Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

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woazn-king
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Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

Beitrag von woazn-king »

Liebes Forum,

folgender fiktiver Fall beschäftigt mich gerade:

Ein Arbeitnehmer (AN) hat arbeitsvertraglich geregelt Anspruch auf 30 Arbeitstage Urlaub. Endet das Arbeitsverhältnis unterjährig, dann beträgt der Urlaubsanspruch 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat, mindestens jedoch den gesetzlichen Urlaubsanspruch (in diesem Fall 20 Arbeitstage).

Nun scheidet der AN per Aufhebungsvertrag zum 15.09.2021 aus (Vertrag ist noch nicht erstellt bzw. unterschrieben). D.h. der anteilige Urlaubsanspruch für 2021 beträgt 20 Arbeitstage (8/12 von 30). Verbraucht an Urlaubstagen hat der AN bislang 12. Verbleiben also 8 Urlaubstage.

Vor etlichen Wochen (weit vor dem Aufhebungsvertrag) hat der AN 3 Wochen (also 15 Arbeitstage) Sommerurlaub beantragt, der auch genehmigt wurde. Dieser Urlaub liegt noch in der Zukunft, wurde also noch nicht angetreten.

Kann der AG verlangen, dass der AN seinen Urlaub entsprechend anpasst, so dass er nicht mehr Urlaub nimmt, als ihm zusteht? Oder aber hat der AG hier einfach Pech gehabt?
hambre
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Re: Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

Beitrag von hambre »

Wenn der Urlaub genehmigt ist, dann hat der AG Pech gehabt.
Dummerchen
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Re: Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

Beitrag von Dummerchen »

woazn-king hat geschrieben: 22.07.21, 10:13 Kann der AG verlangen, dass der AN seinen Urlaub entsprechend anpasst, so dass er nicht mehr Urlaub nimmt, als ihm zusteht? Oder aber hat der AG hier einfach Pech gehabt?
Laut Bundesurlaubsgesetz hat der AG wahrscheinlich noch viel mehr Pech. Sofern der scheidende Mitarbeiter mindestens sechs Monate im Haus ist, steht ihm bei Ausscheiden der volle Jahresurlaub zu:
Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz)
§ 5 Teilurlaub
(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer
a) für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;
b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;
c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

(2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.
(3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.
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FM
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Re: Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

Beitrag von FM »

Es geht wohl nur um die übergesetzlichen Urlaubstage. Hier kommt ein Anspruch des Arbeitgebers wegen Bereicherung in Betracht oder eben wenn der Urlaub noch gestrichen werden kann dieses, da die Rechtsgrundlage entfallen ist. Siehe auch:
https://www.haufe.de/personal/haufe-per ... 57712.html
Chavah
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Re: Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

Beitrag von Chavah »

Letztlich handelt man das doch bei einem Aufhebungsvertrag aus.

Chavah
winterspaziergang

Re: Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

Beitrag von winterspaziergang »

woazn-king hat geschrieben: 22.07.21, 10:13
Nun scheidet der AN per Aufhebungsvertrag zum 15.09.2021 aus (Vertrag ist noch nicht erstellt bzw. unterschrieben).

Kann der AG verlangen, dass der AN seinen Urlaub entsprechend anpasst, so dass er nicht mehr Urlaub nimmt, als ihm zusteht? Oder aber hat der AG hier einfach Pech gehabt?
Wer Pech hat, hängt u.U. auch davon ab, wer das größere Interesse am Aufhebungsvertrag hat.
Pünktchen
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Re: Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

Beitrag von Pünktchen »

FM hat geschrieben: 22.07.21, 12:24 Es geht wohl nur um die übergesetzlichen Urlaubstage.
Kann man das so rechtsgültig vereinbaren? Das BUrlG gibt zumindest nur eine untere Grenze für die Dauer des Urlaubs an. Bezüglich des Teilurlaubs und des vollen Urlaubsanspruchs ist nirgends erwähnt, dass das nur für den gesetzlichen Mindesturlaub gilt. Woraus ergibt sich, dass das Gesetz für den Teil des Urlaubs, der über das gesetzliche Mindestmaß hinausgeht, abdingbar ist?
matthias.
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Re: Zu wenig Urlaubsanspruch / Aufhebungsvertrag

Beitrag von matthias. »

Pünktchen hat geschrieben: 02.11.21, 16:05
Kann man das so rechtsgültig vereinbaren? Das BUrlG gibt zumindest nur eine untere Grenze für die Dauer des Urlaubs an. Bezüglich des Teilurlaubs und des vollen Urlaubsanspruchs ist nirgends erwähnt, dass das nur für den gesetzlichen Mindesturlaub gilt. Woraus ergibt sich, dass das Gesetz für den Teil des Urlaubs, der über das gesetzliche Mindestmaß hinausgeht, abdingbar ist?
Ein Gesetz gilt immer für das was im Gesetz geregelt ist, also erstmal für diese 20 Tage Mindesturlaub.

Die gesicherte Rechtsmeinung ist, dass das auch für zusätzliche Urlaubstage gilt, wenn nichts anderes geregelt ist, das ist doch schon mal arbeitnehmerfreundlich und die AG hatten das sicher gerne anders.

Wenn was anderes geregelt ist, dann gilt halt das, für die über dem gesetzlichen Mindestlohn geltenden Tage, von denen das Gesetz ausgeht.

Wenn etwas übergesetzlich vertraglich vereinbart ist, dann können die Vertragsparteien ihre eigenen Regelungen treffen. Nennt sich Vertragsfreiheit.
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