Volljährigkeit im Landesrecht
Moderator: FDR-Team
Volljährigkeit im Landesrecht
Ich habe eine theoretische Frage, die sich aus einer Problematik im Forum Schulrecht ergeben hat:
Inwieweit ist der Landesgesetzgeber im Landesrecht an die Volljährigkeitsgrenze 18 Jahre im BGB/SGB VIII usw. gebunden? Wäre es verfassungsrechtlich zulässig, wenn der Landesgesetzgeber im Bereich des Landesrechtes die Volljährigkeit auf 21 setzt, also zB im Schulgesetz die Eltern maßgeblich mit einbezieht, auch wenn es nur um allgemeine Dinge geht (Unterzeichnung Zeugnisse, Klassenfahrten usw.). Gleiches könnte man im Hochschulrecht regeln, dass auch hier den Eltern ein Mitspracherecht eingeräumt wird. Hierzu würden mich Meinungen interessieren.
Wichtig wäre, ob der Begriff "bürgerliches Recht" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG dazu ermächtigt, das elterliche Erziehungsrecht und damit die Volljährigkeit für alle Rechtskreise zu regeln oder ob sich diese Regelung auf das Privatrecht und das öffentliche Recht des Bundes beschränkt. In diesem Fall könnte nämlich der Landesgesetzgeber die öffentlich-rechtliche Handlungsfähigkeit vor Behörden anders regeln und zB das Alter erhöhen. So könnten beispielsweise Bundesländer regeln, dass bestimmte Zuwendungen nur beantragt werden können, wenn die Eltern zustimmen. Zweck könnte es sein, das elterliche Erziehungsrecht über das 18. Lebensjahr hinaus so lange auszudehnen, wie die Eltern Unterhalt leisten. Dies mag wenig praxisrelevant sein, würde mich aber interessieren, da es für einige Jugendliche sinnvoll wäre, wenn sie auch über das 18. Lebensjahr hinaus noch unter einer gesteigerten elterlichen Aufsicht stünden.
Inwieweit ist der Landesgesetzgeber im Landesrecht an die Volljährigkeitsgrenze 18 Jahre im BGB/SGB VIII usw. gebunden? Wäre es verfassungsrechtlich zulässig, wenn der Landesgesetzgeber im Bereich des Landesrechtes die Volljährigkeit auf 21 setzt, also zB im Schulgesetz die Eltern maßgeblich mit einbezieht, auch wenn es nur um allgemeine Dinge geht (Unterzeichnung Zeugnisse, Klassenfahrten usw.). Gleiches könnte man im Hochschulrecht regeln, dass auch hier den Eltern ein Mitspracherecht eingeräumt wird. Hierzu würden mich Meinungen interessieren.
Wichtig wäre, ob der Begriff "bürgerliches Recht" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG dazu ermächtigt, das elterliche Erziehungsrecht und damit die Volljährigkeit für alle Rechtskreise zu regeln oder ob sich diese Regelung auf das Privatrecht und das öffentliche Recht des Bundes beschränkt. In diesem Fall könnte nämlich der Landesgesetzgeber die öffentlich-rechtliche Handlungsfähigkeit vor Behörden anders regeln und zB das Alter erhöhen. So könnten beispielsweise Bundesländer regeln, dass bestimmte Zuwendungen nur beantragt werden können, wenn die Eltern zustimmen. Zweck könnte es sein, das elterliche Erziehungsrecht über das 18. Lebensjahr hinaus so lange auszudehnen, wie die Eltern Unterhalt leisten. Dies mag wenig praxisrelevant sein, würde mich aber interessieren, da es für einige Jugendliche sinnvoll wäre, wenn sie auch über das 18. Lebensjahr hinaus noch unter einer gesteigerten elterlichen Aufsicht stünden.
mfg
Klaus
Klaus
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
ganz einfach (steh sogar im Grundgesetz): "Bundesrecht bricht Landesrecht"
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
Die Volljährigkeit nicht, aber hier geht es eher um die Handlungsfähigkeit. Die kann in verschiedenen Rechtsbereichen unterschiedlich geregelt sein, und ist es auch. Im BGB ist sie lediglich für das Bürgerliche Recht festgelegt, dort als Geschäftsfähigkeit bezeichnet. In anderen Bereichen beginnt sie schon mit 14 (Religionsrecht), 15 (Sozialrecht) oder 16 (Wahlrecht in manchen Ländern). Ebenso ist es denkbar, daß sie in bestimmten Rechtsbereichen, auch landesrechtlich geregelten, erst später als mit 18 beginnt. Auch das Strafrecht unterscheidet z.B. zwischen dem "Heranwachsenden" (18 bis 20) und dem "Erwachsenen" (ab 21), zum Schöffen kann man erst ab 25 werden.0Klaus hat geschrieben: Inwieweit ist der Landesgesetzgeber im Landesrecht an die Volljährigkeitsgrenze 18 Jahre im BGB/SGB VIII usw. gebunden? Wäre es verfassungsrechtlich zulässig, wenn der Landesgesetzgeber im Bereich des Landesrechtes die Volljährigkeit auf 21 setzt
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
Geregelt ist sie allerdings auch in § 1626 BGB, wobei die Eltern die Pflicht und das Recht haben, für das minderjährige Kind zu sorgen.FM hat geschrieben:Im BGB ist sie lediglich für das Bürgerliche Recht festgelegt, dort als Geschäftsfähigkeit bezeichnet.
Dann müsste man sehen, worauf der Gesetzgeber diese Einbeziehung der Eltern stützen möchte. Bzgl. des Sorgerechts ist sie m.E. abschließend bundesrechtlich geregelt.Ebenso ist es denkbar, daß sie in bestimmten Rechtsbereichen, auch landesrechtlich geregelten, erst später als mit 18 beginnt.
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
Ja und Nein. Art. 31 GG ist eigentlich eine inhaltsleere Norm. Denn es gibt keinen Fall, in dem Bundes- und Landesrecht Regelungen zu der selben Materie aufweisen und hierbei nicht einer von beiden Gesetzgebern gegen die Gesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG. verstößt. Es ist an sich immer eine Frage, wer für den Erlass zuständig ist.hawethie hat geschrieben:ganz einfach (steh sogar im Grundgesetz): "Bundesrecht bricht Landesrecht"
Uns so ist es, darauf wurde von FM auch völlig richtig hingewiesen, eine Frage, welche Materie dem Landesrecht zugrunde legt, in dem der Landesgesetzgeber eine Altersgrenze normiert.
Volljährigkeit als solche, wie sie § 2 BGB regelt, kann sich natürlich nur auf Materien beziehen, die der Bundesgesetzgebung unterliegen, was allein im Hinblick auf das BGB natürlich eine Menge ist. Andere Regelungen normieren selbst keine Volljährigkeit, verweisen aber auf diejenige nach § 2 BGB.
Daher kann der Landesgesetzgeber natürlich dort, wo ihm die Gesetzgebungskompetenz zukommt, auch Altersgrenzen selbst einführen. Schranken unterliegt er hierbei nur dort, wo ein zu niedriges Alter den Schutz Minderjähriger unterlaufen würde, was wiederum in die Bundeskompetenz fällt, oder anders Kollisionen mit Materien der Bundesetzgebung auftreten.
Gruß
Dea
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Re: Volljährigkeit im Landesrecht
Ist das wirklich so? Wenn tatsächlich eine solche konkurrierende Regelung existiert und Bund oder Land hat dabei gegen Art. 70 ff. GG verstoßen - dann haben wir immer noch die Problematik, welche Auswirkungen das auf konkrete Einzelfälle hat. Stehe ich vor Gericht (egal ob Straf- oder Zivil-) und berufe mich auf diese Regelung, muß das Gericht doch wegen Art. 31 GG dem Bundesrecht den Vorzug geben - und nicht erst die Sache dem BVerfG vorlegen, damit dieses entscheidet, welche Seite nun gegen Art. 70 ff. GG verstoßen hat und wessen Regelung deswegen unwirksam ist. Oder habe ich da einen Denkfehler?cmd.dea hat geschrieben:Art. 31 GG ist eigentlich eine inhaltsleere Norm. Denn es gibt keinen Fall, in dem Bundes- und Landesrecht Regelungen zu der selben Materie aufweisen und hierbei nicht einer von beiden Gesetzgebern gegen die Gesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG. verstößt.
Konstruieren wir mal einen plakativen absurden Fall: Bayern führt eine Regelung ein "volle Geschäftsfähigkeit schon ab 16". Der 17-jährige A wird nun von B vor dem LG München auf Erfüllung eines Kaufvertrages über einen Maybach in Anspruch genommen. B beruft sich auf die Landesregelung, der A sei voll geschäftsfähig. A beruft sich auf die Bundesregelung, er sei noch nicht voll geschäftsfähig und der Vertrag schwebend unwirksam. Was würde das Gericht ohne Art. 31 GG nun tun müssen? Mit Art. 31 GG ist die Sache ein Selbstläufer.
DefPimp: Mein Gott
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.
Chabos wissen, wer der M.A.S. ist.
Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.
Chabos wissen, wer der M.A.S. ist.
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
Ich sags mal so: Das ist ein wirklich pfiffiger Gedanke und klingt auf den ersten Blick logisch. Allerdings regelt Art. 31 GG keine Handhabung der Rechtsanwendung, sondern stellt allein die abstrakte Normhierarchie unter dem GG dar.
Eine Handhabung für die Rechtsanwendung kann Art. 31 GG bereits deshalb nicht leisten, da ja im Falle einer Inhaltskollision überhaupt nicht klar ist, ob nun der Bundes- oder der Landesgesetzgeber eigentlich das Gesetz hätte erlassen dürfen. Wäre der Landesgesetzgeber zuständig, wäre es (insb. nach der Grundentscheidung des GG zu der Gesetzgebungskompetenz der Länder, vgl. Art. 30, 70 Abs. 1 GG) gänzlich systemwidrig und auch vom Verfassungsgeber keinesfalls gewollt, dass das Bundesrecht immer Vorrang hat. Eine solche Idee ist dem GG gänzlich fern. Tatsächlich hat immer das Gesetz vorrang, dass eben vom zuständigen Gesetzgeber erlassen wurde. Daher erfasst der (inhaltlich wie auch immer geartete) Inhalt des Art. 31 GG bereits tatestandlich nur solche inhaltlichgleiche Gesetze, die jeweils unter Einhaltung der vorgesehenen Gesetzgebungskompetenz erlassen wurden (und eben hierin liegt das Paradox der Norm).
Wenn ein Fall der Inhaltskollision zwischen Bundes- und Landesrecht vorliegt, darf das Gericht nicht gegen bestehende formelle Gesetze (hier also formelles Landes- und Bundesrecht) entscheiden, es muss zwingend dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorlegen, dem allein das Normverwerfungsmonopol obliegt. Denn es ist dem Gericht zwingend untersagt, die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes und damit dessen Nichtigkeit oder zumindest Nichtanwendbarkeit zu prüfen. Das aber würde es machen, wenn es das eine Gesetz wegen einem von ihm angenommenen Verstoß gegen Art. 31 GG nicht anwendet. Letztlich wäre es ja kein großer Unterschied, ob das Gericht sagt, es wende das Landesrecht wegen Vertoßes gegen Art. 31 GG oder gegen Art. 70 ff. GG nicht an. So Gesetze erlassen und damit "in der Welt" sind, ist es allein am BVerfG, über deren Anwendung oder Nichtanwendung zu entscheiden.
Der gänzlich richtige Weg des Gerichts im Falle einer Normkollision wäre daher, zu eruieren, welches Gesetz seiner Ansicht nach wegen mangelnder Gesetzgebungskompetenz des einen oder anderen Gesetzgebers verfassungswidrig ist, und dieses dann nach Art. 100 GG vorzulegen.
Gruß
Dea
Eine Handhabung für die Rechtsanwendung kann Art. 31 GG bereits deshalb nicht leisten, da ja im Falle einer Inhaltskollision überhaupt nicht klar ist, ob nun der Bundes- oder der Landesgesetzgeber eigentlich das Gesetz hätte erlassen dürfen. Wäre der Landesgesetzgeber zuständig, wäre es (insb. nach der Grundentscheidung des GG zu der Gesetzgebungskompetenz der Länder, vgl. Art. 30, 70 Abs. 1 GG) gänzlich systemwidrig und auch vom Verfassungsgeber keinesfalls gewollt, dass das Bundesrecht immer Vorrang hat. Eine solche Idee ist dem GG gänzlich fern. Tatsächlich hat immer das Gesetz vorrang, dass eben vom zuständigen Gesetzgeber erlassen wurde. Daher erfasst der (inhaltlich wie auch immer geartete) Inhalt des Art. 31 GG bereits tatestandlich nur solche inhaltlichgleiche Gesetze, die jeweils unter Einhaltung der vorgesehenen Gesetzgebungskompetenz erlassen wurden (und eben hierin liegt das Paradox der Norm).
Wenn ein Fall der Inhaltskollision zwischen Bundes- und Landesrecht vorliegt, darf das Gericht nicht gegen bestehende formelle Gesetze (hier also formelles Landes- und Bundesrecht) entscheiden, es muss zwingend dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorlegen, dem allein das Normverwerfungsmonopol obliegt. Denn es ist dem Gericht zwingend untersagt, die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes und damit dessen Nichtigkeit oder zumindest Nichtanwendbarkeit zu prüfen. Das aber würde es machen, wenn es das eine Gesetz wegen einem von ihm angenommenen Verstoß gegen Art. 31 GG nicht anwendet. Letztlich wäre es ja kein großer Unterschied, ob das Gericht sagt, es wende das Landesrecht wegen Vertoßes gegen Art. 31 GG oder gegen Art. 70 ff. GG nicht an. So Gesetze erlassen und damit "in der Welt" sind, ist es allein am BVerfG, über deren Anwendung oder Nichtanwendung zu entscheiden.
Der gänzlich richtige Weg des Gerichts im Falle einer Normkollision wäre daher, zu eruieren, welches Gesetz seiner Ansicht nach wegen mangelnder Gesetzgebungskompetenz des einen oder anderen Gesetzgebers verfassungswidrig ist, und dieses dann nach Art. 100 GG vorzulegen.
Gruß
Dea
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
1. Art. 31 GG bezieht sich nicht nur auf die Gesetzgebung, sondern umfasst das Recht in seiner Gesamtheit, daher ist diese Bestimmung vermutlich auch nicht im Bereich der Gesetzgebung, sondern im Abschnitt "Der Bund und die Länder" zugeordnet. Soweit es in einem Einzelfall zu einem Konflikt kommt, soll Landesrecht nichtig sein. Das kann beispielsweise den Bereich des Bundesgewohnheitsrechts betreffen oder Satzungen der Bundesorgane, Verwaltungsakte, öffentlich-rechtliche Verträge usw.
Beispiel: Wenn das Kreiswehrersatzamt einen Musterungstermin anberaumt (Bundesrecht), dann ist insoweit ein polizeirechtlicher Platzverweis (Landesrecht) für die Stadt, in der sich dieses Amt befindet, nicht anzuwenden, ohne dass es einer besonderen Aufhebung bedarf.
2. Art 31 GG ist die Rechtsfolge aus Art. 70 ff. GG.
3. Art. 31 GG stellt klar, dass Bundesrecht nicht nur einen Anwendungsvorrang hat (wie bei EU), so dass bei Außerkrafttreten von Bundesrecht gerade nicht wieder das Landesrecht automatisch gilt, sondern, dass ein entgegenstehendes Landesrecht nichtig wird und erst neu erlassen werden muss.
Beispiel: Wenn das Kreiswehrersatzamt einen Musterungstermin anberaumt (Bundesrecht), dann ist insoweit ein polizeirechtlicher Platzverweis (Landesrecht) für die Stadt, in der sich dieses Amt befindet, nicht anzuwenden, ohne dass es einer besonderen Aufhebung bedarf.
2. Art 31 GG ist die Rechtsfolge aus Art. 70 ff. GG.
3. Art. 31 GG stellt klar, dass Bundesrecht nicht nur einen Anwendungsvorrang hat (wie bei EU), so dass bei Außerkrafttreten von Bundesrecht gerade nicht wieder das Landesrecht automatisch gilt, sondern, dass ein entgegenstehendes Landesrecht nichtig wird und erst neu erlassen werden muss.
mfg
Klaus
Klaus
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
Das ist so leider nicht zutreffend.
Erstens erfasst Art. 31 GG wie gesagt keine Verwaltungsakte, so dass hier keine Kollision besteht. Zweitens kann dieses Beispiel nicht greifen, da der umgekehrte Vorgang ebenso funktionieren würde. Denn andernfalls könnte die Polizei nie gegen jemanden, der etwa auf dem Weg zu einer Bundesbehörde ist, eine polizeirechtliche Verfügung erlassen. Viel mehr noch, er wäre auf dem Weg überhaupt nicht an Landesrecht gebunden, so es diesem in irgendeiner Art entgegen stehen würde (also zB. kein Landestsraßenrecht, er unterliegt also keinem Sondernutzungsverbot, keinen städtischen Satzungen, etc.). Dass das natürlich nicht der Fall ist, ist offensichtlich.
Der eigentliche Grund hierfür liegt aber darin, dass Recht iSd. Art. 31 GG formelle Gesetze (also einfaches, sowie Bundes- und Landesverfassugsrecht) sind.
Gruß
Dea
Art. 31 GG bezieht sich auf formelle Gesetze, nicht auf Gewohnheitsrecht (dessen Existenz ich ohnehin trotz hartnäckiger Nennung bestreite), nicht auf VAs, Verträge schon garnicht.0Klaus hat geschrieben:1. Art. 31 GG bezieht sich nicht nur auf die Gesetzgebung, sondern umfasst das Recht in seiner Gesamtheit, daher ist diese Bestimmung vermutlich auch nicht im Bereich der Gesetzgebung, sondern im Abschnitt "Der Bund und die Länder" zugeordnet. Soweit es in einem Einzelfall zu einem Konflikt kommt, soll Landesrecht nichtig sein. Das kann beispielsweise den Bereich des Bundesgewohnheitsrechts betreffen oder Satzungen der Bundesorgane, Verwaltungsakte, öffentlich-rechtliche Verträge usw.
Das trifft in zweifacher Hinsicht nicht zu.Beispiel: Wenn das Kreiswehrersatzamt einen Musterungstermin anberaumt (Bundesrecht), dann ist insoweit ein polizeirechtlicher Platzverweis (Landesrecht) für die Stadt, in der sich dieses Amt befindet, nicht anzuwenden, ohne dass es einer besonderen Aufhebung bedarf.
Erstens erfasst Art. 31 GG wie gesagt keine Verwaltungsakte, so dass hier keine Kollision besteht. Zweitens kann dieses Beispiel nicht greifen, da der umgekehrte Vorgang ebenso funktionieren würde. Denn andernfalls könnte die Polizei nie gegen jemanden, der etwa auf dem Weg zu einer Bundesbehörde ist, eine polizeirechtliche Verfügung erlassen. Viel mehr noch, er wäre auf dem Weg überhaupt nicht an Landesrecht gebunden, so es diesem in irgendeiner Art entgegen stehen würde (also zB. kein Landestsraßenrecht, er unterliegt also keinem Sondernutzungsverbot, keinen städtischen Satzungen, etc.). Dass das natürlich nicht der Fall ist, ist offensichtlich.
Der eigentliche Grund hierfür liegt aber darin, dass Recht iSd. Art. 31 GG formelle Gesetze (also einfaches, sowie Bundes- und Landesverfassugsrecht) sind.
Genau das kann nicht sein. Denn die Art. 70 ff. GG gehen nach dem Grundsatz des Art. 70 Abs. 1 GG davon aus, dass grundsätzlich die Länder die Gesetzgebungskompetenz haben und Bundesgesetzgebung die Ausnahme ist. Dann wäre aber eine Norm, die im Kollisionsfall Bundesrecht den Vorrang gibt, gerade keine Folge aus den Art. 70 ff. GG. Tatsächlich, so hatte ich es oben dargestellt, schließen die Art. 70 ff. GG den Anwendungsbereich des Art. 31 GG gerade aus. Diese Norm erfasst nur formelle Gesetze, die unter Einhaltung der Kompetenzen der Art. 70 ff. GG zustande gekommen sind (andernfalls bedarf es Art. 31 GG bereits garnicht, da ein Gesetz zwingend verfassungswidrig ist und sich die Frage erledigt hat). Solche Fälle sind jedoch gerade nicht gegeben, da sich die Gesetzgebungskompetenzen gegenseitig ausschließen.2. Art 31 GG ist die Rechtsfolge aus Art. 70 ff. GG.
Es gibt eben keinen Anwendungsvorrang, weil sich die Gesetzgebungskompetenzen ausschließen. Genau darin liegt auch der Unterschied zu dem hier nicht als Vergleich heranzuziehenden EU-Recht, welches gerade nicht durch die Gesetzgebungskompetenzen der Mitgliedsstaaten ausgeschlossen wird, sondern tatsächlich über diesem steht und daher Transformation verlangt.3. Art. 31 GG stellt klar, dass Bundesrecht nicht nur einen Anwendungsvorrang hat (wie bei EU),
Waraum sollte bei Außerkrafttreten von Bundesrecht irgendwo Landesrecht gelten? Die Länder erlassen doch gerade keine Gesetze, wo die Kompetenz dem Bund zusteht. Im Übrigen würde dieser Fall ohnehin über die Kompetenzregelung des Art. 74 GG gelöst werden, da der Bund dann eben nicht - mehr - von seinem konkurrierenden Gesetzgebungsrecht Gebrauch macht. Art. 31 GG bedarf es hierzu überhaupt nicht.so dass bei Außerkrafttreten von Bundesrecht gerade nicht wieder das Landesrecht automatisch gilt,
Wenn Landesrecht Bundesrecht entgegen steht, da beides die selbe Materie regelt, ist in jedem Fall ein Gesetz nichtig, aber nicht wegen Art. 31 GG, sondern weil einem der Gesetzgeber das Gesetzgebungsrecht fehlt. Das kann aber genau so gut der Bund sein. Art. 31 GG hat damit nichts zu tun und, wie ich schon sagte, wäre eine Norm, die im Kollisionsfall dem Bundesrecht grundsätzlich den Geltungsvorrang einräumt, obwohl eben dieses möglicher Weise gerade dasjenige ist, welches verfassungswidrig ist, gegen jedes System unseres GG und insb. gegen den Grundsatz der Landesgesetzgebungskompetenz.sondern, dass ein entgegenstehendes Landesrecht nichtig wird und erst neu erlassen werden muss.
Gruß
Dea
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
zu 3. Ich versuche mal anschaulicher: Ich bezog mich auf den (wohl äußerst seltenen) Bereich, wo Landesrecht durch Bundesrecht ersetzt wird und anschließend Bundesrecht wieder aufgehoben wird.
Die Länder erlassen Weiterbildungsurlaubsgesetze, so dass jedem AN 5 Tage Weiterbildungsurlaub zustehen. Der Bund ist nun der Meinung, dieses Thema einheitlich regeln zu müssen und erlässt ein Bundes-Weiterbildungsgesetz (konkurr. Ges.). Das hat zur Folge, dass Landesrecht ersatzlos außer Kraft tritt (Mgl. 1). Alternativ könnte man denken, das Bundesrecht "überlagert" nur das Landesrecht (Mgl. 2). 1 Jahr später wird das Bundesgesetz aus polit. Gründen wieder außer Kraft gesetzt.
Im Falle der Mgl. 1 besteht nun kein Weiterbildungsurlaubsrecht mehr, weil das Landesrecht nicht wieder auflebt (Bundesrecht bricht Landesrecht). im Fall Mgl. 2 lebt das Landesrecht wieder auf, weil es durch Bundesrecht (eine gewisse Zeit) überlagert worden ist.
Die Argumentation zu 1. ist nachvollziehbar, ich sehe nur das Problem, dass die Bestimmung eben gerade nicht bei der Gesetzgebung angeordnet ist, sondern im Verhältnis Bund - Länder. Weiter kann der Begriff des Rechts umfassend auf alle staatlichen Maßnahmen mit Regelungsgehalt verstanden werden.
Die Länder erlassen Weiterbildungsurlaubsgesetze, so dass jedem AN 5 Tage Weiterbildungsurlaub zustehen. Der Bund ist nun der Meinung, dieses Thema einheitlich regeln zu müssen und erlässt ein Bundes-Weiterbildungsgesetz (konkurr. Ges.). Das hat zur Folge, dass Landesrecht ersatzlos außer Kraft tritt (Mgl. 1). Alternativ könnte man denken, das Bundesrecht "überlagert" nur das Landesrecht (Mgl. 2). 1 Jahr später wird das Bundesgesetz aus polit. Gründen wieder außer Kraft gesetzt.
Im Falle der Mgl. 1 besteht nun kein Weiterbildungsurlaubsrecht mehr, weil das Landesrecht nicht wieder auflebt (Bundesrecht bricht Landesrecht). im Fall Mgl. 2 lebt das Landesrecht wieder auf, weil es durch Bundesrecht (eine gewisse Zeit) überlagert worden ist.
Die Argumentation zu 1. ist nachvollziehbar, ich sehe nur das Problem, dass die Bestimmung eben gerade nicht bei der Gesetzgebung angeordnet ist, sondern im Verhältnis Bund - Länder. Weiter kann der Begriff des Rechts umfassend auf alle staatlichen Maßnahmen mit Regelungsgehalt verstanden werden.
mfg
Klaus
Klaus
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
Hallo,
Zuzugeben ist hierbei allerdings, dass das BVerfG in einigen Urteilen tatsächlich von möglichen "Verstößen" von Landesrecht gegen Art. 31 GG spricht. Alle mir dazu bekannten Entscheidungen waren diesbezüglich aber obsolte, da letztlich keine Kollision festgestellt wurde.
Aber vielleicht kommt ja (oder existiert schon und ich kenne sie nicht) eine solche Entscheidung und dann wären wir über den Anwendungsbereich des Art. 31 GG klüger.
Im Ergebnis halte ich die Ansicht und auch auch die Anwendung auf Fälle des Art. 74 GG für gut vertretbar (wenn auch wegen der Art. 70 ff GG nicht für notwendig). Das Problem ist, dass die Kommentierungen hier selbst nicht genau wissen, was Inhalt er Norm ist, außer, dass sie Ausdruck der Normierarchie sei. Das ist ja auch richtig so, aber die Normierarchie sehe ich, jedenfalls für formelles Recht, in Art. 70 GG schon ausdrücklich und umfassend festgehalten.
Gruß
Dea
Ich verstehe die Argumenantation, aber auch diese Fällen sind über die Kompetenznormen zu lösen, da der Bund den Ländern die Gesetzgebungskompetenz quasi nachträglich entzieht.0Klaus hat geschrieben:zu 3. Ich versuche mal anschaulicher: Ich bezog mich auf den (wohl äußerst seltenen) Bereich, wo Landesrecht durch Bundesrecht ersetzt wird und anschließend Bundesrecht wieder aufgehoben wird.
Die Länder erlassen Weiterbildungsurlaubsgesetze, so dass jedem AN 5 Tage Weiterbildungsurlaub zustehen. Der Bund ist nun der Meinung, dieses Thema einheitlich regeln zu müssen und erlässt ein Bundes-Weiterbildungsgesetz (konkurr. Ges.). Das hat zur Folge, dass Landesrecht ersatzlos außer Kraft tritt (Mgl. 1). Alternativ könnte man denken, das Bundesrecht "überlagert" nur das Landesrecht (Mgl. 2). 1 Jahr später wird das Bundesgesetz aus polit. Gründen wieder außer Kraft gesetzt.
Im Falle der Mgl. 1 besteht nun kein Weiterbildungsurlaubsrecht mehr, weil das Landesrecht nicht wieder auflebt (Bundesrecht bricht Landesrecht). im Fall Mgl. 2 lebt das Landesrecht wieder auf, weil es durch Bundesrecht (eine gewisse Zeit) überlagert worden ist.
Zuzugeben ist hierbei allerdings, dass das BVerfG in einigen Urteilen tatsächlich von möglichen "Verstößen" von Landesrecht gegen Art. 31 GG spricht. Alle mir dazu bekannten Entscheidungen waren diesbezüglich aber obsolte, da letztlich keine Kollision festgestellt wurde.
Aber vielleicht kommt ja (oder existiert schon und ich kenne sie nicht) eine solche Entscheidung und dann wären wir über den Anwendungsbereich des Art. 31 GG klüger.
Auch das ist stringent. Ich sehe nur nicht, dass die Verortung des Art. 31 GG an anderer Stelle bedeuten würde, dass Kollisionsfälle nicht über die Art 70 ff. GG gelöst würden. Vielmehr ist es eine 2-Stufen Prüfung. Da Art. 31 GG verfassungsgemäßes formelles Recht voraussetzt, muss man ohnehin zuvor die Voraussetzungen der Art. 70 ff GG (zum Zeitpunkt der Entscheidung) prüfen. Erst dann käme man zu einem Anwendungsvorrang.Die Argumentation zu 1. ist nachvollziehbar, ich sehe nur das Problem, dass die Bestimmung eben gerade nicht bei der Gesetzgebung angeordnet ist, sondern im Verhältnis Bund - Länder. Weiter kann der Begriff des Rechts umfassend auf alle staatlichen Maßnahmen mit Regelungsgehalt verstanden werden.
Im Ergebnis halte ich die Ansicht und auch auch die Anwendung auf Fälle des Art. 74 GG für gut vertretbar (wenn auch wegen der Art. 70 ff GG nicht für notwendig). Das Problem ist, dass die Kommentierungen hier selbst nicht genau wissen, was Inhalt er Norm ist, außer, dass sie Ausdruck der Normierarchie sei. Das ist ja auch richtig so, aber die Normierarchie sehe ich, jedenfalls für formelles Recht, in Art. 70 GG schon ausdrücklich und umfassend festgehalten.
Gruß
Dea
Re: Volljährigkeit im Landesrecht
Ich habe die Kommentierung dazu mal gelesen:
Art 31 GG habe wohl Bedeutung gehabt im Zusammenhang mit der abgeschafften Rahmengesetzgebung; dort habe der Artikel ausdrücklich den Vorrang des Bundesrechts bestimmt.
Im Zusammenhang mit der konk. Ges. und im Bereich Verwaltungsakte hat er keine Bedeutung - wie Sie schon schrieben.
Weiter sei er im Zusammenhang mit Art 25 GG von Bedeutung. Danach geht Völkerrecht "den Gesetzen vor" ausgenommen hiervon sei das Landesverfassungsrecht, da dies kein "Gesetz" sei. Erst durch Art. 31 GG wird, da Völkerrecht als Bundesrecht gilt, das Landesverfassungsrecht gebrochen.
Auch sei die Bestimmung im Bereich des Gewohnheitsrechts maßgebend. Weiter in dem Bereich, wo der Bund durch untergesetzliche Regelungen wie RechtsVOen und Satzungen Recht setzt. Im Bereich der konk. Gesetzgebung ist denkbar, dass der erst durch eine RechtsVO ein Bereich abschließend geregelt wird und erst dadurch für Landesrecht kein Raum bleibt.
Ich bin mir nicht sicher, könnte mir aber vorstellen, dass dies in Bereichen auftritt in denen die Bundesregierung ermächtigt wird durch RechtsVO einen (hinreichend bestimmten und begrenzten) durch das Gesetz offengelassenen Sachbereich zu regeln, dies aber nicht tut. Weiter ist denkbar, dass ein Kollisionsfall auftritt, wenn sowohl Bundesregierung als auch die Länder ermächtigt sind durch RechtsVO Regelungen in einem Bereich zu treffen und sich die Kompetenzbereiche überschneiden.
Art 31 GG habe wohl Bedeutung gehabt im Zusammenhang mit der abgeschafften Rahmengesetzgebung; dort habe der Artikel ausdrücklich den Vorrang des Bundesrechts bestimmt.
Im Zusammenhang mit der konk. Ges. und im Bereich Verwaltungsakte hat er keine Bedeutung - wie Sie schon schrieben.
Weiter sei er im Zusammenhang mit Art 25 GG von Bedeutung. Danach geht Völkerrecht "den Gesetzen vor" ausgenommen hiervon sei das Landesverfassungsrecht, da dies kein "Gesetz" sei. Erst durch Art. 31 GG wird, da Völkerrecht als Bundesrecht gilt, das Landesverfassungsrecht gebrochen.
Auch sei die Bestimmung im Bereich des Gewohnheitsrechts maßgebend. Weiter in dem Bereich, wo der Bund durch untergesetzliche Regelungen wie RechtsVOen und Satzungen Recht setzt. Im Bereich der konk. Gesetzgebung ist denkbar, dass der erst durch eine RechtsVO ein Bereich abschließend geregelt wird und erst dadurch für Landesrecht kein Raum bleibt.
Ich bin mir nicht sicher, könnte mir aber vorstellen, dass dies in Bereichen auftritt in denen die Bundesregierung ermächtigt wird durch RechtsVO einen (hinreichend bestimmten und begrenzten) durch das Gesetz offengelassenen Sachbereich zu regeln, dies aber nicht tut. Weiter ist denkbar, dass ein Kollisionsfall auftritt, wenn sowohl Bundesregierung als auch die Länder ermächtigt sind durch RechtsVO Regelungen in einem Bereich zu treffen und sich die Kompetenzbereiche überschneiden.
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