Schlechte Arbeit des Optikers

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Sabina8
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Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Sabina8 »

Liebe Leser, folgender Fall:

Frau S. hat für knapp 2000 Euro eine rahmenlose Gleitsichtbrille bestellt und dafür 700 Euro anbezahlt. Als sie die Brille abholen wollte, war sie entsetzt.

Dem Optiker hatte sie ihre alte Brille gezeigt und ihm gesagt, dass sie im Grunde die gleiche Brille wieder möchte und ihr Augenarzt meinte, sie könne dieselben Werte wieder nehmen. Er hat ihre Werte dennoch gemessen, unter anderem war da auch etwas mit "Prismen", die er wohl berücksichtigt hat.

Die neue Brille ist nun mehr als 0,5 cm breiter als die alte (von den äußeren Glasrändern gemessen), das sieht schonmal recht globig aus. Da Frau S. ihm gesagt hatte, die Gläser sollten exakt dieselbe Form haben wie die alten, ist sie darüber sehr unzufrieden. Schlimmer ist, dass die Gläser am äußeren Rand im Vergleich zur alten Brille etwa doppelt so dick sind (ca. 6mm; alte Brille: etwas 3 mm)), was gerade bei rahmenlosen Brillen mit filigranen Fassungen furchtbar aussieht. Als sie die Brille aufsetzte, wurde ihr zudem schwindelig, und nur im zentralen Fokus sah sie halbwegs scharf. Das liegt an den "Prismen", die der Optiker unfachmännischerweise berücksichtigt hat.

Frau S. erklärte dem Optiker, dass sie Bedenken habe und sich nochmal melde. Er sagte dann, er könne einen schmaleren Steg einbauen (der Stag ist das kleine Teil der Fassung auf der Nase), wodurch die Brille um ca. 3-4 mm weniger breit wird, weil die Gläser enger zusammenrücken. Das ist jedoch großer Pfusch, weil ja dann der Pupillenabstand / die Zentrierung nicht mehr stimmt (wie ihr auch von Optik-Sachverständigen bestätigt wurde, wir nehmen diesen Punkt also hier als gegeben).

Frau S. möchte die Brille nicht annehmen und auch ihre Anzahlung zurückhaben. Optiker haben in der Regel ein Nachbesserungsrecht (gibt es da im Medizinproduktegesetz spezielle Regelungen?). Aber nach dem Vorschlag mit dem kleineren Steg hat Frau S. jedes Vertrauen in diesen Optiker verloren.

Der Optiker reagiert auf ihre per Email verfasste Rückforderung nicht.

Wie seht Ihr das?
FM
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von FM »

Was genau spricht denn gegen eine Nachbesserungsversuch? Die Vermutung des Kunden, der Versuch könne vielleicht erfolglos bleiben?
Sabina8
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Sabina8 »

Na ja, ich kann das schon verstehen: Eine Brille für 2000,- sollte man lieben. Und bei dem hier geschilderten mißglückten Versuch wird das nichts mehr, da bleibt immer ein Unbehagen zurück.
Sabina8
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Sabina8 »

Und bei einer solch teuren Brille darf Frau S. auch gute Beratung erwarten, hinsichtlich Gläsern, Entspiegelung, Scheibenwinkel und so weiter. Sie geht nach allem davon aus, dass der Optiker sie nicht (mehr) angemessen beraten kann.
FM
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von FM »

Das ist ein sehr subjektives Kriterium. Die fachliche Eignung hat der Optiker vermutlich durch seine Meisterprüfung einwandfrei nachgewiesen. Daraus folgt natürlich nicht, dass jedes einzelne Werk fehlerfrei ausfällt.

Die Regelung der Nachbesserung liefe ins Leere, wenn schon die bloße Aussage des Kunden "habe kein Vertrauen" ausreichen würde. Zumal der Kunde dabei auch kein Risiko eingeht. Wenn die Nachbesserung nichts bringt, hat er nichts verloren, außer etwas Zeit. Aber entscheidend ist am Ende nicht, ob man den Handwerker mag, sondern ob das Produkt schließlich doch in Ordnung ist.
Sabina8
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Sabina8 »

Nun ja, aber wie wäre es, wenn dies hier ...
Sabina8 hat geschrieben: 08.10.19, 17:21 Er sagte dann, er könne einen schmaleren Steg einbauen (der Stag ist das kleine Teil der Fassung auf der Nase), wodurch die Brille um ca. 3-4 mm weniger breit wird, weil die Gläser enger zusammenrücken. Das ist jedoch großer Pfusch, weil ja dann der Pupillenabstand / die Zentrierung nicht mehr stimmt (wie ihr auch von Optik-Sachverständigen bestätigt wurde
... als versuchter Betrug iSd § 263 StGB zu werten wäre? Scheint mir nicht so abwegig. Hätte er dann sein Nachbesserungsrecht nicht verwirkt?
FM
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von FM »

Kann es sein, dass die erwähnten Optik-Sachverständigen selbst auch Brillen verkaufen und vielleicht gar ein billigeres Angebot gemacht haben?
Evariste
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Evariste »

FM hat geschrieben: 08.10.19, 17:36 Was genau spricht denn gegen eine Nachbesserungsversuch? Die Vermutung des Kunden, der Versuch könne vielleicht erfolglos bleiben?
Das ist keine Vermutung, das ist Gewissheit. Die vorgeschlagene Maßnahme führt, wie vom TE angemerkt, zu einer horizontalen Dezentrierung der Gläser. Das ist schon bei einer normalen Brille problematisch. Eine Gleitsichtbrille wird dadurch de facto unbrauchbar. In der Progressionszone einer Gleitsichtbrille ist nur ein kleiner Bereich scharf; damit man nahe Objekte gut sehen kann, müssen die Bereiche auf beiden Seiten sich decken. Sind die Gläser dezentriert, passt es nicht mehr. Deswegen gilt nach DIN EN ISO 21987 für Gleitsichtgläser eine Toleranz von gerade mal +/- 1mm. Die sollte ein Meister eigentlich kennen.

Die "Prismen" bringen dem Augenoptiker (und dem Hersteller) zusätzlichen Umsatz, ihr Nutzen ist aber höchst umstritten. Wenn die Kundin keinerlei Beschwerden hat, gibt es für eine Prismenkorrektur normalerweise keinen Grund. In manchen Fällen kann eine kleinere "Winkelfehlsichtigkeit" durch den Einsatz von Prismen sogar verschlimmert werden.

Bleibt noch die stärkere Randdicke des Glases. Diese kann darauf zurückzuführen sein, dass - warum auch immer - ein Glas mit geringerem Brechungsindex verwendet wurde. Darüber hätte der Optiker aufklären müssen.
Evariste
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Evariste »

FM hat geschrieben: 08.10.19, 19:30 Zumal der Kunde dabei auch kein Risiko eingeht. Wenn die Nachbesserung nichts bringt, hat er nichts verloren, außer etwas Zeit.
Kommt darauf an. Durch die Veränderung der Stegbreite ist der Mangel "Brille ist zu breit" zuverlässig behoben. Dass die Kundin dann immer noch Probleme mit der Gleitsichtbrille hat, wird von Optikern gerne als "Anpassungsschwierigkeiten" abgetan (was mitunter ja auch stimmt). Sie soll die Brille mal ein paar Wochen(!) tragen, dann sieht man weiter. Tatsächlich kann es sogar sein, dass sich das Auge früher oder später an die falsche Zentrierung anpasst. Das kann aber nicht der Sinn sein.
Zuletzt geändert von Evariste am 08.10.19, 20:24, insgesamt 1-mal geändert.
Sabina8
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Sabina8 »

Evariste hat geschrieben: 08.10.19, 19:44 Das ist keine Vermutung, das ist Gewissheit. Die vorgeschlagene Maßnahme führt, wie vom TE angemerkt,(...)
Danke Evariste, so ist es. Und wenn der Optiker ein Optikermeister ist, könnte man dann nicht auch den für § 263 StGB geforderten Vorsatz annehmen? Und wie sähe es dann mit seinem Nachbesserungsrecht aus?
Evariste
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Evariste »

Sabina8 hat geschrieben: 08.10.19, 20:19 Und wenn der Optiker ein Optikermeister ist, könnte man dann nicht auch den für § 263 StGB geforderten Vorsatz annehmen?
Ich denke nicht. Dann wäre ja jede Falschberatung, an der jemand etwas verdient, ein strafbarer Betrugsversuch.

Was ich mich allerdings frage, hat denn die Kundin überhaupt schon einmal versucht, den Rücktritt zu erklären? Wie hat der Optiker reagiert?
Zuletzt geändert von Evariste am 08.10.19, 20:58, insgesamt 1-mal geändert.
Sabina8
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Sabina8 »

Na ja, nur jede Beratung, die vorsätzlich falsch ist.

Evariste, würdest du also meinen, der Optiker hat ein Nachbesserungsrecht?
Sabina8
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Sabina8 »

(Oder anders gefragt: Mit welchen Argumenten könnte Frau S. den Optiker überzeugen, sich nicht auf ein Nachbesserungsrecht zu berufen?)
Froggel
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Froggel »

Wenn das wirklich so ein schlechter Optiker ist, dürfte es kein Problem sein, wenn er seine zwei Versuche zur Nachbesserung ausnutzt, denn dann kann man sich so ziemlich sicher sein, dass die Brille am Ende immer noch nicht passend ist - und erklärt dann den Rücktritt vom Kaufvertrag. Gerade wenn er den Steg verkürzt, kann man kaum davon ausgehen, dass das Ergebnis besser ausfällt :wink:
Ich bin kein Jurist.
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Evariste
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Re: Schlechte Arbeit des Optikers

Beitrag von Evariste »

Eine Nachbesserung, bei der vorhersehbar ist, dass sie nichts bringt, muss man m. E. nicht dulden. Ich denke auch nicht, dass der Optiker darauf bestehen wird. Warum soll er sich die Arbeit machen, wenn es sowieso nichts bringt?

Mit der "Betrugs"-Argumentation wird man dagegen wohl eher nicht weiterkommen.
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