Besuch aus dem Ausland

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FM
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Re: Besuch aus dem Ausland

Beitrag von FM »

lottchen hat geschrieben: 13.09.23, 18:00 Da die Mutter nicht ihren Lebensmittelpunkt in die Wohnung der Tochter verlegt ist und bleibt sie meiner Meinung nach Besuch und geht das Jobcenter nichts an.
Gegenüber dem Vermieter ist das anders, da ist alles über 6 Wochen kein Besuch mehr. Wenn die Nebenkosten aber nicht nach Personen abgerechnet werden spielt das auch keine Rolle.
Und das Bundesmeldegesetz verlangt eine Anmeldung wenn der Besuch aus dem Ausland länger als 3 Monate da ist (§27 BMG (2) Nummer 3). Das entfällt in diesem Fall also auch.
Das zeigt eben "Besuch" oder "Lebensmittelpunkt" ist je nach Rechtsgebiet ganz unterschiedlich definiert. Es gibt auch noch die Grenze "halbes Jahr" im Steuerrecht.

Im SGB II gibt es dazu m.W. keine ausdrückliche gesetzliche Definition. Man kann dazu die Rechtsprechung durchsuchen: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/ vielleicht hat ja ein Gericht, am besten das BSG, schon vergleichbare Fälle entschieden.

Wenn auf Dauer in der Mietwohnung auch eine nicht leistungsberechtigte Person wohnt, werden die Kosten nach Anzahl der Köpfe aufgeteilt. Die Frage ist eben, ab welcher Dauer. Wenn ein Verwandter übers Wochenende da ist, würde ich schon auch eher von "Besuch" als von "Wohnen" reden, aber bei mehreren Monaten?

Korrekte Vorgehensweise: man teilt den Sachverhalt dem Jobcenter mit. Sollte es Entscheidungen treffen die man so nicht mag, kann man dagegen Widerspruch einlegen und bei weiterer Ablehnung beim Sozialgericht klagen.

Verpflichtet ist man zur Mitteilung von "Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen". Man kann zwar für sich selbst der Meinung sein, das würde nicht zutreffen. Aber dann riskiert man eben, sollte die eigene Meinung falsch sein, Rückforderung der Leistungen und ein Strafverfahren.
Ulrike96
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Re: Besuch aus dem Ausland

Beitrag von Ulrike96 »

Ich danke euch für eure Mühe :)
Evariste
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Re: Besuch aus dem Ausland

Beitrag von Evariste »

Dipl.-Sozialarbeiter hat geschrieben: 13.09.23, 15:42 Nein. Aber jede Änderung ist dem Jobcenter umgehend zu melden (vgl. § 60 SGB I).
Da steht "Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat ... alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind ..." Also ist doch die erste Frage, inwieweit die Tatsache des Besuchs relevant für den Bürgergeldbezug ist. Wenn man der Ansicht ist, es ist nicht relevant, muss man m. E. auch nichts mitteilen. Da steht "erheblich sind" und nicht "eventuell erheblich sein könnten".
Dipl.-Sozialarbeiter hat geschrieben: 13.09.23, 15:42 Dies kann in der Tat passieren, weil die Miete auf die Anzahl Personen im Haushalt umgelegt, und entsprechend gekürzt wird. Das Jobcenter gewährt für den Besuch "keine Hotelkosten".
Das verlangt ja auch niemand. Aber darf das Jobcenter einfach Leistungen, die ein Bürgergeldempfänger vorübergehend einem nahen Verwandten gewährt, ohne dabei Mehrkosten zu verursachen, vom Bürgergeld abziehen? Das wäre meine Frage...
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Re: Besuch aus dem Ausland

Beitrag von Dipl.-Sozialarbeiter »

Evariste hat geschrieben: 14.09.23, 10:24
Dipl.-Sozialarbeiter hat geschrieben: 13.09.23, 15:42 Nein. Aber jede Änderung ist dem Jobcenter umgehend zu melden (vgl. § 60 SGB I).
Da steht "Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat ... alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind ..." Also ist doch die erste Frage, inwieweit die Tatsache des Besuchs relevant für den Bürgergeldbezug ist. Wenn man der Ansicht ist, es ist nicht relevant, muss man m. E. auch nichts mitteilen. Da steht "erheblich sind" und nicht "eventuell erheblich sein könnten".
Wenn die Kommune für 3 Monate einen Teil der Miete einsparen kann, kann dies schon erheblich sein.
Evariste hat geschrieben: 14.09.23, 10:24 Aber darf das Jobcenter einfach Leistungen, die ein Bürgergeldempfänger vorübergehend einem nahen Verwandten gewährt, ohne dabei Mehrkosten zu verursachen, vom Bürgergeld abziehen? Das wäre meine Frage...
Verbindliche Auskunft kann eh nur das Jobcenter geben.

Als kleiner Service hier die beiten wichtigen Dokumente des Jobcenters (PDF-Datei):
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Re: Besuch aus dem Ausland

Beitrag von Evariste »

Dipl.-Sozialarbeiter hat geschrieben: 14.09.23, 17:13
Evariste hat geschrieben: 14.09.23, 10:24
Dipl.-Sozialarbeiter hat geschrieben: 13.09.23, 15:42 Nein. Aber jede Änderung ist dem Jobcenter umgehend zu melden (vgl. § 60 SGB I).
Da steht "Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat ... alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind ..." Also ist doch die erste Frage, inwieweit die Tatsache des Besuchs relevant für den Bürgergeldbezug ist. Wenn man der Ansicht ist, es ist nicht relevant, muss man m. E. auch nichts mitteilen. Da steht "erheblich sind" und nicht "eventuell erheblich sein könnten".
Wenn die Kommune für 3 Monate einen Teil der Miete einsparen kann, kann dies schon erheblich sein.
Äh. Darum geht es aber nicht. Sondern es geht darum, ob die neue Tatsache "für die Leistung erheblich" ist, also ob rechtliche Voraussetzungen für den Leistungsbezug durch die neue Tatsache wegfallen, hinzukommen und sich in einer Weise ändern, die zu einer Anpassung der Leistung führt. Wenn das nicht der Fall ist, ist auch keine Meldung erforderlich.
Dipl.-Sozialarbeiter hat geschrieben: 14.09.23, 17:13 Verbindliche Auskunft kann eh nur das Jobcenter geben.
Verbindlich ist letzten Endes nur das, was das Sozialgericht entscheidet. Auch Jobcenter können sich mal irren.

Und genau da geht das Problem doch schon los. Man kann nur "ist eingezogen" ankreuzen. Es ist klar, wie das Jobcenter dann entscheidet. Die Option "ist für 3 Monate zu Besuch" gibt es nicht. Das weckt nicht gerade das Vertrauen, dass das Jobcenter so einen Fall korrekt behandelt.

Das Gleiche gilt für das 2. Formular. Da wird nirgendwo genau erklärt, ab wann eine Person "im Haushalt lebt" und wie lange sie zu Besuch sein kann, ohne im Haushalt zu leben. Der Bürgergeldempfänger, der sowas ausfüllt und "lebt im Haushalt" ankreuzt, ist am Ende der Dumme.
FM
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Re: Besuch aus dem Ausland

Beitrag von FM »

Evariste hat geschrieben: 14.09.23, 10:24 Wenn man der Ansicht ist, es ist nicht relevant, muss man m. E. auch nichts mitteilen. Da steht "erheblich sind" und nicht "eventuell erheblich sein könnten".
Es reicht nicht aus, dass man der Ansicht ist, es wäre (vielleicht) nicht relevant. Wichtig ist, ob es tatsächlich relevant ist.

Wenn man Zweifel hat (und andernfalls wäre hier gar nicht gefragt worden), fragt man halt einfach die zuständige Behörde. Die Nicht-Mitteilung wäre ansonsten vielleicht noch kein Betrug, da der Vorsatz dazu fehlt, aber ein fahrlässiger Verstoß gegen die Mitteilungspflicht ist auch schon eine Owi (§ 63 Abs. 1 Nr. 6 SGB II).

Übrigens muss man laut § 60 SGB I nicht nur für die Leistung erhebliche Umstände mitteilen, sondern auch "Änderungen in den Verhältnissen, ... über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen". Wer in der Wohnung alles wohnt, wird im Antrag gefragt. Und dass das Wort "wohnen" sich auch auf einen von vorneherein auf einige Tage, Wochen oder Monate begrenzten Zeitraum beziehen kann und eben nicht nur auf den Hauptwohnsitz, ist bereits aus der Umgangssprache bekannt (z.B. so verwendet im Wort "Ferienwohnung").

Für die Entscheidung ist eben erst mal die Behörde zuständig, also muss sie die Verhältnisse kennen. Natürlich kann sie dann dennoch falsch entscheiden, dafür gibt es dann den Rechtsweg. Derjenige, der sich seine Miete von jemand anders bezahlen lässt, kann aber nicht eigenmächtig entscheiden, welche Bedingungen dafür gelten.
Dipl.-Sozialarbeiter
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Re: Besuch aus dem Ausland

Beitrag von Dipl.-Sozialarbeiter »

Evariste hat geschrieben: 14.09.23, 17:58 ...
Und genau da geht das Problem doch schon los. Man kann nur "ist eingezogen" ankreuzen. Es ist klar, wie das Jobcenter dann entscheidet. Die Option "ist für 3 Monate zu Besuch" gibt es nicht. Das weckt nicht gerade das Vertrauen, dass das Jobcenter so einen Fall korrekt behandelt.
In dem Formular gibt es zwei ausfüllbare Felder - 1. Tag des Einzuges - und 2. Tag des Auszuges. In beiden Feldern kann ein Datum eingetragen werden. Zieht man/frau nun vom voraussichtlichen Auszugsdatum das voraussichtliche Einzugsdatum ab, dann lässt sich die Verweildauer in Tagen/Monate (oder Anzahl der Übernachtungen) errechnen.
Evariste hat geschrieben: 14.09.23, 17:58 ...
Das Gleiche gilt für das 2. Formular. Da wird nirgendwo genau erklärt, ab wann eine Person "im Haushalt lebt" und wie lange sie zu Besuch sein kann, ohne im Haushalt zu leben. Der Bürgergeldempfänger, der sowas ausfüllt und "lebt im Haushalt" ankreuzt, ist am Ende der Dumme.
Auch hier können Ein- und Auszugsdatum angegeben werden. Weitere Ergänzungen können in einem Anschreiben oder auf einem Zusatzblatt gemacht werden.

Das Jobcenter wird damit sicherlich etwas anfangen können. Zudem kann sich der/die Leistungsberechtigte an die tel. Hotline des Jobcenters wenden, und den Sachverhalt vorab klären.


Im übrigen schließe ich mich FM - (14.09.23, 18:41) an.
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