Arbeitsunfall?

Moderator: FDR-Team

Antworten
jana86
Topicstarter
noch neu hier
Beiträge: 1
Registriert: 17.09.23, 11:48

Arbeitsunfall?

Beitrag von jana86 »

Eine größere Organisation gestattet den Mitarbeitenden Hunde mit ins Büro zu nehmen.
Eine Mitarbeiterin geht nun zu einem Arbeitskollegen, der in einer von ihr selten besuchten Etage sitzt, um den Kollegen zu bitten sie mit nach Hause zu nehmen. Dazu ist es nicht gekommen.

Als Sie in der Etage ankommt, stürzt sich ein Hund wild bellend aus einem Büro auf sie zu. Sie erschreckt sich massiv, der Hund läuft zurück um dann erneut anzugreifen, beißt aber nicht zu. Beim dem Schreck hat sie sich heftig die Beine vertreten hat starke Schmerzen und muss sich krank melden und fällt tatsächlich mehrere Tage aus.


Der Hundebesitzer interessiert sich für den Vorgang nicht und grinst provozierend.

Handelt es sich um einen Arbeitsunfall?
Soll sie den Arbeitsunfall melden auch dann, wenn der Hundebesitzer ein leitender Ingenieur ist?
ktown
FDR-Moderator
Beiträge: 29715
Registriert: 31.01.05, 08:14
Wohnort: Auf diesem Planeten

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von ktown »

Alles, was ich schreibe, ist meine private Meinung.

Gesetze sind eine misslungene Kreuzung aus dem Alphabet und einem Labyrinth.
"Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt" Zitat Goethe
Elektrikör
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 5984
Registriert: 01.06.07, 18:45
Wohnort: Wehringen

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von Elektrikör »

Hallo,

das Ganze ist also schon ein paar Tage her?

Ich kenne das so, daß quasi erstmal ALLES zumindest beim Vorgesetzten SOFORT zu melden ist
Mehr als 3 Tage AU --> meldepflichtig

Hat der Arzt (D-Arzt wäre hier der richtige gewesen) nicht gefragt, ob das während der Arbeit passiert ist?
MfG
Alles hier von mir geschriebene stellt meine persönlichGanzFürMichAlleineMeinung dar
Falls in einer Antwort Fragen stehen, ist es ungemein hilfreich, wenn der Fragesteller diese auch beantwortet
Dipl.-Sozialarbeiter
FDR-Moderator
Beiträge: 19590
Registriert: 09.12.06, 17:23

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von Dipl.-Sozialarbeiter »

jana86 hat geschrieben: 17.09.23, 12:01 ...
Eine Mitarbeiterin geht nun zu einem Arbeitskollegen, der in einer von ihr selten besuchten Etage sitzt, um den Kollegen zu bitten sie mit nach Hause zu nehmen. Dazu ist es nicht gekommen.
...
Handelt es sich um einen Arbeitsunfall?
Bei diesem Vorgang eher nein.
FM
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 24145
Registriert: 05.12.04, 16:06

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von FM »

jana86 hat geschrieben: 17.09.23, 12:01 Handelt es sich um einen Arbeitsunfall?
Soll sie den Arbeitsunfall melden auch dann, wenn der Hundebesitzer ein leitender Ingenieur ist?
Die Pflicht zur Meldung betrifft den Unternehmer, sobald er (also ein Vertreter mit entsprechender Verantwortung) davon weiß. Welchen Beruf der Hundebesitzer hat, spielt dabei keine Rolle (verwunderlich, dass man überhaupt auf die Idee kommt), ebensowenig wie seine Schuhgröße oder Konfession.

Die Arbeitnehmerin muss es dem Arbeitgeber aber mitteilen, weil sie Entgeltfortzahlung bezieht, siehe
https://dejure.org/gesetze/EntgFG/6.html
Abs. 2. Dafür müsste bereits die Möglichkeit, dass es so ist, ausreichen. Denn eine endgültiges Wissen dazu ist "unverzüglich" nicht möglich. Außerdem wird die Krankenkasse die Frage von sich aus prüfen, wenn sie im Unfallbericht Hinweise auf einen möglichen Arbeitsunfall oder ein Drittverschulden erkennt.

Für den beteiligten anderen Arbeitnehmer wäre es ein großer Vorteil, wenn es als Arbeitsunfall anerkannt wird, weil er dann nicht haftet. Deshalb wird er es vielleicht auch selbst melden. Denn die Krankenkasse muss ja schon wegen den Behandlungskosten prüfen, ob sie einen Regressanspruch gegen den Arbeitgeber, den Hundehalter oder die Berufsgenossenschaft hat.

Zweifel an der Anerkennung als Arbeitsunfall können sich daraus ergeben, dass Zweck des Weges in das andere Stockwerk nicht die Erledigung der Arbeit war, sondern die Kontaktaufnahme zu einem Kollegen aus privaten Gründen. Denn für einen Arbeitsunfall ist nicht wesentlich, ob es während der Arbeitszeit geschah, sondern ob es durch die Arbeit verursacht war. Gegenargument wäre: der Arbeitgeber hat ein betriebliches Risiko geschaffen, indem er die Anwesenheit aggressiver Tiere erlaubte. Und da es um den ebenfalls versicherten gemeinsamen Arbeitsweg mehrerer Beschäftigter des Betriebes als Fahrgemeinschaft ging, der seinerseits auch versichert ist, könnte man das so sehen. Das entscheidet dann die Berufsgenossenschaft, im Streitfall das Sozialgericht.
GS
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 397
Registriert: 23.04.06, 10:45

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von GS »

Langer, aber in jeder Hinsicht lesenswerter Schreibe kurzer Sinn:

Lass es, Martha. Sorry, jana86
Dies ist keine Linksberatung und erst recht keine Rechtsberatung - wie käme ich dazu? Einzig verbindlicher Ratschlag: Lesen Sie von links oben nach rechts unten.
ktown
FDR-Moderator
Beiträge: 29715
Registriert: 31.01.05, 08:14
Wohnort: Auf diesem Planeten

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von ktown »

GS hat geschrieben: 18.09.23, 22:55Lass es, Martha. Sorry, jana86
Kurz und prägnant. Gibt es zu dieser Meinung auch Argumente? Wie am Beitrag von FM zu erkennen ist, gibt es zwar ein "schwaches" Argument das gegen einen Arbeitsunfall spricht. Es gibt jedoch eine Vielzahl derer die für einen solchen spricht. Natürlich kann es dazu führen, dass eine der vielen involvierten Parteien im Nachgang in den Krümeln des Sachverhalts sucht. Die Chance, dass der Grund wieso man sich im anderen Stockwerk befand wird dabei sicherlich weniger in den Unterlagen auftauchen.
Alles, was ich schreibe, ist meine private Meinung.

Gesetze sind eine misslungene Kreuzung aus dem Alphabet und einem Labyrinth.
"Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt" Zitat Goethe
ExDevil67
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 8163
Registriert: 17.01.14, 09:25

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von ExDevil67 »

FM hat geschrieben: 17.09.23, 16:47 Welchen Beruf der Hundebesitzer hat, spielt dabei keine Rolle (verwunderlich, dass man überhaupt auf die Idee kommt),
Ich vermute mal eher das damit angedeutet werden soll das es ich beim Hundehalter (Achtung, Wortspiel) um eines der höheren Tiere im Unternehmen handeln soll mit dem man sich besser nicht anlegt um weil es sonst negativ auf das Betriebsklima wirkt.
Ein Grund mehr den Unfall zumindest als Arbeitsunfall zu melden. Wenn es einer war kümmert sich nämlich die BG dann um den Regress beim Halter und man selber kann gar nicht mehr direkt gegen den Halter klagen.
Zafilutsche
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 6655
Registriert: 24.07.07, 10:47
Wohnort: Rhein/Ruhrgebiet

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von Zafilutsche »

Ich denke dass "Dipl.-Sozialarbeiter" hier mit seiner Einschätzung ganz gut liegt.
Weil:
Dipl.-Sozialarbeiter hat geschrieben: 17.09.23, 16:26
jana86 hat geschrieben: 17.09.23, 12:01 ...
Eine Mitarbeiterin geht nun zu einem Arbeitskollegen, der in einer von ihr selten besuchten Etage sitzt, um den Kollegen zu bitten sie mit nach Hause zu nehmen. Dazu ist es nicht gekommen.
...
Handelt es sich um einen Arbeitsunfall?
Bei diesem Vorgang eher nein.
Die Reise in Richtung "privat" läuft und daher vermutlich in Richtung "Freizeitunfall" interpretiert werden kann.
Da könnte evtl. die Hundehalterhaftpflichtversicherung ein Thema sein, zumindest falls das Arbeitsgericht bzw. das Landessozialgericht eine mögliche Klage abweisen würde.
Bei manchen Staaten gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist, als der, der ihn gemacht hat. [Freiheit f. Assange]
matthias.
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 24551
Registriert: 07.06.05, 21:10

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von matthias. »

Wenn man sich das anschaut:

https://www.haufe.de/recht/arbeits-sozi ... 40912.html

Und darin den Absatz:
Handlungstendenz entscheidend für den Versicherungsschutz

Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz komme in dem von der Rechtsprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen „dienlichen“, „dienenden“ oder „zu dienen bestimmten“ Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit müsse mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung erfolgen und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher bzw. privatnütziger Tätigkeiten.
Dann ist das Aufsuchen einer Kollegin zur privaten Absprache des Nachhausewegs, in einer Abteilung wo man gar nicht arbeitet, wohl in der Tat privat.

Ansonsten hat die Firma einen Betriebsrat?

Über den könnte (natürlich nur wenn da nicht lauter Hundebesitzer drin sitzen :devil: ) eine Hausordnung durchgesetzt werden in der Hunde verboten werden. Aber das ist in der Tat ein schwieriges Thema. Hatten wir bei uns auch schon. Bei uns sind mittlerweile, nachdem ein Mitarbeiter gebissen wurde, Hunde im Gebäude grunsätzlich verboten.
Dipl.-Sozialarbeiter
FDR-Moderator
Beiträge: 19590
Registriert: 09.12.06, 17:23

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von Dipl.-Sozialarbeiter »

matthias. hat geschrieben: 21.09.23, 11:31 Wenn man sich das anschaut:

https://www.haufe.de/recht/arbeits-sozi ... 40912.html

Und darin den Absatz:
Handlungstendenz entscheidend für den Versicherungsschutz

Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz komme in dem von der Rechtsprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen „dienlichen“, „dienenden“ oder „zu dienen bestimmten“ Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit müsse mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung erfolgen und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher bzw. privatnütziger Tätigkeiten.
Dann ist das Aufsuchen einer Kollegin zur privaten Absprache des Nachhausewegs, in einer Abteilung wo man gar nicht arbeitet, wohl in der Tat privat.
Die Haftungsfrage des Tierhalters ist gesetzlich in § 833 BGB geregelt. Hier haftet der Tierhalter grundsätzlich immer (Ausnahme siehe § 833 Satz 2 BGB).


Selbst wenn der Vorgang ein Arbeitsunfall ist, würde die Berufsgenossenschft, gesetzliche Unfallversicherung und/oder die Krankenkasse Schadensersatz für ihre Aufwendungen vom Hundehalter einfordern können.

Wir haben selbst einen Bürohund für die tiergestützte Pädagogik und meine Kollegin hat eine Tierhalterhaftpflichtversicherung, die mögliche Schäden im Büro ausdrücklich mit einschließt.

matthias. hat geschrieben: 21.09.23, 11:31 ...
Ansonsten hat die Firma einen Betriebsrat?

Über den könnte (natürlich nur wenn da nicht lauter Hundebesitzer drin sitzen :devil: ) eine Hausordnung durchgesetzt werden in der Hunde verboten werden. Aber das ist in der Tat ein schwieriges Thema. Hatten wir bei uns auch schon. Bei uns sind mittlerweile, nachdem ein Mitarbeiter gebissen wurde, Hunde im Gebäude grunsätzlich verboten.
Nicht jede/r Hunderasse/Hund ist vom Wesen her als Bürohund geeignet. Daher ist es gut, dass Bürohunde dem Erlaubnisvorbehalt der Vorgesetzten/Firmenleitung unterliegen. Ich würde bei einer Erlaubnis zudem auf eine Tierhalterhaftpflichtversicherung bestehen und einen entsprechenden, regelmäßigen Versicherungsnachweis verlangen.
matthias.
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 24551
Registriert: 07.06.05, 21:10

Re: Arbeitsunfall?

Beitrag von matthias. »

Dipl.-Sozialarbeiter hat geschrieben: 21.09.23, 15:32
Wir haben selbst einen Bürohund für die tiergestützte Pädagogik und meine Kollegin hat eine Tierhalterhaftpflichtversicherung, die mögliche Schäden im Büro ausdrücklich mit einschließt.
Blindenhunde oder sonstige Helferhunde sind natürlich ausgenommen.

Ansonsten muss das halt jeder selber wissen, ob sich der AG in Tierspychologie einarbeiten will oder beurteilen was ein Bürohund ist :devil:
Antworten