Darf man sein eigenes Büro mit Kamera überwachen / Diebstahl

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Lederbeutel100
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Darf man sein eigenes Büro mit Kamera überwachen / Diebstahl

Beitrag von Lederbeutel100 »

Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich bitte euch um Hilfe zu folgender Fallkonstellation:

Die Firma X hat u.a. den Mitarbeiter A, den Mitarbeiter B und den Chef C.

Im Büro des Mitarbeiters A lagert A mit Wissen und Duldung von Chef C ein Lebensmittel, welches er selbst konsumiert und manchmal auch einigen seiner Kollegen spendiert ( es handelt sich NICHT um Alkohol ).

In den letzten Wochen bemerkt A, dass seine Lagerbestände rasch zur Neige gehen. Insbesondere bemerkt er, dass der Schwund scheinbar über Nacht eintritt. Dass heißt nachdem A am Spätnachmittag sein Büro verlassen hat, scheint ein anderer Mitarbeiter seine große Chance zu sehen, geht in das Büro von A, öffnet seinen Schrank und entnimmt Teile des Lebensmittelbestandes.

A sprach mit Chef C über diesen Sachverhalt. Auch glaubt A mittlerweile, dass Mitarbeiter B der Täter sein könnte. Chef C wäre damit einverstanden, wenn A sich eine getarnte Kamera kauft und diese in seinem Büro, in welchem er alleine sitzt, anbringt.


Jetzt die konkreten Fragen:

1.) Darf A - mit schriftlicher Einwilligung von Chef C - eine getarnte Kamera im Büro anbringen ?

2.) Darf Chef C - sofern sich der Diebstahl dadurch beweisen lässt - eine Abmahnung oder Kündigung ggü. Mitarbeiter B aussprechen ?


Hinweis-1: Eine strafrechtliche Verfolgung der Angelegenheit ist weder von A noch von Chef C geplant. Es geht ausschließlich um die Herbeiführung
von arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

Hinweis-2: Das Büro wird nicht von Kunden frequentiert.


Schon mal Danke für eure Antworten.
FelixSt
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Re: Darf man sein eigenes Büro mit Kamera überwachen / Diebs

Beitrag von FelixSt »

Chef C sollte dringend für eine bessere Auslastung von Mitarbeiter A sorgen.
Ich empfehle jedem, selbst zu denken und es sich nicht von unseren Forengutmenschen wie z.B. lottchen abnehmen zu lassen.
Ronny1958
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Re: Darf man sein eigenes Büro mit Kamera überwachen / Diebs

Beitrag von Ronny1958 »

@Felix: Muß das immer sein?


Das Büro darf überwacht werden, wenn auf die Überwachung durch Kamera hingewiesen wird.
Das Bonner Grundgesetz ist unverändert in Kraft. Eine deutsche Reichsverfassung, eine kommissarische Reichs-Regierung oder ein kommissarisches Reichsgericht existieren ebenso wenig, wie die Erde eine Scheibe ist. (AG Duisburg 26.01.2006)
locarno

Re: Darf man sein eigenes Büro mit Kamera überwachen / Diebs

Beitrag von locarno »

Denken Sie einmal über folgendes nach: Eine Firma möchte jemanden kündigen, weil dieser kein Firmeneigentum stiehlt und auch sonst nicht sehr schlecht arbeitet.
Um diesen nicht das Firmeneigentum betreffenden Sachverhalt aufzuklären beauftragt sie einen Nichtprokuristen, heimlich Bilder/Videos eines hierchisch gleichgestellten
anzufertigen.

Wird das gelingen?

Ein nicht leitender Mitarbeiter darf keine Spionagebilder anfertigen, auch wenn der AG zustimmt, ein Direktionrecht dazu gibt es nicht (§ selbst heraussuchen!).

Der AG selbst darf hingegen Bilder machen, so viel er möchte, diese darf er aber i.d.R. nicht auswerten, nicht weitergeben und auch nicht heimlich anfertigen. Ergo darf er sie nicht benutzen.
Die Aufzeichnung von Videos am Arbeitsplatz befindet sich im Spannungsfeld von Art. 2 I GG, Art 1 I GG,Artt. 14 GG und Art. 12 GG. Ferner ist § 6b BDSG zu beachten.
Da gibt es zudem das Gebot der Verhältnismäßigkeit.

Im Klartext: Ein verschlossener Schrank ist ein effektives und verhältnismäßiges Mittel zur Diebstahlverhütung von Fressalien,
im Vergleich dazu ist eine flächendeckende Videoüberwachung unverhältnismäßig und Persönlichkeitsrechtseinschränkend.

Zu Einlesen ist dieses schöne Thema: Das BAG hat über einen Fall entschieden und hielt hier die verdeckte, zeitlich begrenzte Anfertigung von solchen Videos durch den AG zwar für teilweise zulässig, 2 AZR 153/11. Hier ging es jedoch in der Hauptsache um eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung! Der Schaden war auch sehr groß. Nicht nur deshalb ist
der Fall nicht vergleichbar.

Frage zwei:
Falls ein konkreter Verdacht besteht, darf der AG nicht nur, er muss Fehlverhalten zeitnah abmahnen. Der Mitarbeiter, dessen Fraß geklaut wird, ist dazu nicht berechtigt.
Im vorliegenden Fall ist aber keine Störung der Betriebsruhe erkennbar, es gibt nur Verdächtigungen. Diese werden aber nicht einmal vom AG erhoben. Außerdem hat der vermeintliche
Fresser dem AG nichts weggenommen. Bei der Verhandlung wäre ich zu gerne dabei!

Der AG möge sich also ein wenig zurücknehmen und einen Juristen konsultieren, so viel Zeit muss sein. Gleiches gilt für den Mitarbeiter, der sich auf dünnem Eis bewegt.
Der mißtrauische Kollege möge sich zwischenzeitlich ein Schloss kaufen, dessen Schlüssel er selbst verwahrt. Hinter diesem Schloss bewahre er dann seinen Mampf zukünftig auf.
Evtl. ist eine Reduzierung der Nahrungsaufnahme ebenfalls anzuraten. Auch eine Auslagerung der Nahrungsmittel ist erkennbar kaum unzumutbar.

P.S. Es geht hier um Arbeitsrecht.
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