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Projektmanagement und Outsourcing

Verfasst: 25.07.14, 18:08
von Mike Gimmerthal
Ich habe da mal ein -juristisches-Problem.
Mein Problem sind die "freien Unternehmer" die das volle Riskio bei (an und für sich) abhängiger Beschäftigung tragen. Und die rechtliche Bewertung natürlich :wink:
Und das trägt zwei Namen: Projektmanagement oder Interims-Management und Outsourcing.
Jeder kleine AN freut sich wenn er auf die Visitenkarte "seines" Unternehmens Projektmanger schreiben kann. Ich kenne Dutzende Fälle im direkten Umfeld in denen Interims-Manager noch nicht einmal Verantwortung der mittleren Führungsebenen übernehmen. Von Personalverantwortung ganz zu schweigen.

Ich bin mal so frei und hole aus:
Mindestens einmal die Woche wurde mir ein "Freelancer" Job oder ein "Projekt" angeboten (ich war auf Jobsuche und nutze die Netzwerke). Laufzeiten so 3-6 Monate. Oft bei namhaften und grossen Unternehmen. Praktisch ausnahmslos erfolgt der Hinweis, dass die Firma an meiner(!) Qualifikation interessiert ist und sich dann weitere Projekte mit Laufzeiten zwischen 3 und 12 Monaten anschliessen würden. Wohlgemerkt: bei der gleichen Firma. Also alles langfristig.
Dazu kommt, dass die Projekte entweder für 4 Stunden am Tag bei einer 4 Tage Woche (Problem des Selbständigen die Lücken mit Produktivstunden zu füllen) oder Vollzeit (mit erwarteten 50 Stunden-Wochen) angeboten werden.
Praktisch immer darf der Tagessatz ein eng gestecktes Limit nicht übersteigen, ansonsten ist - trotz guter Passgenauigkeit von Stellenbeschreibung und Profil - kein Auftrag zu erwarten.
Ab einer gewissen Qualifikationsstufe nennt sich das übrigens gerne auch "Interims-Management". Erst die Tage wurde eine Studie veröffentlicht, die die Akzeptanz von Interims-Managemet lobt.

Ich gebe mal Teile eines Gesprächs wieder:
Angebot für ein Projekt für 4-5 Monate.
OT: Machen sie das als LTD. oder haben sie schon eine Frima in England für die sie als Freelancer arbeitenh können? Wir helfen ihnen gerne bei der Gründung einer Firma in London ... Ach sie haben ein Gewerbe in Deutschland. Das ist gut.
...
Nach Hinweis auf eine mögliche Scheinselbständigkeit - OT: Wir haben da einen Vertrag nach der neuen GATS (Allgemeines Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen) der ist wasserdicht, da brauchen sie keine Sorgen haben.

Doch ich habe Sorgen!
Meiner Meinung hat das "Geschäftsmodell" mehrere gravierende Nachteile (nur für die Menschen. für die Unternehmen natürlich Vorteile!):
Der "Unternehmer/Freelancer" trägt das gesamte unternehmerische Risiko, muss sich selbst teuer versichern , ggf noch gegen Schadensersatz (Rechtsschutz, Betriebshaftpflicht) absichern, muss Fahrten zu den Arbeitsstellen oder Übernachtungen vor Ort selbst organisieren und vorstrecken, muss sich Arbeitsmittel und PSA selbst beschaffen und ersetzen wenn nötig, muss Folgeaufträge aquirieren, muss seine Finanzen ständig im Auge haben, Rücklagen für Steuern bilden, regelmässig Buchhaltung machen und Umsatzsteuer abführen. Und das für "mittleres Management" - ohne jede Verantwortung bei voller Risikohaftung allerdings.

Nicht vergessen darf man, dass man keine Folgeaufträge bekommt, wenn man den "Auftraggeber" nicht befriedigt und bei Laune hält. Sachkundige, unabhängige Meinungen sind also schwer zu vertreten. Um "im Geschäft" zu bleiben muss der Unternehmer also auf alle Rechte der Mitbestimmung verzichten obwohl er meist in die Organisationsstruktur des Auftragggebers eingebunden ist.
Ich bin nun im Bereich HSE und CSR unterwegs und da wird das besonders schwierig. Denn da muss man per Jobbeschreibung und gesetzlichem Auftrag (ArbSchG, ASiG) dem Management auch mal auf die Füsse treten. Fachlich weisungsfrei.

In der Folge bedeutet das also m.E.:
- Das deutsche Sozialsystem wird unterlaufen (fehlende Beiträge).
- Der Freelancer, der eigentlich Arbeitnehmer ist, bekommt das unternehmerische Risiko aufgebürdet. Und zwar vollständig - auch für den Geschäftsverlauf des einzigen Auftraggebers (bei "Projekt"-Jobs). Von der Sicherung von Anschluss"aufträgen" und dem Urlaubsanspruch mal ganz abgesehen!
- Als Freelancer braucht man viel "Arsch in der Hose" um einem Kunden wegen Sicherheitsmängeln die Baustelle vorübergehend stillzulegen. Also wird auch die Arbeitsschutz-Gesetzgebung ausgehebelt. Es darf nur gerade soviel gemacht werden, dass den formalen Anforderungen - gerichtsfest - entsprochen wird. Der Rest ist Kapitalismus: Gewinnminderung vs. Gesundheit und Leben.
- Das Kündigungsschutzgesetz und die Mitarbeitermitbestimmung wird ebenfalls umgangen.

Das ist de facto eine Verschärfung der um sich greifenden Werksvertrag und Sub-Sub-Sub-... -Unternehmer Kultur.
Die Frage ist also ob - und wenn ja wie - man rein rechtlich gegen diesen "Kulturwandel" vorgehen kann/könnte.

Oder müssen wir (Achtung Wortspiel 8) ) klaglos zusehen wie unser Sozial- und Rechtsstaat ausgehöhlt wird? Ich frag nur mal so ... :liegestuhl:

Re: Projektmanagement und Outsourcing

Verfasst: 11.08.14, 19:56
von Mike Gimmerthal
Ok ... schauen wir also weiter zu.
Schade :ostern:

Re: Projektmanagement und Outsourcing

Verfasst: 08.09.14, 21:44
von Mike Gimmerthal
Tja, der Stellenwert von "social responsibility" und dem Interesse an den Rechtsfolgen hält sich offensichtlich in Grenzen. Schade ... :?

Re: Projektmanagement und Outsourcing

Verfasst: 13.10.14, 13:47
von Zafilutsche
Auch mit dieser Unter Sub Sub Sub Kultur, steht der Name des Unternehmens für seine Qualität. Das hat m.E. die Folge dass ein langfristig hoher Qualitätsstandard nicht haltbar ist
und das das Unternehmen geradewegs in eine Selbstzerstörung laufen muß. Da hilft es dem Unternehmen nachher nichts, dass der frühere leitende Projektmanager abserviert wurde und der neue noch keine Erfahrung hat. Aber die Firmenpolitik bestimmt die Oberste Leitung- und das Einkommen zahlt ihr Kunde.
Ob man diesem System folgt, obliegt gegenwärtig bei einem selbst. Aber ich höre oft solche Aussagen wie: Da kann man nix machen. Da änderst du auch nix dran usw.
Ich behaupte: Man kann immer was ändern. Die Frage ist nur wie hoch die Schmerzgrenze ist.

Re: Projektmanagement und Outsourcing

Verfasst: 13.10.14, 22:43
von Mike Gimmerthal
Die Schmerzgrenze scheint immer niedriger zu werden.
Leider hast du recht un ein häufiges Argument ist: "Da kann man eh nichts machen". Die Arbeitswelt verändert sich eben ... Ja weil wir es zulassen und mitmachen.
Ernst Jünger halt 8)

Nicht umsonst hat Jaron Lanier auch auf die "kostenlos online Kultur" in der viele User freiwillig und kostenfrei für die Unternehmen Input geben. Auch das geht in die gleiche Richtung ...

Re: Projektmanagement und Outsourcing

Verfasst: 24.10.14, 20:19
von istdasso?
Da hast du schon Recht - mit allem was du da im Eingangsposting berichtet hast.

Ich will aber mal etwas anderes einwerfen :

Von der andered Seit kommt das doch genauso auf den Mitarbeiter zu. Als Angestellter steht der Job doch auch ständig zu Disposition.
Ein Bekannter war z.B. Administrator bei einem richtig großen Konzern - schon einige Jahre mit unbefristetm tollen Vertrag. Nach einiger Zeit wurde der Sevicebereich in eine Tochter GmbH mit mehreren Standorten ausgelagert. Wieder später übernahm ein andrer Dienstleister - und Tochter GmbH war dann Geschichte.

So kann's bei den Großen kommen - bei kleinen Unternehmen ist man eh oft komplett entrechtet und andersherum für alles verantwortlich - ausser dem Geldverdienen.

Mein alter Herr hat über 40 Jahre im gleichen Unternehmen gearbeitet und unter den Kollegen war schon mit mitte 40 die Sorge, ob man denn mit 60 rauskommt oder doch bis 65 'malochen' muss. Entlassen wurde man llenfalls wenn man den Chef verprügelt oder den Gesamten Schreibtisch mit Inhalt am Pförtner vorbeischleppen wollte :lachen:
Arbeitslosigkeit war - einmal angestellt - ein Thema aus dem Fernsehen!