.

Es ist mir jedoch kein Abkommen bekannt auf welches die Ukraine die Dronenangriffe auf Moskau konkret stützen kann staatsrechtlich. Die bisherigen Beiträge sind mir bezogen auf diesen Hintergrund viel zu schwammig : ich bitte mal etwas konkreter zu werden : insbesondere welche UNO-Abkommen greifen denn hier in diesem Falle überhaupt ?!
FM
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von FM »

helmes63 hat geschrieben: 11.09.23, 17:43 Es wurde mir vermittelt
ist eine etwas vage Quellenangabe.

Deutschland hatte im Zweiten Weltkrieg auch erst mal nur Polen, Frankreich und einige andere Länder angegriffen. Hätte man daraus folgern müssen, es dürfen nur die deutschen Truppen in Polen, Frankreich, Belgien bekämpft werden, aber keine militärischen Ziele in Deutschland?

Rechtsgrundlage aus der Chrata der Vereinten Nationen:
Artikel 51
Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines
bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der
Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder
kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und
der internationalen Sicherheit erforderlichen
Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein
Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort
anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen
auf dieser Charta beruhende Befugnis und
Pflicht, jederzeit die Maßnahmen zu treffen, die
er zur Wahrung oder Wiederherstellung des
Weltfriedens und der internationalen Sicherheit
für erforderlich hält.
Der Sicherheitsrat hat wohl keine Maßnahmen getroffen, und dass die Ukraine militärische Maßnahmen gegen Flughäfen der russischen Luftwaffe, gegen Schiffe der russischen Kriegsmarine, gegen Dienststellen des Kriegsministeriums und gegen den Sitz des feindlichen Oberbefehlshabers für erforderlich hält, ist zumindest nicht völlig abwegig.
helmes63
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von helmes63 »

Ich wurde darauf hingewiesen, dass der UN-Sicherheitsrat eine Kommission hat welche auf Basis von Einzelfallentscheidungen bewertet ob ein Gegenangriff verhältnismäßig ist.

Eine militärische Aktion durch bewaffnete Drohnen führt dazu, dass Folgen von Präventivschlägen größere Schäden verursachen als von den Militärs gedacht. Es sind mir überdies keine entsprechenden UN-Bewertungen der ukranischen Vergeltungsaktionen bekannt. Das deutet darauf hin, dass Verurteilungen von Angriffen bei der UN nicht nach klaren Regeln und Kriterien erfolgen.

Wenn ich also richtig verstanden habe : der UN-SIcherheitsrat kann entsprechende Verurteilungen erklären, wenn der militärische Angriff nicht als Reaktion auf einen vorherigen Militärschlag zu verstehen ist.

PS : immer ist noch offen welche staatsrechtlichen Abkommen bestehen die diese Bewertungen überhaupt legitimieren.
Die UN-Charta kann es eigentlich nicht sein, denn da geht es doch um Menschenrechtsverletzungen wie bspw. aktuell im IRAN
Evariste
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von Evariste »

helmes63 hat geschrieben: 15.09.23, 13:32 Die UN-Charta kann es eigentlich nicht sein, denn da geht es doch um Menschenrechtsverletzungen wie bspw. aktuell im IRAN
Wieso - fm hat doch gerade aus der UN-Charta zitiert.
Wikipedia hat geschrieben: Inhalt der UN-Charta
...
Kapitel V: Der Sicherheitsrat (Art. 23–32)
Kapitel VI: Die friedliche Beilegung von Streitigkeiten (Art. 33–38)
Kapitel VII: Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen (Art. 39–51)
helmes63 hat geschrieben: 15.09.23, 13:32 ... ein Gegenangriff ...
... Präventivschläge ...
... Reaktion auf einen vorherigen Militärschlag....
In der Wortwahl steckt bereits eine gewisse Bewertung, die ich nicht teile. Ein "Gegenangriff" wäre es, wenn Russland die Ukraine angegriffen hätte und nun die Ukraine "zurückschießt". Tatsächlich geht der ursprüngliche Angriff bzw. der sog. "Militärschlag" mit unverminderter Härte weiter. Andererseits kann man auch nicht von einem "Präventivschlag" sprechen, das würde voraussetzen, dass der Angriff noch bevorsteht.
FM
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von FM »

Evariste hat geschrieben: 15.09.23, 16:20
helmes63 hat geschrieben: 15.09.23, 13:32 Die UN-Charta kann es eigentlich nicht sein, denn da geht es doch um Menschenrechtsverletzungen wie bspw. aktuell im IRAN
Wieso - fm hat doch gerade aus der UN-Charta zitiert.
Da wurden wohl zwei Dokumente verwechselt. Also die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" (die auch von den UN ist) mit der Charta.

Dass der Sicherheitsrat keine Maßnahmen ergreift, ist klar. Denn da haben die klassischen Atommächte als ständige Mitglieder ein Vetorecht, also jetzt Russland als Nachfolger der Sowjetunion. Das ist auch ausdrücklich so beabsichtigt, dass der Sicherheitsrat nichts gegen den Willen eines dieser Staaten entscheiden kann.
Papageno23
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von Papageno23 »

Viel interessanter ist doch die Frage, ob Deutschland zu einer Kriegspartei wird, indem es russisches Geld einfriert und diskutiert, ob dieses beschlagnahmt, also gestohlen werden soll. Diese Maßnahmen sind völkerrechtlich nicht abgesichert, sondern lediglich Bestandteil von EU-Sanktionen.
Begibt sich Deutschland damit ohne Not in eine Vorstufe des Krieges und wollen die Deutschen wirklich wieder in Krieg mit Russland ziehen?
Evariste
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von Evariste »

Papageno23 hat geschrieben: 15.09.23, 20:09 Viel interessanter ist doch die Frage, ob Deutschland zu einer Kriegspartei wird, indem es russisches Geld einfriert und diskutiert, ob dieses beschlagnahmt, also gestohlen werden soll. Diese Maßnahmen sind völkerrechtlich nicht abgesichert, sondern lediglich Bestandteil von EU-Sanktionen.
Begibt sich Deutschland damit ohne Not in eine Vorstufe des Krieges und wollen die Deutschen wirklich wieder in Krieg mit Russland ziehen?
Was ist "eine Vorstufe des Krieges"?

Das Einfrieren von russischem Geld ist wohl völkerrechtlich unproblematisch.

Und das Diskutieren über eine Einziehung auch. :)
helmes63
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Re: Gegenangriff völkerrechtlich legitim wenn er verhältnismäßig ist ?! - Fallbeispiel ukrainische Armee - Richtung Mosk

Beitrag von helmes63 »

Wie ich bereits sagte ist die Verhältnismäßigkeit offenkundig ein Maßstab. Ich gehe davon aus, dass
entsprechende Ächtungen der besagten UN-Kommission dann auch medial bekannt gegeben werden.
Von den Folgen sehe ich jedoch keine Bedeutung, da Sanktionen ja schon zu vor von Staaten und Staatenverbünden beschlossen wurden. Ein Embargo der G-20 scheint jedoch in heutiger Zeit von größerem Gewicht zu sein als eine Sanktionierung durch die EU in Brüssel.
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