Erbengemeinschaft - Grundstück

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Ronald
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Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von Ronald »

Hallo liebe Experten,

ich würde mich über eine fundierte Meinung zu folgendem Problem freuen:

Erbengemeinschaft - 2 Erben zu je genau 50% Anteil. Geerbt wurde unter anderem ein Grundstück, welches nun beide Erben entsprechend ihres Anteils im Eigentum haben. Das Grundbuch bildet diese Eigentumsverhältnisse nachvollziehbar ab.

Meinen Recherchen zufolge können Verfügungen über das Grundstück nur durch Mehrheitsbeschluß der Gemeinschaft erfolgen.

Ein Erbe hat Interesse an der Nutzung des Grundstückes. Dieser Erbe betrachtet das Grundstück in letzter Zeit sogar als Eigentum, nahm "Umgestaltungen" vor und hat u. a. auf seinen Namen Anschlüsse von Strom und Wasser legen bzw. freischalten lassen.

Der andere Erbe möchte die Nutzung durch den Miterben unterbinden. Er stellt sich beispielsweise vor, durch Einzäunung das unkontrollierte Betreten zu erschweren. Auch die bisherige Nutzung wird nicht geduldet, zumal auch keine Pacht o. ä. gezahlt wird. Ziel soll allgemein sein, daß der "Urzustand" im Zeitpunkt des Erbens weitestgehend erreicht werden soll.

Was kann der Erbe mit diesem Grundstück tun, ohne daß er einen Mehrheitsbeschluß bekommt? Ist es zulässig, daß er ohne Miterbenzustimmung

- einen Zaun o. ä. setzen läßt und / oder
- vorgenommene Änderungen beseitigt?

Eine Klage gegen den Miterben soll eine der letzten Optionen sein, eine Eskalation ist insofern nicht gewünscht. Auch eine Versteigerung ist eigentlich nicht gewollt.

Besten Dank im voraus.

Ronald
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lottchen
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von lottchen »

Der eine Eigentümer lässt das Grundstück umzäunen weil er das Recht dazu hat. Der andere Eigentümer lässt den Zaun entfernen weil er das Recht dazu hat....Was bringt das? Die beiden müssen sich miteinander an einen Tisch setzen und sich einigen, wer was tun darf, wer was zahlt und was mit dem Grundstück passieren soll. Auch wenn eine Versteigerung / ein Verkauf eigentlich nicht gewollt ist - vielleicht ist das die bessere Idee wenn man sich überhaupt nicht einig ist und wird. Ist das Grundtück teilbar? Dann vielleicht das in Betracht ziehen.
Ronald
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von Ronald »

lottchen hat geschrieben: 02.11.22, 10:38 Der eine Eigentümer läßt das Grundstück umzäunen, weil er das Recht dazu hat. Der andere Eigentümer läßt den Zaun entfernen, weil er das Recht dazu hat...
Genau - so sehe ich das auch. Zaun war ja nur ein Beispiel. Schriftliches Angebot (bzw. Verhandlungsbasis) des einen Erben an den anderen ist verschickt worden, wird jedoch von diesem ignoriert. Mit "an einen Tisch setzen" sieht es eher schlecht aus.

Also könnte jeder der beiden die jeweiligen Aktivitäten des anderen - in Bezug aufs Grundstück, z. B. Bepflanzungen, Fruchtziehung usw. - zunichte / rückgängig machen? Wild West sozusagen? Somit könnte grundsätzlich also auch der Zustand wie am Tag des Erbanfalls hergestellt werden? Wäre ja eigentlich nicht so verkehrt...
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hambre
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von hambre »

Ronald hat geschrieben:Meinen Recherchen zufolge können Verfügungen über das Grundstück nur durch Mehrheitsbeschluß der Gemeinschaft erfolgen.
Nein, Verfügungen können nur einstimmig erfolgen.
Ronald hat geschrieben:Der andere Erbe möchte die Nutzung durch den Miterben unterbinden.
Das kann er nicht ohne weiteres. Eine Nutzung gemäß seinem Anteil steht jedem Erben zu und eine Nutzung ist auch keine Verfügung über das Grudstück.
Ronald hat geschrieben:Auch die bisherige Nutzung wird nicht geduldet,
Die Nutzung des Miterben zu unterbinden, solange man keinen eigenen Nutzungswunsch hat ist schwierig.
Ronald hat geschrieben:zumal auch keine Pacht o. ä. gezahlt wird.
Eine Nutzungsentschädigung steht dem Erben jedoch zu, sofern der andere Erbe das Grundstück vollständig nutzt.
Ronald hat geschrieben:Ziel soll allgemein sein, daß der "Urzustand" im Zeitpunkt des Erbens weitestgehend erreicht werden soll.
Heißt was? Es gibt jedenfalls keinen Anspruch darauf, dass der Status Quo erhalten bleibt.
Ronald hat geschrieben:Also könnte jeder der beiden die jeweiligen Aktivitäten des anderen - in Bezug aufs Grundstück, z. B. Bepflanzungen, Fruchtziehung usw. - zunichte / rückgängig machen? Wild West sozusagen? Somit könnte grundsätzlich also auch der Zustand wie am Tag des Erbanfalls hergestellt werden? Wäre ja eigentlich nicht so verkehrt...
Nein, solche Wildwest-Methoden sind nicht erlaubt, zumal der Erbe, der das vorhat ja gar kein Nutzungsinteresse zu haben scheint.
FM
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von FM »

Ronald hat geschrieben: 02.11.22, 09:39 Eine Klage gegen den Miterben soll eine der letzten Optionen sein, eine Eskalation ist insofern nicht gewünscht. Auch eine Versteigerung ist eigentlich nicht gewollt.
Genau das ist aber vorgesehen, wenn man sich auf einvernehmliche Entscheidungen nicht einigen kann und ein Verkauf an den Miterben nicht gewollt ist. Letzteres kann der Miterbe aber erreichen, indem er es selbst ersteigert.

Ausführlich informiert dazu hier ein Amtsgericht:
https://aglu.justiz.rlp.de/fileadmin/ju ... gerung.pdf
Ronald
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von Ronald »

Vielen Dank für die bisherigen Antworten.

Mit "Verfügung" meinte ich nicht Verkauf o. ä. - klar, dafür ist Einstimmigkeit notwendig. Ich meinte eher die Sachverhalte, wofür nur Mehrheitsbeschlüsse erforderlich sind. Ist ja aber bei 50/50 eher kompliziert zu erreichen, wenn man sich nicht einig ist... :?

Tja und die "Nutzung entsprechend seines Anteils" - wie soll man denn ein Flurstück diesbezüglich, ohne vorherige Einigung, aufteilen? Ich sehe schon, ohne eine Teilungsversteigerung scheint es sinnlos zu sein.

Davon mal abgesehen - ohne Zustimmung des anderen Erben darf der eine also das Grundstück zu 50% nutzen?

Ohne die Info vom AG gelesen zu haben: Es ist doch so, daß es reicht, wenn einer der beiden Erben die Teilungsversteigerung anstößt und der andere Erbe nichts dagegen machen kann, außer, daß er mitbietet?
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FM
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von FM »

Ronald hat geschrieben: 02.11.22, 18:21 Davon mal abgesehen - ohne Zustimmung des anderen Erben darf der eine also das Grundstück zu 50% nutzen?
Was heißt zu 50 % nutzen? Es ist nicht so, dass dem einen die rechte Hälfte und dem anderen die linke Hälfte gehört. Beide sind gemeinsam Eigentümer des gesamten Grundstückes. Da kann jetzt nicht der eine sagen, mir gehört die Hälfte, also pflanze ich auf der nördlichen Hälfte Kartoffeln an. Ihm gehört eben nicht eine Hälfte des Grundstückes (da wäre auch schon die Frage, welche Hälfte denn?) sondern das gesamte Grundstück zur Hälfte.
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von Niemand2000 »

Hier kommt mEn der https://dejure.org/gesetze/BGB/1922.html zum Zug
hambre
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von hambre »

Niemand2000 hat geschrieben:Hier kommt mEn der https://dejure.org/gesetze/BGB/1922.html zum Zug
Der gilt natürlich grundsätzlich im Erbfall, aber was willst Du damit sagen?

Die relevante Vorschrift für die hier gestellte Frage ist der § 2038 Abs. 2 BGB i.V.m. § 743 Abs. 2 BGB.

Wenn also ein Erbe kein Nutzungsinteresse am Grundstück hat, dann darf der andere Erbe dieses Grundstück alleine nutzen. Schließlich schränkt er dadurch das Nutzungsinteresse des erstgenannten Erben nicht ein.
lottchen
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von lottchen »

Kommt doch drauf an, was derjenige dort macht. Auf einem unbebauten Grundstück ein paar Kartoffeln anzubauen ist sicher was anderes als eine Hütte drauf zu bauen. Deren Abriß kostet ja nun deutlich Geld. Die Kartoffeln verrotten im Boden und sind dann wie jedes andere Unkraut auch später zu entsorgen.
Ronald hat geschrieben: 02.11.22, 18:21 Es ist doch so, daß es reicht, wenn einer der beiden Erben die Teilungsversteigerung anstößt und der andere Erbe nichts dagegen machen kann, außer, daß er mitbietet?
Das ist ja der Sinn einer Teilungsversteigerung.
Wären BEIDE einverstanden könnten sie freihändig verkaufen und somit normal auch einen höheren Preis erzielen.
Niemand2000
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von Niemand2000 »

hambre hat geschrieben: 03.11.22, 09:43
Niemand2000 hat geschrieben:Hier kommt mEn der https://dejure.org/gesetze/BGB/1922.html zum Zug
Der gilt natürlich grundsätzlich im Erbfall, aber was willst Du damit sagen?

Die relevante Vorschrift für die hier gestellte Frage ist der § 2038 Abs. 2 BGB i.V.m. § 743 Abs. 2 BGB.

Wenn also ein Erbe kein Nutzungsinteresse am Grundstück hat, dann darf der andere Erbe dieses Grundstück alleine nutzen. Schließlich schränkt er dadurch das Nutzungsinteresse des erstgenannten Erben nicht ein.
Ich zielte damit auf die Gesamthandsgemeinschaft, deine §§ muss ich mir noch durchlesen.
FM
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Re: Erbengemeinschaft - Grundstück

Beitrag von FM »

lottchen hat geschrieben: 03.11.22, 09:54 Kommt doch drauf an, was derjenige dort macht. Auf einem unbebauten Grundstück ein paar Kartoffeln anzubauen ist sicher was anderes als eine Hütte drauf zu bauen. Deren Abriß kostet ja nun deutlich Geld. Die Kartoffeln verrotten im Boden und sind dann wie jedes andere Unkraut auch später zu entsorgen.
Wenn beim Kartoffelanbau allerdings Kunstdünger oder Pflanzenschutzmittel verwendet wurden, wird das Grundstück dadurch weniger wert - es kann dann z.B. jahrelang nicht für den Bio-Anbau verwendet werden. Und ähnliche Auswirkungen kann es auch bei vielen anderen Nutzungen geben. Selbst wenn der Miterbe im Moment nichts damit machen will, wäre er dann bei einem späteren Verkauf geschädigt.
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