Nordland hat geschrieben: ↑17.03.23, 18:09
Interessant, dass man also massivste Grundrechtseinschränkungen, die - wie wir heute wissen und damals auch hätten wissen können - unnötig und damit rechtswidrig waren, damit rechtfertigt, dass sie "aus damaliger Sicht" in Ordnung gewesen seien.
1. Das Tragenmüssen einer FFP2-Maske bei einer Versammlung als "massivste" Grundrechtseinschränkung - nun ja.
2. Das das Tragenmüssen unnötig war, sehe ich auch heute noch nicht.
3. Das aus "damaliger Sicht" bezog sich- anders als Ihre Beispiele - nicht darauf, ob eine bestimmte Handlung an und für sich verwerflich war, sondern darauf, ob eine Anordnung der Behörden aufgrund der damals bekannten Tatsachen und geltenden Annahmen sinnvoll oder zumindest vertretbar war. Z. B. bei der Bewertung der Rechtswidrigkeit einer Hausdurchsuchung geht es auch nur darum, ob die damals bekannten Tatsachen den Durchsuchungsbeschluss trugen. Dadurch, dass sich später die Unschuld eines mutmaßlichen Täters herausstellt, ändert sich nichts, solange alle Beteiligten seinerzeit nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben. Sogar eine Verurteilung(!) aufgrund falscher Tatsachen ist nicht per se "rechtswidrig" - was man einfach daran sehen kann, dass es kein "Notwehrrecht" für einen unschuldig Verurteilten gibt.
Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen sich die
Bewertung von Handlungen im Laufe der Zeit geändert hat. Früher hat man Homosexualität als verwerflich angesehen (und entsprechende Handlungen mit Gefängnis bestraft und nicht nur mit ein bisschen Geldstrafe), heute sieht man das nicht mehr so. D. h. aus heutiger Sicht waren die damaligen Gesetze Unrecht. (Dennoch würde man wohl auch heute noch die Verurteilung eines Homosexuellen, der sich mit Gewalt gegen seine Inhaftierung gewehrt hat, aufrechterhalten und ihm nicht nachträglich ein Notwehrrecht zugestehen.)
An der Bewertung des Verhaltens eines Versammlungsleiters, der bewusst gegen Auflagen verstößt, hat sich dagegen nichts geändert. Auflagen, die der Sicherheit der Teilnehmer dienen (sollen), sind auch in 2023 zu befolgen, und Verstöße können geahndet werden. Die entsprechenden Gesetze gelten weiterhin und sind auch sinnvoll. Im Übrigen stand es den Organisatoren frei, die erteilten Auflagen gerichtlich überprüfen zu lassen.
Zusammengefasst vergleichen Sie also Äpfel mit Birnen.