Spätere Elternzeit

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barney11
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Spätere Elternzeit

Beitrag von barney11 »

Arbeitnehmer A und seine Frau F haben ein gemeinsames Kind K.

K wurde am 02.01.2019 geboren. F hat mit Geburt bzw. nach Ablauf Mutterschutz dann Elternzeit genommen. Erst 2 Jahre und dann um 1 Jahr verlängert. Elterngeld hat sie voll erhalten wie beantragt in den ersten 12 Monaten.

A hat keine Elternzeit beantragt bis dato. Nun fragt er sich, ob dies jetzt noch möglich wäre und unter welchen Voraussetzungen.

Er glaubt wie folgt zu wissen:

1. Es gibt in dieser Konstellation keine Mindestdauer für die Elternzeit, d.h. es kann auch bspw. nur 1 Monat genommen werden. Es sind auch mehrere Zeiträume möglich, allerdings nur noch max. 24 Monate Dauer, maximal bis zum 8. Kindesgeburtstag und bei heutiger Beantragung müssen (falls gewünscht) die Elternzeiten der nächsten 24 Monate ebenfalls gleich mitbeantragt werden.

2. Der Beginn der Elternzeit ist nicht zwingend auf den Tag der Geburt zu legen, d.h. 02.xy.2023. Es kann auch bspw. der Monatserste 01.xy.2023 (mit dem Nachteil des § 17 I BEEG) oder auch ein x-beliebiger Starttag bspw. 17.xy.2023 gewählt werden.

3. Elterngeld ist in dieser Konstellation nicht mehr möglich, d.h. die Elternzeit ist als unbezahlte Auszeit zu sehen. KV-Beiträge laufen aber weiter (von wem?) und bei RV wird die Kindererziehungszeit ebenfalls angerechnet.

Stimmen Sie zu oder haben Sie Einwände :?:


Weiter hat A ein langjähriges Arbeitsverhältnis und dementsprechend eine Kündigungsfrist von 7 Monaten. Er überlegt eine berufliche Neuorientierung und fragt sich, ob eine Elternzeit hier hilfreich sein könnte. Bspw. fristgerechte Beantragung einer Elternzeit von 4 Monaten für 01.07.2023-31.10.2023, anschließend (oder vorher?) fristgerechte Kündigung zum 31.10.2023 und Beginn&Antritt neues Arbeitsverhältnis bereits zum 01.07.2023. Welche Gründe könnten hiergegen sprechen :?:
Heiko66
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Re: Spätere Elternzeit

Beitrag von Heiko66 »

Im Ergebnis ist das dann ja nur eine unbezahlte Freistellung. Die Frage ist, was passiert mit den Sozialversicherungsbeiträgen in dieser Zeit.

Sinnvoller ist es solche Auszeiten zu finanzieren, indem man geschickt Urlaub, Überstunden oder anderweite Arbeitszeitkonten verwendet.

EIne auf Kosten der Beitragszahler beliebte Methode ist es sich mit dem Arbeitgeber darauf zu enigen, dass dieser betriebsbedingt kündigt und Arbeitslosengeld I ohne Sperre kassiert werden kann.

Eventuell kommt ja demnächst noch eine weitere Methode hinzu, wenn Herr Heil seine neue Bildungszeit durchbekommt und dann nahezu jeder Akademiker gern nochmal ein Jahr an die Uni geht und dafür Beiträge in Höhe von ALG1 kassiert. 10 Tage Bildungszeit alle zwei Jahre können Sie in den meisten Bundesländern ja schon für irgend einem Onlinekurs bei dem die Anwesenheit mehr schlecht als recht kontrolliert wird schon nutzen.
barney11
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Re: Spätere Elternzeit

Beitrag von barney11 »

Heiko66 hat geschrieben: 14.03.23, 11:27 Im Ergebnis ist das dann ja nur eine unbezahlte Freistellung. Die Frage ist, was passiert mit den Sozialversicherungsbeiträgen in dieser Zeit.
Klar, es ist eine unbezahlte Freistellung. Aber eben zusätzliche Freizeit zum normalen Jahresurlaub. Oder anders formuliert: Eine Art Sabbatical auch ohne Zustimmung des AG.
Zu SV: Eben, das ist die Frage.
Sinnvoller ist es solche Auszeiten zu finanzieren, indem man geschickt Urlaub, Überstunden oder anderweite Arbeitszeitkonten verwendet.
Die Finanzierung ist nicht das Problem. A ist bewusst, dass während dieser Elternzeit kein Geld fließt. Die Frage ist nur, ob es überhaupt geht.
EIne auf Kosten der Beitragszahler beliebte Methode ist es sich mit dem Arbeitgeber darauf zu enigen, dass dieser betriebsbedingt kündigt und Arbeitslosengeld I ohne Sperre kassiert werden kann.
Das verstehe ich nicht.
Wenn es einfach um "Arbeiten bei AG1 -> Elternzeit -> Arbeiten bei AG1" geht, dann bringt kündigen ja nichts. Mal davon abgesehen, dass A hier dann vermutlich die Kündigung beim Arbeitsgericht angreifen müsste, um keine Sperre zu kriegen.
Und wenn es um "Arbeiten bei AG1 -> Elternzeit -> (vorzeitig) Arbeiten bei AG2" geht, dann entsteht das Gedankenspiel ja ausschließlich deswegen, da A eine (zu) lange Kündigungsfrist hat und AG1 sich offensichtlich querstellt diese freiwillig zu verkürzen und A früher zu verlieren. Er wird also hier sicher nicht "freundschaftshalber" eine Kündigung aussprechen.
Heiko66
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Re: Spätere Elternzeit

Beitrag von Heiko66 »

Die Finanzierung ist nicht das Problem. A ist bewusst, dass während dieser Elternzeit kein Geld fließt. Die Frage ist nur, ob es überhaupt geht.
Warum sollte das nicht gehen. Blöd ist halt, dass ggf. die Krankenversicherung/Pflegeversicherung selbst zu zahlen ist und es ggf. ungünstig für Arbeitslosen und Rentenversicherung ist. Ein Anruf bei der Krankenkasse klärt die genauen Modalitäten. Ggf. ist der erste Monat der Freistellung noch mit inkludiert
Wenn es einfach um "Arbeiten bei AG1 -> Elternzeit -> Arbeiten bei AG1" geht, dann bringt kündigen ja nichts. Mal davon abgesehen, dass A hier dann vermutlich die Kündigung beim Arbeitsgericht angreifen müsste, um keine Sperre zu kriegen.
Das wäre mir neu, dass eine Verpflichtung bestehen würde gegen eine Kündigung zu klagen um keine Sperre zu erhalten. Die Arbeitsagentur wird aber ggf. beim Arbeitgeber nachfragen. Je nachdem was der dann antwortet, es eine Sperre oder nicht.
Und wenn es um "Arbeiten bei AG1 -> Elternzeit -> (vorzeitig) Arbeiten bei AG2" geht, dann entsteht das Gedankenspiel ja ausschließlich deswegen, da A eine (zu) lange Kündigungsfrist hat und AG1 sich offensichtlich querstellt diese freiwillig zu verkürzen und A früher zu verlieren. Er wird also hier sicher nicht "freundschaftshalber" eine Kündigung aussprechen.
Ja das hängt halt von der konkreten Verhandlungsposition ab. Obiges Spiel spielt der Arbeitgeber meist dann irgendwann mit, wenn er einen unliebsamen Mitarbeiter der zum Beispiel ständig krank ist so ggf. einfacher loswerden kann. Für gute Mitarbeiter, die der Arbeitgeber nicht loswerden will, gibt es diesen Bonus nicht. Dafür haben gute Mitarbeiter meist die Möglichkeit entsprechende Auszeiten zu verhandeln. Viele größere Unternehmen bieten so etwas ja auch schon an.

Im Zweifel geht ja auch einen Anspruch auf Teilzeit geltend zu machen um Ähnliches zu erreichen. In wieweit man für den Arbeitgeber noch sinnvoll einsetzbar ist, wenn man statt 40 plus Überstunden nur noch 15 Stunden an 2 Tagen die Woche arbeiten möchte, steht auf einem anderen Blatt. Ggf. rutscht man dann in die Kategorie "MItarbeiter, den man gerne los wird". Der Nachteil an Teilzeit ist dann aber der verminderte Anspruch auf ALG1.

Nutzen Sie einfach als "guter Mitarbeiter" ihre Marktmacht zum verhandeln. Im Moment kann man als Arbeitnehmer, den der Chef nicht loswerden will, fast alles fordern. Goldene Zeiten für gefragte Mitarbeiter.
barney11
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Re: Spätere Elternzeit

Beitrag von barney11 »

Heiko66 hat geschrieben: 14.03.23, 16:26
Die Finanzierung ist nicht das Problem. A ist bewusst, dass während dieser Elternzeit kein Geld fließt. Die Frage ist nur, ob es überhaupt geht.
Warum sollte das nicht gehen.
Vielleicht wegen § 15 II S. 1 BEEG?

Nutzen Sie einfach als "guter Mitarbeiter" ihre Marktmacht zum verhandeln. Im Moment kann man als Arbeitnehmer, den der Chef nicht loswerden will, fast alles fordern. Goldene Zeiten für gefragte Mitarbeiter.
Klar, der gute Mitarbeiter kann alles fordern, außer frühzeitig aus der (für den Markt) viel zu langen Kündigungsfrist zu kommen. Denn der Chef will ihn ja gar nicht loswerden. Also: Auszeit verhandeln evtl. ja (sofern der MA wirklich so ein goldener Mitarbeiter ist), aber vorzeitiger Abschied nein.

Für letzteres wäre daher die Elternzeit möglicherweise ein Notnagel. Sofern denn ein Anspruch darauf besteht und es sich nicht irgendwo im Bereich Sozialversicherung beißt, wenn AG1 ihn zwar nicht mehr bezahlt, ihn aber wegen formal noch laufendem AV erst später abmeldet als AG2 ihn neu anmeldet.
Heiko66
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Re: Spätere Elternzeit

Beitrag von Heiko66 »

Klar, der gute Mitarbeiter kann alles fordern, außer frühzeitig aus der (für den Markt) viel zu langen Kündigungsfrist zu kommen. Denn der Chef will ihn ja gar nicht loswerden. Also: Auszeit verhandeln evtl. ja (sofern der MA wirklich so ein goldener Mitarbeiter ist), aber vorzeitiger Abschied nein.
Ich kenne die Strategie wie folgt: Auszeitwunsch ankündigen und wenn das nicht möglich ist mit Kündigung drohen. Dann findet sich fast immer mit dem Arbeitgeber ein gemeinsamer Termin in dem es halbwegs passt für eien Auszeit (zumindest wenn das ein Arbeitnehmer ist, den der Arbeitgeber eigentlich halten möchte). Der Mitarbeiter überlegt sich dann, ob er nach der Auszeit überhaupt wieder kommt oder währrenddessen einfach stumpf kündigt. Schon mehrfach exakt so erlebt.
Für letzteres wäre daher die Elternzeit möglicherweise ein Notnagel. Sofern denn ein Anspruch darauf besteht und es sich nicht irgendwo im Bereich Sozialversicherung beißt, wenn AG1 ihn zwar nicht mehr bezahlt, ihn aber wegen formal noch laufendem AV erst später abmeldet als AG2 ihn neu anmeldet.
Wenn das mit Elternzeit gehen sollte dann besteht vielleicht (Mutmaßung) die Möglichkeit das günstiger mit der Sozialversicherung zu lösen (daher ja auch die Bemerkung mit der Krankenkasse abstimmen). Weiß ich aber nicht, ob es da im Spezialfall Elternzeit bei der Krankenversicherung auch ohne Bezahlung etwas möglich ist. Ansonsten ist das einfach nur eine unbezahlte Freistellung. Ob man diese nun über Elternzeit oder anderweitig erreicht spielt fast keien Rolle. Am Ende muss man sowieso mit dem Arbeitgeber reden.
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