Großer Schadenersatz / Verspätete Zahlung

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LieschenMueller21
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Großer Schadenersatz / Verspätete Zahlung

Beitrag von LieschenMueller21 »

Folgender theoretischer Sachverhalt.

2015 verkauft Verkäufer A an den Käufer B einen Sachwert. Dabei wird der damals verhandelte Kaufpreis in 2 Tranchen aufgeteilt. Tranche 1 ist bei Unterschrift zum Kaufvertrag 2015 fällig und Tranche 2 zum 31.03.2022. Tranche 1 wird von B fristgerecht 2015 bezahlt. Die Zahlung der Tranche 2 zum 31.03.2022 bleibt aus. Also stellt A an B eine Nachfrist von 7 Tagen (die ja schon sehr lang ist, da eine Nachfrist ja eigentlich nur noch das Beenden einer bereits begonnenen Handlung ermöglichen soll). Auch nach Ablauf der Nachfrist ist der Betrag von Tranche 2 nicht auf dem Konto von A eingegangen.

Da der Wert des Sachwertes sich mittlerweile vervielfacht hat, erklärt A sofort mit Ablaufen der Nachfrist, dass er nach BGB 280/281 Schadenersatz verlangt. Außerdem habe A an den bereits bewirkten Teilleistungen (somit Tranche A) kein Interesse mehr und verlangt somit Schadenersatz statt der gesamten Leistung, "großen Schadenersatz". Somit würde A Tranche A zurückzahlen und B müsste den Sachwert wieder rausrücken. Einen Tag nach Ablauf der Nachfrist wird Tranche 2 auf dem Konto von A verbucht.

Ich - interessierter Laie - habe dies nun bereits mit mehreren Juristen diskutiert und in der Regel kommen immer die Argumente, Tranche 2 kam ja "nur einen Tag zu spät" und darauf könnte man keinen großen Schadenersatz begründen, maximal den Zinsverzugsschaden durch die verspätete Zahlung.

Was ich nicht verstehe und mir auch noch nicht ausreichend erklärt werden konnte: Zählt nicht die rechtliche Sekunde nach Ablaufen der Nachfrist als einzig relevanter Bezugspunkt? Zu diesem Zeitpunkt wusste A doch nicht, ob B morgen, in einer Woche oder gar nicht zahlen wird. Also dürfte doch nur betrachtet werden, dass A sich da entscheidet, wie er mit der Pflichtverletzung umgeht. Offenbar will B nicht den gesamten Kaufpreis zahlen, also wähle ich großen Schadenersatz und in Konsequenz wird das Ganze rückabgewickelt. Warum würdigen die Juristen und nach deren Aussage auch idR die Richter, dass die Tranche 2 dann einen Tag später doch kam? Es widerspricht irgendwie meinem laienhaften Rechtsempfinden über den Sinn von Fristen und Nachfristen.

Vielleicht vermag mich einer der anwesenden Nutzer erhellen?
ExDevil67
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Re: Großer Schadenersatz / Verspätete Zahlung

Beitrag von ExDevil67 »

Frage wäre in welcher Form die Frist gesetzt wurde.
Da jemand anscheinend den Ansatz einer Idee hat was er da treibt, unterstelle ich mal das die Frist in einer nachweisbaren Form gesetzt wurde und das wäre ein guter alter Brief. Da wird aber afaik von einer Postlaufzeit von 3 ausgegangen (ja in der Praxis geht's schneller, aber bei 3 Tagen ist man auf der rechtlich sicheren Seite).
Dann geht's weiter mit der Zahlung. Auch die ist im Regelfall zügig erledigt, aber auch da muss man afaik mit 3 Bankarbeitstagen Bearbeitungsdauer rechnen.

Und schon bleiben im Extremfall dem Käufer nur ein Tag zum reagieren. Etwas mehr Zeit sollte man ihm aber zugestehen um einen 7 Jahren alten Vertrag rauszusuchen, prüfen, ggf die nötigen Mittel bereitzustellen und zu überweisen.
hambre
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Re: Großer Schadenersatz / Verspätete Zahlung

Beitrag von hambre »

LieschenMueller21 hat geschrieben:Da der Wert des Sachwertes sich mittlerweile vervielfacht hat, erklärt A sofort mit Ablaufen der Nachfrist, dass er nach BGB 280/281 Schadenersatz verlangt.
Welchen Schaden hatte A denn? Aus dem Sachverhalt kann ich nicht erkennen, welcher Schaden für A abgesehen von Verzugszinsen entstanden ist.
LieschenMueller21 hat geschrieben:Außerdem habe A an den bereits bewirkten Teilleistungen (somit Tranche A) kein Interesse mehr und verlangt somit Schadenersatz statt der gesamten Leistung, "großen Schadenersatz". Somit würde A Tranche A zurückzahlen und B müsste den Sachwert wieder rausrücken.
Schadenersatz ist eine Leistung ausschließlich in Geld. Wenn A die Sache zurück haben wollte, hätte er keinen Schadenersatz fordern dürfen, sondern den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären müssen.
LieschenMueller21 hat geschrieben:Vielleicht vermag mich einer der anwesenden Nutzer erhellen?
Relevant ist nicht, was sich A eine Sekunde nach Ablauf der Frist gedacht hat, sondern welche Erklärung er gegenüber B abgegeben hat. Die Erklärung wirkt erst, wenn sie auch bei B angekommen ist.

Abgesehen davon hat A mit der Forderung nach Schadenersatz auch noch eine völlig falsche Erklärung abgegeben, aus der B nicht entnehmen konnte, dass A eigentlich vom Kaufvertrag zurücktreten wollte.
LieschenMueller21
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Re: Großer Schadenersatz / Verspätete Zahlung

Beitrag von LieschenMueller21 »

OK, das war falsch formuliert.

A hat mit Ablauf der Frist nicht nur gedacht, sondern dies unverzüglich per E-Mail und noch vor Eintreffen der zweiten Tranche gegenüber B erklärt und es sei auch unstrittig, dass diese Erklärung B auch erreicht hat. Erklärt hat A das Verlangen des großen Schadenersatzes, also letztendlich, dass A so zu stellen wäre, als wäre der Kaufvertrag niemals abgeschlossen worden und A nun den Sachwert zu einem deutlich höheren Preis hätte verkaufen können. Verlangt worden wäre dieser höhere Preis in Geld (B kann den Sachwert gar nicht mehr herausgeben, da er ihn nicht mehr hat).

Nach Eintreffen der Tranche 2 ist A letztendlich gar kein Schaden entstanden (bei den heutigen Zinsen). Der ursprüngliche Kaufvertrag wäre erfüllt und gut. Ich hadere ja nur damit, dass dies überhaupt in Betracht gezogen wird. Denn mit fruchtlosen Ablaufen der Nachfrist war der Vertrag eben nicht erfüllt und soweit ich es mir zusammenlese mit dem Verlangen nach großen Schadenersatz auch Geschichte? Erneut die Frage, wenn B das mit der verspäteten Zahlung noch heilen kann, was macht dann die Nachfrist für einen Sinn?
Zuletzt geändert von LieschenMueller21 am 12.08.22, 10:53, insgesamt 1-mal geändert.
LieschenMueller21
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Re: Großer Schadenersatz / Verspätete Zahlung

Beitrag von LieschenMueller21 »

ExDevil67 hat geschrieben: 11.08.22, 19:54 Frage wäre in welcher Form die Frist gesetzt wurde.
Da jemand anscheinend den Ansatz einer Idee hat was er da treibt, unterstelle ich mal das die Frist in einer nachweisbaren Form gesetzt wurde und das wäre ein guter alter Brief. Da wird aber afaik von einer Postlaufzeit von 3 ausgegangen (ja in der Praxis geht's schneller, aber bei 3 Tagen ist man auf der rechtlich sicheren Seite).
Dann geht's weiter mit der Zahlung. Auch die ist im Regelfall zügig erledigt, aber auch da muss man afaik mit 3 Bankarbeitstagen Bearbeitungsdauer rechnen.

Und schon bleiben im Extremfall dem Käufer nur ein Tag zum reagieren. Etwas mehr Zeit sollte man ihm aber zugestehen um einen 7 Jahren alten Vertrag rauszusuchen, prüfen, ggf die nötigen Mittel bereitzustellen und zu überweisen.
B hat von sich aus vor Ablauf der vertraglichen Frist der zweiten Tranche den Kontakt per Email gewählt und die Höhe der 2. Tranche in Frage gestellt. Alle weitere Kommunikation lief per E-Mail, der Zugang der Nachfrist als auch die Erklärung des Verlangens nach großen Schadenersatz wird von B auch nicht in Frage gestellt.

Somit wusste B rechtzeitig vor dem 31.03.22, dass eine Zahlung ansteht. Diese hat er bewusst innerhalb der Frist nicht geleistet. So weit ich es verstehe, muss eine Nachfrist letztendlich nur dazu dienen, dass B eine bereits begonne Handlung noch fertigstellen kann - also hier z.B. B hat bereits die Zahlung bei der Bank angewiesen und nun kommt eben noch die Banklaufzeit hinzu. Das hat B aber nicht getan, sondern offensichtlich erst am Tag des Ablaufens der Nachfrist die Zahlung bei der Bank veranlasst, so dass sie durch die Banklaufzeit verspätet ankam. Ich weiß nicht, wie dies in Zeiten von Sofortüberweisung rechtlich gewürdigt wird.
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