Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Patientenrechte, Arzthaftungsrecht, ärztliches Vergütungsrecht, Betäubungsmittelrecht, Apothekenrecht, Medikamentenversandrecht, Internet-Apotheke

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FM
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von FM »

Die Idee ist allerdings schon ungewöhnlich. Als meine Mutter starb wäre ich nie und nimmer auf den Gedanken gekommen sie obduzieren zu lassen um Hinweise auf Erbkrankheiten zu finden, für die es keinerlei Anhaltspunkte gab. Wenn man das für sinnvoll hält, müsste man es eigentlich bei allen Verstorbenen machen, die Nachkommen haben.

Wahrscheinlich wird es meistens an den Kosten scheitern. Die gesetzliche Krankenversicherung bezahlt das nicht, weil das Versicherungsverhältnis mit dem Tod endet. Der Staat nur dann, wenn er ein öffentliches Interesse hat, z.B. wegen denkbarer Strafverfolgung. Dazu müsste aber ein Hinweis auf nicht natürliche Todesursachen vorliegen. Und die Nachkommen selbst müssen sich halt überlegen, wieviel Geld sie da investieren würden.

Es gibt übrigens noch weitere Einschränkungen. Z.B. verweist § 10 BestG NRW auf § 4 TPG, in dem steht:
Der nächste Angehörige ist nur dann zu einer Entscheidung nach Absatz 1 befugt, wenn er in den letzten zwei Jahren vor dem Tod des möglichen Organ- oder Gewebespenders zu diesem persönlichen Kontakt hatte. Der Arzt hat dies durch Befragung des nächsten Angehörigen festzustellen. Bei mehreren gleichrangigen nächsten Angehörigen genügt es, wenn einer von ihnen nach Absatz 1 beteiligt wird und eine Entscheidung trifft; es ist jedoch der Widerspruch eines jeden von ihnen beachtlich.
Es reicht also nicht, wenn "irgendein Kind" das will.
Evariste
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Evariste »

FM hat geschrieben: 19.08.21, 19:26 Die Idee ist allerdings schon ungewöhnlich. Als meine Mutter starb wäre ich nie und nimmer auf den Gedanken gekommen sie obduzieren zu lassen um Hinweise auf Erbkrankheiten zu finden, für die es keinerlei Anhaltspunkte gab. Wenn man das für sinnvoll hält, müsste man es eigentlich bei allen Verstorbenen machen, die Nachkommen haben.
Ja, der Ausgangsbeitrag ist diesbezüglich etwas vage. Ich denke schon, es muss einen Anlass (z. B. unerwarteter Herztod) oder einen Grund (konkrete Verdachtsfälle in der Familie) geben.
FM hat geschrieben: 19.08.21, 19:26 Es gibt übrigens noch weitere Einschränkungen. Z.B. verweist § 10 BestG NRW auf § 4 TPG, in dem steht:
...
Es reicht also nicht, wenn "irgendein Kind" das will.
Interessant. Hier gibt es feine Unterschiede zwischen verschiedenen Bundesländer. Z. B. das Sächsische Bestattungsgesetz hat so eine Einschränkung nicht, gibt aber eine klare Rangfolge von Angehörigen vor (wobei Kinder an 2. Stelle kommen, direkt nach dem Ehegatten).

Zusammengefasst: Eine Obduktion muss weder förmlich beantragt noch von irgendeiner Behörde angeordnet werden. Sondern letzten Endes entscheidet der behandelnde Arzt bzw. das Krankenhaus aufgrund der vorliegenden Informationen (Zustimmung des Toten, Gründe für die Obduktion, Wunsch der Angehörigen) entsprechend den gesetzlichen Vorschriften. Wenn also ein bestimmter Angehöriger einen konkreten Wunsch hat, dann kann er sich an die Klinik wenden. Diese wird dann eventuell weitere Informationen einholen, z. B. andere Angehörige befragen, und dann entscheiden.
Gammaflyer
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Re: Auskunftsrecht der Patientin über Erbkrankheiten verstorbener Eltern?

Beitrag von Gammaflyer »

Ergänzend:
In vielen Krankenhäusern wird regelhaft gar nicht mehr pathologisch (also ohne strafrechtlichen Hintergrund) obduziert. Klinische Sektionen werden schlecht vergütet und sind aufwendig. Viele pathologische Institute legen ihren Focus nur noch auf Mikroskopie, Molekulargenetik u. andere Techniken.
Im Einzelfall bei spezieller Fragestellung kann es dann sein, dass man dann auf eine andere, größere Klinik zurückgreift und die Sektion dort vornehmen lässt oder ein Pathologen-Team von extern kommt ins Haus und nimmt die Sektion vor Ort vor (Räumlichkeiten und Ausstattung vorausgesetzt).

Zahlen dazu:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/39021 ... ren-Folgen

Bei reinem Angehörigen-Interesse kann man sich auch an ein solches pathologisches oder rechtsmedizinisches Institut wenden und die Vornahme als Privatleistung veranlassen.
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