... greifende Schadensersatzforderung möglich?

Moderator: FDR-Team

feller
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... greifende Schadensersatzforderung möglich?

Beitrag von feller »

Angenommen ...

Fall 1:
A sei eine bekannte Auskunftei. B meldet A ein negatives Merkmal über C.
Nach Kenntnis des Eintrags fordert C die Löschung, da der Eintrag unberechtigt erfolgt sei, es auch zwischen C und B keine Geschäftsbeziehung gäbe.
C sei nachweislich schuldenfrei.

Frage: Es ist klar, dass der Eintrag entfernt werden muss. Hat aber C Anspruch auf [immateriellen] Schadensersatz?

Fall 2:
X sei eine Auskunftei, die kostenlos die Bonität ihrer Kunden prüft. Kunden könnten so schnell ihre eigene Bonität prüfen, z.B. für eine Mieterauskunft nutzen. X erhielte die Daten von einer sehr großen Auskunftei V. Damit wirbt x und stellt damit sicher, dass die Daten immer richtig über die Auskunftei V und aktuell gehalten würden. Z sei Kunde von X. Für Z wird aber kein Score errechnet(=Kreditunwürdig). Z beschwert sich und bekommt eine Ablehnung von X. Z schaltet den Landesdatenschutzbeauftragten ein. Es stellt sich heraus, dass die Daten zwischen X und V erheblich abweichen, obwohl sie identisch sein müssten. Es stellt sich ferner heraus, dass X dem Z seit 2 Jahren zu Unrecht keinen Score errechnete. Nach einem Update von V wird X wieder ein Score errechnet.

Frage: Es ist klar, dass ein Fehler von X oder/und V vorliegen muss. Hat aber Z Anspruch auf [immateriellen] Schadensersatz?


Gruß
Frank
ktown
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Re: ... greifende Schadensersatzforderung möglich?

Beitrag von ktown »

Moderationsbeitrag
Der Bereich heißt nicht ohne Grund Schadens- und Produkthaftungsrecht.
Ich sehe hier kein fehlerhaftes Produkt und ein daraus resultierendes Schadensrecht.

Daher verschiebe ich es mal ins Zivilrecht.
MGH
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Re: ... greifende Schadensersatzforderung möglich?

Beitrag von MGH »

"Schadensersatz" gibt es halt nur, wenn ein Schaden entstanden ist. Die Daten der Auskunfteien sind ja im Regelfall nicht öffentlich zugänglich. Wenn er jetzt wegen falscher Daten einen Krdeit nur zu ungünstigeren Bedingungen bekommen hätte, könnte man einen Schaden errechnen; aber ich sehe erstmal keinen.
feller
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Re: ... greifende Schadensersatzforderung gegenüber Auskunftei möglich?

Beitrag von feller »

Ich fand dazu folgendes:

Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch für immaterielle Schäden nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist eine benennbare und tatsächliche Persönlichkeitsverletzung, so das Gericht.
Diese Voraussetzung sei durch die rechtwidrige Einmeldung an die Schufa erfüllt.

Urteile offenbaren einen durchgesetzten Schadensersatz zwischen 1000 und 5000 Euro.
z.B. LG Mainz: 3 O 12/20 vom 12.11.2021
3. Zivilkammer | REWIS RS 2021, 1119

Oder liege ich falsch? Deshalb fragte ich speziell nach immateriellen Schadensersatz.
MGH
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Re: ... greifende Schadensersatzforderung möglich?

Beitrag von MGH »

Wenn man sich auf eine Einzelfallentscheidung bezieht, sollte man auch den Fall soweit durchlesen, um beurteilen zu können, ob der Fall vergleichbar gelagert ist.
Zitate aus dem Sachverhalt:
- "scheitern Immobileinfinanzierung"
- "Kündigung Kredikarten"
- "Lohnpfändung gedroht"
usw.

Auch hatte sich der Meldende wohl geweigert den falschen Eintrag zu korrigieren und musste erst vom Gericht dazu verpflichtet werden.

Im hier abgefragten Fall, wurden die Fehler korrigiert, Von Auswirkungen / Schäden lese ich bisher nichts. Es ist noch nicht mal klar ob dritte die falschen Daten zu sehen bekommen haben.

Auch wäre zu klären, welche Ursache die Falschmeldungen haben. Namensgleichkeit? Wurde mit falschen Daten gemeldet oder hat die Auskunftei falsch zugeordnet?
feller
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Re: ... greifende Schadensersatzforderung möglich?

Beitrag von feller »

Aus dem Urteil ... und es gibt noch einige andere in diesem Zusammenhang


Immaterieller Schaden

Der Kläger behauptete, er habe aufgrund des Negativeintrages "massive wirtschaftliche Konsequenzen und Nachteile, die bis jetzt andauerten", ohne konkret darzutun, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang es über eine bloße Vermögensgefährdung hinaus zu einer konkreten Vermögensbeeinträchtigung gekommen sein soll.

Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch für immaterielle Schäden nach § 82 Abs. 1 DSGVO sei nach Ansicht des LG Mainz eine benennbare und tatsächliche Persönlichkeitsverletzung. Die in der bisherigen deutschen Rechtsprechung für Schmerzensgeld geforderte Voraussetzung einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung verträgt sich hingegen nicht mit Art. 82 Abs. 2 DSGVO; sie ist weder vorgesehen noch von dessen Ziel und Entstehungsgeschichte gedeckt, der Anspruch ist hiervon grundsätzlich unabhängig. Die schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung kann vor diesem Hintergrund auch nicht als untere Grenze einer Schmerzensgeldhöhe wieder eingelesen werden. Vielmehr ist der immaterielle Schaden umfassend zu ersetzen. Eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung wird regelmäßig zu einem hohen Schmerzensgeld führen. Mit dieser Einschränkung gelten für den immateriellen Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 2 DSGVO die im Rahmen von § 253 BGB entwickelten Grundsätze; die Ermittlung obliegt dem Gericht nach §287 ZPO. Bei der Bemessung des "vollständigen und wirksamen Schadenersatzes für den erlittenen Schaden" (Erwägungsgrund 146 zur DSGVO) seien auch die Genugtuungs- und Abschreckungsfunktion des Anspruchs aus Art. 82 DSGVO zu berücksichtigen.

Der Kläger hatte plausibel und im Kern unbestritten dargelegt, durch den Auskunftei-Eintrag eine massive Beeinträchtigung seines sozialen Ansehens im Sinne der Einschätzung seiner Kreditwürdigkeit durch Dritte erlitten zu haben. Dies rechtfertige ein immateriellen Schadensersatzanspruch i.H.v. 5.000,00 €.

Oder auch hier:
Ein Mobilfunkanbieter meldete vermeintliche Forderungen gegen eine Kundin an die Auskunftei – allerdings zu Unrecht. Obwohl die DSGVO für solche Fälle einen „abschreckenden“ Schadensersatzanspruch vorsieht, bekam die Kundin lediglich 500 Euro Schadensersatz zugesprochen. Eine Abschreckungswirkung gebe es auch schon bei niedrigen Beträgen, so das OLG Koblenz (Urt. v. 18.05.2022, Az. 5 U 2141/21). und viele andere mehr ...
Zuletzt geändert von ktown am 10.07.22, 06:55, insgesamt 1-mal geändert.
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