1) ein ganz anderer Aspekt, den ich hier noch nicht erwähnt gesehen habe: war die AN zuvor durchgängig beschäftigt oder war sie über einen erheblichen Zeitraum zwischendurch aus ihrem Beruf raus, um sich um die Familie zu kümmern? Ist diese Stelle eventuell gar ihre erste Stelle nach einer langen Auszeit?
Dies würde definitiv eine signifikante Herabgruppierung rechtfertigen!
2) wenn die Vorgängerin aussertariflich angestellt war, dann kann man davon ausgehen, dass sie auch Aufgaben über die Stellenbeschreibung einer "normalen" Sachbearbeiterin hinaus übernommen hat, auch wenn dies nicht in ihrer Ausbildung oder in der Stellenbeschreibung reflektiert war. Dies könnte die Rechtfertigung für ein signifikant übertarifliches Gehalt gewesen sein. Ausserdem gilt sehr oft bei AT-Verträgen, dass die ersten n Überstunden pro Woche mit dem Gehalt bereits abgegolten sind (zB. bis zu acht Überstunden pro Woche), während im Tarif Überstunden ab Beginn zusätzlich bezahlt werden. Auch dies rechtfertigt natürlich ein höheres Gehalt, insbesondere, wenn die Vorgängerin tatsächlich beständig Überstunden ohne Extrabezahlung leisten musste.
3) eine deutlich höhere Bezahlung bei längerer Betriebszugehörigkeit ist auch in tariflichen Verträgen sehr üblich. Als Beispiel: vom Erfahrungslevel 1 bis 6 steigt im Tarifvertrag des Öffentlichen Dienst das Grundgehalt in Gruppe E12 von 3582 auf 5734 EUR. Das ist zwar nicht "das Doppelte", aber immerhin 60% mehr!
4) eine "Überqualifizierung" rechtfertigt keine zusätzlichen Ansprüche, bezahlt wird man für die Arbeit, die der AG anfordert auf dem Qualifizierungslevel, der für diese Arbeit erforderlich ist, nicht für den Qualifizierungslevel, den man mitbringt, der aber nicht gefordert ist
Eine "Diskriminierung" kann ich hier in Summe nicht erkennen. Aber eine Chance und Aufgabe, es bei den nächsten Gehaltsverhandlungen besser zu machen, sich teurer zu verkaufen. Wenn der AG von den Leistungen der ANin überzeugt ist, wird er für eine Vertragsverlängerung auch eine deutlich höhere Gehaltsforderung akzeptieren (müssen). Wenn er das nicht akzeptiert, kann die ANin ja einfach woanders sich bewerben und dort ein höheres Gehalt fordern. Wenn die ANin allerdings erneut ein niedriges Gehalt akzeptiert, deutlich unter ihren Erwartungen und nunmehr auch im Wissen, dass es unter Durchschnitt ist, dann ist ihre Arbeit ganz offensichtlich auch nicht mehr als diesen Betrag "wert", sowohl aus Sicht des AG, wie auch aus ihrer eigenen Sicht.
PS:
Und die Fragen waren sehr einfach: Diskriminierung nach AGG ja-nein, Lohnanpassung einforderbar ja-nein.
nein, nein
erstes Nein, weil AGG vor Benachteiligung wegen
Rasse oder ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter (jedes Lebensalter), sexuelle Identität
verhindern soll. "Alleinerziehend" steht nicht in dieser Liste. Eine Benachteiligung aufgrund Alter oder Geschlecht scheint hier nicht vorzuliegen.
zweites Nein, weil man zwar viel fordern, aber eben dies hier nicht durchsetzen kann. Es ist allerdings insoweit ein eingeschränktes Nein, weil man natürlich immer das Gehalt verhandeln kann, im laufenden Vertrag, insbesondere aber bei Vertragsverlängerung, was allerdings nur dann gute Ergebnisse verspricht, wenn man dafür a) gute Argumente hat ("die anderen kriegen mehr" ist kein gutes Argument, "ich mache besonders gute Arbeit" ist ein gutes Argument) und b) bei Versagung des Gehaltswunsches auch bereit und fähig ist, die Konsequenzen zu ziehen, dh. sich einen anderen Job zu suchen