Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

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Nordland
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Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Nordland »

HNA | Extremismus-Expertin über AfD: „Keine normale Partei“ hat geschrieben:
Was ist mit anderen Themen, die die AfD aufgreift? Herr Schenk [AfD-Landtagsabgeordneter] war zum Beispiel ein lauter Kritiker der Corona-Maßnahmen, hat sie teils bewusst missachtet. Die Maßnahmen wurden irgendwann von immer breiteren Teilen der Bevölkerung kritisiert, die dann eine Meinung hatten, die in der Politik scheinbar nur die AfD vertreten hat.

Im Rückblick kann man sagen, dass viele Maßnahmen wohl überzogen waren – es ging aber um Vorsichtsmaßnahmen und man hatte keinerlei Erfahrung mit einer Pandemie. Dass man zum Beispiel in Bayern zeitweise auf Parkbänken nicht mal allein ein Buch lesen durfte, hielt ich schon damals für überzogen und auf lange Sicht hat dies Tendenzen, sich vom Staat innerlich abzuwenden, verstärkt. Die AfD hat das aufgenommen und sich an die Spitze der Staatskritiker gestellt. Es gibt aber keine eindimensionalen Erklärungen, wenn man die politischen Entscheidungen der Pandemiezeit bewerten will – wobei ich mir sicher bin, dass künftige Regierungen mit Grundrechtseinschränkungen vorsichtiger sein werden.
Wenn der letzte Halbsatz der "Extremismus-Expertin" stimmt, dann kann man wohl sagen: Die AfD wirkt. Letztendlich hat der Fragesteller aber mit seiner Frage die aktuelle Situation auf den Punkt gebracht. Einzig das Wort "scheinbar" ist - in seiner wahren Bedeutung - fehl am Platze. Komisch, dass sich Leute über 21% wundern und Verbote fordern oder zumindest den VS auf die AfD ansetzen. Das scheint einfacher zu sein, als mal etwas am wahren Problem zu ändern: Die vielen politischen Alleinstellungsmerkmale.
  • Corona wurde ja schon genannt. Die halbherzigen Vorstöße einiger mutiger Einzelkämpfer wie Kubicki ändern nichts daran, dass allein die AfD offen gegen den Irrsinn opponierte.
  • Dann ist seit Jahren bekannt, dass die EU ein undemokratischer Moloch ist, der wie eine Krake in die demokratische Souveränität der Mitgliedstaaten eingreift. Wer das kritisiert, bleibt ebenso allein bei der AfD hängen. Und das, obwohl der Brexit eigentlich mehr als ein Warnschuss gewesen sein müsste, um die EU zu verschlanken.
  • Auch wer sich weiterhin eine sichere Energieversorgung gestützt auf Gas wünscht, was politisch eindeutig der richtige Weg wäre, findet bei keiner sonstigen Partei Widerhall. Einzige Ausnahme könnte Wagenknechts künftige Partei sein, wobei man wohl einen ganz schönen Schatten haben muss, diese Partei zu wählen.
  • Nicht zuletzt ist als Alleinstellungsmerkmal natürlich das Problem der Migration zu nennen. Das nennen AfD-Wähler ja auch regelmäßig als das entscheidende Thema.
Die AfD hat also zahlreiche Alleinstellungsmerkmale. Gleichzeitig haben sich die ewig gleichen Warnungen und Pauschalisierungen längst abgenutzt. Und so kommen eben die guten Umfragewerte zustande.

Da die AfD sich aber natürlich auch selbst im Wege steht und sich klar in die falsche Richtung bewegt, kann man das politische Loch schon kommen sehen. Denn wenn sie statt moderner Migrationspolitik lieber die deutsche Geschichte relativiert, wenn sie statt EU-Reformen vom Dexit schwadroniert, wenn sie statt liberaler Wirtschaftspolitik linke Versorgungsmentalität predigt, wenn sie Putin nachhängt statt ihn zu bekämpfen, damit von Russland wieder abgenommen werden kann, schreckt das zu viele Wähler ab, um den Aufwärtstrend zu verstetigen.

Welche politische Kraft wird in die Lücke springen? Die FDP böte sich wie in AUT an, hängt aber am Tropf Lindners, der das nicht will. Die Union? Bleibt Merkel-geschädigt. Neue Parteien wie Bündnis Deutschland? Zu klein und zu unbekannt. Und so bleibt meine These, dass sich auf absehbarer Zeit der Knoten nicht lösen wird.
From the river to the sea - „Palästina“ gab es nie.
FM
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von FM »

Das war jetzt nicht in einer Frage komprimiert, sondern ca. ein halbes Dutzend :)

Es ist allerdings eine altbekannte Strategie rechtsextremer Parteien, auf gerade populäre Themen aufzuspringen. Nicht umsonst benannten sich die Nazis als Nationalsozialisten. Die NPD schloss sich auch mal der "Atomkraft - Nein Danke" - Bewegung an und später auch der Opposition gegen Hartz IV - das waren eben jeweils oppositionelle Themen, mit denen man Leute gewinnen konnte. Um inhaltliche Überzeugungen geht es dabei nicht, die können kurz danach wieder ganz andere sein.

Beunruhigend ist eben: bisher schafften solche Parteien vielleicht mal gerade so die 5 % oder auch mal in den DDR-Ländern 10 %, jetzt und mit einer gewissen Dauer teils mehr als die demokratischen Parteien. Ich ging bisher immer davon aus, dass bis zu 20 % der Deutschen zumindest nicht völlig abgeneigt sind gegenüber Rechtsextremisten, aber der Anteil steigt wohl gerade. Man kann das auch kaum mit einem Verbot bremsen.
ExDevil67
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von ExDevil67 »

FM hat geschrieben: 17.08.23, 23:04 das waren eben jeweils oppositionelle Themen, mit denen man Leute gewinnen konnte. Um inhaltliche Überzeugungen geht es dabei nicht, die können kurz danach wieder ganz andere sein.
Ohja. Das hatte mir mal jemand erzählt der sich den Spaß erlaubt hat Wahlkampfveranstaltungen einer Partei am damals rechten Rand zu besuchen. Die hatten schon damals keine Probleme damit, je nach Publikum, heute den Ausbau von Fahrrad, ÖPNV&Co und Tempolimits zu propagieren und morgen gegen die Benachteiligung vom Auto und Tempolimits zu sein.
Old Piper
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Old Piper »

Nordland hat geschrieben: 17.08.23, 22:03... dann kann man wohl sagen: Die AfD wirkt.
Stimmt. Wirkt wie Abführmittel - kommt halt im Ergebnis immer wieder Kacke raus. Wobei Rizinusöl dabei wesentlich schmackhafter, sympatischer und vor allem nebenwirkungsärmer rüberkommt als dieser blau-braune Verein.
Eins haben Sie in Ihrer Aufzählung vergessen:
Dieser Zusammenschluss rechten Gesindels schafft es immer wieder in unnachahmlicher Weise, aus Sch... Wählerstimmen und damit Geld zu machen. Es sind die Alchemisten der Neuzeit!
Und für diejenigen, die immer wieder behaupten, die AfD sei immer nur dagegen und biete keine Lösungsansätze, sei ein Zitat aus Berndchens Buch angeführt, in der er doch einigermaßen konkrete Maßnahmen nach seiner Machtergreifung beschreibt:
In seinem Buch stellt Höcke auch fest, dass "wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind" mitzumachen." Er denke an einen "Aderlass". Diejenigen Deutschen, die seinen politischen Zielen nicht zustimmten, würden aus seinem Deutschland ausgeschlossen werden. Er trete für die Reinigung Deutschlands ein. Mit "starkem Besen" sollten eine "feste Hand" und ein "Zuchtmeister" den "Saustall ausmisten".
MfG
Old Piper
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Tastenspitz
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Tastenspitz »

Die Umfragewerte sind nicht deshalb so hoch, weil die AFD so toll ist oder war. Sie sind es, weil unsere Regierungskoalition ihren Job nicht im Ansatz hinbekommt.
Wer für generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen ist, hebe bitte den rechten Fuß.
Für individuelle Rechtsberatung bitte "ALT" und "F4" auf der Tastatur gleichzeitig drücken.
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Roni »

Den Zulauf zur AfD haben die Altparteien selbst herbeigeführt. Wer an den Wählern vorbei regiert, wer die Wähler belügt und betrügt verliert an Glaubwürdigkeit und Wählerstimmen.
Die Ampel ist zerstritten, gerade bahnt sich ein neuer Streit an.
Ich bin mir nicht sicher ob die Ampel es noch bis zu den nächsten Wahlen durchhält.
Auf jeden Fall wird es bei den nächsten Wahlen wohl spannend, vor allem die Frage wer mit wem überhaupt noch will/kann.
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Elektrikör »

@ Tastenspitz und Roni:

Ihr habt das "Problem AFD" kurz und schmerzvoll in einem Satz absolut richtig zusammengefasst

Würden die alteingesessenen Parteien ordentlich ihren Job machen, dann .....


MfG
Alles hier von mir geschriebene stellt meine persönlichGanzFürMichAlleineMeinung dar
Falls in einer Antwort Fragen stehen, ist es ungemein hilfreich, wenn der Fragesteller diese auch beantwortet
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Roni »

Eher das Problem Ampel :lol:
Elektrikör
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Elektrikör »

NaJa,
die AFD kannte man auch unter Angi / Olaf (und davor) schon
Alles hier von mir geschriebene stellt meine persönlichGanzFürMichAlleineMeinung dar
Falls in einer Antwort Fragen stehen, ist es ungemein hilfreich, wenn der Fragesteller diese auch beantwortet
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Tastenspitz »

Wenn man sich die sog. Sonntagsfrage ansieht ist relativ klar zu sehen, woher die Wähler kommen.
SPD stand schon vor 30 Jahren für "Sichere Pleite Deutschlands". Und da hat sich nix geändert.
Ein nuscheliger Kanzler mit dem Profi eines Seifeneinlaufs und fragwürdigen Vorgeschichten ist da nicht hilfreich. Der Rest des Kabinetts? Naja. Man denk sich jeden Tag, es könnte schlimmer kommen. Und das tritt dann auch ein.
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Dipl.-Sozialarbeiter »

Moderationsbeitrag
Old Piper hat geschrieben: 18.08.23, 08:49 ...
Und für diejenigen, die immer wieder behaupten, die AfD sei immer nur dagegen und biete keine Lösungsansätze, sei ein Zitat aus Berndchens Buch angeführt, in der er doch einigermaßen konkrete Maßnahmen nach seiner Machtergreifung beschreibt:
In seinem Buch stellt Höcke auch fest, dass "wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind" mitzumachen." Er denke an einen "Aderlass". Diejenigen Deutschen, die seinen politischen Zielen nicht zustimmten, würden aus seinem Deutschland ausgeschlossen werden. Er trete für die Reinigung Deutschlands ein. Mit "starkem Besen" sollten eine "feste Hand" und ein "Zuchtmeister" den "Saustall ausmisten".
Und hier mal eine mögliche Quellenangabe: Hajo Funke in der Zeit: Rechtsextremismus: Höcke will den Bürgerkrieg (24. Oktober 2019, 12:27 Uhr)

@ Old Piper - Falls du eine andere Quelle benutzt hast, bitte ich um die entsprechende Angabe. :wink:
Elektrikör
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Elektrikör »

Ich hab Zweifel, daß das bei der nächsten Wahl besser wird.

Mal so aus dem Bauch raus:
Olaf
Friedrich
Christian
Robert
Annalena
Markus

Einer davon wird wohl der nächste Kanzler(in)

Und nun?
Da sticht erstmal keiner großartig raus bzw. hat m. M. nach das Zeug dazu

Und nun?
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Tastenspitz
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Tastenspitz »

Tja.
Wir sind am A...
Auswandern.
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Roni
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Roni »

Christian und Markus halte ich für unwahrscheinlich

Auswandern, keine schlechte oder, aber wohin??
Evariste
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Re: Das Problem der AfD in einer Frage komprimiert

Beitrag von Evariste »

Roni hat geschrieben: 18.08.23, 10:01 Den Zulauf zur AfD haben die Altparteien selbst herbeigeführt. Wer an den Wählern vorbei regiert, wer die Wähler belügt und betrügt verliert an Glaubwürdigkeit und Wählerstimmen.
Das ist genau das Narrativ der AfD. Ich stimme dem nicht zu.

Lügen und betrügen - nur wenn man an Verschwörungstheorien glaubt.

An den Wählern vorbei regiert - seit wann sind 20% (aktueller Stand) "die Wähler"?

Unser Land (eigentlich: die ganze Welt) steht vor großen Herausforderungen. Schwierige Zeiten sind (und waren schon immer) die Stunde der Populisten, die dem Wahlvolk einfache Lösungen vorgaukeln.

Man mag mit Fug und Recht vieles an der Ampel kritisieren ( ich bin auch nicht von ihr begeistert), aber wir sind mit ihr immer noch 100mal besser dran als mit der AfD am Hebel.
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