Sabina8 hat geschrieben: ↑11.10.19, 09:42
Nehmen wir an, Frau S. hat den Optiker zwischenzeitlich nochmal aufgesucht. Frau S. fragt den Optiker, was für ein Brechungsindex das von ihm verwendete Glas denn hatte. (Vereinfacht gesagt: Ein höherer Brechungsindex ist teurer, dafür sind die Gläser dünner.) Der Optiker weigert sich, ihr dies mitzuteilen. ("Sie verwenden das ohnehin gegen mich!"). Frau S. befürchtet nun, dass der Optiker in Wahrheit ein Billigglas verwendet hat, obwohl die Brille knapp 2000 Euro kosten soll und vereinbart war, bestes Glas zu nehmen.
Das sieht so aus, als ob von beiden Seiten keinerlei Vertrauen mehr vorhanden ist. Daran ist Frau S. aber möglicherweise auch nicht ganz unschuldig, da sie, statt mit dem Optiker nach einer Lösung zu suchen, gleich per E-Mail ihre Anzahlung zurückgefordert hatte. Warum soll er ihr dann noch weitere Auskünfte geben, was hat er davon?
Frau S. schreibt dem Optiker nochmal und fordert ihn auf, mitzuteilen, welches Glas verwendet wurde. Zudem schreibt sie ihm, dass wohl Einigkeit darin besteht, dass eine Nachbesserung nicht in Betracht kommt. Er möge binnen zweier Tage antworten. Der Optiker antwortet nicht. Kann darin der implizite Verzicht auf sein Nachbesserungsrecht gesehen werden?
Nein. Es gibt keinerlei Verpflichtung für den Optiker, auf so eine E-Mail zu antworten, geschweige denn innerhalb von 2 Tagen.
Im Moment stellt sich die Lage so dar:
- Der Optiker hat die Brille geliefert.
- Die Kundin hat Mängel an der Brille festgestellt. (Der einzige "wirkliche" Mangel ist übrigens die Breite der Brille, alles übrige müsste man erst begutachten lassen.)
- Der Optiker hat eine Nachbesserung angeboten.
- Die Kundin hat diese Nachbesserung ohne Begründung verweigert (jedenfalls lese ich nirgendwo, dass die Kundin ihre Bedenken dem Optiker mitgeteilt hätte.)
- Die Kundin gibt durch ihr Verhalten (die 2 E-Mails) zu erkennen, dass sie die Brille nicht abnehmen will.
Der Optiker hat nun 3 Möglichkeiten:
1. Er gibt die Anzahlung zurück und schreibt seine Kosten ab.
2. Er beauftragt einen Anwalt damit, den Kaufpreis einzuklagen.
3. Er behält die Anzahlung, womit wenigstens ein Teil der Kosten gedeckt ist, und hofft darauf, dass die Kundin vor einer Klage zurückschreckt.
Nr. 1 ist eher unwahrscheinlich. Wenn Nr. 2, wird Frau S. demnächst ein Schreiben vom Anwalt (oder einem Inkassobüro) erhalten. Bei Nr. 3 wird der Optiker auf gar nichts mehr reagieren. Frau S. muss sich dann überlegen, ob sie den Optiker verklagen will. Problematisch ist hier, dass das "Mängelexemplar" wohl immer noch im Besitz des Optikers ist.
Ein Nachbesserung könnte auch darin bestehen, dass der Optiker neue Brillengläser bestellt und sie in das existierende Gestell einbaut. Was ist dagegen zu sagen.