Arbeitszeitgesetz

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Ketchup35
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Arbeitszeitgesetz

Beitrag von Ketchup35 »

Hallo zusammen. Angenommen, Folgendes wäre bei mir der Fall: Ich bin im Außendienst tätig und meine Außendienste gehen teilweise sogar bis zu 12 Stunden. Manche sogar ohne Pause. Wir haben aber auch ab und an 2 bis 3 Tage in der Woche regulären 8Std. Innendienst. Gleicht sich das dann mit der Arbeitszeit der Innendienstw pro Woche aus oder darf der Arbeitgeber einem trotzdem keine 10 oder mehr Stunden Außendienste zumuten und muss die geregelte Arbeitszeit von max 9,60Std. pro Tag bei einer 40 Std. Woche einhalten?
Beispiel: Montag und Mittwoch über 10 Stunden im Außendienst, Dienstag, Donnerstag und Freitag je 8Std. Innendienst.
Wie ist hier die Rechtslage?
Zuletzt geändert von hawethie am 06.02.23, 15:30, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: kleine Änderung, damit es nicht nach Einzelberatung aussieht
matthias.
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von matthias. »

10 h sind die absolute Höchstgrenze pro Tag und die Pausen sind im Aussendienst natürlich genauso einzuhalten.

Es gibt Ausnahmen, z.b. in der Krankenpflege aber ich vermute hier Verkaufstätigkeit oder Montage im Aussendienst und da gibt es keine Ausnahmen.
Ketchup35
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von Ketchup35 »

Hallo Matthias,

ich bin in der Arbeitsmedizin tätig (Betriebsarzt). Und mein Chef meint das 2-3x die Woche 10 oder mehr Stunden völlig normal wären, da ich ja die anderen Tage dafür nur 8Std arbeite 😡
Dummerchen
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von Dummerchen »

Da hilft nur ein anderer Arbeitgeber. Es gibt genügend davon und Personal wird überall händeringend gesucht.

Das mit den im Voraus festgelegten Pausenzeiten klappt im Aussendienst allerdings selten, auch in anderen Branchen. Aber die Gesamtarbeitszeit sollte sich bei guter Planung weitgehend einhalten lassen.
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FM
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von FM »

Beim Notarzt oder auch beim Chirurgen im Krankenhaus wären unvorhergesehene Überschreitungen der Arbeitszeit wohl manchmal zu rechtfertigen. Aber ein Betriebsarzt dürfte nur selten Tätigkeiten ausüben, die jetzt sofort weitergeführt werden müssen. Da kann ich mir Überschreitungen der Arbeitszeit eigentlich nur vorstellen, wenn man z.B. bei der Rückfahrt auf die Klimakleber trifft oder vom Schneesturm überrascht wird. Aber nicht schon im Voraus geplant.
die geregelte Arbeitszeit von max 9,60Std. pro Tag bei einer 40 Std. Woche
Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Das Arbeitszeitgesetz erlaubt 8 Stunden je Werktag. 48/5 wären zwar 9,6, aber da die Woche 6 Werktage hat und eine Überschreitung um 2 Stunden pro Tag erlaubt ist, wären 10 Stunden am Tag - also 60 Stunden in der Woche - im Ausnahmefall erlaubt. Das muss dann aber so ausgeglichen werden, dass es innerhalb eines halben Jahres wieder 8 Stunden pro Werktag (also 48 Stunden je Woche) sind.

Die 40 Stunden sind wahrscheinlich nur arbeits- oder tarifvertraglich geregelt. Da kommt es auf die vertraglichen Regelungen dazu an, ob das absolut festgeschrieben ist oder mehr verlangt werden kann (was dann auch zu bezahlen oder auszugleichen wäre).

Bei einem Betriebsarzt im Außendienst vermute ich mal: das ist ein externer betriebsärztlicher Dienst, der also im Auftrag der Unternehmen deren Arbeitnehmer betriebsärztlich betreut. Dann darf der betriebsärztliche Dienst eben keine neuen Kunden mehr annehmen, wenn er nicht genügend Ärzte hat um die Arbeit zu erledigen.

Der eigene Arbeitgeber muss ja auch einen Betriebsarzt haben, der die Betriebsärzte betriebsärztlich betreut. Dieser hat gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Bst. d ASiG die Aufgabe, den Arbeitgeber zu beraten über
arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere
des Arbeitsrhythmus, der Arbeitszeit und der Pausenregelung,
der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung
Also vielleicht mal mit diesem Kollegen sprechen und ihn bitten, er möge den Arbeitgeber entsprechend beraten.
karli
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von karli »

Falls der AG die Mehrarbeit nicht rechtzeitig angeordnet hat, würd ich einfach mal Feierabend machen, wenn meine 40 Stunden voll sind.
Wie macht der Arbeitgeber das denn mit der Dokumentation der Arbeitszeit?
Werden die Überstunden bezahlt?
Wenn du kritisiert wirst, dann mußt du irgend etwas richtig machen, denn man greift nur denjenigen an, der den Ball hat. (Bruce Lee)
Achtung: Meine Beiträge können Meinungsäusserungen, Denkanstösse, sowie Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.
matthias.
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von matthias. »

karli hat geschrieben: 06.02.23, 17:26 Falls der AG die Mehrarbeit nicht rechtzeitig angeordnet hat, würd ich einfach mal Feierabend machen, wenn meine 40 Stunden voll sind.
Es geht hier um die tägliche Arbeitszeit, aber im Grunde hast du dann auch recht.

Nach 10h fällt der Kuli.

Bzw. üblicherweise hat man in den betreuten Einrichtungen ja im vorab vereinbarte Sprechtzeiten und dann darf halt nicht über 10h geplant werden.

Im übrigen kann man dem AG ja mal die Strafvorschriften aus dem Arbeitszeitgesetz vorlegen.

https://www.gesetze-im-internet.de/arbz ... G000700307
Ketchup35
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von Ketchup35 »

karli hat geschrieben: 06.02.23, 17:26 Falls der AG die Mehrarbeit nicht rechtzeitig angeordnet hat, würd ich einfach mal Feierabend machen, wenn meine 40 Stunden voll sind.
Wie macht der Arbeitgeber das denn mit der Dokumentation der Arbeitszeit?
Werden die Überstunden bezahlt?

Überstunden dürfen geleistet werden, müssen dann aber innerhalb von 3 Monaten genommen werden. Jedes Mal ein Gemecker wenn ich sie dann nehmen will weil 1 Woche am Stück ist viel zu viel und Montage und Freitage gehen gar nicht. Also auch wieder falsch 😡
Wir müssen am Monatsende einen Monatsbericht einreichen. Danach wirst dann auch wieder angerufen und gefragt warum soviele Überstunden anfallen 🙄
Ketchup35
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von Ketchup35 »

matthias. hat geschrieben: 06.02.23, 18:12
karli hat geschrieben: 06.02.23, 17:26 Falls der AG die Mehrarbeit nicht rechtzeitig angeordnet hat, würd ich einfach mal Feierabend machen, wenn meine 40 Stunden voll sind.
Es geht hier um die tägliche Arbeitszeit, aber im Grunde hast du dann auch recht.

Nach 10h fällt der Kuli.

Bzw. üblicherweise hat man in den betreuten Einrichtungen ja im vorab vereinbarte Sprechtzeiten und dann darf halt nicht über 10h geplant werden.

Im übrigen kann man dem AG ja mal die Strafvorschriften aus dem Arbeitszeitgesetz vorlegen.

https://www.gesetze-im-internet.de/arbz ... G000700307
Ich hör immer nur das es schonmal geht wenn man "länger" arbeiten muss. Dafür hab ich ja dann schließlich auch 2 Tage im Homeoffice und muss ja schließlich da nirgends hin. Frag mich nur wie das dann ist wenn mal, wie jetzt im März, dann 1 ganze Woche nur Außendienste am Stück anstehen.
Mehrarbeit ist in meinem Vertrag nicht vereinbart!
Ketchup35
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von Ketchup35 »

Dummerchen hat geschrieben: 06.02.23, 16:57 Da hilft nur ein anderer Arbeitgeber. Es gibt genügend davon und Personal wird überall händeringend gesucht.

Das mit den im Voraus festgelegten Pausenzeiten klappt im Aussendienst allerdings selten, auch in anderen Branchen. Aber die Gesamtarbeitszeit sollte sich bei guter Planung weitgehend einhalten lassen.

Darauf wird es wohl hinauslaufen. Ist mittlerweilen zu heftig mit der Fahrerei. Auf Dauer nicht tragbar.
karli
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von karli »

matthias. hat geschrieben: 06.02.23, 18:12Nach 10h fällt der Kuli.
Oder so! :)
So könnte man das auch mit den Pausen machen:
Arbeitszeitgesetz §4 hat geschrieben:Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.
Werden die Überstunden vom AG angeornet oder entscheidet der AN das selbst?
Was genau möchte denn der AN erreichen?
Ggfs. könnte man auch mal mit der zuständigen Aufsichtsbehörde kontakt aufnehmen.
Überstunden dürfen geleistet werden, müssen dann aber innerhalb von 3 Monaten genommen werden.
Das ist meiner Ansicht nach okay.
Jedes Mal ein Gemecker wenn ich sie dann nehmen will weil 1 Woche am Stück ist viel zu viel und Montage und Freitage gehen gar nicht.
Dürfte auch legitim sein. Hier wäre es auch okay, wenn der AG, nach rechtzeitiger Vorankündigung, einzelne Stunden gewährt.
Ganze Tage oder Wochen muß er nicht gewähren.
Beim Abfeiern von Überstunden ist es nicht so, wie beim Urlaub, daß Wünsche des AN berücksichtigt werden müssen oder daß die Stundenanzahl zusammenhängend gewährt werden müssen.

Gibt es eine Ausschußfrist?
Dokumentiert der AN seine Arbeitszeiten?
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FM
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von FM »

Wenn man Betriebsarzt ist und somit die gesetzliche Aufgabe hat, andere Arbeitgeber zu Fragen der Arbeitszeit- und Pausenregelungen zu beraten, müsste man das doch eigentlich auch in eigener Sache wissen?
Dummerchen
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von Dummerchen »

Ketchup35 hat geschrieben: 06.02.23, 19:27 Darauf wird es wohl hinauslaufen. Ist mittlerweilen zu heftig mit der Fahrerei. Auf Dauer nicht tragbar.
Fahrerei hast du bei jedem überbetrieblichen Dienst, das gehört oftmals dazu. Aber es muss vernünftig organisiert werden (oder das Schmerzensgeld muss hoch genug sein :wink: ) und das ist machbar. Ich selbst fahre am Sonntag Mittag in den Aussendienst, weil ich am Montagmorgen 500 km von zuhause anfangen muss. Im Gegenzug bekomme ich aber in zwei Wochen einen Freitag frei, habe dann also langes Wochenende.
matthias. hat geschrieben: 06.02.23, 18:12 Bzw. üblicherweise hat man in den betreuten Einrichtungen ja im vorab vereinbarte Sprechtzeiten und dann darf halt nicht über 10h geplant werden.
Naja, wir machen auch im Aussendienst ein wenig mehr als bei einem Kunden vor Ort eine Sprechstunde von X Stunden. Wenn man bei Kunden an ASA-Sitzungen, BEM-Gesprächen etc. teilnimmt und noch ein paar Betriebsbegehungen macht, schafft man schon einige Termine am Tag. Natürlich gibt es dann die Fahrzeit zwischen den Terminen und Hotels und das muss vernünftig geplant werden. Staus oder Umleitungen können vorkommen, da entstehen halt schon mal lange Arbeitstage; das darf aber nicht die Regel sein. Wer weiss, dass seine Mitarbeiter jede zweite Woche die A45 runter muss, muss derzeit eine längere Fahrt durch Lüdenscheid einplanen; ein gescheiter Disponent kann das aber auch.

@FM: das sind dann die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis. :mrgreen:
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Re: Arbeitszeitgesetz

Beitrag von FM »

Dummerchen hat geschrieben: 06.02.23, 20:08 @FM: das sind dann die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis. :mrgreen:
Irgendwo hab ich mal den Spruch gelesen:

Was interessiert mich deine Praxis, wenn sie meiner Theorie widerspricht?
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