Verwaltungsrecht und ZPO

Moderator: FDR-Team

Cogi
Topicstarter
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 121
Registriert: 15.12.05, 12:31

Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von Cogi »

Hallo,

kann mir jemand sagen, auf welcher Rechtgrundlage das Zusammenspiel von öffentlich-rechtl. Verwaltung und "Zivilprozessgerichtsbarkeit" geschieht.
Wenn z.B. das Bundesamt für Justiz eine Strafzahlung verhängt, ist das sicherlich ein Verwaltungsakt. Um diese einzutreiben beauftragt sie einen Gerichtsvollzieher - der dann nach ZPO usw. handelt.
Gerichtsvollzieher sind wohl zwar Beamte, handeln aber andererseits lt. GVO selbständig (und haben auch eigene Geschäftsstellen, Angestellte, machen Buchführung (nehme ich an, weil sie ja Prozente kriegen; weiß das jemand?).
Gegen eine Zwangsvollstreckung kann man nur Rechtsmittel beim Vollstreckungsgericht nach ZPO einlegen ("Erinnerung" §766 ZPO).
Wenn man jedoch davon ausgeht, dass der Verwaltungsakt wegen Formmängeln nichtig und unwirksam war, dann kann das doch wohl nicht ein "ordentliches Gericht" entscheiden, sondern müsste vor einem Verwaltungsgericht geklärt werden, oder nicht?
Bzw. wenn doch, auf welcher Grundlage?
ExDevil67
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 7849
Registriert: 17.01.14, 09:25

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von ExDevil67 »

Cogi hat geschrieben: 23.05.23, 00:57
Gerichtsvollzieher sind wohl zwar Beamte, handeln aber andererseits lt. GVO selbständig (und haben auch eigene Geschäftsstellen, Angestellte, machen Buchführung (nehme ich an, weil sie ja Prozente kriegen; weiß das jemand?).
Richtig, Gerichtsvollzieher sind Beamte, bekommen aber nur ihre festgelegten Gebühren und keine Erfolgsprämien oder so.
Das war zwar mal im Gespräch als man überlegte das ganze zu privatisieren, ist man aber am Ende von abgekommen damit jeder Gläubiger gleichberechtigt Zugang zu den Leistungen der Gerichtsvollzieher hat und kein Auftrag abgelehnt wird nur weil aus Erfahrung mit den Nachbarn aus dem Viertel beim Schuldner nix zu holen sein wird.
hawethie
FDR-Moderator
Beiträge: 6239
Registriert: 14.09.04, 12:27

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von hawethie »

Wenn man jedoch davon ausgeht, dass der Verwaltungsakt wegen Formmängeln nichtig und unwirksam war, dann kann das doch wohl nicht ein "ordentliches Gericht" entscheiden, sondern müsste vor einem Verwaltungsgericht geklärt werden, oder nicht?
wenn ein VA nicht "offensichtlich" nichtig ist (Gründe stehen im Gesetz), muss das durch ein VwG festgestellt werden, wenn die Behörde auf eine entsprechende Einrede nicht eingeht. Davon zu unterscheiden ist jedoch die "normale" Rechtswidrigkeit - die kann nur innerhalb der Rechtsmittelfrist festgestellt werden.

Ein Antrag bei Gericht ändert jedoch nichts daran, dass der Bescheid erst einmal vollstreckbar ist - es sei denn, ein Gericht (oder die Behörde) ordnet das Gegenteil an.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
Cogi
Topicstarter
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 121
Registriert: 15.12.05, 12:31

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von Cogi »

okay, verstehe.
Ich bin davon ausgegangen, dass ein Schreiben, das überhaupt nicht unterschrieben ist, kein VA sein kann, und damit dagegen auch keine Rechtsmittel eingelegt werden müssen/können.
Denn mag zwar ein Begehren sein, doch ein Brief ohne Unterschrift widerspricht unzweifelhaft den Formvorgaben. Das Begehren ist damit nicht mal nur unwirksam, sondern nichtig, also sozusagen nichtexistent - so meine Annahme.
FM
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 23515
Registriert: 05.12.04, 16:06

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von FM »

Da von einer "Strafzahlung" die Rede ist, ist sowieso fraglich ob es um ein normales Verwaltungsverfahren oder nicht eher um ein Bußgeldverfahren geht. Die Regelungen sind sehr unterschiedlich.

Verwaltungsakte werden meist nicht durch den Gerichtsvollzieher vollstreckt, sondern durch gesonderte Beamte einer Vollstreckungsbehörde (z.B. Zoll).
Cogi
Topicstarter
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 121
Registriert: 15.12.05, 12:31

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von Cogi »

Ach so?! unterschiedliche Regeln!
Das war in gewisser Hinsicht meine Frage. Es geht um ein verhängtes "Ordnungsgeld" - was für mich nur als Verwaltungsakt möglich sein sollte. Ein VA ohne Unterschrift kann eigentlich keiner sein, weshalb es dagegen auch keinen Widerspruch gab, da er ohnehin - sozusagen von vorne herein - nichtig war.
Jetzt liegt die Sache aber bei einem "ordentlichen Gericht" - das dann über die Nichtigkeit eines VA entscheiden müsste?! --- sehr merkwürdig (auch wenn man davon ausgeht, dass ein Widerspruch auf der Verwaltungsebene wegen fehlender Unterschrift eh nichts gebracht hätte, weil das sozusagen Mode ist und die Behörden (Bundesamt f. Justiz in dem Fall) das trotzdem einfach durchziehen bzw. einfach weiter zum Gerichtsvollzieher schieben.
hawethie
FDR-Moderator
Beiträge: 6239
Registriert: 14.09.04, 12:27

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von hawethie »

Ich weiss nicht, wer dich auf die Idee gebracht hat, aber eine fehlende Unterschrift ist zwar ein Formfehler, aber der Bescheid nicht nichtig, solange die Behörde erkennbar ist.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
hawethie
FDR-Moderator
Beiträge: 6239
Registriert: 14.09.04, 12:27

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von hawethie »

Ich weiss nicht, wer dich auf die Idee gebracht hat, aber eine fehlende Unterschrift ist zwar ein Formfehler, aber der Bescheid nicht nichtig, solange die Behörde erkennbar ist.
Zur Vollstreckung: manche Behörden beauftragen einen Gerichtsvollzieher, andere den Zoll, wieder andere unterhalten eigene Vollstreckungsbeamte. Das ist von Land zu Land - von Kommune zu Kommune...... unterschiedlich
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
FM
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 23515
Registriert: 05.12.04, 16:06

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von FM »

hawethie hat geschrieben: 23.05.23, 20:51 Ich weiss nicht, wer dich auf die Idee gebracht hat, aber eine fehlende Unterschrift ist zwar ein Formfehler, aber der Bescheid nicht nichtig, solange die Behörde erkennbar ist.
Ist nicht unbedingt ein Formfehler. Siehe z.B. für Bundesbehörden:
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
§ 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. (...)
Ähnlich in den anderen Verfahrensgesetzen, und "mit Hilfe automatischer Einrichtungen" trifft sehr oft zu.
hawethie
FDR-Moderator
Beiträge: 6239
Registriert: 14.09.04, 12:27

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von hawethie »

D.h. mE nicht, dass der Bescheid nichtig ist, wenn die Unterschrift fehlt.
Rechtswidrigkeit ist was anderes.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
Cogi
Topicstarter
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 121
Registriert: 15.12.05, 12:31

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von Cogi »

und was mit Normenhierachie?
Das VwVfG würde dann doch die höheren Regelungen generell ausschalten?
Denn "automatische Einrichtungen" kann alles sein, heißt eine Unterschrift wäre generell nicht mehr möglich; die Beamten/Bediensteten/Angestellten könnten nicht mehr haftbar gemacht, weil unbekannt.
Außerdem hat jüngst das BVG (glaube ich) geurteilt, dass Urteile von Richtern tatsächlich unterschrieben werden müssen. + nachträgliche Unterschriften können den Mangel nicht heilen.
Wenn ein VA mit Unterschrift genauso wirkt wie ohne, wären alle Unterschiftsverlangen völlig sinnlos...
FM
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 23515
Registriert: 05.12.04, 16:06

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von FM »

Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte mal einen Steuerbescheid bekam, der handschriftlich unterschrieben war.

Inzwischen kommt es eher selten vor, dass Behörden Verwaltungsakte mit der Schreibmaschine oder mit dem Kugelschreiber erstellen und unterschreiben.

die Beamten/Bediensteten/Angestellten könnten nicht mehr haftbar gemacht, weil unbekannt.
Auch dann nicht durch den Adressaten, wenn sie bekannt sind. Schon seit 1949 gilt: https://dejure.org/gesetze/GG/34.html
hawethie
FDR-Moderator
Beiträge: 6239
Registriert: 14.09.04, 12:27

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von hawethie »

Möglich ist, dass der Bescheid rechtswidrig ist - er ist aber nicht unbedingt wg. des Formfehlers auch nichtig
Was für ein Gericht meinst du? BVG kenn ich nicht, nur BVerfG und BVwG.
Und du wirst nie ein vom Richt unterschriebenes Urteil bekommen, da diser nur die Urschrift unterschreiben muss.
Abgesehen davon, dass Gerichte meine Behörden sind.
Zur Haftung: Es haftet grds.die Behörde, die die handelnde Person.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
FM
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 23515
Registriert: 05.12.04, 16:06

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von FM »

Die Namensnennung wäre technisch natürlich keim Problem. Da aber mittlerweile auch schon Verwaltungsangestellte tätlich angegriffen und teilweise ermordet werden, wenn sie einen Antrag abgelehnt haben, kann das unzumutbar sein.

Die Unterschrift kann zu erheblichen Verzögerungen führen. Meines Wissens werden z.B. die Bescheide über Arbeitslosengeld I und II zwar vor Ort erstellt, aber zentral bei der Bundesagentur in Nürnberg ausgedruckt und zur Post gegeben. Wenn das an jede einzelne Arbeitsagentur oder jedes Jobcenter im Land gehen müsste, damit noch jemand unterschreibt, wäre es ein Riesenaufwand.
hawethie
FDR-Moderator
Beiträge: 6239
Registriert: 14.09.04, 12:27

Re: Verwaltungsrecht und ZPO

Beitrag von hawethie »

Bei uns steht der Name des/der Sachbearbeitenden im Kopf des Schreibens.
Wichtig ist, dass im Aktenvorgang erkennbar ist, dass der Bescheid so vom SB gewollt war,
Es reicht also eine entsprechende Verfügung aus, die abgezeichnet in der Akte oder signiert in der E-Akte ist.
Ob ein Bescheid ohne Unterschrift rechtswidrig ist, kann ich nicht sagen - mE ist er nicht nichtig.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
Antworten