Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Patientenrechte, Arzthaftungsrecht, ärztliches Vergütungsrecht, Betäubungsmittelrecht, Apothekenrecht, Medikamentenversandrecht, Internet-Apotheke

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HeidiQX
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Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von HeidiQX »

Ich möchte wissen, wenn die Eltern verstorben sind, ob ich als deren Kind eine Obduktion anordnen kann, um herauszufinden, welche erblichen Belastungen die mir mitgaben - ist so etwas möglich nach aktuellem Wissensstand?
Und bekäme ich überhaupt Auskunft von den Ärzten?

Der Grund der Obduktion, wäre nur, dass ich weiß, was ich (eventuell) vererbt bekommen haben könnte. Es geht um meine Gesundheit und daher geht es nicht um die Todesursache(n). Ich weiß, dass bei unklaren Todesursache(n) obduziert wird. Doch ich hoffe, es ist auch möglich, wenn die Kinder der verstorbenen Eltern, mögliche Erbkrankheiten abklären lassen wollen.

Ich hoffe hier hat jemand Informationen dazu. Vielen Dank!
Dummerchen
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Dummerchen »

Die ärztliche Schweigepflicht gilt über den Tod hinaus. In Ausnahmefällen kann ein Interesse der leiblichen Kinder eine Offenbarung von Geheimnissen rechtfertigen, aber ein "eventuell, vielleicht, mich würde mal interessieren" reicht dazu in der Regel nicht aus.
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Chavah
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Chavah »

Anordnen kann eine Obduktion nur eine Behörde/ein Gericht. Und da muss es gravierende Gründe geben, nur dann darf die Störung der Totenruhe erfolgen. Vergiss es!

Und auf was sollte denn untersucht werden? Auf wie viele Krankheiten/Gene? Wieviel Geld willst du in die Hand nehmen?

Chavah
lottchen
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von lottchen »

HeidiQX hat geschrieben: 18.08.21, 16:30 ob ich als deren Kind eine Obduktion anordnen kann
Na ganz sicher nicht. Anordnen kann eine Obduktion nur der Staatsanwalt oder das Gericht.
Man könnte eine beantragen (wie gut man das begründen muss - keine Ahnung), die Kosten dafür trägt man natürlich selber. Einfach mal auf einer Suchmaschine das www durchstöbern nach "Obduktion auf Wunsch der Angehörigen". Wenn man allerdings schon nicht in der Lage ist die Beerdigung zu bezahlen, wie will man dann eine Obduktion bezahlen?
Zuletzt geändert von lottchen am 18.08.21, 16:48, insgesamt 1-mal geändert.
Chavah
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Chavah »

lottchen, und die anschließenden Laboruntersuchungen und Begutachtungen? Und auf was soll untersucht werden? Wieviel tausend Erbkrankheiten gibt es?

Chavah
lottchen
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von lottchen »

Die Kosten kommen natürlich dazu. Ist halt ein teures Hobby so eine Obduktion. Ob es spezielle Erbkrankheiten gibt auf die hin untersucht werden soll musst Du die TE fragen, nicht mich :D .
Chavah
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Chavah »

lottchen, hast ja recht. Und ob man ne Erbkrankheit hat, das kann man doch auch bei sich selbst feststellen lassen. Dazu braucht es doch weder die toten, noch die lebenden Eltern. Wäre zumindest preiswerter, zumal ja auch Erbkrankheiten nicht übertragen werden müssen. Von dem ersparten Geld könnte man sich dann ein Einfamilienhaus bauen, das ist doch auch eine Perspektive, oder?

Chavah
lottchen
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von lottchen »

Für mich schon. Wie das andere sehen :?: :?: Vor allem wird ja auch nicht jede Erbkrankheit immer vererbt. Oder bricht aus. Oder selbst wenn ich dann feststelle, dass ich eine habe - was nützt mir das? Die Eltern sind vielleicht 90 wenn sie den Löffel abgeben, ich bin dann 70 oder knapp drunter. Und dann fange ich an meine Krankheit zu bekämpfen so es überhaupt möglich ist? Wenn ich bisher keine Einschränkungen deshalb hatte - warum sollten die dann kommen? Das sind dann aber philosphische Erwägungen, die mit der Rechtslage nichts mehr zu tun haben :P .
FM
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von FM »

HeidiQX hat geschrieben: 18.08.21, 16:30 Und bekäme ich überhaupt Auskunft von den Ärzten?
Dazu: https://dejure.org/gesetze/BGB/630g.html Abs. 3 Satz 2 und 3.
ratlose mama
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von ratlose mama »

Zielführender ist es sich selbst auf Erbkrankheiten untersuchen zu lassen.

Nicht alles wird in gerader Linie vererbt und nicht alles, was man als Erbanlagen hat führt auch zur Erkrankung. Aber dann weiss man wenigstens welche Anlagen hat und kann dies auch den eigenen Kindern mitteilen uns muss nicht die eigenen Eltern ausbuddeln lassen (je nach Liegezeit hätte das dann ja eh keinen Sinn mehr)
Evariste
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Evariste »

Wenn ich ein bisschen google, stellt sich mir sowohl die Sach- und Rechtslage allerdings etwas anders dar, als hier bisher diskutiert:
Sofern die Autopsie nicht behördlich angeordnet ist, bedarf sie der Zustimmung der nächsten Angehörigen oder ist testamentarisch festgehalten. Angehörige sowie Ärzte haben nach dem Ableben in bestimmten Fällen ein Interesse daran, die Todesursache zu klären.

Für die Hinterbliebenen kann es entlastend wirken, zu erfahren, dass sie einen plötzlichen Herztod nicht hätten kommen sehen. Doch auch bei Verdacht auf mögliche Vorerkrankungen besteht ein berechtigtes Interesse an einer Obduktion, um mögliche Erbkrankheiten als Risikofaktor für die Hinterbliebenen auszuschließen. In anderen Fällen empfiehlt sich eine Obduktion, etwa um Versicherungsansprüche zu klären. Kann beispielsweise eine Berufskrankheit nachgewiesen werden?
(https://trauer-anzeigen.de/ratgeber/im- ... -obduktion)
Der Ausschluss von Erbkrankheiten bedeutet für die Angehörigen eine Beruhigung. Sollte eine erbliche Erkrankung gefunden werden, können Angehörige frühzeitig einen Arzt aufsuchen und sich evtl. behandeln lassen. Bei der Obduktion gewonnene Informationen können so bei Erbkrankheiten auch für die Familienplanung von Bedeutung sein.
(https://pathologie-ccm.charite.de/filea ... uktion.pdf)

Und zur Rechtslage z. B. in Sachsen:
Das „Sächsische Bestattungsgesetz“ vom 8. Juli 1994 (GVBl. S. 1321) lässt eine Obduktion zu nach Anordnung durch einen Richter oder Staatsanwalt, gemäß Bundesseuchengesetz (jetzt Infektionsschutzgesetz), zur Durchsetzung berechtiger Interessen der Hinterbliebenen, insbesondere zur Feststellung versicherungsrechtlicher Ansprüche, zur Klärung des Verdachts auf einen letalen Behandlungsfehler, auf Wunsch der Angehörigen oder wenn ein beachtliches Interesse an der Überprüfung der Diagnose vorliegt oder ein gewichtiges medizinisches Forschungsinteresse besteht.
(https://www.aerzteblatt.de/archiv/32775 ... Rechtslage)

Generell scheint eine Obduktion auf Wunsch der Angehörigen problemlos möglich zu sein, es gibt keine Instanz, der eine detaillierte Begründung zur Prüfung vorgelegt werden muss.

Ein Sonderfall könnte der entgegenstehende Wille des Verstorbenen sein.

Und die Kosten sind natürlich von den Angehörigen zu tragen, wenn es keine sonstigen Gründe gibt.
FM
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von FM »

So furchtbar teuer sind die einzelnen Leistungen gar nicht:
http://www.e-bis.de/goae/Goae00000174.html
Es kommt aber darauf an, welche Leistungen denn alle nötig werden (z.B. auch noch jede einzelne Laboruntersuchung). Neben den ärztlichen Leistungen weitere wie der Transport dorthin und von dort zum Friedhof.

Wenn nach Landesrecht "die Angehörigen" entscheiden, ist damit nicht unbedingt jeder einzelne gemeint, sondern alle zusammen. Oder einer entscheidet, aber jeder andere kann widersprechen.
Chavah
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Chavah »

Ich weiß immer noch nicht, warum sich die Leute nicht selbst untersuchen lassen, darauf, ob sie eine Erbkrankheit haben oder nicht. Und die Störung der Totenruhe ist eben nur in Ausnahmefällen möglich. Und nicht, ohne triftigen Grund. Auch nicht nach den zitierten Gesetzen.

Chavah
Dummerchen
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Dummerchen »

FM hat geschrieben: 18.08.21, 19:17 So furchtbar teuer sind die einzelnen Leistungen gar nicht:
Naja, Sektion ist ja nur der Anfang. Die Laborleistungen für die Gewebeuntersuchungen kommen dann noch hinzu. Für jede einzelne Erbkrankheit liegen die Kosten zwischen €100 und €300 pro Untersuchung. Wenn man also aufs Geratwohl mal auf alles mögliche untersuchen lassen möchte, ist man sehr schnell bei Gesamtkosten im vier-, vielleicht auf fünstelligen Bereich.

Bei ganz ausgefallenen Wünschen wird es noch teurer, da dies oftmals Untersuchungen sind, die nur in ganz wenigen Laboren in sehr seltenen Fällen durchgeführt werden. Hier fangen die Kosten für die Einzeluntersuchung oftmals bei über €1000 an - auf der nach oben offenen Preisliste.
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Evariste
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Evariste »

Chavah hat geschrieben: 19.08.21, 09:36 Ich weiß immer noch nicht, warum sich die Leute nicht selbst untersuchen lassen, darauf, ob sie eine Erbkrankheit haben oder nicht.
Das Problem, ist dass jemand von einer Erbkrankheit betroffen sein kann, aber möglicherweise noch gar keine Symptome hat. Also muss man sich auch die Verwandtschaft ansehen. Auch die heute meist mögliche molekulargenetische Diagnostik ist kein Allheilmittel, zum einen können dabei noch unbekannte Mutationen übersehen werden, zum anderen besteht auch die Gefahr von "falsch-positiven" Befunden.

Ein konkretes Beispiel habe ich hier gefunden: https://www.aerzteblatt.de/archiv/10557 ... stoerungen
Es liegen dabei häufig primär strukturelle Herzerkrankungen mit Arrhythmie oder primäre Arrhythmiesyndrome bei strukturell unauffälligem Herzen vor. Diese folgen meist einem autosomal-dominanten Erbgang, betreffen häufig ansonsten gesunde Menschen und sind bei rechtzeitiger Erkennung eines Betroffenen und seiner häufig noch asymptomatischen Verwandten überwiegend gut behandelbar. ...
Zur richtigen Diagnose führt in diesen Fällen neben der Autopsie zumeist die ausführliche Familienanamnese, die Sichtung von eventuell vorhandenen Vorbefunden, die Untersuchung der Hinterbliebenen sowie bei entsprechendem Verdacht die molekulargenetische Diagnostik. ...
Eine pauschale genetische Diagnostik („alle bekannten Gene, die für plötzlichen Herztod bekannt sind, zu screenen“) ist ohne eine Verdachtsdiagnose nicht sinnvoll. Oft finden sich dabei Varianten oder auch Mutationen, die jedoch nicht im speziellen Falle krankheitsverursachend waren und somit leicht eine Fehldiagnose zur Folge haben, die dann auch fälschlicherweise weitere Angehörige be- oder entlasten kann.
Selbst bei konkreter Verdachtsdiagnose kann manchmal ein Befund nicht ohne die genetische und klinische Untersuchung von Angehörigen richtig interpretiert werden, vor allem, wenn es sich um eine noch nicht beschriebene Mutation handelt. Dies ist oft der Fall.
Chavah hat geschrieben: 19.08.21, 09:36 Und die Störung der Totenruhe ist eben nur in Ausnahmefällen möglich. Und nicht, ohne triftigen Grund. Auch nicht nach den zitierten Gesetzen.
Das behaupten Sie... Haben Sie auch einen Beleg dafür?

§ 168 StGB (Störung der Totenruhe) ist bei einer Obduktion, die von einem Arzt gemäß den einschlägigen Vorschriften durchgeführt wird, jedenfalls nicht betroffen.
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