Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

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gafgaf
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Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von gafgaf »

Hallo,

nehmen wir an eine Person wohnt im Rheinland.

Die neuen Coronaverordnungen würden ja wohl per Landesverordnung in Länderrecht umgesetzt, richtig?

Hätte eine Person, die sich in ihren durch die Landesverfassung garantierten Rechten verletzt fühlte, dann die Möglichkeit, eine Verfassungsbeschwerde auf Länderebene gegen diese Landesverordnung einzulegen, wenn es um eine grundsätzliche Fragestellung geht?

Danke
gafgaf
ExDevil67
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von ExDevil67 »

Dazu müsste man prüfen wann wer unter welchen Umständen das jeweilige Verfassungsgericht anrufen darf.
Zumindest beim Bundesverfassungsgericht ist vorher ein Gang durch die zuständige ordentliche Gerichtsbarkeit erforderlich bzw darzulegen warum man den Weg nicht genommen hat. Und da ist afaik der einzige anerkannte Grund die mangelnde Erfolgsaussicht weil das zuständige Gericht schon ähnliche Fälle negativ entschieden hat.
Heiko66
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von Heiko66 »

Interessant für die Zukunft wäre jetzt ja mal die Frage wie oft dieses Spiel noch zulässig ist. Auch wenn man jetzt diverse Gerichte per Eilanträger bemüht und recht bekommt, dann ist die Lockdownnummer ja schon wieder nahezu durch und auf Grund fehlender Zeitmaschine hilft es einem dann nicht Recht zu bekommen. Der Lockdown verhindert das unvermeidlich ja nicht sondern verschiebt das nur unter Inkaufnahme hoher Folgekosten für die nachgelnde Generation. Das ist eine ganz riskante Wette auf medizinische Behandlung die innerhalb kurzer Zeit gefunden werden muss von der man nicht weiß ob man diese gewinnen wird.

Viel interessanter wäre es mal festgestelle zu lassen wie oft in welchem Zeitabschnitten Lockdowns von welcher Dauer zulässig sind. Also ab wann gibt man diese Wette verloren? Machen wir das jetzt noch die nächsten 100 Jahre zweimal im Jahr so kein wirksamer Impfstoff und/oder Medikament gefunden wird? Wie lange ist eine solch massive Einschränkung der Grundrechte zulässig? 1 Jahr, 5 Jahre, 10 Jahre, 100 Jahre, für immer? Ich verstehe nicht warum sich nicht mit dieser eigentlich viel wesentlicheren Frage beschäftigt wird.
ExDevil67
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von ExDevil67 »

Heiko66 hat geschrieben: 29.10.20, 09:42 Interessant für die Zukunft wäre jetzt ja mal die Frage wie oft dieses Spiel noch zulässig ist. Auch wenn man jetzt diverse Gerichte per Eilanträger bemüht und recht bekommt, dann ist die Lockdownnummer ja schon wieder nahezu durch
Nö, das geht schneller. Klar bis die Hauptverfahren durch sind dauert es, aber im Regelfall wird parallel auch ein Eilverfahren geführt und da dürfte es am Wochenende diverse Urteile von den jeweiligen Verwaltungsgerichten geben. Mal sehen was Montag wo wirklich umgesetzt wird.
Heiko66
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von Heiko66 »

Nö, das geht schneller. Klar bis die Hauptverfahren durch sind dauert es, aber im Regelfall wird parallel auch ein Eilverfahren geführt und da dürfte es am Wochenende diverse Urteile von den jeweiligen Verwaltungsgerichten geben.
Und die lauten dann ganz gerne mal (insbesondere dann wenn die Richter ggf. Angst haben für Tote verantwortlich zu sein) vermutlich besteht das Verbot zu unrecht aber wir warten mal trotzdem was die nächsthöhere Instanz sagt. Oder aber wegen der Bedeutung der Sache zwar nicht in Ordnun aber gilt trotzdem erstmal weiter und es gibt eine Frist bis zu der neu geregelt werden muss. Oder aber der eine der geklagt hat bekommt recht aber für alle anderen gilt das nicht.
ExDevil67
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von ExDevil67 »

Heiko66 hat geschrieben: 29.10.20, 10:31 Und die lauten dann ganz gerne mal (insbesondere dann wenn die Richter ggf. Angst haben für Tote verantwortlich zu sein) vermutlich besteht das Verbot zu unrecht aber wir warten mal trotzdem was die nächsthöhere Instanz sagt.
Erneut nö. Die Idee mit der Untersagung touristischer Reisen ist nicht neu und die Verbote wurden bisher reihenweise gekippt. Und zwar ohne wenn und aber.
Heiko66
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von Heiko66 »

ExDevil67 hat geschrieben: 29.10.20, 10:52
Heiko66 hat geschrieben: 29.10.20, 10:31 Und die lauten dann ganz gerne mal (insbesondere dann wenn die Richter ggf. Angst haben für Tote verantwortlich zu sein) vermutlich besteht das Verbot zu unrecht aber wir warten mal trotzdem was die nächsthöhere Instanz sagt.
Erneut nö. Die Idee mit der Untersagung touristischer Reisen ist nicht neu und die Verbote wurden bisher reihenweise gekippt. Und zwar ohne wenn und aber.
Aber die Frage war doch nicht, ob er eine einzelne Regelung angreifen kann sondern
Hätte eine Person, die sich in ihren durch die Landesverfassung garantierten Rechten verletzt fühlte, dann die Möglichkeit, eine Verfassungsbeschwerde auf Länderebene gegen diese Landesverordnung einzulegen, wenn es um eine grundsätzliche Fragestellung geht?
Das einzelne Regelungen ggf. nach 1-2 Wochen wieder kassiert werden das glaube ich auch.
FM
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von FM »

ExDevil67 hat geschrieben: 29.10.20, 10:52 Erneut nö. Die Idee mit der Untersagung touristischer Reisen ist nicht neu und die Verbote wurden bisher reihenweise gekippt. Und zwar ohne wenn und aber.
Die Reihe hat allerdings eine Ausnahme:
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 0-093.html
ExDevil67
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von ExDevil67 »

Wobei dort die Ablehnung wegen einer unzureichenden Begründung erfolgte und nicht weil das BVerfG von der Notwendigkeit und Angemessenheit der Maßnahme überzeugt war. Und auch das Beherbergungsverbot in Schleswig-Holstein wurde letztlich vom dortigen OVG einkassiert.
hawethie
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von hawethie »

Wie richtig festgestellt wurde, ist für die Umsetzung der Beschlüsse das Land zuständig, das dies durch Verordnungen macht.
Gegen die Verordnung an sich kann der einzelne Bürger nichts machen, wohl aber gegen Maßnahmen, die aufgrund dieser VO ergriffen werden.
Gegen dies kann man mit den zulässigen Rechtsmitteln vorgehen - auch mit der Begründung in seinen Grundrechten verletzt zu sein.
Bei einer Verordnung kann darüber jedes Gericht im Einzelfall selbst entscheiden.
Ein direktes Vorgehen gegen eine VO ist mW nicht möglich - hab ich zumindest so in der Ausbildung gelernt und war auch eine Frage in der Prüfung.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
FM
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von FM »

hawethie hat geschrieben: 29.10.20, 20:46 Gegen die Verordnung an sich kann der einzelne Bürger nichts machen, wohl aber gegen Maßnahmen, die aufgrund dieser VO ergriffen werden.
Da ist die Verwaltungsgerichtsordnung anderer Meinung:
https://dejure.org/gesetze/VwGO/47.html
Aber selbst betroffen muss man schon sein.

Das gilt aber nur für die Rechtsgebiete, für die die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig ist. Im Sozialrecht und im Finanzrecht ist es anders.
hawethie
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von hawethie »

War mir soo nicht bekannt - aber:
das Landesrecht muss diesen Weg ausdrücklich zulassen.
Was du nicht willst, das man dir will, das will auch nicht -
was willst denn du.
Aus Erfahrung: Krebsvorsorge schadet nicht.
FM
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von FM »

Es scheint wohl in allen Ländern zugelassen zu sein, aber ich habe das jetzt nicht nachgeprüft.

In Bayern ist sogar die Popularklage beim Verfassungsgerichtshof gegen Landesgesetze möglich, anders als auf Bundesebene.

Bei den Corona-Maßnahmen wäre es in der Tat sinnvoll, das nun endlich auf eine ordentliche Grundlage per Parlamentsgesetz zu stellen. Das sagte sogar MP Dr. jur. Söder heute bei "Anne Will", der für zig Verordnungen und Allgemeinverfügungen gesorgt hatte. Momentan ist damit zu rechnen, dass im Lauf der kommenden Woche wieder vier oder fünf Oberverwaltungsgerichte sich hier zum Gesetzgeber machen und da das Beherbergungsverbot, dort die Gaststättenschließung aufheben.
ExDevil67
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Re: Verfassungsbeschwerde auf Länderebene

Beitrag von ExDevil67 »

Mal zwei Fragen an die Rechtstheoretiker.
Das infektionsschutzgesetz ist ja ein Bundesgesetz, auch wenn die Umsetzung per Verordnung an die Länder delegiert ist. Wie weit wären also so eine Umsetzung eines Bundesgestzes der Prüfung durch ein Landesverfassungsgericht zugänglich?
Und dann wird ja munter über die fehlende Einbindung der 17 Parlamente diskutiert. Wie weit wäre also die Einbindung eines Landesparlamentes möglich? Das Bundesgesetz sag ja, Umsetzung ist Sache der Länderbehörden. Heißt für mich, man müsste ggf erst das IfSG anpassen.
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